Privatmann sich seinen Autoballon halten wird, wie heute sein Automobil. Der Autoballon ist ein kleines leichtes zigarrenförmiges Luftschiff mit 18—24000 Kubikfuß Rauminhalt, mit Motor und Propeller und gerade ausreichend, ein oder zwei Passagiere vier oder fünf Stunden lang zu befördern. Sein Hauptvorzug ist, daß der Ballonkörper kein inneres Gerüst enthält; er ist daher leicht zu handhaben, bequem zu verpacken und kann leicht transportiert werden. Die Kosten eines solchen Autoballons sind ungleich geringer, als die eines Automobils. Der Graf hat jetzt die Bildung einer Gesellschaft für Lufttransport veranlaßt und reiches Kapital zur Herstellung dieser neuen Autoballons steht zur Verfügung. Drei sind bereits gebaut und mit einem hat der Graf -jetzt eine Probefahrt von Saint Cloud nach Bagatelle unternommen, die vollauf befriedigte. Das Luuftschiff enthielt 600 Kubikmeter Leuchtgas 100 Kubikmeter Wasserstoff. Nach der Landung wurde es sofort entleert und verpackt und anderthalb Stunden später befand sich der Graf auf der Rückreise nach Saint Cloud. Bis zum Frühjahr soll eine größere Anzahl dieser Ballons fertiggestellt werden. Einer der bereits vollendeten ist vom „Petit" Journal" angekauft worden, das sich des Luftschiffes für Reklamezwecke in der Provinz zu bedienen beabsichtigt.
Das erkannte Autlervolk. Aus Zürich wird der „Franks. Ztg." geschrieben: Ein niedliches Geschichtchen von ungewöhnlicher Mundfertigkeit eines Hinteregger Bauernbuben (Kanton Zürich) weiß das hiesige „Volksrecht" zu berichten. War da auf der Landstraße in der Nähe seines Heimatdörfchens ein Vierkäsehoch mit dem Einsammeln von Roßäpfeln beschäftigt, als ein Automobil in scharfem Tempo dahergefahren kam. Statt nun seinen Karren auf die Seite zu nehmen, ließ der Knabe das Fuhrwerk mitten auf der schmalen Straße stehen und sprang selber abseits in einen Acker hinein. Da ein Ausweichen nicht möglich war, mußte der Automobillenker halten, und da der Knabe auch der Aufforderung, den Karren aus dem Wege zu räumen, nicht nachkam, mußte der Kraftwagenführer schließlich selber aussteigen, um die Bahn frei zu machen. Das geschah nicht gerade in sanftester Art und das Mistfuhrwerk landete schließlich im Straßengraben und kippte um. Aber nun wurde der Bauernbub wütend. Und während der Autler schimpfend seinen Benzinwagen wieder in Gang brachte, schrie der Knabe in Hellem Zorn in die Kalesche hinein: „Stinke chönt er, ihr Chaibe, aber Roßböbbele mache, des chönt er net! . . . ." Nun war doch er der Sieger.
Die Uhr mit einem Rade. Eine bedeutsame Erfindung hat, wenn sich eine Mitteilung der Zeitschrift Luglibb meekauic bewahrheitet, ein Uhrmacher namens Brighton in Kalifornien gemacht. Während bisher die Uhrkünstler ihr Hauptaugenmerk darauf richteten, durch allerlei Vorrichtungen oder durch besondere Kleinheit der Uhr — es gibt eine Uhr, die in eine Erbse eingebaut ist — Hervorragendes zu leisten, hat Brighton durch ganz besondere Einfachheit des Uhrwerks den Rekord geschlagen. Die ganze Uhr wird von einem einzigen Rädchen bewegt und in Gang gehalten, das die „Unruhe" darstellt. Es werden dabei noch 31 kleine Stahlbälle benutzt, die den Gang der Uhr durch regelmäßiges Abrollen über eine Zickzackbahn bewirken. Das ist der ganze Mechanismus, der an die Stelle der heutigen vielen Rädchen und Federchen tritt. Eine Feder ist hier nicht mehr nötig, und da die leichtgebauten Federn stets der Anlaß zum Versagen der Uhr waren, so scheint mit dieser neuen Erfindung ein Werk geschaffen zu sein, das unverwüstlich ist.
