Erscheint
Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag.
Lkrets vierteljährl.: in Neue.tbürg ^ .20. Durch d- Post bezogen: im Vrts- und Nawoar- orts-Verkehr 1.15; im sonstigen inländ. Verkehr 1.25; hiezu je 20 ^ Bestellgeld.
^kdonnements nehmen alle ^rftanKa^en ond Postboten jederzeit entgegen.
Der Enztäler.
Anzeiger für das Gnztal und Umgebung.
Amtsblatt tür 9en ObaramtsbLZirlc NeuLnbürg.
Knzeigeapreis:
die 5 gespaltene Zeile oder deren Raum 10^; bei Auskunfterteilung durch die Exped. 12 Reklamen die Lgesx. Zeile 25
Bei öfterer Insertion entsprech. Rabatt.
Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adresse: „Enztäler, Neuenbürg".
201 .
Neuenbürg, Montag den 21. Dezember 1908.
60. Iabraana.
^sctzau.
Hamm, 19. Dez. Die Sammlung des Kron- prinzenpaares für die Hinterbliebenen der auf der Zeche Radbod Verunglückten beläuft sich auf 300 000 Mk. . Die Spende soll auf Wunsch des Kronprinzenpaares nicht dem Zentralkomitee überwiesen, sondern es sollen drei Bergleute namhaft gemacht werden, die die Verteilung vornehmen sollen. Diese werden von hiesigen Mitgliedern der Arbeiterschaft in Vorschlag gebracht und nach Berlin gesandt, um den Betrag entgegenzunehmen.
Berlin, 20. Dezbr. Präsident Castro übersiedelte vormittags in die Privatklinik des Professor Israel.
Bremen, 20. Dez. Als Folge der seit längerer Zeit zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern schwebenden Tarifstreitigkeiten im Tischlergewerbe erfolgte gestern abend von seiten der im Arbeitgeberschutzverband vereinigten Tischlermeister die Aussperrung aller Tischlergesellen, soweit sie dem deutschen Holzarbeiterverband angehören. Von dieser Maßregel sollen annähernd 1000 Tischlergesellen betroffen werden.
Boykott des Pilsener Bieres in Berlin. Die unerhörten Uebergriffe der tschechischen Bevölkerung Prags gegen die deutschen Bewohner der böhmischen Hauptstadt haben in Berlin zu einer eigenartigen Äbwehrbewegung geführt. Seit einigen Tagen macht sich in der deutschen Reichshauptstadt eine Bewegung gegen die tschechischen Biere geltend. Nachdem die tschechischen Brauereien ihre deutschen Lieferanten boykottiert haben, wollen die Berliner Brauereien eine Bewegung gegen das Trinken des Pilsener Bieres in die Wege leiten. Sie beabsichtigen in einem Aufruf an das biertrinkende Publikum dieses aufzusordern, die tschechischen Biere von nun an nicht mehr zu trinken. Die Berliner deutsche Studentenschaft hat bereits den Boykott gegen die Pilsener Biere erklärt. Viele Berliner Lokale beabsichtigen keine tschechischen Biere mehr zu führen, einige haben diese bereits abgeschafft und machen durch Plakate bekannt, daß sie nur gute deutsche Biere fortan führen.
Im österreichischen Abgeordnetenhaus debattiert man noch immer über die bosnische
Annexionsangelegenheit, der Ausgang der Debatte erscheint völlig ungewiß. — In Wien ist in den letzten Tagen von den dort eingetroffenen Mitgliedern des ungarischen Kabinetts über einen vorläufigen militärischen Ausgleich zwischen Oesterreich und Ungarn unterhandelt worden, es heißt jedoch, eine Entscheidung in dieser Frage sei nicht vor dem neuen Jahre zu erwarten.
Der neue englische Botschafter in Wien teilte bei seinem Antrittsbesuch dem Baron Aehren- thal mit, er sei von seiner Regierung beauftragt, zu erklären. England sei vollständig einverstanden und begrüße es, wenn Oesterreich-Ungarn mit der Türkei direkt über die Annexion Bosniens sich verständige.
Dem türkischen Parlament sind anläßlich seiner Eröffnung aus dem In- und Ausland über 350 Gratulationsdepeschen zugegangen, die in einer der nächsten Sitzungen verlesen und beantwortet werden sollen. — Nach dem letzten Selamlik fand eine Kundgebung der Mohammedaner aus Smyrna vor dem Aildiz statt. Der Sultan zeigte sich am Fenster und ließ der ihm huldigenden Menge seinen Dank aussprechen.
