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lud sich sein Jagdgewehr und die aus Schrot besteh­ende Ladung drang ihm in den Unterleib. Nach kurzem qualvollem Leiden verschied der unglückliche Mann. Sein Bruder, ein Major a. D., fand ihn als Leiche. Das tragische Ende des allgemein be­liebten und geachteten Lehrers erweckt allseitig die größte Teilnahme.

Berlin, 24. Aug. Ein grauenvoller Mord ist in der Familie des Oberstleutnant Tschakant in Petersburg verübt worden. Wie demBerliner Tageblatt" gemeldet wird, fand man die Gattin des Oberstleutnannt, die von ihrem Manne getrennt lebt, quer über dem Bett liegend mit durchschnittenem Halse als Leiche auf. Der Körper der Frau war in entsetzlicher Weise zer- stümmelt. Dem 6jährigen Sohne war der Hals durchschnitten und die 13jährige Tochter auf dieselbe bestialische Weise wie die Mutter verstümmelt. Sie hielt in der krampfhaft geballten Faust ein Büschel fremder Frauenhaare. Man vermutet einen Rache­akt einer Rivalin, da die Wertsachen unberührt sind.

Berlin, 24. Aug. Nach einer Londoner Depesche derVosstschen Zeitung" fand in den Straßen von Kingston eine blutige Schlägerei zwischen englischen Soldaten und Matrosen des SchulschiffesStosch" statt. Ein Soldat und ein Civilist, sowie mehrere deutsche Matrosen wurden mehr oder minder schwer verletzt. Augenzeugen berichten, daß die Deutschen von englischen Soldaten, die Artilleristen waren, ungestüm angegriffen wurden. Da eine Erneuerung der Ruhestörungen am Sonntag Abend befürchtet wurde, ersuchte die Platzbehörde den Befehlshaber des Stosch, seine Mannschaft nicht in großer Anzahl an Land kommen zu lassen. Auch den Soldaten wurde nicht gestaltet, die Kasernen zu verlassen. Der Stosch dampft heute nach Bilbao ab. Angeblich wurde der Angriff gegen die Deutschen durch den zunehmenden Deutschen­haß unter den Engländern veranlaßt.

Berlin, 25. August. Der Kaiser hat dem in den Ruhestand getretenen Staatssekretär Frei­herrn von Thielmann den Rang eines preus- sischen Ministers verliehen. Derselbe kehrt morgen von seiner Besitzung in Bayern nach Berlin zurück, um sich von den Beamten des Reichsschatz­amtes zu verabschieden. Er wird seinen dauernden Aufenthalt in Berlin nehmen.

Berlin, 25. August. Zu dem Ueberfall auf den deutschen Missionar Hohmeyer von der Berliner Mission wird dem Lokalanzeiger noch über London aus Hongkong berichtet, daß vier Kugeln den Missionar ins Gesicht trafen. Auch das Dienstmädchen seiner Gattin und ein Boots­mann wurden verwundet.

Berlin, 25. August. Die deutschen Tele­graphenlinien im Norden Chinas wurden nach einer Londoner Depesche des Berliner Tageblattes auf einer Strecke von 60 englischen Meilen von Chinesen zerstört.

Berlin, 25. Aug. Wie aus Köln verlautet, find nunmehr die seit letzterer Zeit zwischen Belgien und Preußen schwebenden Verhandlungen über die endgültige Regulirung der politischen Zugehörigkeit des neutralen Moresnet dem Abschluß nahe. Demnach würde das 350 Im. umfassende Moresnet mit seinen 3500 Einwohnern Belgien zugesprochen. Preußen soll für die Preisgabe seines Anspruches einen entsprechenden Geldbetrag erhalten. Die Regelung der politischen Zugehörigkeit Moresnets bedeutet nunmehr auch das definitive Ende der in Altenberg vor kurzem eingerichteten Spielhölle.

Berlin, 25. August. Ueber die Auf­standsbewegung im Vilajet Adrianopol wird demLokalanzeiger" aus Sofia telegraphiert, daß die Aufständischen viele Dörfer des Bezirkes Kirklissa überrumpelten und die Bewohner niedermachten. Sie zerstörten mehrere Kaffernen und erbeuteten Gewehre und Munition. In einem Dorfe ver­brannten Soldaten ihre Zelte und flüchteten. Die Stadt Kirklissa selbst, wo große Panik herrscht, ist mit Verwundeten überfüllt. Gestern griffen die Aufständischen ein Fort von Adrianopel mit Bomben an, wurden jedoch durch Geschützfeuer vertrieben, worauf die Türken in der Stadt unter der christ­lichen Bevölkerung ein Gemetzel anrichteten. Die Ortschaft Bunarhiffar wurde von den Türken der umliegenden Dörfer überfallen, in Brand gesteckt und die bulgarische Bevölkerung teilweise nieder­gemacht.

