dankend und versicherte stets das Beste des lieben Badener Landes und der lieben Stadt Pforzheim anstreben zu wollen. Er dankte für die große Teilnahme, die er allerseits beim Tode seines Vaters hatte erfahren dürfen. Das Fürstenpaar besuchte gemeinsam die Schloßkirche, worauf die Großherzogin verschiedene Schulen aufsuchte und später auch die Krippe und das städtische Krankenhaus mit ihrem Besuch beehrte. Der Großherzog begab sich in das Bezirksamt, wo die Beamten vorgestellt wurden. Nach einem gemeinsam beim Oberbürgermeister eingenommenen Tee sah sich der Großherzog, während die Großherzogin im Krankenhaus weilte, die Enz- korrektion und die Fabrik von Kollmar u. Jourdan an, worauf um 7.30 Uhr die Rückfahrt nach Karlsruhe angetreten wurde.
Pforzheim, 24. Juni. Während der letzten Tage wurden hier 4 Personen aus Goldwarenfabriken wegen Diebstahls und Hehlerei von Goldwaren verhaftet. Unter ihnen befindet sich ein Bijouteriefabrikant. — Der kürzlich mit 2650 Mk. geflüchtete Ausläufer Joh. Praß wurde, nachdem er mehrere Städte aufgesucht und das gestohlene Geld vollständig verpraßt hatte, in Stuttgart verhaftet.
Der bekannte Zirkus Corty-Althoff kommt nach Pforzheim. Er wird am Dienstag früh auf dem Bahnhof mit seinem Sonderzug von 52 Achsen eintreffen, um an demselben Abend die Eröffnungsvorstellung zu geben. Der Zirkus weilte 1907 hier und steht seitdem in gutem Andenken. Seine Vorstellungen waren außerordentlich gut besucht, während der Zirkus Sarassani im Vorjahr bekanntlich weniger gut abgeschnitten hat.
OLfmischies.
Hohe Gehälter. Dem Oberbürgermeister Kirschner von Berlin soll der Gehalt von 36 000 auf 40000 Mk. erhöht werden. Demgegenüber weist der „Berliner L.-Anz." darauf hin, daß der Koch eines bekannten Wein- und Speisehauses in Berlin 36 000 Mk., also soviel wie Hr. Kirschner bisher, bezieht, während sich die Mehlspeiseköchin in demselben kulinarischen Institut mit 25 000 Mk. begnügen müsse. Und der Komiker Thielscher vom Metropol - Theater bekomme gar 40000 Mk.
Vom Amtsstil erzählt der „Vorwärts" eine amüsante Geschichte. In Darmstadt ist wegen einiger Tollwutfälle die Hundssperre verfügt worden. In der Ministerialverfügung, die sich mit dieser Sache befaßt, ist folgende liebliche Wendung zu lesen: „Die beteiligten Kreisämter, Kreisveterinärämter und Ortspolizeibehörden haben sich gegenseitig bei vorkommenden Tollwutsfällen so schnell wie möglich, wenn nötig telegraphisch oder telephonisch, zu benachrichtigen." Kommen denn bei den betreffenden Aemtern Tollwutsfälle öfter vor?
EinSehtelephon, bei welchem die Sprechenden sich einander nicht nur hören, sondern auch sehen können, ist wieder einmal erfunden worden. Nach einer Meldung des Kopenhagener Blattes „Politiken"
seinem Verteidiger durch eine Seitentür und begab
sich dann mit Schwinger in seine Zelle.
„Freund!" sagte Karl, „ich lese in deinen Blicken, daß alles verloren ist."
„O, nicht doch! Es wird nur von dir abhängen, dem Prozesse eine günstige Wendung zu geben. Ich bin überzeugt.sdaß du nursein Wort zu sprechen brauchst, um dich zu retten. Keine falsche Großmut. Freund! Sprich dieses Wort, so schwer es dir auch werden mag!"
Der Gefangene schüttelte bitter lächelnd den Kopf.
„Ich werde mich dieses Zeugnisses auf keinen Fall bedienen, lieber Schwinger," sagte er entschlossen, „und ich erkläre dir, daß ich von dem Augenblicke an aufhören würde, dein Freund zu sein, wo du dieses Zeugnis herbeiführen solltest. Um diesen Preis will ich nicht gerettet sein. Dazu ist es noch Zeit, wenn ich zum Schafott geführt werde. Frauenehre ist mir heilig. Ich hoffe, meine Unschuld wird sich Herausstellen. . ."
Der Advokat kannte seinen Freund zu gut, als daß er nach dieser bestimmten Erklärung noch fernere Versuche hätte machen sollen, ihn umzustimmen. Er ließ mutlos den Kopf sinken. Es entstand eine düstere Pause.
