Kenntnis zu setzen; inzwischen jedoch machten sich die 5 Vagabunden aus dem Staube. Nach län­gerem Suchen gelang es der Polizei, dieselben im Bad. Hof" zu entdecken und sie zu verhaften, was aber nicht so leicht ging, denn einer davon drohte mit dem geladenen Revolver, die andern widersetzten sich heftig, so daß es der Polizeimannschaft nur mit großer Mühe gelang, die Leute abzuführcn. Bei näherer Untersuchung stellte es sich heraus, daß einer derselben außer dem Revolver noch über 100 auch einige Dollars und mehrere Uhren in der Tasche Halle; cs handelt sich jedenfalls um einen schweren Einbruch oder Raubanfall. Auf Befragen, woher er das Geld hätte, gab der Verhaftete zur Antwort: In Stuttgart sei ein reicher Amerikaner gewesen, welcher Geld nach Belieben verteilt hätte, den Namen wisse er nicht. In den Arrest verbracht, lobten die Landstreicher mehrere Stunden lang und zertümmerten alles, was nicht nagelfest war. Die ganze Gesellschaft wurde heute früh dem hies. Amts­gericht übergeben, wo sie sich wegen Betrügereien, Zechprellereien, Widerstands gegen die Staatsgewalt und vielleicht auch wegen schweren Diebstahls u. a. zu verantworten haben wird. Die Namen der Ver­hafteten sind noch nicht olle festgestellt.

Heilbronn, 30. Juli. Heute am Todes­tage Bismarcks wurde hier das am Eingänge in die Siadt unmittelbar über dem Neckar gelegene Bismarckdenkmal in feierlicher Weise enthüllt. Zu der Feier waren zahlreiche staat­liche und städtische Beamte, dos Osfizierkorps und Abordnungen von mehreren Vereinen, sowie eine große Menschenmenge erschienen. Die Festrede hielt Professor Lechler, der den Fürsten Bismarck als den Stifter des deutschen Reiches feierte, worauf Oberbürgermeister Hegelmaier mit einer längeren Ansprache das Denkmal namens der Stadt über­nahm. Dasselbe ist nahezu 9 Meter hoch, wovon auf die von Bildhauer K i e m l e n - Stuttgart model­lierte Bronzefigur allein 4,2 Meter entfallen. Der architektonische Teil des Denkmals und die dasselbe umgebenden Anlagen wurden von Professor Rieth- Berlin, einem geborenen Stuttgarter, entworfen. Das Denkmal erforderte einen Kostenaufwand von 43000 wozu die Stadt 10000 beigesteuert hat.

Konstanz, 29. Juli. Das Schwur­gericht verurteilte heute spät abend nach 3tägigcr Verhandlung den Seidenbandweber Gottfried Brenner von Rippolingen wegen Ermordung seiner 15jährigen Tochter zum Tode und seinen Sohn, den Schuhmacherlehrling FriedolinBrenner. wegen Beihilfe zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust.

Berlin, 30. Juli. Die National-Zeirung bezeichnet eine Behauptung des Figaro, daß der deutsche Kaiser mit besonderer Beharrlichkeit im Ein­vernehmen mit Oesterreich seinen ganzen Einfluß zu Gunsten eines Kardinals, einen früheren Nun­tius, aufbiete, dessen Wahl für das Papsttum er wünsche, als ebenso leeres wie abgeschmacktes Hirn­gespinst. Auch die Norddeutsche Allgemeine Zeitung stellt gegenüber der Meldung des Figaro nochmals fest, daß von keiner deutschen Stelle Einflüsse zu Gunsten oder Ungunsten irgend eines Kardinals der Papstwahl aufgeboten werden.

Fulda, 28. Juli. (Krawall.) Zu wüsten S k a n d a ls zen e n ist es gestern abend

in unserer sonst -so friedlichen Stadt gekommen, wenn es auch zum Glück nickt ganz so schlimm ab­gelaufen ist, wie es in einzelnen auswärtigen Zei­tungen zu lesen steht. Die an dem hiesigen Kanal­bau beschäftigten italienischen Arbeiter begingen nämlich in den letzten Tagen mehrfach Exzesse, namentlich in den Gastwirtschaften, demo­lierten Schenktische, Fenster und Türen, rotleien sich in den Straßen zusammen und störten den Verkehr. Gestern abend schoß sogar ein Italiener aus einem Revolver viermal in das Publikum auf der Haupt­straße und durchlöcherte einem Postschaffner, der den Briefkasten leerte, den Ranzen. Ein Artillerist zog blank und hieb mit dem Säbel dermaßen auf den Revolverhelden ein, daß er schwer verletzt zusammen­brach und sodann ins Krankenhaus verbracht wurde. Selbstverständlich erregen die Vorgänge hier großes Aufsehen.