Berlin, 25. Aug. Aus Wien wird ge­meldet: An der Pfriemeswand auf der Saile bei Innsbruck verstieg sich am Samstag der Sohn eines Jnnbrucker Universitätsprofessors. Er hing, sich nur an einer Hand festhaltend von Mittag bis zum Abend über einem Abgrunde. Bauern, die ihn um Hilfe rufen hörten, kamen mit Seilen herbei, die sich jedoch als zu kurz erwiesen. Während nun nach Innsbruck telephoniert wurde, ergriff den jungen Mann die Verzweiflung. Er wagte den Sprung in die Tiefe, der auch glückte.

Berlin, 25. Aug. In der Umgegend von Görlitz richtete ein heftiges stundenlanges Un­wetter bedeutenden Schaden an. Der Blitz hat mehrfach eingeschlagen. Die Futter- und Obsternte ist fast völlig vernichtet. In Walditz wurde ein 80jähriger Mann vom Blitze getötet.

Hamburg, 25. August. Der deutsche DampferGertrud Wörmann", der auf der Reise von Swakopmund nach Kapstadt sich befand, ist an der Westküste des Kaplandes vollständig Wrack geworden. Alle an Bord befindlichen Personen und die Post konnten gerettet werden. Schiff und Ladung sind verloren.

Kiel, 25. August. Das Torpedoboot S. 22 erlitt während einer Schießübung einen Bruch der Schraubenwelle und wurde manöverierunfähig. Es signalisierte um Hilfe.

sitzen und sich von anderen ernähren lassen. Wie konnte sie nur so blind sein und annehmen, der Vater mache sich ein Vergnügen daraus, im Zirkus einer lärmenden, kritisierenden Menge etwas vorzureiten! Die Not hatte ihn dazu ge­trieben, die bittere Armut, und er schwieg gegen seine eigene Tochter, die ahnungs­los im Nichtstun dahinlebte. Das durfte ferner nicht geschehen. Unterwegs über­legte sie, wie sie am leichtesten entkommen konnte. Den Weg zur Bahnstation kannte sie genau, es war eine kleine halbe Stunde dorthin. Um 7 Uhr ging ein Zug nach der Residenz, dann konnte sie um 10 Uhr schon bei dem Vater sein- Freilich, für ein junges Mädchen war es gefährlich, allein in der Nacht zu reisen' sie verhehlte sich das nicht. Aber bis morgen konnte sie nicht warten» denn da entkam sie sicher nicht. Auch war es Jsa bekannt, daß der Vater bald abreisen werde, es galt daher, keine Zeit zu verlieren. Rascher schritt die junge Dame dahin. Die Dämmerung sank schon hernieder, die alte Turmuhr von Buchecke hatte bereits 5 Uhr geschlagen.

Jsa wollte eben an dem kleinen, aber netten, im Schweizer Stil erbauten Häuschen vorbeischlüpfen, das dem Verwalter Fröhlich zur Wohnung diente. Un­willkürlich hemmte sie den Schritt und schaute durch die unverhüllten Fenster in das trauliche Gemach, das zu ebener Erde lag uud ein Bild des schönsten Frie­dens bot. Auf dem runden Tische brannte schon die Lampe, und erhellte das gemütliche Zimmer mit seinen weißen, von den fleißigen Händen der Tochter ge- häckelten Decken, die überall aufgelegt waren, sowohl auf dem Tisch, als auch auf der Komode, dem steiflehnigen Sofa und den altmodischen gepolsterten Sesseln. Mutter Fröhlich saß nahe am Ofen und strickte, der Vater hatte sich nach des Tages Arbeit die lange Pfeife angezündet und lehnte behaglich in dem lederbezogenen Sorgenstuhl, während die Tochter, auf deren Ausbildung der Alte so viel verwendet hatte, am Klavier saß und ein Opernbruchstück spielte.

Das Torpedoboot S. 33 dampfte hinaus und schleppte das Fahrzeug heim.

