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gesucht hat, ist Stetten noch mit einem blauen Auge weggekommen. Die beiden schweren Ge­witter, die gestern Mittag über die Markung hin­zogen, brachten auch- etwas Hagel, aber der Schaden ist nur ein unbedeutender. Anders verhält es sich leider in Strümpfelbach Und Schnaith. Am schlimmsten steht eS dorr in den Weinbergen, wo die schönen Hoffnungen der Weingärtner großen­teils vernichtet find. Massenhaft liegen Trauben und Blätter am Boden und treiben sogar den Bach herab. Auch aus Lorch und Schorn­dorf wird schwerer Schaden gemeldet. In Sindelfingen fiel wolkenbruchartiger Regen vermischt mit Hagel. Der Schaden an Feldfrüchten und Obst ist gering, dagegen in DagerSheim, Darmsheim und besonders Aidlingen sehr bedeutend; Frucht, Brachgewächse und namentlich Hopfenstöcke liegen dort zerfetzt am Boden. In Ludwigsburg war die erst vor einigen Jahren erbaute Stauanlage in den unteren Anlagen in kurzer Zeit von den daherbrausenden Wassermassen bis zum Rand gefüllt und das Stauwehr über­flutet. Die Gärten und Ländereien im sogen. Täle wurden überschwemmt. Bei der Kreuzung des Tälesbachs durch die Staatsstraße nahmen die Waffermassen ihren Weg auf dem Straßenkörper und bildeten einen reißenden Strom bis zur Neckar- weihinger Brücke, wodurch die Beschotterung unter­waschen wurde. In Gmünd haben die Schloßen in mehreren Straßen sämtliche Fensterscheiben zer­schlagen; die Gartengewächse sind fast völlig zerstört und auch das wenige Obst wurde großenteils ab­geschlagen.

Herrenalb, 11. August. Am Sonntag kam auf dem sog. Käppele ein junger Mann beim Rad- fahren ums Leben. Der Verunglückte, ein Zahnarzt Koch aus Straßburg, wurde infolge zu raschen Fahrens oder Versagens der Bremse bei der ersten Biegung der Straße unterhalb der Paßhöhe über den Straßengraben an einen Baumstamm geschleudert und blieb infolge Schädelbruchstot liegen.

Tübingen. Die Ermittelungen hinsichtlich der Ermordung des Privatmanns Jakob Krauß hier in der Nacht vom 25. auf 26. Juli d. I. haben nunmehr ergeben, daß der Mord durch den Tag­löhner Wilhelm Räpple aus Ohmden und den Hausknecht Johann Georg Hespeler aus Horlachen begangen worden ist, um den Krauß zu berauben. <Der von Tagesblättern genannte Schneider Harm aus Degerloch kommt nicht in Betracht). Einer der Täler hat nach hartnäckigem Läugnen jetzt ein Geständnis abgelegt.

Tübingen, 10. Aug. Am Samstag abend trieben sich zwei Zimmererlehrlinge, anstatt nach Feierabend von ihrem Arbeitsplatz nach Hause zu gehen, im Bifinger herum, wo sie sich über einen Pflaumenbaum hermachten. Nachdem sie denselben wegen seiner wenigen unreifen Früchte mit Steinen

und Stecken bearbeitet hatten, stieg der eine, Krug von Dußlingen, auf den Baum und setzte sich auf den äußersten Ast. Dieser brach ab und der Bursche fiel mit demselben auf die unter ihm befindliche Grabenstützmauer, kollerte den etwa 20 Stufen hohen Staffelaufsatz hinunter und blieb unten neben dem Obst bewußtlos liegen. Sein Freund überließ ihn seinem Schicksal und suchte das Weite. Ein zufällig in der Nähe befindlicher Arbeiter, welcher dem Gebühren der Burschen vergeblich gewehrt hatte, nahm sich des Verunglückten an und brachte ihn in ein naheligendes Haus, von wo er mit dem Kranken­wagen nach der chirurgischen Klinik überführt wurde. Hier starb er, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, gestern früh und mußte so einen an sich belanglosen Jugendstreich mit dem Leben bezahlen.

Marbach, 10. Aug. Wiederum schwamm heute, wie im vorigen Jahr, eine Menge toter Fische den Neckar herunter. Viele kleine, kaum 1 em große, die Brut der neueingesctzten, aber auch größere Karpfen, Schleien, schöne Regenbogen­forellen u. s. w. boten einen traurigen Anblick. Der Fischer sieht mit Betrübnis auf ein weiteres, für die Fischerei verlorenes Jahr. Ein starker Teer­geruch machte sich wieder bcmerklich, weshalb ver­mutet wird, daß der Vorfall wieder auf eine Verunreinigung des Feuerbachs zurückzuführen ist. Es wird hoffentlich einer eingehenden Untersuchung gelingen, die Ursache des bedauerlichen Fischsterbens festzustellen und für die Zukunft einem solchen vor­zubeugen.

