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138.

Neuenbürg, Samstag den 28. August 1909.

67. Jahrgang.

GUW

Ein neuer Akt antideutscher Gehässigkeit der Tschechen ist zu verzeichnen. Der tschechische Bürgermeister der nordböhmischen Stadt Trebnitz hat die Wiederanbringung des preußischen Adlers an dem neu hergestellten Denkmal für die 1866 in Trebnitz verstorbenen preußischen Soldaten verboten. Das alte Denkmal war im vorigen Jahre durch Frevlerhände zerstört worden. Was sagt wohl die Vorgesetzte Behörde des preußen- und deutschfeind­lichen Stadtoberhauptes von Trebnitz zu diesem seinem Verbot?

In Frankreich war das Interesse weiter Kreise der aeronautischen Woche in Reims zugewendet. Die hervorragendsten französischen Aviatiker beteiligten sich im Verein mit mehreren ihrer englischen Konkur­renten an diesen luftsportlichen Veranstaltungen, denen eine gewaltige Zuschauermenge beiwohnte. Auch Präsident Falliöres war in Reims eingetroffen und beobachtete mehrere der Aufstiege. Ebenso hatte sich der bekannte deutsche Flugtechniker Major v. Parseval in Reims eingefunden, wo er dem Präsidenten Falliöres vorgestellt wurde. Hr. v. Parseval hat sich über die ihm in Reims bereitete sympathische Aufnahme sehr anerkennend ausge­sprochen.

Die schon seit Wochen angekündigte spanische Offensive auf dem Kriegsschauplatz im Rif scheint endlich ins Werk gesetzt werden zu sollen, am Morgen des 24. August trat ein spanisches Ge­schwader mit General Avizo, dem Gouverneur von Melilla, von letzterem Hafen aus die Fahrt nach Restinga an, gleichzeitig setzte sich die spanische Kavallerie längs der Meeresküste gegen die vor­geschobenen Stellungen der Kabylen in Bewegung. Es handelt sich also wohl um einen kombinierten Vorstoß der Spanier zu Wasser und zu Lande gegen die Kabylen; sein Erfolg bleibt allerdings abzuwarten. Aus Marokko selbst wird erneut die Gefangen­nahme des Thronprätendenten oder Roghi Bu Hamara durch die Sultanstruppen gemeldet. Die erste Nachricht von der Gefangennahme des Roghi erwies sich als verfrüht, die zweite Meldung hierüber ist aber wohl kaum zu bezweifeln. Der Führer der Sultanstruppen bei der Verfolgung des Roghi war Bucht« ben Bagdadi; er berichtete am 25. August dem marokkanischen Kriegsminister nach Tanger, daß er den Roghi in Zauia, im Gebiet der Msar, ge­fangen genommen habe. Hiermit dürfte die Rolle des marokkanischen Prätendenten ausgespielt sein, vielleicht läßt ihm Sultan Mulay Hafid den Kopf vor die Füße legen. Schauerliches wird über die Grausamkeiten des Sultans gegenüber den gefangenen Anhängern des Roghi gemeldet, sie erregt unter den marokkanischen Stämmen große Unzufriedenheit. Das diplomatische Korps in Tanger plant einen Kollektiv­schritt bei Mulay Hafid, um gegen die Grausam­keiten an den Parteigängern des Roghi Einspruch zu erheben.

Der Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland wegen Kretas ist kaum behoben, und schon erwachsen der Pforte neue Schwierig­keit e n, die ihr diesmal die unbotmäßigen Albanesen bereiten. Ein großer Teil der albanesischen Stämme befindet sich abermals im Aufruhr gegen die tür­kische Herrschaft, bereits ist es zu blutigen Kämpfen zwischen den Aufständischen und den türkischen Truppen gekommen. Letztere befinden sich offenbar in bedrängter Lage, denn es gingen ihnen in aller Eile Verstärkungen aus Uesküb und Monastir zu.