Karl unterbrach dieselbe mit der Frage:
„Hast du die Geschworenen beobachtet Schwinger ?"
„Sie schienen nach diesem Verhör günstig für dich gestimmt zu sein."
„Das fand ich auch, aber die ungeschickte, wenn auch vielleicht gut gemeinte Aussage des Münch hat alles verdorben."
sollen zwei Brüder Andersen, Söhne er Meisters aus Odense, einen Apparat haben, der mit dem Telephon in Verb und gestatte, abwechselnd den Laut- ode ström durch die Leitung gehen zu lassen. Teilnehmer, mit dem man spreche, einen en Apparat, so sei die Verbindung herzuste könne sich dann im Telephon selbst d zeigen, oder man könne dem, der am des Drahtes sitze, die Gegenstände führen, um die es sich handele; z. B. Warenproben, Maschinen in Tätigkeit mehr. — Es wäre gewiß sehr nett, solcher Apparat in praktisch brauchbarer funden würde. Vorläufig glauben wir ab Sehtelephon erst, wenn wir es gesehen probt haben
Letzte Nachrichten u. Telegramme
Berlin, 24. Juni. Der Reichstag lehnte in zweiter Lesung den ß 8» der Regierungsvorlage über die Erbschaftssteuer, der das Prinzip der Erbaufallstener unter Ausdehnung auf die Deszrn- deuten und Ehegatten enthält, mit 195 gegen 187 Stimme« bei 1 Stimmenthaltung ab.
Berlin, 24. Juni. Reichstag. Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 2 ff«, Uhr. Am Bundesratstisch sind Reichskanzler Fürst von Bülow, sowie die Staatssekretäre Sydow und Dernburg erschienen. Zur Beratung steht das Gesetz wegen Abänderung des Erbschaftssteuergesetzes. Zu der Vorlage liegen mehrere Abänderungsanträge vor, insbesondere zu dem 8 9a, der die Prozentsätze enthält, in deren Höhe die Steuer erhoben werden soll. An dieser wichtigen Debatte beteiligten sich Abg. Gräf-Weimar (Wirtsch. Vgg.), Abg. Frhr. v. Richthofen (ksns.), Staatssekretär Sydow, Abg. Fürst Hatzfeld (Reichsp.), Abg. Frhr. v. Hertling (Ztr.), Abg. David (Soz.), Abg. Müller-Meiningen (freis. Volksp.), Abg. Dr. Heim (Ztr.) und Abg. Lattmann (wirtsch. Vgg.). Nach einer Reihe persönlicher Bemerkungen wurde abgestimmt. Das Ergebnis brachte die Ablehnung des 8 9a der Regierungsvorlage. Bei 8 10, der die Steuerskala für die entfernteren Verwandten enthält, wurde von den Sozialdemokraten eine Erhöhung der Prozentsätze beantragt. Es war Hammelsprung notwendig. Für den Antrag stimmten 166, dagegen 190 Abgeordnete. Der Antrag war somit abgelehnt. Unter Ablehnung sämtlicher Anträge wurde der Rest des Gesetzes abgelehnt, ebenso Einleitung und Ueberschrift. Damit ist die Erbschaftssteuer definitiv abgelehut. Nächste Sitzung Freitag 2 Uhr: Wechselstempelgesetz. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Wo bleibt Bülow?) — Schluß ff«7 Uhr.
Berlin, 24. Juni. Nachdem sämtliche Paragraphen des Erbschastssteuergesetzes abgelehnt waren, erklärte der Präsident, daß eine dritte
„Hat der Mensch irgend einen Grund, dir zu
zürnen?"
. »Ich glaube nicht. Es schien mir mehr Dummheit als Bosheit in seiner Aussage zu liegen."
Der Schließer öffnete jetzt die Tür und übergab dem Advokaten ein kleines Paket.
„Es wird mir dies eben für Sie übergeben," sagte er. „Es soll Eile haben."
Der Advokat öffnete es. Er fand darin einen Rosenstrauß und die Zeile: „Sagen Sie ihm, er möge noch hoffen."
Karl ergriff die Blumen, steckte eine davon in sein Knopfloch und rief:
„Es ist nicht ihre Handschrift; es ist die einer Unbekannten, die Mitleid mit mir fühlt. Armes Kind," fuhr er dann fort, „du bist vom tiefsten Mitleid ergriffen, du leidest und weinst über meine Leiden; im Innern deiner Seele betest du zu Gott für mich und wahrlich, dein Gebet ist das eines Engels. Schwinger, dies Mädchen hätte mich nicht verleugnet, denn sie sucht mich mitten in meinem Elend auf. Erfährst du eines Tages den Namen der Unbekannten, so sage ihr, daß sie durch ihr Mitleid meinen Schmerz gelindert hat."
