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^ 143.
Neuenbürg, Montag den 6. September 19Ü9
67. Jahrgang.
Graf Zeppelin hat durch Direktor Colsmann dem preuß. Kriegsministerium für die außerordentlich schnelle und energische Hilfe, die dem Luftschiff bei Bülzig zuteil wurde, sowohl für die Gestellung der Absperrungsmannschaften wie auch für die schnelle Uebersendung des Ersatzmaterials, das vom 2 II in Köln entnommen wurde. Dank aussprechen lassen. Besondere Anerkennung und Dank verdienen vor allen Dingen Offiziere und Mannschaften des Regiments Graf Tauentzien Nr. 20 aus Wittenberg. Infolge des andauernden Sturmes hatte sich die Mannschaft so vollständig an die Behandlung des Luftschiffs im Sturm gewöhnt, daß die Besatzung der Luftschiffbaugesellschaft sich kaum noch mit der Wartung des Fahrzeugs zu befassen brauchte und sich in Ruhe den Reparaturarbeiten hingeben konnte. Als vor der Fahrt die Besatzung sich zu vierstündiger Ruhe zurückgezogen hatte, wußte Oberingenieur Dürr das Fahrzeug in sicherer Verwahrung. Besonders lobend sei die sämtlichen Beteiligten an der Fahrt zuteil gewordene wetteifernde Gastfreundschaft der Bevölkerung von Bülzig ! hervorzuheben, die ihnen in jeder Beziehung alle Bequemlichkeiten verschaffte und für alle Bedürfnisse ! Sorge trug.
Berlin, 4. Sept. Die drei Panzerauto- mobile der Verkehrstruppen sind gestern nach Württemberg von hier abgegangen, um an den diesjährigen Kaisermanövern teilzunehmen und ihre erste Probe in Bezug auf ihre Verwendbarkeit im Felde abzulegen. Alle drei Automobile sind mit Maschinengewehren ausgerüstet. Dem dritten Automobil ist ein Büsinglastfahrzeug zum Transport der Munitionsvorräte beigegeben worden, außerdem gehen Montag die gesamten Kraftfahrzeuge der Verkehrstruppen ins Manövergelände.
Karlsruhe, 5. Septbr. An der Kaiser- Parade auf dem Forchheimer Exerzierplätze werden etwa 35000 Mann teilnehmen. Der Einzug des Kaisers und des Großherzogs in die Stadt Karlsruhe an der Spitze der Fahnen-Kompagnie und der Standarten-Eskadron erfolgt mittags */s1 Uhr. Die Stadt Karlsruhe wird in den Tagen vom 9.—12. September etwa 9000 Mann Einquartierung aufzunehmen haben.
Berlin, 3. Sept. Aus London wird gemeldet, daß Graf Hermann von Ostheim, der vor einigen Wochen noch Prinz Hermann von Sachsen-Weimar hieß, sich gestern auf dem am Hannover Square gelegenen Standesamt mit einer italienischen Dame namens Lottero, der Tochter eines ehemaligen Schiffskapitäns, vermählte. Der Prinz hatte als flotter Ulanenleutnant sehr viel Geld verbraucht und um seinen Bedarf zu decken, mit böhmischen Wucherern zweifelhafte Geschäfte gemacht. Er wurde daraufhin entmündigt und zum Grafen degradiert.
Frankfurt a. M., 3. Sept. Vom Korbplatz der „Jla" stiegen gestern von 5'/2 Uhr ab 25 Freiballons auf. Der Start nahm ziemlich lange Zeit in Anspruch. Die letzten Ballons flogen erst gegen 7 Uhr davon. Auf dem Fluggelände wurden gestern wieder Flüge vorgenommen. August Euler blieb mit seinem Aeroplan Minute in der Luft, während Baron de Caters Flug 7 Min. 15 Sek. dauerte. — Der neue Rutenberg-Ballon machte heute seine erste Fahrt. Um 6 Uhr blieb er plötzlich über einem Wald stehen und schien schneller und schneller zu fallen. Er mußte wegen Propellerbruch landen, doch ist der Schaden nur unbedeutend.
Lichtenberg, 4. Sept. Der Ballon „Württemberg" ist bei der internationalen Dauerfahrt, die von Frankfurt ausging, heute früh nach ^Zuständiger Fahrt bei Lichtenberg im Elf. glatt gelandet.