Der „kazs-Ls-^ou-eutor-ears "-Wagen. „Bitte meine Herrschaften, erst aussteigen lassen!" Diese Mahnung des Straßenbahnschaffners tönt in Berlin jedem entgegen, der nach viertelstundenlangem Warten an einer Haltestelle sich beeilt, eine vollbesetzte Elektrische zu besteigen. Der praktische Amerikaner hat diesen Uebelstand zu beseitigen verstanden. Kürzlich sind in amerikanischen Städten neue Straßenbahnwagen eingeführt worden, die auf der geräumigen Hinteren Plattform zwei Gänge besitzen, von denen der eine nur zum Einsteigen, der zweite nur zum Aussteigen benutzt werden darf. Mit dieser zweckmäßigen Einrichtung ist noch eine weitere Neuerung verbunden. Der Kondukteur zwängt sich nicht wie bei uns zum Verkauf der Fahrscheine in das Innere des Wagens, sondern hat seinen ständigen Platz neben der Eingangstüre auf dem Hinterperron. Hier kassiert er von jedem Fahrgast beim Einsteigen das Fahrgeld ein und öffnet durch einen Tritt auf einen Hebel die in das
Innere führende Türe. Durch die Türbewegung wird gleichzeitig der Empfang des Fahrgeldes mit einem Kontrollapparat registriert, wodurch die Billet- kontrolle vollständig überflüssig wird. Der Amerikaner nennt diesen praktischen Wagen „ka^-ÄS-^ou- ovtor-cars", was man etwa mit „Bezahl-beim- Einsteigen-Wagen" übersetzen könnte.
Der kluge Papa. Der „Tägl. Rundschau" wird folgendes Geschichtchen aus der Kinderstube erzählt: Die kleine Lisbeth, die noch nicht zu den Höhen und Tiefen der deutschen Sprache vorgedrungen ist, kommt in der Dämmerstunde zu ihrem Vater und verlangt: „Papa nimm mich!" Ihr Wunsch wird erfüllt und nun sagt sie kurz und bündig: „Alter Aeßel". Hierauf allgemeines Hallo. Der Papa aber beweist seine geistige Ueberlegenheit, indem er die merkwürdige Anrede also richtig verdolmetscht: „Bitte, lieber Papa, erzähle mir die Geschichte von den Bremer Stadtmusikanten", die bekanntlich anfängt: „Es war einmal ein alter Esel" usw. So wurde durch des Vaters kluges Verständnis der Familienfriede durch den „alten Aeßel" nicht gestört.
Die Spitznamen der Weine. Ein deutscher Weinfreund schreibt der „Neuen Fr. Presse": Rheinische Winzer und Zecher haben dem Heurigen den Namen „Zeppelin" beigelegt, teils zur Erinnerung an Zeppelins Triumphe im Jahre 1908, teils mit Rücksicht darauf, daß der diesjährige Wein „hoch" über vielen anderen steht. Der Brauch, solchen Jahrgängen der Weinernte, die in guter oder schlimmer Art hervorstechen, Spitznamen zu geben, ist schon viele Jahrhunderte alt. Der abscheuliche Krätzer, der Anno 1529 wuchs, erhielt den Spottnamen „Der Wiedertäufer"; auch „Türkenwein" wurde er genannt, weil damals Soliman Wien belagerte. In besserem Andenken steht der 1540er, der wegen seiner köstlichen Eigenschaften den Ehrennamen „Herzenssalbe" erhielt. Der ausgezeichnete 1834er ist noch heute berühmt als „Forscherwein"; auf diesen Namen wurde er auf Vorschlag Gustav Schwabs mit Bezug auf den großartigen Internationalen Naturforscherkongreß in Stuttgart getauft. Von diesem Jahrgang sang Schwab:
Die Traube dieses Jahr quoll Zum Ruhm der Wissenschaften,
Und uns'rer Gäste Name soll An diesem Weine haften. . . .
