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Dekan Uhl. Missionsstunde: tadtvikar Schlipf, mittags Kollekte für Mission.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag.

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Neuenbürg. Freitag den 8. Januar 1909.

5.

Die Erdbebenkatastrophe i« SuditaUrn.

Wie ein schwarzer Trauerrand schlingt sich das fürchterliche Unglück in Süditalien um die gesamte Chronik der Gegenwart. Alle übrigen Ereignisse treten in ihrer Bedeutung schemenhaft zurück hinter der Wucht der Katastrophe, die sich über einen der schönsten Flecke unserer Erde niedergesenkt hat. Viele Tausende von Menschenleben sind binnen wenigen Sekunden vernichtet, Millionenwerte verloren worden. Es ist für Italien wie ein Krieg und zwar wie einer, aus dem es nicht als Sieger hervorgegangen ist, wenn man die unsäglichen Verluste, die noch gar nicht in Ziffern zu schätzen sind, überdenkt. Umso siegreicher erhebt sich die Kraft der Menschenliebe und der Nächstenhilfe auf den Trümmern des Erd­bebenfeldes; wie ein elektrischer Funke durchzuckte menschliches Mitleid alle zivilisierten Völker, und aus allen Himmelsgegenden, allen Erdteilen strömt werk­tätige Hilfe nach Sizilien und Calabrien. Wir haben in Deutschland zwar seit langer Zeit den Grad unserer Wertschätzung für den italienischen Bundes­genossen erheblich herabsetzen müssen, aber dergleichen politische Bedenken kommen nicht auf gegen das Gefühl der Humanität und gegen den Wunsch, daß das schwergeprüfte Land sich bald von dem Jammer und der Not, in die es gekommen, wieder erholen möge. Auch unser württembergisches Königspaar hat gleich allen andern deutschen Bundesfürsten sich an die Spitze der Hilfsbereitschaft gestellt und ein Komitee ist landauf, landab mit Sammlungen be­schäftigt, die Zeugnis davon ablegen, daß die sprich­wörtlich gewordene schwäbische Gutmütigkeit auch hier sich ihren alten Traditionen getreu betätigt.

Ein soeben aus Neapel eingegangener schrift­licher, vom 1. Januar datierter Bericht des zur Zeit wieder vor Messina liegenden KreuzersHertha" bestätigt ausführlich seine telegraphische Meldung über seine erste Hilfeleistung, die vornehmlich in dem Transport von 114 zum größten Teil Schwerver- verwundeten nach Neapel bestand.

Der ZeitungRoma" zufolge befanden sich am Dienstag abend 5357 Gerettete in Neapel und Umgebung. Gestern sind mit dem DampferMarg- herita" weitere Tausend eingetroffen. Ferner sind etwa 1000 mit der Eisenbahn angekommen, von denen 600 in Neapel geblieben und die übrigen nach Rom weiter gereist sind. Zahlreiche Flüchtlinge befinden sich in Salerno. Etwa 600 haben auf Capri Zuflucht gefunden.

Berlin,?. Jan. Der Kommandant des Kriegs­schiffsHertha" hat dem Kaiser gemeldet, daß in der deutschen Kolonie in Messina bis jetzt 30 Per­sonen gerettet worden sind. Bisher waren nur 27 Personen als vermißt bezeichnet worden. In Palmi, das von dem Erdbeben zum größten Teil zerstört worden ist, sind die schwarzen Blattern aus­gebrochen. Das Mailänder Institut für Serum­behandlung hat gestern Impfstoff für 25 000 Injek­tionen abgesandt. Gestern früh ereigneten sich aber­mals Erderschütterungen in Messina, welche die Mauern des Friedhofs umwarfen. Einige Sarkophage barsten, andere fielen auf die Seite. Den Friedhof, der einer der schönsten Italiens war, erkennt man nicht mehr; er umgab die Stadt mit seinen Zitronen­bäumen und Zypressen wie ein herrlicher grüner Kranz. Die Eisenbahnbrücke, welche die Höhen des Friedhofs überspannte, ist ebenfalls zusammen­gebrochen.

Messina, 5. Jan. Infolge des anhaltenden Regens werden die Bergungsarbeiten immer schwieriger. Die Hoffnung, unter den Trümmern noch Lebende zu finden, verringert sich immer mehr. Alle einlaufenden Dampfer schiffen große Vorräte an Lebensmitteln aus. Der Dampfer Rubattino ist mit 50 Geretteten nach Genua gefahren. Der Dampfer Sardegno ist mit 1200 Soldaten und einer großen Menge von Lebensmitteln und Hilfsmaterial an Bord hier eingetroffen.