Straßburg, 4. Sept. Gestern vormittag fuhr in der Schwarzwaldstraße Major Grundtmann vom Infanterieregiment Nr. 132 auf seinem Rade
in der Richtung nach dem Kehlertor und wurde dabei von einem Automobil überfahren und getötet. Das Automobil fuhr vom Kehlertor her hinter einem Straßenbahnwagen, bog an der Haltestelle Stimmerstraße nach links aus, um an der Straßenbahn vorbeizufahren und überfuhr hierbei den in entgegengesetzter Richtung auf dem Rade daherkommenden Major. Major Grundtmann war ein bei Vorgesetzten und Untergebenen gleich beliebter Offizier. Nach der der „Str. Post" gewordenen Darstellung ist dieses Unglück, das eine angesehene Familie in tiefe Trauer versetzt, nur auf das Verschulden des Chauffeurs zurückzuführen. Da durch das Fahren hinter dem Straßenbahnwagen der Ausblick nach vorn verdeckt war, hätte er vor Aenderung der Fahrrichtung seine Geschwindigkeit auf das geringste herabsetzen müssen. Auch dürfte das Ausbiegen nach der linken Seite nicht den polizeilichen Vorschriften entsprechen. Der Chauffeur wurde daher auch verhaftet.
In Ragaz wird ein Straßburger Tourist vermißt, der in Gesellschaft eines Zürichers die Besteigung der Grauen Hörner unternahm und in einen Schneesturm geriet. Wildheuer hörten Hilferufe. Eine Rettungskolonne ist abgegangen.
Im Bereich der ausländischen Politik ist ein neuer Sommerputsch zu verzeichnen: In Athen haben die Griechen aus Unzufriedenheit mit der vorsichtigen Haltung ihres Kabinetts in der kritischen Frage eine kleine Militärrevolution inszeniert und dadurch das Ministerium zum Rücktritt gezwungen. Man versichert eifrig, daß die Demonstration sich nicht gegen das Königshaus gerichtet habe. Aber wir Deutsche werden mit unserer Auffassung der militärischen Pflichten es nimmermehr verstehen, wie Offiziere und Unteroffiziere zu Tausenden eine politische Bewegung einleiten, ohne damit ihre Pflichten gegen den Kriegsherrn zu verletzen. Die alten Spartaner, Athener und Lacedämonier, die einstigen Träger eines klassischen Kriegsruhms, müßten sich im Grabe herumdrehen über die soldatischen Eigenschaften ihrer Nachkommen, wenn sie Kunde bekommen könnten, was für eine Sorte Militär heute in Plataeae, in den Thermophylen und auf den andern historischen Kampfplätzen ihr Wesen treibt. Die englisch-französische Freundschaft bekommt dem Lande herzlich schlecht, sonst hätte es längst gleich anderen Balkanstaaten, wie seine Nachbarn Bulgarien und Serbien, sich einen besseren Platz in der Gesellschaft der Völker erobert. Der in Athen allmächtige König Eduard, der vielleicht ein Interesse an der Kriegsuntüchtigkeit seiner Freunde hat, ist nun von Marienbad nach Hause gereist. Die anderen Freunde, die in Frankreich, haben sich auf die Flugmaschinen geworfen und einen nationalen Sport daraus gemacht, wobei sie mit Vergnügen konstatieren, ob so ein unbeholfenes Ding zehn Minuten länger als das andere sämtliche Bäume und Telegraphendrähte in der Umgegend von Reims unsicher macht, oder ob es zehn Kilometer in acht oder neun Minuten im Kreise zurücklegt. -Lord Lansdowne ist von diesen sportlichen Veranstaltungen mit der beruhigenden Versicherung an seine englischen Landsleute zurückgekehrt, daß eine Invasion mit Drachenfliegern noch nicht zu den Gefahren gehöre, die den britischen Löwen bedräuen.
Paris, 4. Sept. Der Lenkballon Ropublique erlitt einen Motordefekt. Der Motor hörte plötzlich auf zu funktionieren und das Luftschiff war genötigt, bei Percy zu landen. Die Landung gestaltete sich äußerst schwierig. Das Luftschiff wurde vom Winde fortgetrieben und gegen einen Apfelbaum geschleudert, wo die Hülle vollständig verbogen und durch das Ziehen der Reißleine entleert wurde. Auch die Gondel wurde demoliert. Die Mitwirkung des Luftschiffes bei den Manövern ist ausgeschlossen.
