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Amts- und Knzeigeölalt für den Kezirk Kalw.

78. Jahrgang.

Lrschetnungrtage: Di-nStag. Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. Jnsertionspretr 10 Bfg. pro Zetle für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Samstag, den 1. August 1903.

Abonnementspr. in d. Stadt pr. Diertelj. Mk. 1.10 incl. Trägerl. Dierteljährl. PostbezugSpreiS ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.

Amtliche ZteLarmLmachttitge«.

Bekanntmachung.

Die Flotzsperre

auf der oberen Nagold ist einem Antrag des K. Oberamts Nagold entsprechend für den Monat August d. I. mit der Maßgabe von der K. Regierung für den Schwarzwaldkreis augeor-uet worden, daß in den Wasserstuben das Einbinden der Flöße unter Beachtung der Anordnungen des Floßaufsehers insoweit gestattet ist, als die an den Wasserstuben vorzunehmenden Reparaturarbeiten dies gestatten. Calw, 30. Juli 1903.

K. Oberamt. Amtmann Rippmann.

Bekanntmachung.

Das Proviantamt Stuttgart nimmt den Ankauf von neuem Heu vom 10 August ds. Js. an unter den im Württ. Wochenblatt für Landwirtschaft Nr. 31 bekannt gegebenen Beding­ungen auf.

Die Ortsbehörden werden beauftragt, dies in ihren Gemeinden ortsüblich bekannt zu machen.

Calw, 30. Juli. 1903.

K. Obcramt.

V o e l t e r.

Tagesneuigkeiten.

** Calw. Am letzten Mittwoch wurde hier die Bezirksschulv ersammlun g abgehalten. Herr Prälat I). v. Wittich wohnte derselben an und begrüßte die Versammlung. Dem Schulbericht des Hrn. Bezirksschulinspekwrs ist zu entnehmen, daß der Schulbetrieb des vergangenen Schuljahrs in ruhigem Geleise weiter aing. Auch im Lehr­personal war kein großer Wechsel. Im ff Schul­lehrer Bohnet-Deckenvfronn verlor der Bezirk einen treuen, allgemein geschätzten Lehrer. Zur Zeit sind

im Bezirk 59 ständige und 11 unständige Lehrer; zwei unständige Stellen sind infolge Lehrermangels nicht besetzt. Die 70 Lehrer unterrichten insgesamt 4184 Schüler, 44 mehr als im Vorjahr. Ueber 100 Schüler sind in 3 Klassen: Neuweiler 111, Altburg 104, Calw Elementarklasse 103. Abteilungs- untcrricht wird in 35 Klassen erteilt. Das Prüf­ungsergebnis der durch Hrn. Bezirksschulinspektor visitierten Schulen ist ein recht erfreuliches. In weiblichen Handarbeiten unterrichten 40 Lehrer­innen (zwei im Hauptamt). Die Belohnung der­selben ist teilweise recht gering. (Oberhaugstett 17 und in 3 andern Gemeinden 20 Ein neues Reichsgesetz betreffend Kinderarbeit in gewerb­lichen Betrieben, tritt mit dem 1. Januar 1904 in Kraft, das die Schulkinder vor allzu großer Ausnützung und Anstrengung außerhalb der Schul­zeit schützen soll. Die Ministerialverfüguug betr. der Erweiterung der Dienstwohnungen der Lehrer wird von den Lehrern mit Freuden begrüßt. An den Schulbericht schlossen sich zwei Vorträge an, der eine über Telephon und Mikrophon von Herrn Oberlehrer Müller hier, der andere über Alko­holismus von Hrn. Pfarrer And ler-Gechingen. Ein gemeinsames Mittagessen im „Waldhorn" schloß sich den Verhandlungen an. Am Donnerstag fand so­dann der übliche Durchgang des Hrn. Prälaten mit den HH. Lehrern des Bezirks statt.

-i- Hirsau. (Wohltätigkeitskonzert.) Ein auserlesener Kunstgenuß wird den zur Zeit in Hirsau, Calw und Liebenzell anwesenden Fremden am kommenden Dienstag in Hirsau geboten werden. Ein eigens zu diesem Zweck zusammengetretenes aus lauter Kurgästen gebildetes Komite wird nämlich am genannten Tage ein großes Konzert veranstalten, zu dessen Mitwirkung eine ganze Anzahl hervor­ragendster Künstler gewonnen wurde. Berechtigt schon dieser Umstand, sowie das außergewöhnlich schöne Programm zu dem Wunsch nach einem recht zahl­reichen Besuch, so >st dieser Wunsch umsomehr berech­tigt, als die gesamte Kasseneinnahme gemeinnütz­

igen Zwecken überwiesen werden wird. Im Uebrigen verweisen wir auf das Inserat in vorliegender Nummer.

Unterreichenbach. Seit vergangenen Samstag weilt wieder, neben vielen Luftkurgästen eine Ferienkolonie aus Stuttgarter Schulen hier; ebenso im nahen Grunbach und Salmbcnh.