Es steht nunmehr fest, daß vierundzwanzig Städte, viele Dörfer und sonstige Ansiedlungen fast vollkommen zerstört wurden, nämlich Bagnara, Serlia Villa San Giovanni, Canitello, Catona, Egallico, Villa San Giuseppo, Palmi, Gerace, Gallina, Campo Calabro, San Roberti, San Stefano. Catasono, Pellaro Motte, Sazzare, Saline, Montabello, Archi, Reggio, Jgonio, Maropa, Sant Eufemia und Seminar«.

Palermo, 6. Jan. Die Erdstöße in Messina dauern fort. Gestern mittag wurden dort zwei starke Erdstöße wahrgenommen, die große Bestürzung hervorriefen. Mit den von Catania und Messina kommenden Zügen trafen neue Flüchtlinge hier ein.

Messina, 6. Januar. Es ist den italienischen Behörden nunmehr möglich geworden, einen aus­reichenden Hilfsdienst an den vom Erdbeben heim­gesuchten Küstenplätzen der Straße von Messina zu organisieren. Die russischen Kriegsschiffe haben Messina verlassen. Die Englischen und die Fran­zösischen beabsichtigen dies gleichfalls zu tun. Der deutsche KreuzerHertha" ist gestern mit dem Konsul Jakob nach Catania gegangen, während die Viktoria Luise vor Canzirri zur Hilfeleistung lag.

Neapel, 6. Jan. Frl. Rauschenberger aus Stuttgart befindet sich schwer verletzt im Deut­schen Hospital in Palermo. Unter den Geretteten befindet sich Frau Elise Falkenberg und die Besitzerin des Hotels Viktoria, Frau Moeller.

Rom, 4. Jan. DieGazetta Offiziale" ver­öffentlicht ein Dekret, das über die Gemeinde Mes­sina und die Gemeinden des Kreises Reggio den Belagerungszustand verhängt und den General­leutnant Mazza zum außerordentlichen bevollmäch­tigten Kommissar ernennt.

Rom, 6. Jan. Der Militärattache der hiesigen deutschen Botschaft, die im Auftrag der deutschen Regierung in Messina war, ist heute hieher zurück­gekehrt. Infolge des Entgegenkommens der ita­lienischen Behörden, konnte er auf italienischen Schiffen die betroffenen Gebiete besuchen und die Interessen der dortigen Deutschen soweit als möglich vertreten.

Ministerpräsident Giolitti hat sich für den Wiederaufbau von Messina ausgesprochen. Es sollen aber nur einstöckige Häuser gestattet werden. Dreißig Millionen sollen den Notstands-Gebieten in bar gegeben und je acht Millionen in Zuschlägen zur Grund- und Fahrkartensteuer aufgebracht werden.

Dem unter dem Protektorat der Kaiserin stehenden Hilfskomitee ist von dem Staatssekretär des Reichspostamts Krätke die Mitteilung zu­gegangen, daß er sämtliche Postanstalten des Reichs­postgebiets ermächtigt habe, Spenden für das Hilfs­komitee entgegenzunehmen.

Berlin, 7. Jan. Im Reichskanzlerpalais fand heute eine Sitzung des Präsidiums des deutschen Hilfskomitees statt, in der die eingegangenen Nachrichten und die Lage im Unglücksgebiet be­sprochen wurde. Nach einem Telegramm des deutschen Konsuls sind in Catania 20000 Flüchtlinge, darunter einige tausend Verwundete, mittellos dem Unglück preisgegeben. Die dortigen Hilfskomitees haben nicht genügend Mittel. Es wurde beschlossen, dem Hilfszentralkomitee vom Roten Kreuz Geldmittel zur Entsendung weiterer Hilfszüge zur Verfügung zu stellen.

Stuttgart, 5. Jan. Wie berichtet wird, haben der König und die Königin sich an die Spitze der Wohltätigkeitsbewegung für die Opfer des Erdbebens in Süditalien durch einen namhaften Beitrag gestellt. DerStaatsanzeiger" berichtet nun, daß das Königs­paar zu diesem Zweck einen Beitrag von 3000 Mk. verwilligt habe.

