Europa vor dem preußischen Sieger verstummte, die Tschechen allein es gewagt haben, ihre Stimme zu­gunsten unseres verstümmelten Volkes zu erheben."

Großes Aufsehen erregt in Frankreich die Aeußerung des Befehlshabers der französischen Mittelmeerslotte gegenüber einigen Journalisten, seine Schiffe besäßen nur die Hälfte der vor­geschriebenen Munitionsvorräte. Die französische Regierung beschloß, von diesem Marineoffizier, Ad­miral Germinet, Aufklärung wegen dieser seiner sensationellen Aeußerung zu verlangen.

Der Schah von Persien hat das zunächst wieder zurückgezogene Reskript über die Abschaffung der persischen Konstitution erneut erlassen. Infolge­dessen sind neue revolutionäre Unruhen in Persien mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten.

Die Revolution in Hayti ist siegreich ge­blieben. Der Präsident Nord Alexis hat sich aus der Hauptstadt Port au Prince an Bord des fran­zösischen SchulschiffesDugay-Tranin" geflüchtet. Mit der Beseitigung des Willkürregimentes des bis­herigen Präsidenten dürften in der Negerrepublik Hayti wohl ruhigere Zustände eintreten.

Der Wunsch nach Schaffung einer australischen Kriegsflotte scheint nach den neuesten Entscheid­ungen der britischen Admiralität verwirklicht zu werden. Eine Anzahl Kreuzer sollen in den austra­lischen Gewässern stationiert werden, und die Schaff­ung einer australischen Flotte soll unterstützt werden.

Berlin, 4. Dez. Die Berliner Stadtverordneten wählten den bekannten freisinnigen Reichstagsabg. Dr. Wiemer zum unbesoldeten Stadtrat.

Berlin, 4. Dez. Im Rathause ist heute die Vorstandssitzung der Deutschen Kolonialgesell­schaft durch den Präsidenten der Gesellschaft, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, er­öffnet worden. Der Präsident teilte u. a. mit, daß die Zahl der Mitglieder der Gesellschaft auf 32 600 gestiegen sei.

Den Dieben, die in Charlottenburg unter der Maske von Gasarbeitern für 36 000 Mk. Ju­welen und Goldsachen stahlen, ist die Kriminal­polizei auf die Spur gekommen. Es handelt sich um die Rohrleger Schulze und Schmidt.

München, 4. Dez. Infolge von Reklamationen wurde nunmehr festgestellt, daß am 13. November auf der Strecke NürnbergMünchen ein Postbeutel, der über 3000 Poststücke enthielt, darunter zahlreiche Postanweisungen, abhanden gekommen sind.

Mannheim, 4. Dez. Der Mörder des Dienst­mädchens Lähndorf wurde in der Person des etwa 18jährigen Bäckerburschen Bergmeister aus Has­lach im Kinzigtal ermittelt und heute nachmittag in einer hiesigen Herberge verhaftet. Er hatte die Nacht nach der Tat noch an seiner Arbeitsstelle ge­arbeitet. Gestern vormittag 11 Uhr entfernte er sich dann, um nicht mehr zurückzukehren. Er hat bereits gestanden, die Tat aus verschmähter Liebe be­gangen zu haben.

Freiburg i. B., 3. Dez. Im oberen Schwarz­wald herrscht strenge Kälte; das Glas zeigt 12 bis 15 Grad Reaumur unter Null.

Paris, 4. Dez. Mehrere Blätter verzeichnen das Gerücht, die Polizei habe gestern einen Mann verhaftet, der in dem dringenden Verdacht steht, der Urheber der Ermordung des Malers Steinheil oder der Hauptschuldige an diesem Verbrechen zu sein. Die Polizei habe aber darüber jede Auskunft verweigert.

Rom, 4. Nov. Zwischen dem Monte Mario bei Rom und dem Monte Giuliano auf Sizilien fanden Versuche mit drahtloser Telephonie auf eine Entfernung von 500 Kilometer mit vollstän- ständigem Erfolge statt.