Wir haben glücklich wieder eine neue militärische Charge und natürlich mit der dazu gehörigen neuen Uniform zu verzeichnen. Nach einer kaiserlichen ! Bestimmung erhalten nämlich-die Stabshornisten und Stabstrompeter die Dienstbezeichnung „Musik- ! Meister" und tragen als solche eine andere Uniform, zu welcher auch der Ueberrock gehört. Nach fünfjähriger Tätigkeit können sie zu „Obermusikmeistern" ernannt werden, daneben aber auch noch wie bisher ^ den Titel „K. Musikdirektor" verliehen erhalten, i In Breslau haben die Stadtverordneten 500000 Mk. für den Bau eines Säuglingsheims , bewilligt.
! Frankfurt a. M-, 13. Dez7 Die aeronau- ^ tische Ausstellung im Jahre 1909, welche zu scheitern drohte, wird nunmehr doch zustande kommen, es ist bereits ein provisorischer Ausschuß gebildet, auch sind schon einige hunderttausend Mark des Garantifonds gezeichnet.
An zahlreichen Orten Mitteldeutschlands, namentlich Sachsens und Thüringens, haben am Samstag früh starke Erderschütterungen stattgefunden.
GLn schweres Opfer.
Novelle von H. von Ziegler.
9) - (Nachdruck verboieu.)
„Sie hat vielleicht geglaubt, daß ich tot sei, und überlegt, wie vorteilhaft es sei, die Leidenschaft des Grafen durch eine Ehe zu fesseln. Doch die letztere war sehr unglücklich. Der alte Graf versagte seine Einwilligung und Mine trennte sich gar bald von ihrem neuen Gatten: als derselbe jedoch nach drei Jahren starb, nannte sie sich „verwitwete Gräfin Arloff." Ihr einziges Töchterchen wollte der alte Graf zu sich nehmen und als Enkelin standesgemäß erziehen, doch Aline wollte nicht in die ihr gestellten Bedingungen einwilligen."
„Und wie kommen Sie nach der Erlau?" forschte der Hauptmann weiter.
„Ich wollte meine Gattin nochmals beschwören, mir hinüber zu folgen, denn ich liebe sie trotz allem noch und würde ihr alles vergeben haben —."
„Das könnte ich nicht", murmelte Schröder finster, „sie hat mich betrogen, hat ehrlos gehandelt; ich könnte sie nie mehr achten — eher hassen."
„Als ich von dem Diebstahl hörte", fuhr Zehlen schweratmend fort, „bin ich ihr hierher nachgereist und habe — jene Boutons aus ihrem Schmuckkasten genommen, um sie heute früh dem rechtmäßigen Besitzer in die Residenz zu senden. Mein Weib als — Diebin auf der Anklagebank zu sehen, wäre mir unmöglich gewesen I"
„Armer Mann", murmelte der Offizier und sank
in einen Stuhl, während Zehlen ruhelos auf und ab schritt. Sie kämpften beide furchtbar, ihre Gesichter waren leichenfahl, ihre Hände ballten sich wie im Krampfe.
Georg Schröder fühlte, wie sein Glück, seine Wünsche und Hoffnungen zu Boden sanken. Wie Keulenschläge fielen Zehlens Enthüllungen auf ihn; nein, er konnte und wollte es nicht glauben, ehe Olga es ihm nicht selbst bestätigt.
„Lassen Sie uns zur Försterei gehen, mein Herr, ich will Gewißheit haben."
„Jetzt noch, Herr Hauptmann? Es ist schon neun Uhr abends.
„Gleichviel, begleiten Sie mich."
Der Hauptmann machte sich fertig, seine zitternden Hände bargen einen schweren Gegenstand in der Brusttasche und wankenden Schrittes schritt er auf dem ihm so wohlbekannten Weg dahin. —
Ein Licht in der Hand, öffnete ihnen Fräulein Klara und fuhr bei Schröders Anblick erschrocken zurück:
„Sie hier, Herr Hauptmann? Wo ist die Frau Gräfin?"
„Das möchte ich Sie wohl fragen, deshalb eben stehe ich hier", gab er rauh zurück.