Durch neue verheerende Überschwemmungen sind
in Tula 200 Häuser weggeschwemmt worden. Zahlreiche Menschen sind dabei umgekommen.
Washington, 3. Sept. Generalstaatsanwalt Wickersham erklärte, die Verfassung folge der Flagge; die Vereinigten Staaten würden auf die von Dr. Cook entdeckten Länder Anspruch erheben, wenn sich diese als wertvoll erwiesen.
Württemberg.
Es ist nicht bloß schwäbischer Patriotismus, auch nicht nur die Verzeichnung eines großen technischen Ereignisses, sondern eine politische Begebenheit ersten Ranges, die den Chronisten veranlaßt, die vergangene Woche als Zeppelinwoche zu bezeichnen. Wir wissen ja längst, was wir an unserem genialen Landsmann, der den Ruhm des schwäbischen Namens in alle Lande hinaustrug, besitzen, und auch die Welt weiß längst, welch ungeheure Umwälzung auf dem Verkehrsgebiete sich mit seinem Werke anbahnt. Was wir an den Großtaten des Grafen Zeppelin am höchsten schätzen, liegt tiefer: Es ist die wunderbare Wirkung, die der greise Beherrscher der Lüfte aus die Gemüter von sechzig Millionen Deutschen ausgeübt hat. Wie oft im letzten Jahrzehnt hat sich die ernsthafte Presse, von vaterländischer Sorge getrieben, mit den immer stärker hervortretenden Symptomen der Unzufriedenheit, ja Reichsverdroffen- heit beschäftigt, wie oft wurde es beklagt, daß das zersetzende Element der Witzblätter vom Schlage des „Simplizissimus" mit ihrem, alle die politischen Ideale, durch die Deutschland groß geworden ist, untergrabenden Spott auf so fruchtbaren Boden gefallen ist! Selbst der Glanz des Kaisertums, selbst die verdienstvolle Arbeit der Bundesfürsten ließen in dieser Zeit oft Zweifel aufkommen, ob der Genius des Deutschen Reiches wirklich noch in dem alten Glanze erstrahle und ob nicht die vor kaum vier ^ Dezennien neugeeinte Nation trotz ihres wachsenden Wohlstandes und trotz ihrer gebietenden Macht bereits den Höhepunkt ihrer Stellung überschritten habe und auf einer abschüssigen Bahn angelangt sei. Da hat ein einziger, nur noch in dem Gedächtnis der Aelteren aus einem schneidigen Erkundigungsritt im 70 er Kriege bekannter alter Soldat das Wunderwerk fertiggebracht, die verhärtete Kruste des Unbehagens von der Volksseele zu lösen und den schönen gesunden Kern hoher Begeisterung zutage zu fördern,
! wie sie erst jetzt wieder auf seinem sieghaften Fluge nach und von Berlin aus Millionen Herzen ihm entgegenschlug. Freilich, mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten, und die Elemente Haffen das Gebild der Menschenhand, und vor den Ruhm haben die Götter den Schweiß gesetzt. So ist denn auch diese Fahrt nicht ohne die bekannten Zwischenfälle geblieben. Aber sie hat doch zum Ziele geführt und wieder zurück in den schützenden Port von Manzell. Noch zu einem andern Ziele hat sie geführt, denn sie hat unseres Kaiserhauses volles Verständnis gezeigt für die Liebe des Volkes zu dem großen Deutschen, der an dem denkwürdigen Sonntag ein dauerndes Band geknüpft hat zwischen dem Kaiser und seinem Volke, eine Tatsache, die in den ungewöhnlich warmen Ovationen, die der Kaiser bei seiner Fahrt vom Schloß zum Bahnhof fand, deutlich zum Ausdruck kam. Das Verdienst aber, als erster deutscher Fürst den wahren Wert des Grafen erkannt und sein Werk in den schwierigsten Zeiten des Anfangs gefördert zu haben, gebührt unserem König, dem es leider nicht vergönnt war, den Stolz des Landes seinem erlauchten Besucher Kaiser Franz Josef in Friedrichshafen zu zeigen. — Im übrigen ist die Woche für Württemberg still verlaufen. Daß der Reichstag bei seinem Besuche in Friedrichshafen nur nach Ulm und nicht auch nach Stuttgart kommt, erklärt sich aus dem einfachen Umstand, daß an diesem Tage der Kaiser unsere Residenz besucht. Seinem Erscheinen gilt denn auch die Aufmerksamkeit des Landes. Nach zehn-