Wangen OA. Cannstatt, 9. August. In­folge leichtsinnigen Spielens mit einer Schußwaffe hat sich, wie diekannst. Ztg." berichtet, heute früh hier ein schweres Unglück zugetragen. Der 16jährige Gottlob Baumann machte sich mit seinem 11jährigen Bruder Albert im Bett mit einem scharf geladenen Terzerol zu schaffen. Ein Schuß krachte und die Kugel drang dem jüngeren Bruder ins Herz, dessen sofortigen Tod herbeiführend. Inwie­weit den älteren Bruder eine Schuld trifft, wird die sofort eingeleitete Untersuchung ergeben.

Bloubeuren, 11. August. Am Sonntag nachm. 4 Uhr wurde der hiesige Oberamtsbezirk von einem Hagelwetter heimgesucht. Der Hagel fiel teilweise in Taubeneiergröße; in vielen Gemeinden ist der größte Teil der Ernte bis zu 90 Prozent vernichtet.

Ulm, 10. Aug. Ein Gefreiter vom 12. bayer. Infanterieregiment in Neu-Ulm wurde) wie die Ulm. Ztg. meldet, vergangene Woche bei der Rückkehr vom Ernteurlaub unter dem Verdacht, einen Diebstahl begangen zu haben, gefänglich ein­gezogen. Am Freitag morgen wurde der Soldat, der immer seine Unschuld beteuerte, in seiner Zelle erhängt aufgefunden.

Sontheim, 10. August. In den letzten Tagen wurde auf hiesiger Markung ein sieben Pfd.

schweres Stück einer Granate gefunden. Die Fundstätte liegt sechs Kilometer von der Grenze des Truppenübungsplatzes entfernt. Die Verirrung eines so gefährlichen Wurfstückes müßte, so schreibt dieSchwäb. Albztg.", die Militärver­waltung zu Einleitung strengster Untersuchung und besserer Vorbeugungsmaßregeln veranlassen, um so mehr, als auch voriges Jahr ein Geschoß über die Grenze hinausging und in unmittelbarer Nähe von auf dem Felde befindlichen Leuten einschlug.

Aus der Pfalz, 10. Aug. Ein schweres Gewitter zog gestern abend gegen 11 Uhr über die Gegend von Kleinott Weiler. Hiebei schlug der Blitz in die Kolb'sche Wirtschaft in den Tanz­saal, wo Tanzmusik stattfand und tötete 3 Bur­schen und 1 Mädchen, die sich nebst vielen anderen Personen im Tanzlokale befanden. Eine Person wurde durch den Blitz schwer verletzt. Der Blitz sprang vom Wirtslokal in den Stall über und tötete dort 3 Kühe. Der Dachstuhl des Saales ist vom Blitz vollständig zerstört. In Dietschweiler schlug letzte Nacht der Blitz in das Anwesen des Ockonomen Meistnger und tötete 1 Pferd und 4 Stück Rindvieh.

Mainz, 11. August. Heute Morgen 5 Uhr überfielen etwa 20 Mann, wahrscheinlich ausge­sperrte Maurer, die nicht wieder eingestellt worden sind, auf einem Neubau an der Rhein-Allee die dort zur Arbeit gehenden italienischen Maurer mit Knüppeln. 6 Mann, die sich hinter einer Hütte verborgen hielten, schossen auf die Italiener. Meh­rere Italiener wurden verletzt, darunter der italie­nische Palier sehr schwer. Bis jetzt sind fünf Verhaftungen vorgenommen worden. Die ver­wundeten Italiener wurden ins Spital verbracht. Vor demselben Neubau wurde erst kürzlich ein italienischer Arbeiter überfallen und durch Messer­stiche schwer verletzt.

Köln a. Rh., 11. August. Die Kölnische Volkszeitung giebt durch Extrablatt folgende in Rom heute Vormittag 8 Uhr 35 Min. ausgegebene De­pesche bekannt: Infolge der Ueberanstrengung der letzten Tage und der großen Hitze erlitt der Papst während einer heute von ihm zelebrirten Messe einen vorübergehenden Schwäche-Anfall und sank dem Monsignore Bisleti in die Arme. Er erholte sich aber in kurzer Zeit wieder.