Württemberg.

Stuttgart, 4. Dezbr. Der König und die Königin sind heute aus Bebenhausen wieder hieher zurückgekehrt.

Stuttgart, 4. Dezember. Im Militäretat für Württemberg werden gefordert rund 400000 Mk. zweite Rate zum Neubau einer Proviantamts­anlage mit Bäckerei in Stuttgart, 43700 Mk. Schlußrate zum Neubau eines Dienstgebäudes nebst Kasernement für das Bezirkskommando in Ellwangen, 1'/- Millionen zweite Rate zum Ersatzbau einer Kaserne für die Kavallerie in Stuttgart, 170 000 Mark erste Baurate für eine Kaserne für drei Es- kadrons mit Regimentsstab in Ulm und für denselben Ort 175000 Mk. für den Neubau einer evangelischen Garnisonskirche.

Stuttgart, 4. Dez. Die schon seit längerer Zeit verbreitete Nachricht, daß die nächstjährigen Kaisermanöver zwischen dem 13. und 14. Korps (Württemberg und Baden) stattfinden werden, findet ihre Bestätigung durch die jetzt festgesetzte Uebersicht der Uebungszeiten für Angehörige des Beurlaubtenstandes im Jahre 1909. Im württ. Korps wird nämlich die weitaus größte Zahl der Reserveoffiziere zu den großen Manövern eingezogen, und auch der Train, dessen Hebungen während des ganzen Jahres andauern, zieht zum Kaisermanöver seine Reserveoffiziere ein. Wie ferner aus den ge­troffenen Bestimmungen hervorgeht, ist beabsichtigt, für das Kaisermanöoer diesmal nur Reservemann­schaften einzuziehen, während Landwehrkompagnien nicht gebildet werden sollen. Es ist dies aus der Absicht zu entnehmen, die Landwehrkompagnien des 13. Korps 14 Tage lang im Mai und Ende Sept. üben zu lassen.

Die württ. Post- und Telegraphenver­waltung hatte im Monat Oktober eine Gebühren­einnahme von 2 363 784 Mk. zu verzeichnen, das sind 148 381 Mk. mehr als im gleichen Monat des Vorjahres. Vom 1. April bis 31. Oktober beliefen sich die Mehreinnahmen gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres auf 740 302 Mk.

Stuttgart, 4. Dezember. Die nationalliberale (Deutsche) Partei hatte den Versuch gemacht, für die diesjährigen Bürgerausschußwahlen einen Zusammen­schluß sämtlicher bürgerlichen Parteien gegen die Sozialdemokratie in der Form herbeizuführen, daß die bürgerlichen Parteien, also Deutsche Partei, Volkspartei. Konservative und Zentrum, ihre Wahl­vorschläge fürverbunden" erklärt hätten. Auf den entsprechenden Vorschlag hat die Volkspartei ab­lehnend geantwortet. Infolgedessen haben heute Deutsche Partei, Konservative und Zentrum ihre Vorschläge fürverbunden" erklärt.

Stuttgart, 4. Dez. Gestern nachmittag fand hier eine Versammlung württembergischer Zeitungs­verleger statt. Die Versammlung nahm nach einem Vortrag von Dr. Wolf-Oberndorf Stellung gegen die geplante Anzeigensteuer. Im Anschluß daran wurde beschlossen, einen Kreisverein Württem­berg des Vereins deutscher Zeitungsverleger zu gründen.

Schramberg, 3. Dezember. Infolge Vernach­lässigung der Bekanntmachungsfrist, wogegen beim Oberamt Beschwerde eingelegt worden ist, wurde die Bürgerausschußwahl vom 8. Dez. auf 31. Dezember verlegt.

Lorch, 3. Dez. Bei der Stadtschultheißen­wahl haben von 461 Wahlberechtigten 439 abge­stimmt. Gewählt wurde Gerichtsschreiber Scheufele von Vaihingen mit 235 Stimmen. Ratsschreiber Horsch aus Stuttgart erhielt 195 Stimmen.