Bricht einst des Lebens Nacht herein,
Wird uns're Hütte morscher;
So schenkt uns noch ein Eukel ein Vom starken Wein der Forscher. . . .
Der edle 1846er wurde „Michel" genannt, der saure 1860er zum Andenken an den vorangegangenen Krieg in Italien „Garibaldi", der giftig-saure 1871er „Turkos", der womöglich noch saurere 1879er mit Bezug auf den türkischen Krieg „Schipka". Sauer war auch der 1887er, der im Hinblick auf die damalige „Affaire" den Spitznamen „Schnäbele" erhielt. Den 1894er taufte man wegen des chinesischjapanischen Krieges „Wei-hai-wei", der vortreffliche 1895er erhielt dagegen den Ehrennamen „Bismarck" mit dem Wunsche: „Möge das Patenkind des Altreichskanzlers mit den Jahren ebensoviel Feuer und Geist entwickeln wie der Pate selbst, und möge es in seinem hohen Alter die edle Milde des ehrwürdigen Greises von Friedrichsruhe gewinnen!" Bismarcks 80. Geburtstag war in jenen Tagen mit allgemeiner Begeisterung gefeiert worden. Den 1896er Jahrgang bezeichneten witzige Winzer als „Li-Hung-Tschaug", und zwar weil er, ganz wie der schlaue Chinese, viel versprach und wenig hielt. Ein zweiter Spitzname des 1896ers lautet „Moses", das heißt der aus dem Wasser gezogene! Der 1898er Kratzer erhielt den Spottnamen „Henry, der Halsabschneider" nach dem französischen Oberst, der im Dreyfus-Prozeß eine so traurige Rolle spielte. Ein erfreuliches Gegenstück zu dem Krätzer „Henry" vor elf Jahren bildet jetzt der würzige, kräftige „Zeppelin".
Eislauf.
Eiskristalle funkeln wie Demantsterne, und auf den Gewässern hat der Frost wieder eine herrliche Bahn geschaffen für den gesunden, nervenstärkenden Eislaufsport, den Klopstok, der Sänger des Messias, in einer seiner schönsten Oden verherrlicht hat, so daß Altmeister Goethe von ihm sagte, er habe das Schlittschuhlaufen durch geistige Anregung zu veredeln gewußt. Auch Goethes Freund Herder widmet dem Schlittschuhlaufen in seinem „Eistanz" begeisterte Verse:
Wir schweben, wir wallen aus hallendem Meer,
Auf Silberkristallen dahin und daher;
Der Stahl ist uns Fittich, der Himmel das Dach,
Die Lüste sind heilig und schweben uns nach.
So gleiten wir, Brüder, mit fröhlichem Sinn
Auf eherner Tiefe des Lebens dahin.
Redaktion, vnuk s»d Verlag »o« 8. MeeH i« NeussSSW
Der Eislauf ist ein altnordischer Brauch und wurde schon von den Pfahlbauern geübt. Freilich waren damals die Schlittschuhe noch sehr primitiver Art, sie waren aus Holz gefertigt und glichen Schlittenkufen, oder es wurden geglättete Rinder- und Pferdeknochen verwendet, die unter der Schuhsohle befestigt wurden. In neuerer Zeit sind es die Holländer gewesen, die den Eislauf zu neuem frischen Leben erweckt haben, und Holländer-Schlittschuhe galten noch vor etwa fünfzig Jahren auch bei uns als die besten. Bei uns in Deutschland hat sich gegenwärtig der Eissport zu hoher Blüte entwickelt, und während früher das Schlittschuhlaufen ein einfaches ruhiges Vorwärtsgleiten war, wird jetzt darin eine oft erstaunliche Kunstfertigkeit entwickelt: Reigenfahren und „Holländern", Schnellaufen und Eisquadrillen wechseln mit dem einfachen Tourenlaufen ab und schaffen auf der Eisbahn ein buntbewegtes Bild. Der Hauptwert des Schlittschuhlaufens liegt aber in seiner gesundheitlichen Bedeutung. Wie röten sich die Wangen der bleichen Großstadtkinder in der frischen Winterluft I Wie kreist das Blut in den Adern, wie erhöht sich Lebenslust und Freude, wie bekommen die matten Augen wieder Glanz! Der Eislauf ist sicher ein probates Mittel gegen frühzeitige Nervosität. Und selbst die Alten, deren Glieder schon zu ungelenk und unbeholfen geworden sind, freuen sich über das frisch pulsireende Winterleben
(Deutlich.) Herr Meier (schon oft eingeladen, zur Tochter des Hauses): „Ach, mein Fräulein, ich möchte mein Leben lang so neben Ihnen sitzen!" — Tochter: „Ja, und mich neben Ihnen sitzen lassen!"
