RunSschau. ^

Berlin, 15. Dez. Die Lust an Jndianer- spielen hat zahlreiche Rixdorfer Schulknaben zu Dieben werden lassen. Die Polizei hat gestern 27 Schulknaben im Alter von 12 bis 14 Jahren in zwei Höhlen am Türkenfriedhof in der Hasenheide und am Grünen Weg am Tempelhofer Felde ver­haftet. Sie nannten sich Jndianerverein Schleichender Fuchs. Angeregt durch Lektüre von Jndianer- geschichten hatten sie sich zusammengeschlossen, um die Weihnachtszeit zu Diebstählen auszunutzen. Die Knaben stahlen, wie dasB. Tgbl." berichtet, in Läden, Weihnachtsbuden und auf den Straßenaus­lagen, was ihnen unter die Finger kam: Lebens­mittel und Näschereien. Alles wurde nach den Wigwams, ihren Höhlen geschleppt und dort ver­zehrt. Dazu tranken sie gestohlene Liköre und rauchten gestohlene Zigarren und Zigaretten. Der Wigwam am Grünen Weg bestand aus einem unbenutzten Straßengully, dessen Deckel, wenn die Gelage be­gannen, geschlossen wurde. Die Höhle am Türken- sriedhof war aus Stroh und Binsen hergestellt und wohnlich eingerichtet. Als die Polizei dort erschien, saß der schleichende Fuchs gerade beim Frühstück, bestehend aus Lachs, Spickaal, Hummermayonnaise und Kokosnüssen, die mit silbernen Dessertmessern zerkleinert wurden. Zum Schleichenden Fuchs mel­deten sich fast täglich neue Mitglieder, doch war der Anführer sehr vorsichtig bei der Auswahl neuer Diebesgenossen. Jeder mußte erst seine Befähigung Nachweisen und etwas Gestohlenes mitbringen. Die Schule wurde regelmäßig geschwänzt.

Zu dem Apotheker des Ortes Eging in Nieder- bayern kam kürzlich die Frau eines Holzschuhmachers und bestellte ein scharfes Gift. Der Apotheker mißtraute ihr, ließ den Holzschuhmacher zu einer geheimen Unterredung kommen und machte ihm von dem verdächtigen Ersuchen Mitteilung. Die Frau hatte er für eine spätere Stunde bestellt und ihr ein harmloses Pulver gegeben. Der Mann abends zu Hause eine ihm von seiner Frau bereitete Suppe, fing darauf, während die Frau draußen lauerte, zu schwanken an und fiel dann auch wie tot nieder. Jetzt ging die Frau die Stiege hinauf, ließ aus einer Bodenlucke einen Strick herab und legte ihn ihrem sich tot stellenden Manne um den Hals. Während sie abermals zum Boden hinauflief, schlüpfte der junge Mann aus der Schlinge und hängte an seiner Stelle seine Holzschnitzbank an den Strick, die von der Frau in der Dunkelheit auch hochgezogen wurde. Bald darauf hörte er auf der Straße die Jammerrufe seiner Frau, ihr Mann habe sich er­hängt. Man fand die Holzschnitzbank am Strick baumeln, und die Frau erhielt zunächst eine gehörige Tracht Prügel, dann wurde sie der Polizei über­geben.

Innsbruck, 16. Dezbr. Bei Pflersch nächst Gossensaß ereignete sich infolge Kuppelbruchs eines Lastenzuges ein schreckliches Eisenbahnunglück, da der rückwärtige Teil mit großer Wucht auf den vorderen Teil auffuhr, zahlreiche Waggons aus dem Gleise hob und zertrümmerte. Die Kondukteure

Gin schweres Opfer. !

Novelle von H. von Ziegler.

8) - (Nachdruck verboten.)

Immer steiler ward der Weg, ein Kieselstein löste sich unter dem schweren Tritt des Wanderers und rollte in den Abgrund. Heute war ja Sonn­wendnacht. Heute standen die Himmelstore weit geöffnet, damit all die Gebete der Menschen rascher und unmitelbarer vor den Thron des Ewigen dringen konnten. Würde auch sein qualvoller Seufzer vernommen werden?

Walpurga", murmelte er leise vor sich hin, aber fast wäre er vor der eigenen Stimme er­schrocken, ihm schien, als wisse nun die ganze Welt um sein Geheimnis I Endlich lag es vor ihm im Mondenschein, das Gotteshäuschen, still und friedlich.

In dem Testament, welches Hartmann dem Pfarrer übergeben, hatte er Walpurga zur Erbin über Haus und Hof eingesetzt, mit der Versicherung, daß er nur allein sie geliebt habe durchs ganze Leben.

Von der Erlau herauf klang die Dorfuhr, welche zehn schlug; die Johannisfeuer waren beinah sämt­lich erloschen und nach und nach ward es ganz still. Vincenz Hartmann trat langsam an die Pforte der Kapelle, das Wachsherz in der Hand, und nahm den Hut ab; da fiel es vom Himmel hernieder flammend und leuchtend: eine Stern­schnuppe, daß er ehrfurchtsvoll die Hände faltete und ein Gebet stammelte.