Unterreichenbach, 28. Juli. Der gestrige Vieh markt war mit ca. 110—115 Stück Groß- und Kleinvieh befahren. Der Handel ging recht lebhaft, umsomehr als gute Schläge trächtiger Kalb- innen und Kühe am Platze waren, die rasch Nehmer fanden, daher der weiteren Nachfrage nicht genügen konnten. An Einstellvieh waren prächtige junge Tiere am Markt, allein die Preise wurden so hoch gehalten, daß sich ein lebhafterer Handel darin nicht entwickelte. Preise im allgemeinen unverändert. — Bei dem am frühen Morgen stattgehabten Schweinemarkt fanden 4 zu Markt gebrachte Kisten Läufer zu 44 bis 60 pr. Paar nach und nach Liebhaber. 3 Körbe Milchschweine hatten zu 18 dis 24 pc. Paar raschen Absatz und waren nichr genügend vorhanden. Nächster Markt: Montag den 26. Okt. d. I.

Tübingen, 29. Juli. Zum Tode des Privatiers Krauß erfährt die Tüb. Chron., daß auch die vorgenommene gerichtliche Sektion der Leiche nicht sicher festgestellt werden konnte, ob Krauß Selbstmord begangen hat oder ermordet worden ist. Die bereits mitgeteilten näheren Um­stände (das Fehlen der Uhr, des Geldes, des Haus­schlüssels u. s. w. und das Verschwinden des „Haushälters" und „Krankenpflegers") deuten jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit auf das letztere hin.

Göppingen, 28. Juli. Einen guten Fang machte laut Göpp. Ztg. anscheinend gestern abend die hiesige Polizei. Auf dem Walfischkeller zechten fünf Handwerksburschen nach Belieben und drohten zum Schluß der Wirtin mit Demolierung, und beschimpften sie auch in grober Weise, bis die Frau sich gezwungen sah, die Polizei davon in

Nachdruck verboten.

Treue.

Original-Roman von Irene v. Hellmuth.

(Fortsetzung.)

Und Jsa? Sie schien sich glücklich zu fühlen, als sie neben dem stattlichen Manne saß. Wenn auch sie ihn liebte? Dann — das fühlte Kurt in diesem Augenblick, — hatte das Leben keinen Wert mehr für ihn, dann versank ihm die Welt in Nacht und Dunkel. —

Susanne mochte wohl ebnen, was in der Seele des Bruders vorging. Sie bemitleidete ihn, denn sie sah, wie er mit sich kämpfte. Warum sprach er das entscheidende Wort nicht aus? Warum zögerte er so lange, bis ein anderer kam und ihm den Schatz stahl, den er so heiß begehrte?

Vielleicht störte ihn ihre Gegenwart. Susanne hätte viel darum gegeben, wenn sie unbemerkt hätte hinausschlüpfen und die Beiden dort bätte allein lassen können.

Am Ende fänden sie dann das erlösende Wort! Sie kam sich recht über­flüssig vor und versuchte, zu entkommen.

Doch Jsa blickte rasch auf.

„Wo willst du denn hin, Susanne?"

„Ich — ich möchte, — ich wollte — zur Gesellschaft zurückkehren."

„Ja, es wird am besten sein, wir kehren zurück," meinte Jsa und schaute fragend auf Kurt, der wie aus einem Traum erwachend, den erhobenen Arm sinken ließ.

„Fühlst du dich wohl genug?" fragte er.

Das Mädchen nickte und nahm Susannes Arm» sich leicht auf denselben stützend.

Als die Drei den Saal wieder betraten, erhob sich Herr v. Uttrecht mit leuchtenden Augen und eilte Jsa entgegen.

„Ah, da sind Sie ja wieder, meine Gnädigste! O, wie ich mich freue! Ich fürchtete schon, auf das Glück, Sie noch einmal zu sehen, verzichten zu müssen! Hoffentlich sind Sie nun wieder ganz wohl!"

VI.

Der Schwarm der Gäste hatte Buchecke verlassen. Still und friedlich lag das alte Herrenhaus inmitten der dunklen Tannen und halb entblätterten Buchen dir es umstanden wie treue Wächter. Ein trüber Hcrbstmorgen dämmerte herauf und das matte Licht der Sonne konnte nicht durchdringen.

Susanne stand am Fenster ihres Zimmers und blickte in den wogenden Nebel draußen. Fast wehmütig streifte ihr Auge über die gelben, am Boden verstreut liegenden Blätter hin. Der Herbst stimmte sie immer traurig. Im Hause war noch alles still. Sie horchte hinüber nach den Zimmern JsaS, die neben den ihrigen lagen, doch auch dort regte sich nichts. Die Freundin schlief wohl noch. Leise, um niemand zu stören, schlich sie die Treppe hinab, und stand dann wieder im Empfangssalon am Fenster, halb verborgen von den schweren Gardinen. Warum sie eigentlich heute so früh aufgestanden, wußte sie selbst kaum. Eine unerklär­liche Angst und Unruhe hatte sich ihrer bemächtigt, sie sah im Geiste immer die traurigen, treuen Augen des Bruders vor sich, wie sie gestern wieder an Jsa hingen, und einen freundlichen Blick zu erhaschen suchten. Doch Jsa hatte es wahrscheinlich kaum bemerkt, da Herr v. Uttrecht ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.