Tübingen, 4. Dezbr. Einem Metzger in der Grabenstraße wurde eine große Anzahl Saiten­würste gestohlen. Eigentümlicherweise hat es der Dieb nur auf diese abgesehen. Andere Wurstwaren, Schinken, Rauchfleisch und selbst die Geldkasse sind unberührt geblieben.

Tübingen, 3. Dez. Eine aufregende Ge­schichte, die aber erfreulicherweise ohne Unfall ab­ging, ereignete sich gestern abend. Wie immer fuhr die Post um 8 Uhr von hier nach Bebenhausen ab, beladen mit Paketen und eine Frau als Passagier mit sich führend. In Lustnau an der Post wurden Pakete abgeladen, als aber der Kutscher weiter­fahren wollte, waren Wagen und Pferde ver­schwunden. Die edlen Rösser waren auf dumme Gedanken gekommen, einfach umgekehrt und nach der Stadt in toller Fahrt gerast, wo sie am Hanskarle zitternd und schweißtriefend aufgehalten wurden. Nicht minder zitterte die Frau im Wagen, der bei der Fahrt nicht wohl zu Mute gewesen sein mag. Die Rösser, denen man solches Feuer gar nicht zu­getraut hätte, müssen den Weg doch sehr gut kennen, da sie in der Dunkelheit nicht von der Straße ab­kamen.

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* Neuenbürg, 3. Dezember. (Kirchliche Uebersicht.) Einiges von den Ergebnissen der statistischen Erhebung des Kalenderjahres 1907 be­treffend Aeußerungen des kirchlichen Lebens in Württemberg dürfte für weitere Kreise von Interesse sein. Die Zahl der Angehörigen der evangelischen Landeskirche beträgt nach der letztmaligen Volks­zählung (1905) 1580 361. Hievon entfallen auf das Generalat Tübingen, zu welchem die Dekanate Calw, Freudenstadt, Herrenberg, Nagold, Neuenbürg, Tübingen gehören, 188053. Auf den Dekanatsbezirk