Vom Bierkrieg. Die Bewegung gegen die höheren Bierpreise zieht immer weitere Kreise, na­mentlich unter der Arbeiterschaft. In Duisburg berief das Gewerkschaftskartell eine Protestversamm­lung ein, in der eine schleunige Aendernng der Bier­preise verlangt wurde, andernfalls werde in einer demnächst einzuberufenden Versammlung der Boykott

in Anwendung gebracht. Auch in Opladen erhob eine stark besuchte Bürgerversammlung Einspruch gegen die außerordentliche Erhöhung der Bierpreise. In Annen sind durch das Zusammenhalten der Biertrinker die meisten Wirte wieder zu den alten Preisen zurückgekehrt. Auch gegen die Erhöhung der Preise der Flaschenbiere richtet sich besonders der Kamps der Arbeiter in industriellen Werken. Wie in Köln, so sind auch in Düsseldorf in einer Reihe Wirtschaften, die kleinere Gläser einführten, die Stammgäste ausgeblieben; die meisten dieser Wirtschaften haben schon wieder zu dem alten Maß gegriffen. In Dortmund haben sich ebenfalls schon unter dem Drucke der Verhältnisse mehrere Wirte veranlaßt gesehen, die alten Preise und die alten Gläser wieder einzuführen. In Mainz beschloß eine Massenversammlung, den Bierverbrauch ein­zuschränken. In Halle a. S. hat eine sozial­demokratische Versammlung beschlossen, den Genuß des im Preise erhöhten Bieres zu meiden, bis die Brauereien den Preisabschlag aufgehoben hätten.

Württemberg

Zur Kaiserparade. Wie mitgeteilt wird, soll die Tribüne für die Kaiserparade mit Geneh­migung des Generalkommandos vergrößert werden, da schon Mitte dieser Woche sämtliche Karten aus- verkaust waren und die Nachfrage immer noch eine sehr lebhafte ist. Weitere Karten ä 3 Mk. sind bei H. Wildt, Hofbuchhandlung, Königstraße 38 in Stuttgart zu haben. Das Ministerium des Innern hat sich damit einverstanden erklärt, daß die beim diesjährigen Kaisermanöver zur Verwendung kom­menden nichtwürttembergischen Gendarmerie­patrouillen auch auf württ. Staatsgebiet tätig werden und ihnen hierbei die in der Manöver-Ord­nung vorgesehenen Pflichten und Befugnisse zukommen.

Cannstatt, 27. August. Nach der Kaiser­parade, an der sich, wie bekannt, die Krieger­vereine beteiligen werden, findet eine Vereinigung der Vereine im Kursaal statt.

L m auf -er Fahrt nach Berlin.

Den 27. August 1909.

Im Verlaufe des heutigen Nachmittags erhielten wir folgende telegr. Mitteilungen, welche wir, so weit sie in dem mittags zur Ausgabe gelangten Freitags­blatt nicht mehr ausgenommen werden konnten, durch Anschlag am Hause bekannt gaben.

Stuttgart, 27. August. (Telegramm an den Enztäler, 2 Uhr nachm.). Graf Zeppelin jun. telegraphiert dem Südd. Korr.-Büro aus Gnotzheim: Das Luftschiff 2 III ist bei Ostheim (Bahnst. Wassertrüdingen) zur Auswechslung eines Pro­pellers und Aufnahme von Wasser gelandet und wird seine Fahrt nach 12 Uhr fortsetzen.

Gnotzheim, 27. Aug. 1 Uhr mittags: Vorderes Zylinderpaar des vorderen Motors defekt. Landung in Nürnberg, wenn erforderlich.

Gunzenhausen, 27. Aug., 3.30 nachmittags. Das Luftschiff ist wieder aufgestiegen und hat um 2.30 Uhr auf der Fahrt nach Nürnberg Gunzenhausen passiert.

Nürnberg, 27. August, 6.20 nachm. Die Landung des 2 III ist bereits um 4.15 auf einem etwa 600 Meter hinter dem Dutzendteich mitten im Walde befindlichen Landungsplatz, einer großen Waldlichtung, glatt erfolgt. Um 5 Uhr wurde noch an der Verankerung gearbeitet. Im Laufe des Abends soll der neue Daimlermotor eintreffen und sofort eingesetzt werden, so daß im Laufe der Nacht oder sogar noch am späten Abend die Weiter­fahrt nach Bitterfeld erfolgen kann.

Nürnberg, 27. Aug. 10 Uhr abends. 2 III liegt noch fest verankert auf seinem Ankerplatz ( hinter dem Dutzendteich. Die Monteure sind eifrig damit beschäftigt, die Ersatzteile einzumontieren.