„Aber mein Himmel, was soll denn das heißen?" sagte die Bonne erschrocken, „sind Sie denn nicht heute Mittag mit Gräfin Arloff nach Kuffstein gefahren? Sie hat es doch zu mir gesagt."
„Nein, ich habe seit meinem Besuche heute Morgen die Gräfin nicht gesehen." W WZ D
So werden solche aus Leipzig, Zwickau, Merane, Glaucha, Zeitz, Greiz, Apolda usw. gemeldet.
Bremen, 20. Dez. Der heute nachmittag von hier nach Harburg und Hamburg abgegangene Eilgüterzug 6011 ist bei der Station Oberneuland um 2 Uhr 45 Min. infolge Nebels mit einem leeren Personenzug zusammengestoßen. Beide Lokomotiven und acht Wagen entgleisten. Ein Schaffner wurde getötet und ein Lokomotivführer verletzt. Der Betrieb wird eingleisig aufrecht erhalten.
Eine Briefmarkensammlung im Werte von 70 00 0 M k. ist dieser Tage von einem Einwohner in Bensheim in Hessen an einen in Ungarn ansässigen Philatelisten verkauft worden. Der Käufer selbst hat die Sammlung nicht gesehen, sondern nur auf Empfehlung eines Charlottenburger Taxators, der sich zur Abschätzung der Sammlung einige Wochen in Bensheim aufhielt, den Kauf abgeschlossen. Der vereinbarte Preis von 70 000 Mk. wurde vor Absendung der Sammlung in bar hinterlegt.
Zehn Webereien in München-Gladbach sind durch einen Londoner „Schlittenfahrer", der sie zu umfangreichen Warensendungen veranlaßt hatte, um etwa 50000 Mk. betrogen.
Singen, 18. Dez. Ein hiesiger Geschäftsmann gab dieser Tage einen Wertbrief mit 2500 Mk. von hier nach Nagold auf. Als der Brief dort eintraf, konstatierte der Postbeamte eine Gewichtsdifferenz, von 5 Gramm und es stellte sich heraus, daß vier Hundertmarkscheine fehlten. Untersuchung ist: eingeleitet.
London, 19. Dezbr. Aus New-Mork wird telegraphiert: Zu Gibbeon Membrasta überfiel eine Räuberbande, deren Mitglieder als hochelegant gekleidete Herren in Frack und Zylinderhut im Automobil angefahren kamen, 2 Banken und rauhten dieselben aus, glücklicherweise betrug ihre Beute nur etwa 24000 Mk. Ihre Flucht konnte nicht verhindert werden, obgleich den Räubern ein Hagel von Kugeln nachgesandt wurde.
Württemberg.
Stuttgart, 19. Dez. Zweite Kammer. Im Anschluß an den Art. 1 der Volksschul- novelle wurde in der heutigen Sitzung noch eine Resolution angenommen, in der die Regierung
„Aber sie ging doch mit der Reisetasche bis zur Fähre, um Sie dort zu treffen?"
„So hat Sie mich getäuscht!"
Zehlens Blick ruhte voll Mitleid auf dem totbleichen Mann.
„Wo ist das Kind?" frug Zehlen dann barsch.
„Nina schläft bereits. Frau Gräfin wird mich benachrichtigen, ob ich mit ihr nach München folgen soll."
„Hm, das werden wir noch sehen. Geben Sie mir den Schlüssel zum Schreibtisch meiner Frau", befahl der Fremde und öffnete, ohne den verwunderten Blick der Bonne zu beachten, das verschlossene Schränkchen.
„Hah, hier sind die Schmucksachen! Ein unberechenbarer Reichtum, wenn die Kasten alle voll sind." Aber sie waren alle ihres Inhalts beraubt, und Zehlen schlug sich mit der Faust vor die Stirn.
„Ich hätte es mir wohl denken können", rief er höhnisch, „sie wird doch nicht ohne die Brillanten fliehen! Die italienische Grenze ist ja nicht weit."
„Also ist es wahr", jammerte Fräulein Klara, „ich bin in eine ganz trostlose Lage geraten? Was soll ich mit dem verlassenen Kinde anfangen?"
„Telegraphieren Sie dem alten Grasen Arloff, daß er seine Enkelin abholen soll. Die Sachen jedoch belege ich mit Beschlag, sie dürfen der Gräfin nicht nachgesandt werden. Kommen Sie nun, Herr Hauptmann, ich begleite Sie nach Hause."
Zehlen ergriff Schröders Arm, und dieser folgte