Stuttgart, 7. Jan. Die bürgerlichen Kolle­gien haben in ihrer heutigen Sitzung für die von der Erdbebenkatastrophe in Italien Betroffenen 3000 Mk. bewilligt.

Die Großherzoginwitwe Luise von Baden spendete 1000 Mk. für die Opfer der Katastrophe in Süditalien. Bei der Frankfurter Handels­kammer und ihren Mitgliedern sind bis jetzt 41029 Mk. eingegangen. Der Magistrat von Nürnberg bewilligte 5000 Mk.

Die Stadtverordnetenversammlung von Berlin bewilligte für die durch das Erdbebenunglück in Sizilien und Calabrien Geschädigten 50000 Mk.

Berlin, 7. Jan. Von Berlin ist ein zweiter Hilfszug des Zentralkomitees vom Roten Kreuz gestern mit dem Nord-Süd-Expreß nach Süditalien abgegangen.

Eine Abteilung des österreichischen Roten Kreuzes ist in Rom angekommen und hatte eine Besprechung mit dem Senator Tarna, dem Präsi­denten des italienischen Roten Kreuzes. Das öster­reichische Rote Kreuz, das eine Feldküche mit sich führt, wird sich nach Catania begeben. Das italienische Rote Kreuz wird eine Abteilung nach Syrakus entsenden. Die amerikanische Rote Kreuz-Gesellschaft überwies dem amerikanischen Komitee in Rom telegraphisch 390000 Dollar zur Charterung eines Dampfers, der Lebensmittel nach den vom Erdbeben betroffenen Gebieten bringen und Flüchtlinge von dort abholen soll. Die Samm­lung des Hamburger Hilfskomitees für die vom Unglück in Süditalien Betroffenen ergab bisher 98 600 Mk.

Im Vatikan sind über 100000 Lire ein­gegangen. Der Papst hat die belgischen Katholiken ersucht, das große Neujahrsgeschenk diesmal den Opfern den Erdbebenkatastrophe zuzuwenden. Der Papst verlangte über seine calabrijchen Gäste Bericht. Wenn alle Verwundeten angelangt sind, will der Papst sie im Hospital besuchen; hierzu müßte jedoch eine Tür durch die Trennungsmauer gebrochen werden. 1000 Waisenkinder will der Papst auf seine Kosten erziehen lassen.

Rom, 6. Jan. Der Seismologe Prof. Addone, der am 31. Dezember nach Messina abgereist war, um über das Erdbeben Untersuchungen anzustellen, ist hieher zurückgekehrt. Er hat das Observatorium in Messina beschädigt, das im Kellergeschoß gelegene seismische Laboratorium jedoch unversehrt gefunden. Der Mikroseismograph hatte alle Erderschütterungen bis und während der Katastrophe ausgezeichnet, so daß es möglich sein wird, nach dem Diagramm das Erdbeben in allen seinen Phasen zu studieren.

Catania, 7. Jan. Der Direktor des Aetna- Observatoriums stellte fest, daß an der Küste, parallel der laufenden Höhen von Messina sich sehr große Erdspalten gebildet haben. Heute wurde ein leichter Erdstoß verspürt.

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Wie demVogtl. Anz." aus Untersachsenberg im Vogtland gemeldet wird, verzeichnete der dortige Seismograph Mittwoch früh um 3 Uhr und um 6 Uhr 2 ziemlich heftige Erderschütterungen.

Zum diesmaligen Geburtstage des Kaisers ist, wie von unterrichteter militärischer Seite ver­lautet, die Nagelung und Weihe der Fahne bezw. Standarte zweier neuer Truppenteile in Aussicht genommen. Es sind dies das 2. Westfälische Pionier-Bataillon Nr. 24, das am 1. Oktober 1908 errichtet wurde, und das Jägerregiment zu Pferde Nr. 5. Die Weihe soll im Lichthofe des Zeughauses in Berlin vorgenommen werden. Von dem Truppen­teile werden der Bataillons- bezw. Regiments­kommandeur, ein Leutnant und ein Fahnenträger zugegen sein.

Die Nachricht, daß dem Bundesrate eine No­velle zum Strafgesetzbuchs zugehen solle, bestätigt sich. Die Vorlage wird einerseits eine gelindere Ahndung gewisser Gesetzesverletzungen und eine Einengung des Tatbestandes der Erpressung,