Nürnberg, 27. Aug. Die Erwartungen der Nürnberger Bevölkerung sind aufs höchste ge­spannt. Bereits gestern wurden sämtliche hiesigen Blätter mit Anfragen nach den Gründen, welche der verzögerten Abfahrt des 2 III zugrunde liegen, förm­lich bestürmt nnd die Anfragen, ob die Fahrt an­getreten worden sei, setzten sich seit den frühesten Morgenstunden aus Nürnberg und dessen näherer und weiterer Umgebung fort. Während des ganzen gestrigen Nachmittags strömten Neugierige nach dem Landungsplatz beim Dutzendteich, um die für die eventuelle Landung getroffenen Einrichtungen zu besichtigen. Die für heute angesetzte Magistrats­sitzung fällt wegen der Ankunft des 2 III aus. Der Regen, der den gestrigen Nachmittag und die Nacht erst ununterbrochen angedauert hat, hat fast völlig nachgelassen, doch ist der Himmel noch stark umzogen.

Stuttgart, 27. Aug. Graf Zeppelin ist auf seiner Reise nach Bitterfeld heute vormittag hier eingetroffen. 10 Minuten vor 10 Uhr fuhr der Zug aus Friedrichshafen in die Halle. Brausende Hurrarufe begrüßten den Grafen, der von Direktor Colsman und Ingenieur Kober begleitet, den Zug verließ. Der Graf sieht frisch und gesund aus, nur ein weißes Halstuch und ein ziemlich großes, schwarzes Pflaster im Nacken deuten auf die über­standene Operation. Es ist, als ob der Name Zeppelin Menschen aus dem Boden stampfen könnte. Wo es früher noch still und leer war, da ist jetzt plötzlich ein kolossaler Menschenhaufen beisammen, der es dem Grafen nur schwer möglich macht, vorwärts zu kommen. Alle Versuche, ihn seinen Teller Suppe im Restaurant in Ruhe genießen zu lassen, sind ver­geblich. Die Menge drängt und drängt. Mit seinen Begleitern hatte der Graf an einem kleinen Tisch Platz genommen und studierte eifrig die neuesten Depeschen über den Verlauf der Fahrt seines 2III. Bei der Abfahrt mit dem Schnellzug 10 Uhr 24 wurden dem Grafen wiederum stürmische Huldig­ungen dargebracht. Im Bahnsteig drängte sich, wie bei der Ankunft, eine nach vielen Hunderten zählende Menge. Das Ungestüm dieser Ovationen mag dem Grafen allerdings recht lästig geworden sein. Auf Umwegen suchte er zu dem Zug zu gelangen. Als der Zug sich in Bewegung setzte, erdröhnte die Halle von den brausenden Hoch- und Hurrarufen. Graf Zeppelin erhob sich in seinem Coupee und dankte für die herzlichen Abschiedsgrüße. Die Hochrufe pflanzten sich fort, bis der Zug die Halle ver­lassen hatte.

Stuttgart, 27. August. Noch ist 2 III noch nicht in Berlin und schon beginnt hier wieder das Preisrätsel: Kommt auf dem Rückweg über Stuttgart? So gern wir hierauf eine Antwort erteilen möchten, müssen wir zu unserem Bedauern feststellen, daß über die Dispositionen auf der Rück­fahrt sicheres nichts bekannt ist. Einige Meldungen behaupten, daß diese auf derselben Route wie auf dem Heimweg erfolge, während andere aus dem Umstand, daß eine Ankerstelle in Sonnenberg in Thüringen von der Luftschiffbaugesellschaft erbeten wurde, die Hoffnung schöpfen, daß der Rückweg der Pfingstfahrt, der bekanntlich über Stuttgart führte, eingeschlagen wird. Etwas Sicheres weiß man zur Stunde nicht.

Halle a. S., 27. Aug. Auf der Eisenbahnfahrt nach Bitterfeld war Graf Zeppelin überall Gegen­stand begeisterter Huldigungen. Besonders große Menschenmengen hatten sich in Erfurt, Weißenfels und Halle angesammelt. Graf Zeppelin erschien überall am Fenster und dankte freundlich durch Schwenken der Mütze für die ihm dargebrachten