New - Iork, 30. Juli. In Lowell (Massa­chusetts) flog gestern ein Pulver türm der dortigen Parronenfabrik in die Luft. Die Er­schütterung war eine so starke, daß sie noch in dem 40 Meilen weit entfernten Boston verspürt wurde. Die Patronenfabrik geriet in Brand. Die um­liegenden Häuser stürzten ein, wobei 25 Personen getötet und 100 verwundet wurden.

Eingesandt.

Kunstausstellung in Caliu.

Es war in Hinsicht auf die immerhin kleinen Ver­hältnisse unserer Stadt ein etwas gewagtes Unter­nehmen, als sich vor etwa Jahresfrist einige Kunst­freunde entschlossen mit einer kleinen Ausstellung von Produkten der Oelmalerei und event. auch anderer Kunsterzeugnisse vor die hiesige Einwohnerschaft zu treten und dieselbe um Unterstützung für das Unter­nehmen durch Hergabe derartiger im Familienbesitz befindlichen Gegenstände zu bitten.

Ausschlaggebend war der Umstand, daß wenn auch Werke berühmter Künstler nur in kleiner Zahl in hiesigem Besitz sein mochten, es sich dennoch loh­nen werde manches alte F-amilienbild aus seiner seitherigen Verborgenheit an das Licht zu ziehen und einem großem Publikum zugänglich zu machen.

Und sollte ein solches Familienbild sogar mit der eigentlichen Kunst herzlich wenig zu schaffen haben, so ist es doch für die heutige Generation nicht ganz werllos, aus vergangenen Zeiten längst verklungene Namen, oder Gestalten, die den älteren Einwohnern noch persönlich bekannt sind in getreuem Konterfei vor sich auferstehen zu sehen.

Ein Bericht über die in Stuttgart im Königs­bau in ähnlicher Weise kürzlich stattgefundene Portrait- ausstellung sagt, daß nicht die künstlerischen Grund­sätze allein maßgebend sein sollen, sondern mehr die Persönlichkeit des Dargestellten, auch wenn der künstlerische Wert des Bildes ein unbedeutender sein sollte.

Aber auch noch ein weiterer Umstand hat den Entschluß, eine Ausstellung ins Leben zu rufen, herbeigeführt, die Tatsache nämlich, daß die Oel- und Aquarellmalerei in Calw und Umgegend einige zum Teil im Verborgenen ihren künstlerischen Jn- tensionen sich widmende Vertreter hat, die sich mit ihrer Kunst weit über den Dilettantismus hinauf­gearbeitet haben.

Ist es da nicht verzeihlich, wenn der Wunsch sich kund gibt, einmal einen Blick hinter die Cvulissen

zu werfen und sich an diesen Gebilden künstlerischen Schaffens erfreuen zu können? Dazu soll eben diese Ausstellung Gelegenheit verschaffen.

Es sind aber auch noch andere mit einer künstlerischen Ader beglückte Kräfte vorhanden, welche, wenn sie in ihrem Streben auch noch nicht die er­sehnte Höhe erreichen konnten, dennoch der Aus­stellung manche ihrer sehenswerten Arbeiten über­lassen haben.

Bei allen Ausstellungen, sei eS auf gewerb­lichem oder künstlerischen Gebiete, zeigt sich der ganz gleiche Fall, daß nicht ausschließlich nur voll­kommene Produkte menschlicher Tätigkeit zur Ansicht gebracht werden können, und so darf auch an die in Calw in den nächsten Tagen zu eröffnende kleinere Ausstellung kein anderer Maßstab angelegt werden als der: einheimischen und fremden Besuchern zu zeigen, daß neben der in entferntesten Ländern rühmlichst bekannten Calwer industriellen Tätigkeit, auch künstleriche Bestrebungen und Sinn für das Schöne einen guten Boden und ein Heim gefunden haben, und so soll es auch von rechtswegen sein, denn die Kunst in jeder Form ist heutzutage innig mit Industrie und Handwerk verbunden, beide be­dürfen immer mehr eines ausgebildeten Schönheits-, Farben- und Formeusinnes, welcher schon von Jugend auf gepflegt werden sollte.

Die obersten Schulbehörden bei uns und ander­wärts schenken daher mit Recht der Frage, wie dem Kinde schon in der Schule das Auge und der Sinn für solche Dinge angeregt werden könne, ihre Aufmerk­samkeit.

Möge nun die Ausstellung eine gute Aufnahme von Seiten der Ein­wohnerschaft und einen lebhaften Besuch von Nah und Fern finden, der Jugend zur Belehrung und An­regung. Allen aber zur Freude.

Gottesdienste

am 8. Sonntag «ach Hrintt., 2. August.

Dom Turm: 347. Predigtlied: 401, Herzog uns. Seligkeiten. 9 Uhr: Donniit--Predigt, Herr Dekan Rood. 1 Uhr: Christenlehre für die Söhne. 2 Uhr: Bibelstunde in der Kirche. Herr Stadipsarrer Schmid. Montag, 3. August.