Innsbruck, 25. Aug. Im Kaisergebirge ist der Tourist Karl aus Straßburg i. E. abgestürzt und blieb tot. Von der Rosthornspitze ist der Tourist Xaver Schwarz aus Düsseldorf infolge einer Steinlawine abgestürzt, wurde indessen leicht verletzt. Der deutsche Student Steglitz ist von der Cuna di Canali abgestürzt.

Budapest, 25. Aug. Nach amtlicher Fest­stellung sind bei dem Brandunglück in dem Goldberg'schen Warenhause durch Sprung aus dem Fenster 13 Personen ums Leben gekommen, 16 wurden verletzt, davon 9 schwer. 4050 Men­schen sollen den Tod in den Flammen gefunden haben. Unter den Toten befinden sich auch die Frau und der Sohn des Geschäftsinhabers. Der Schaden beträgt 4 Millionen Kronen.

Budapest, 25. Aug. Kaiser Franz Josef hat heute Mittag die im Spital liegenden bei dem Brande des Warenhauses Gold­berg verwundeten Personen besucht und an alle tröstende Worte gerichtet. Dem Oberbürgermeister drückte der Kaiser sein tiefstes Beileid angesichts des großen Unglücks aus, das die Hauptstadt in Trauer versetzt habe. Hierauf begab sich der Kaiser zu Fuß inmitten einer gewaltigen Menge nach dem Brand­ort, erkundigte sich dort nach den Lösch- und Rettungs­arbeiten und dankte allen, die sich daran beteiligt hatten. Von der Brandstelle aus fuhr Kaiser Franz Josef unter erneuten Ovationen der Bevölkerung nach dem Schloß zurück.

Budapest, 25. Aug. Die Angestellten des niedergebrannten Warenhauses versammelten sich heute nachmittag. Es wurde festgestellt, daß kein einziger in den Flammen umgekommen ist. Mehrere sind allerdings verletzt. Für die brotlos gewordenen Leute werden Sammlungen veranstaltet.

Belgrad, 25. August. Hier trafen aus Deutschland 3 Kisten ein, die Teile einer Guillottine enthielten und auf welchen die Worte standen: Für die Hinrichtung der Belgrader Königsmörder.

Konstantinopel, 24. Aug. Infolge des Ausbruchs der R e v o lut io n im Vilajet Krikilissa werden weitere 50000 Mann Redif-Truppen mobilisiert.

Kingston (Westindien), 24. Aug. Die Insel Groß-Caymann hat bei dem letzten Zyklonstark gelitten. 150 Häuser und 3 Kirch <n wurden zerstört. Der angerichtete Schaden ist bedeutend. Die Bevölkerung leidet große Not. Aus Jamaika wurde Hilfe erbeten.

HlekkameLeik.

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Jsa vermochte kaum den Blick zu wenden von dem schönen Bilde da drinnen. Sie beneidete diese Menschen, die so ruhig und friedlich dort saßen, als hätten sie nie etwas erfahren von dem Kampf und Streit und dem Jammer, den es auf der Welt gab. Wie eine Bettlerin kam sie sich vor, trotz des hochtönenden Namens, den sie trug. Waren diese einfachen Menschen denn nicht viel glücklicher als sie? Und das blonde Mädchen dort am Klavier! Wie sicher und geborgen muß es sich fühlen im Schutze treu sorgender Eltern. Wie zärtlich die Mutter auf ihr Töchtcrchen blickte, so voll Stolz und Liebe.

Noch immer stand Jsa unbeweglich auf demselben Fleck und starrte trübe vor sich hin, während drinnen das Mädchen zu singen begann. Die Lauschende konnte jedes Wort verstehen, es war so still ringsum, nur der Regen plätscherte leise hernieder. Die Worte weckten einen schmerzlichen Widerhall in Jsas Herzen. Es war das Abschiedslied Undinens:

Ich scheide nun aus Eurer Mitte,

Lebt wohl geliebte Eltern mein!

Leb wohl du stille traute Hütte,

Du wirst mir ewig teuer sein!

Lebt wohl Gespielen früher Tage,

Mir bricht das Herz vor Trennungsweh,

O daß ich ohne Schmerz und Klage Euch alle, alle wiederseh!"

Schluchzend lehnte Jsa den schönen Kopf an einen Pfosten und überließ sich willenlos ihrem ausbrechenden Schmerz. Lange stand sie da und weinte bitterlich. Plötzlich fiel es ihr wieder ein, daß sie keine Zeit verlieren dürfe, und floh wie gehetzt dem Herrenhause zu.

(Fortsetzung folgt.)