„Hoffe noch, sie befiehlt es dir."
„Ich kann ihr leider nicht gehorchen, Schwinger, ich muß ihr danken. Auf Wiedersehen. Bald sage ich dir Lebewohl für immer."
Der Rechtsanwalt wandte sich gerührt ab.
„Ich habe mein Testament gemacht." fuhr Karl fort, „es wird dir heilig sein. — Wir sehen uns
Reichsfinauzreform entschieden. Die neue Block« Mehrheit hat sich heute mit ihrem Siege endgültig konstituiert.
Berlin, 24. Juni. Wie die „Freis. Zeitung" schreibt, erzählte man sich heute in den Couloirs des Reichstags, daß der Reichskanzler die Auflösungs- ordre, vom Kaiser unterschrieben, bei sich trage.
Berlin, 24. Juni. Der geschäftsführende Ausschuß des Zentralvorstandes der Nationalliberalen Partei hat heute beschlossen, einen allgemeinen Vertretertag der Partei auf Sonntag den 4. Juli nach Berlin einzuberufen.
London, 24. Juni. Die Hamburger Rede des Kaisers hat in der ganzen englischen Presse einen lebhaften Widerhall gefunden. — Der „Daily Telegraph" sagt, daß die zwischen den Mächten Europas herrschende Rivalität weiter gehen werde, bis es zu einem Krach kommt, der den einen oder auch mehrere der Konkurrenten zwingen wird, sich vom Schauplatz zurückzuziehen und auf den weiteren Wettbewerb zu verzichten. So lange würde aber auch Europa, wie Rosebery es so ausgezeichnet ausgeführt habe, unter dem Druck des bewaffneten Friedens leiden. — Der „Standard" bedauert den Optimismus des Kaisers über die friedlichen Aussichten nicht teilen zu können und fürchtet, daß vielleicht bald der Tag kommen wird, wo der Kaiser, der eben noch die Segnungen des Friedens gepriesen habe, sein Volk zur Schlacht zu begeistern gezwungen sein werde. Es sei mißlich, daß ein siegreicher Redner oft in die Verlegenheit komme, öfters das Gegenteil von dem, was er früher gesagt, aussprechen zu müssen. — „Daily Graphic" freut sich dagegen, aus der Rede des Kaisers die Friedensbotschaft zu hören, und hofft, daß bald ein praktischer Beweis für diese Worte des Friedens erbracht werden wird. — Das Blatt bedauert nur, daß nicht bereits vor zehn Monaten, als in Süd oste uropa die Furie des Krieges entfesselt zu werden drohte und die ganze Welt lange Zeit hindurch in der Furcht vor der Katastrophe lebte, die friedlichen Gesinnungen des Kaisers betätigt wurden.
Rom, 24. Juni. Die Deputiertenkammer nahm heute in geheimer Abstimmung das Budget des Ministeriums des Auswärtigen mit 207 gegen 64 Stimmen an.
morgen. Du bedarfst der Ruhe. Du reibst dich für mich auf."
„Beraube mich nicht meiner Kraft, Karl. Ich muß dein Leben retten. Ich werde es verteidigen, dem Staatsanwalt entreißen. Nichts ist verzweifelnd, wenn uns ein Freund noch bleibt."
„Und dieser Freund ein Mann von deinem edlen Charakter ist," antwortete Karl und drückte ihm noch einmal die Hand.
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Als Jakob den Gerichtssaal verließ, in dem er mit gespannter Aufmerksamkeit bis zum letzten Augenblick der Verhandlung geweilt hatte, begegnete seinen Blicken die Gestalt des Landmannes Münch, der langsam vor ihm herging, seine Schritte zählte, und während er so gleichgültig schlenderte, doch mit einer gewissen Unruhe um sich blickte. Die ganze Persönlichkeit machte einen seltsamen Eindruck auf den alten Diener. Er folgte und ging schneller oder langsamer, je nachdem Münch seinen Marsch einrichtete. Indem er also verfuhr, gehorchte Jakob dem Instinkte, der selten treue und ergebene Menschen über die Gefahr täuscht, die einem Gegenstände ihrer Anhänglichkeit droht. Sie wittern förmlich den Feind. Die Aussage des Münch, ungeschickt oder wohl überlegt, hatte jedenfalls einen verhängnisvollen Einfluß geübt. Jakob wollte die wahre Gesinnung des Landmannes kennen lernen und er redete ihn an mit so viel Behagen und Gemütlichkeit, als die traurigen Ereignisse nur zuließen.
— Fortsetzung folgt. —