(Ein nettes Paar.) „Wie, der Professor hat die Philologin geheiratet? Das muß wohl ein sehr zerstreutes Paar geworden sein?" — „Das will ich meinen! Bei der Hochzeit trug er den Myrtenkranz und sie den Zylinder."
(Praktisch.) Dorfbader (zu seinem neuen Lehrling): „Daß Du's weißt, bei mir herrscht Ordnung und Reinlichkeit! . . Hier sind vier Nägel — an jedem hängt ein Handtuch. Das erste g'hört für '» Herrn Pfarrer, das zweite für 'n Lehrer, das dritte für 'n Bürgermeister und das vierte für die übrige Kundschaft. Jedes Monat am Ersten nimmst D' das vierte Handtuch weg, hängst von den drei andern jedes um einen Nagel weiter nach rechts, und an den ersten Nagel kommt ein frisches. Verstand'»?"
Homonym.
Wehmutsvoll denk' ich der Stunde,
Da ich schied von meinem Lieb,
Dessen Bild so licht umflossen Sich gar tief ins Herz mir schrieb.
An dem Wörtchen weilt' die Holde,
Und entzückend schön entquoll Ihm ein Strom von Zaubertönen. —
O, wie wünscht' ich sehnsuchtsvoll.
Daß ich jenes Wort doch hätte.
Zu ihr eilen könnte hin Und zu ihren Füßen klagen.
Wie ich hier so einsam bin!
Auflösung des Füll-Rätsels in Nr. 4.
Schätze, schätze.
Richtig gelöst von Julie Hartmann in Neuenbürg.
Literarisches.
Der grotze ZeitungSkatalog der Haasenstein L Vogler Aktiengesellschaft, eine allseitige gerngesehene und beliebte Neujahrsgabe, gelangt in diesen Tagen zur Ausgabe und dürfte auch diesmal bei ihren zahlreichen Geschäftsfreunden freudige Ausnahme finden. — In eleganter Ausstattung und handlicher Form mit seinem gediegenen, erheblich erweiterten und mit großer Sorgfalt und Sachkenntnis bearbeiteten Inhalt ist und bleibt der Katalog für jeden bedeutenderen Inserenten ein unentbehrlicher Ratgeber. — Der Katalog enthält alle Zeitungen und Zeitschriften der Welt und bildet mit seinem übrigen reichhaltigen, mit weiteren praktischen Neuerungen versehenen Inhalt ein Nachschlagewerk ersten Ranges. — Ein Jahres- und besonders praktisch gestalteter Notiz-Kalender gestattet Eintragungen für jeden Tag des Jahres. Diesem folgen wissenswerte Bestimmungen über den Post- und Telegraphen-Berkehr, Reichsbaniwesen etc. etc. sowie ein Verzeichnis sämtlicher Agenturen der Haasenstein u. Vogler Aktiengesellschaft, weiter ein Ortsregister, welches das sofortige Ausfinden der an den betreffenden Plätzen erscheinenden politischen Zeitungen ermöglicht. — Die nach Branchen ausgeführten Fachzeitschriften, ferner die Kurs- und Reisebücher usw. sowie eine große Anzahl empfehlenswerter Anzeigen von Zeitungen und Zeitschriften bilden den Schluß des Kataloges, der zu seinen zahlreichen Freunden noch weitere gewinnen dürste. Die Kalender-Rubrik dieses Kataloges kommt für die Folge gänzlich in Fortsall. Dafür gibt die Haasenstein u. Vogler Aktiengesellschaft Anfang jeden Jahres einen besonderen Kalender-Katalog heraus.