Neuenbürg kommen 28778. Damit steht Neuen­bürg unter den 6 Bezirken des Generalats an dritter Stelle. Größer an Seelenzahl sind die Bezirke Tübingen (50 929) und Freudenstadt (34211), kleiner sind Calw (26 268), Nagold (25396) und Herren­berg (22 471). Der Bezirk Neuenbürg zählt 15 ständige Pfarrstellen und 2 Stadtvikariate. (In Neuenbürg seit 1890, in Wikdbad seit 1902.) In Aussicht genommen wird die Errichtung eines Vikariats in Schömberg. Taufverschmähung ist innerhalb des Bezirks im Jahr 1907 keine vor­gekommen, dagegen ist in Einem Fall die kirchliche Trauung unterblieben. An der Abendmahls­feier haben sich beteiligt 49°/» der landeskirchlichen Seelenzahl. Der Durchschnitt des Generalats Tü­bingen beträgt 51°/», während der gesamte Landes­durchschnitt sich auf 44°/» beziffert. Kirchenopfer kommen auf den Kopf der landeskirchlichen Bevöl­kerung 48 Pfg. (Generalatsdurchschnitt 53 Pfg., Landesdurchschnitt 52 Pfg.) Unter den Sekten haben im Jahr 1907 am meisten Anziehungskraft im ganzen Lande die sog.Neu-Jrvingianer" oder dieApostolische Kirche" bewiesen, an welche die Landeskirche 206 Mitglieder abgetreten hat. (Die meisten Fälle kamen vor in den Bezirken Stuttgart-Stadt, Heilbronn, Ulm und Geislingen.) Diese Sekte derNeu-Jrvingianer" ist in Württem­berg im Jahr 1902 neu ausgetaucht. Der vor wenigen Tagen in Eßlingen verstorbene Pfarrer Ernst Kalb, Herausgeber des BuchesKirchen und Sekten der Gegenwart" (Verlag der Evan­gelischen Gesellschaft in Stuttgart), sagt über diese neue Sektenbildung:Es ist eine alte Erfahrung, daß es nichts gibt, und wäre es noch so verkehrt, das nicht Glauben finden würde, wenn es nur mit Pathos verkündigt wird. So sehen wir denn, daß der deutsche Jrvingianiswus nach Abstreifung der gerade den Deutschen besonders fremdartig berüh­renden Besonderheiten seit etwa einem Jahrzehnt in siegreichem Vordringen begriffen ist." Von diesen Neu-Jrvingianern" ist zu unterscheiden der alte Jrvingianismus, dessen Stifter ein Schotte war mit Namen Edward Irving (fi 1834). Aus diesem englischen Stamm hat sich durch allerlei Spalt­ungen hindurch ein deutscher Zweig gebildet, dessen eifrigsterApostel" ein früherer Bahnmeister Krebs in Braunschweig geworden ist. Von dieser Sekte der Neu-Jrvingianer" geht zur Zeit die schärfste Agi­tation gegen die Kirche der Reformation, unsere evangelische Landeskirche, aus. Sehr rührig sind übrigens auch die Adventisten oder Sabbatisten eine Abzweigung der Baptisten, die, von Amerika ausgehend, seit dem Jahr 1874 ihre Werbearbeit in Europa begonnen haben und die besonders reli­giös Erweckte aus der Landeskirche herauszuziehen und in ihre Gemeinschaft hinüberzulocken bestrebt sind. In Württemberg hatten sie im Jahr 1907 im ganzen den Austritt von 15 Seelen aus der Landeskirche zu ihren Gunsten zu verzeichnen.

Calw, 4. Dezbr. Bei der gestrigen Bürger­ausschußwahl wurden gewählt Karl Zahn, Uhr­macher, mit 330, Wilh. Stickel, Uhrmacher, mit 327, Heinrich Essig, Flaschnermeister, mit 325, Jakob Knecht, Kaufmann, mit 272, Emil Hammer, Löwen­wirt, mit 225, Georg Steck, Maschinenstricker, mit 208, Georg Jung, Kaufmann, mit 203 und Jakob Schäfer, Schreinermeister, mit 196 Stimmen.

Vom Calwer Wald, 2. Dezbr. Die neue Nachbarschaftsstraße von der Station Berneck bis nach Hornberg ist jetzt für den Verkehr er­schlossen. Dieselbe ist 7 Kilometer lang, zieht sich im Köllbachtal von Berneck das Tal entlang bis zur Baiermühle und von dort in der Nähe der Ruine Hornberg im Bogen bis zum Dorf Hornberg. Nicht bloß Homberg, sondern noch mehrere Ortschaften des Bezirks Calw haben durch die Erstellung der Straße einen bequemen Verkehrsweg aus der Höhe ins Nagoldtal erhalten.

** Pforzheim, 4. Dezbr. Nach Stadtrats­beschluß soll am nächsten Mittwoch und Donnerstag eine Arbeitslosenzählung vorgenommen werden. In der Wirtschaft zumTal" hier hat heute vormittag 10 Uhr ein Unbekannter, während der Wirt Wein aus dem Keller holte, aus dem Büffet eine Schatulle (Kasette) von 24 ow Länge, 19 cm Breite und 11 om Höhe mit 600 Mk. bar, 4 Aktien des Pforzheimer Bankvereins A.G. und einem Straßburger Lotterielos gestohlen und ist damit flüchtig gegangen. Trotzdem der Dieb sofort verfolgt wurde, konnte man seiner bis jetzt noch nicht hab­haft werden.

** Pforzheim, 4. Dezember. Die Notiz der Südwestdeutschen Korrespondenz", daß zwei hiesige Knopffabrikanten gegen das Manschettenknopf-