Im Innern der Kapelle verbreitete nur die

Schweiger und Neumayer sind tot, Oberhuber und Fischtauer schwer verletzt. Der Materialschaden ist sehr groß.

Ars a. d. M.. 17. Dezbr. Eine unsinnige Wette, die er auch mit dem Tode bezahlen mußte, ging der Hüttenarbeiter Leusch ein. In einer Wirt­schaft erbot sich der schon ziemlich angetrunkene Leusch noch 10 Glas Absinthpur" zu trinken. Beim zehnten Glase fiel er um und war sofort eine Leiche.

Aus Bern verlautet, daß ein alter Bauer auf dem nächtlichen Heimweg von dem Marktflecken Voll bei Freiburg durch Wegelagerer zu Tode gesteinigt und beraubt worden sei. Den Räubern sind kaum 100 Francs in die Hände gefallen.

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Seine Maj. der König hat den Vizewacht­meister Loos des Dragonerregiments Königin Olga Nr. 25 zum Leutnant der Reserve befördert.

Neuenbürg, 19. Dezbr. Mit dem morgigen Sonntag treten wir in die Weihnachtswoche ein. Es ist dies derGoldene Sonntag", im Volks­munde sogenannt, weil er allenthalben noch zu Weihnachtseinkäufen benützt wird und so den Ge­schäftsleuten noch das einbringen soll, was sie bis­her, am kupfernen und silbernen Sonntag (2. und 3. Advent) zu vermissen hatten. Was den bisherigen Geschäftsverkehr anbelangt, so dürfte er hier kaum den Erwartungen entsprochen haben, weshalb man auf den letzten Sonntag vor Weihnachten noch leb­hafte Hoffnungen setzt. Freilich entspricht der Wit­terungscharakter im Dezember bis jetzt auch gar nicht der so nahen Weihnachtszeit und darunter haben die Geschäfte, in welchen Winterwaren die Hauptsache darstellt, im Besonderen zu leiden. Wie schön wäre es, wenn sich zu Weihnachten noch ein schöner Schnee einstellen würde, das wäre ein ideales Weihnachts­wetter. An Stelle des unbestimmten Sudelwetters wäre auch sonst eine tüchtige Schneedecke allgemein erwünscht. Vielleicht kommt der richtige Winter doch noch vor Jahresschluß.

Neuenbürg, 17. Dez. In dem Bau der unteren Enzbrücke ist eine bedauerliche Unter­brechung eingetreten. Nachdem schon in der ersten Hälfte des Oktober mit dem Abbruch der alten, in­zwischen nach Unterreichenbach versetzten Brücke be­gonnen wurde, nachdem weiter die Fundationsarbeiten zu den beiden Ufermauern und diese selbst trotz mit­unter frostiger Witterung bis zu dem gestellten Termin, Ende November, fertiggestellt worden sind, sollte zu Anfang Dezember mit der Aufmontierung der Eisenkonstruktion der neuen Brücke begonnen werden. Die erste Hälfte dieses Monats ist dahin und man kann nur konstatieren, daß jegliche Arbeit ruht. Nun hört man, daß mit der Montierung der eisernen Brücke erst um die Mitte Januar k. I. begonnen werde, so daß also die Fertigstellung der Brücke um volle 14/s Monate verzögert wird. Man ist begreiflicherweise hierüber nicht sehr erfreut, ist doch der Weg über die Jnterimsbrücke in seinem

iewige Lampe" ein ungewisses Dämmerlicht, und das Bild der Himmelskönigin schwebte gleichsam aus demselben empor gen Himmel. Leise trat der nächt­liche Wandrer näher, sank in die Kniee und sprach ein inbrünstiges Gebet.

Still blieb's in dem kleinen Raum, nur ein mild betäubender Weihrauchduft umwogte den einsamen Beter, der sich von dem Bilde nicht losreißen konnte.

Endlich erhob sich Vincenz von den Knieen und er stand wieder allein unter dem sternbesäten Nachthimmel.

Da plötzlich ward die Stille jäh unterbrochen ein greller Blitz, ein scharfer, kurzer Knall, hundert­fach von den umliegenden Bergwänden widerhallend, klang durch die Nacht. Dann raschelte und knickte es unheimlich und etwas Schweres fiel in die Tiefe.

Eiseskälte rieselte durch Hartmanns kräftigen Körper. Was war hier vorgefallen? Sollten Wil­derer ihr Unwesen treiben oder ein Mensch verun­glückt sein? Mit zitternden Händen zündete er seine kleine Laterne an und begann zu suchen, doch Stunde um Stunde verrann, das Morgenlicht dämmerte herauf, er fand nichts.

Langsam kehrte er zurück in die Erlau. Er mußte beim Forsthaus vorbei und sah unwillkürlich an den dunklen Fenstern der Gräfin vorbei zu Walpurgas Kammer.