Dresden, 11. Aug. In Crimmitschau und Umgegend wurde in 80 Textilfabriken sämt­lichen 7500 Arbeitern gekündigt.

Berlin, II. Aug. Die gestern in Breslau in Gegenwart der Kaiserin abgehaltene Sitzung des HilsSkomites hat nach dem Lokalanzeiger be­schlossen, an die Hochwasser-Geschädigten sofort 150000 zu verteilen. Die Summe, welche die Kaiserin bereits persönlich überwies, be­trug 10 000 ^ Die Kirche in Arnoldsdorf soll an anderer Stelle neu erbaut werden.

wäre ihr vergällt durch deme unselige Tat. Und das willst du doch gewiß nicht, Kmtchen sie, dis du liebst, soll nicht leiden durch dich, gelt, mein Junge?"

Kurt zog die Hand der alten Frau an seine Lippen.Ich danke dir, Tante ich danke dir, daß du mir die Augen geöffnet hast!" stammelte er, während zwei große Tränen ihm über seine Wangen rollten.Ist auch für mich selbst alles Glück dahin für immer, werde ich auch als ein einsamer Mensch meinen Weg wandeln, so soll in ihr Leben durch mich kein Schatten fallen."

Sprich nicht so, lieber Kurt," bat Tante Martha,du wirst mit der Zeit vergessen lernen."

Nie, niemals Tante!"

Nun freilich, jetzt meinst du daS so, aber nach und nach vernarbt auch deine Wunde, dein Schmerz wird kleiner werden."

Kurt schüttelte heftig den Kopf.

Versprich mir nur eines jetzt," schmeichelte Susanne,daß du nicht mehr zur Waffe greifen willst."

Ich verspreche es dir!"

Mit deinem Ehrenwort?"

Ja, Susanne, meine Hand darauf."

Die Schwester war beruhigt, denn sein Wort würde er unter allen Um­ständen halten. ES fiel ihr wie eine Zentnerlast vom Herzen und sie wandte sich zum Gehen.

Wo willst du hin?" fragte Heßfeldt, dessen leuchtende Augen an dem Gesicht der Geliebten hingen; er wollte sie nicht eine Minute von der Sette lassen. Die wenigen Stunden, die er mit ihr verleben durfte, erschienen ihm wie ein kostbares Geschenk. Er konnte fast noch immer nicht an sein Glück glauben und fürchtete, es könnte ihm zerrinnen wie ein schöner Traum.

Susanne nickte tum Verlobten zu.

Ich möchte nur einmal nach Jsa sehen, sie schien mir heute etwas zu fie­bern, auch fürchte ich, daß sie sich vorhin erschreckt hat, als sie etwas hörte. Ich bin gleich wieder zurück, dann wollen wir gemürlich zusammensitzen."

Aber bleib nicht so lange, Schatz!" rief ihr Heßfeldt nach.

Sie lächelte trotz aller Sorge glückselig in sich hinein. Es erfüllte sie mit heimlicher Wonne, daß sie dem Geliebten so unentbehrlich war. Was für ein goldtreues Herz durfte sie ihr eigen nennen! Wie ruhig und still würde ihr Leben dahinsließen an der Seite dieses Mannes, dessen Liebe ihr die Wege ebnete und sie beschützte in Sturm und Gefahren.

Mit solchen Gedanken schlüpfte Susanne die Treppe hinauf und streckte lauschend den Kopf zur Türe hinein, die in das Zimmer der Freundin führte. Jsa lag ruhig atmend in den Kiffen. Sie schien zu schlafen, wenigstens waren ihre Augen geschloffen. Sie rührte sich auch nicht, als Susanne sachte über ihre Stirn strich, um zu fühlen, ob sie heiß sei.

Beruhigt schlich sie sich wieder hinaus. Unten erwartete Kurt die Schwester.

Was ist mit Jsa? fragte er.

Sie schläft noch immer, Kurt."

Du hast ihr also nichts gesagt?"

Nein, kein Wort."

Ich bitte dich, schweige auch ferner über den heutigen Vorfall. Jia soll nicht beunruhigt werden, sie soll nichts erfahren, Susanne hörst du?"

Die Angeredete nickte, dann kehrten sie zu den andern zurück. Kurt befahl, Wein aus dem Keller zu holen, und er stürzte dann rasch einige Gläser des feu­rigen Trankes hinunter. Das schien ihn einigermaßen zu beleben. Fritz Heßfeldt