7 Uhr vorm.: Erntebetstuude, Herr Stadipsarrer Schmi d.

Das Opfer ist für die Hagelbeschädigten des Lan­des bestimmt.

AeLkameLeil.

Wer Gurken liebt

möge bedenken, daß man auf je 5 Liter des Essigs oder des Salzwassers 1 Päckchen Dr. Oetker's Salicyl L 10 A gibt. Dann braucht der Essig nicht noch einmal aufgekocht zu werden, die Gurken werden nicht kahmig, die Salzgurken bleiben hart und der Geschmack bleibt ein frischer, da keinerlei unliebsame Gährunqen entstehen. Rezepte auf Wunsch gratis vom Unterzeichneten. Dr. Oetker's Salicyl L 10 ist in den Geschäften vorrätig, welche führen Dr. Oetker's Backpulver.

Ar. A. Hetker, Melefekd.

Der elegante, junge Mann schien wirklich Eindruck auf die kindliche Jsa gemacht zu haben.

Vergebens hatte Susanne den Bruder beschworen, sich sein Glück nicht von einem andern stehlen zu lasten, sie bat und'flehte, er möge doch noch im Laufe des Abends die Entscheidung herbeiführen, Jsa einen Blick in sein treues, liebendes Herz tun lasten, doch er schüttelte nur traurig den Kopf.

Jsa liebt mich nicht," hatte er gesagt,sonst müßte sie es längst gefühlt haben, sie müßte es in meinen Augen lesen, wie es um mich steht, wie und was ich für sie empfinde. Sie würde sich vielleicht aus Mitleid entschließen, meine Frau zu werden, wenn sie ahnen könnte, was ich um ihretwillen leide, das aber. das will ich nicht. Siehst du, Susanne, wenn ich nicht ihr ganzes, volles Herz besitzen kann, wenn ihre ungeteilte Liebe nicht mir gehören soll, dann will ich gar nichts, lieber gar nichts, ich kann nun einmal nicht anders.

Ja, so war er. Er verzehrte sich in Sehnsucht und Oual und sah zu, wie ein anderer ihm das raubte, was seines Herzens Sonnenschein war. Jener andere, das wußte Susanne wohl, liebte Jsa nicht so, wie Kurt sie liebte.

Dieser Herr v. Uttrecht von dem man sagte, er jage dem Gelds nach, dieser Herr tändelte offenbar nur mit dem unerfahrenen Kinde, das die Liebe noch gar nicht kannte. Daß Jsa sich für eine reiche Erbin hielt, wußte Susanne wohl, aber ob die Liebe Uttrechts Stand halten würde, wenn er erfuhr, daß Graf Tennewitz in Schulden steckte?-

Susannens Gedanken wurden in diesem Augenblick unterbrochen; denn sie sah draußen auf dem Rasenplatz zwischen den halbentblätterten Roscnbüschen eine dunkle Gestalt herumschleichen. Schnell verbarg sie sich hinter den Gardinen und

spähte vorsichtig hinaus, weil sie in dem grauen, unbestimmten Licht des däm­mernden Herbstmorgens die Züge jenes Mannes nicht genau zu unterscheiden vermochte. Jetzt trat er hervor und stand dann regungslos da, die Augen mit solch sehnsüchtigem, wehen Ausdruck nach der oberen Fensterreihe gerichtet, daß Susanne unwillkürlich erschrak.

Sie erkannte nun den Inspektor Heßfeldt, der schon seit einigen Jahren den Betrieb der großen Meierei leitete, die zu Buchecke gehörte und in etwa einer Viertelstunde zu erreichen war. Was mochte der Inspektor in so früher Morgen­stunde hier suchen? Kurt hatte wohl die Schwester schon öfters damit geneckt, daß sie an Heßfeldt eine Eroberung gemacht habe, er sei schon vielfach in der Dämmerung gesehen worden, wie er um das Haus schleiche, aber Susanne glaubte nicht, daß das ihretwegen geschehe.

Die junge Dame hatte jetzt Muße, sich den hübschen Mann genau anzu­sehen, denn er stand unbeweglich draußen, wie aus Erz gegossen, nur der trübe Zug in seinem Gesicht verschärfte sich noch mehr. Er trug eine hellgraue Loden­joppe, einen großen, weichen Filzhut, unter dem das blonde Haar in dichter Fülle heroorquoll Die Füße steckten in hohen Stulvstiefeln, an denen noch lehmige Erde klebte. Heßfeldt mußte quer über das Feld gegangen sein, denn auf dem Wiesenrain, der von der Meierei zum Herrenhause führte, konnte er seine Stiefel nicht derartig beschmutzt haben.

Susanne betrachtete noch immer aufmerksam den draußen Stehenden, d.sten seelenvolle Augen sie mit eimmmal sehr schön fand. Was er nur wollte? Es durchzuckte sie plötzlich der Gedanke:Sollte er am Ende auch wegen Jsa?"

Doch sofort verwarf sie diesen Einfall wieder. (Fortsetzung folgt.)