Dann mußte er auch an den Hauptmann und die Gräfin denken. Langsam schritt er weiter. Vor ihm lag das Haus, welches Schröder bewohnte. Seine Fenster waren dunkel. Aber wer kauerte

dermaligen Zustand ein solcher schlechter, daß ihn meidet, wer ihn meiden kann. Da aber dieser Weg ein Teil der Straße von und zum Bahnhof ist, der tagtäglich von zahlreichen Fußgängern und nicht wenigen Fuhrwerken frequentiert wird, so kann es durchaus nicht gleichgültig sein, ob die neue Brücke ein paar Monate früher oder später dem Verkehr übergeben wird. Sie alle, die vielen Passanten und die Fuhrwerke, müssen tagtäglich hindurch und hin­über über denBach Kidron", und sollte es auch mit dem Weg noch schlimmer werden. Wenn sie sich gewiß auch darein zu schicken wissen, so sind sie natürlich gar nicht erfreut bei der Aussicht, daß ihnen noch Monate lang dies Los beschieden sein soll, und dies gerade zur Winterszeit, wo so viele des Morgens und Abends den Weg bei Dunkelheit zu machen genötigt sind. Mit Recht fragt man sich deshalb, warum erst im Herbst mit dem Brücken­umbau begonnen, warum die große Arbeit an der verkehrsreichsten Straße gerade in den Winter hinein verlegt wurde, denn sicherlich wäre zur besseren Jahreszeit, wo die Tageszeiten länger sind, der Umbau in ungleich rascherer Zeit vollzogen worden. Unter sothanen Umständen dürfte Ostern 1909 (erste Hälfte des April) herankommen, bis die neue Brücke dem täglichen Verkehr übergeben werden kann eine lange, harte Geduldsprobe für all' die vielen Fußgänger und Fuhrwerke von und zum Bahnhof und den Sensenwerken. Interessant wäre es, von zuständiger Seite zu erfahren, welche Gründe für die Wahl der Wintermonate zur Aus­führung solch großen Bauwesens maßgebend waren, nachdem doch schon seit Jahren die neue Brücke geplant ist. Wir wären um entsprechenden Aufschluß recht dankbar, die ganze Oeffentlichkeit nicht minder gespannt darauf.

Calmbach, 15. Dez. Schon seit Jahren beschäftigen sich die hiesigen bürgerl. Kollegien mit der Frage der Erstellung einer Gemeindewasser­versorgung. Dieselbe mußte jedoch wegen der Erbauung eines neuen Schulhauses zurückgestellt werden. Um der lebhaften Entwicklung der Ge­meinde und dem sich stetig steigernden Fremden­verkehr gerecht zu werden, mußten die bürgerl. Kol­legien notgedrungen der Wasserversorgungsfrage näher treten. Am 24. Juli und 22. Oktober 1907 wurden nun auch diesbezügliche Beschlüsse gefaßt und Hr. Baurat Professor R. Maurer-Stuttgart mit Aus­arbeitung von Projekten beauftragt. Von letzteren wurde dasjenige bevorzugt, in welchem der Hoch­behälter hinter dem Versorgungsgebiet vorgesehen war. Durch diese Wahl wurden die für eine der­artige Anlage günstigen Geländeverhältnisse aus- genützt, durch die Verwendung geringerer Rohrweiten wesentliche Kosten erspart und zugleich erreicht, daß die Gemeinde unabhängig vom Quellenzufluß zwei Tage vom Hochbehälter gespeist werden kann. Die gefaßte Quelle entspringt dem Buntsandstein und liegt südöstlich von Calmbach am Hang des Kälb- lings in der Nähe des Zusammenflusses von Würz­bach und Blindbach. Dieselbe liefert selbst nach lang anhaltender Trockenheit noch 6*/- Sek.-Liter und somit auf unabsehbare Zeit für die hiesige Ge-

dort am Boden? Leise schlich er näher, um die Gesichtszüge des augenscheinlich heftig schluchzenden weiblichen Wesens zu unterscheiden, doch fast wäre er zurückgetaumelt, als er Walpurga erkannte.

Armer Vincenz! Nun fiel es plötzlich wie Schuppen von seinen Augen, als er ihre zu den Fenstern da oben aufgehobenen Hände bemerkte und erstickte Worte an sein Ohr schlagen hörte:

Nein, nein er ist ein vornehmer Herr, und ich bin nur eine Magd aber deshalb kann ich ja den Vincenz nicht lieben."

Da schrie der unglückliche Lanscher im Gebüsch auf, so daß Walpurga entsetzt davon eilte.

Das also war es, was die arme Dirn ihm entfremdet!

O du törichte Walpurga", dachte Hartmann, dessen Herz vor Mitleid überquoll,da kann dir nur mein Wachsherz droben bei der heiligen Jung­frau helfen. Vielleicht kehrst du doch zu mir zurück, wenn der Hauptmann abreist; er wird nicht bleiben nach so viel Herzeleid."

*

Am Fenster seines Zimmers stand Hauptmann Schröder und schaute sinnend in die Strahlen der untergehenden Sonne. Er war soeben von der Försterei gekommen, doch ohne Olga zu sehen. Sie sei nicht daheim, sagte ihm eine Magd, und kopf­schüttelnd entfernte er sich wieder.

Ueber den sonst so ernsten Offizier war eine mächtige Leidenschaft gekommen, unaufhaltsam wie