1894—1903 zwischen 60,4 und 53,3°/», ohne daß sie regelmäßig abnahmen, im Gegenteil ergab sich in der Mehrzahl der Bezirke im Durchschnitt der Jahre 1892—1903 eine höhere Tauglichkeitsziffer als 1894—1899. In den einzelnen Bezirken ist das Ergebnis sehr verschieden. Am günstigsten ist der Osten (bis 73,4°/» Taugliche), am schlechtesten sind die großen Städte gestellt, z. B. Berlin mit 37,6°/». Industrie und Gewerbe haben an diesem schlechten Stadtersatz nicht die Hauptschuld, denn die tragen noch immer 50 °/a Taugliche bei, sondern der Handelsstand und die höheren Schulen, die gewöhnlich nur 40 und 30°/» Taugliche liefern. Demgegenüber können wir bei der Landbevölkerung auf etwa 60°/» Taugliche rechnen. Auch während der Dienstzeit macht sich in der körperlichen Entwicklung der Großstädter gegen die Landbevölkerung ein Unterschied bemerkbar, insofern letztere am schnellsten und meisten an Gewicht zunimmt, während von dem Großstadtersatz nur ein kleiner Teil und dieser auch nur wenig, an Gewicht gewinnt. Erst in der späteren Dienstzeit tritt oft ein Ausgleich ein. Der Militärdienst ist überhaupt ein klassisches Beispiel für das durch systematische Ausbildung des Körpers Erreichbare, und die hierbei gewonnenen Erfahrungen sollten auch bei den sporttreibenden Vereinen berücksichtigt werden, um ungünstige Einflüsse auf die Körperentwicklung zu vermeiden.
Das Radler-Tambourin. Ein neuer Schreckenerreger taucht seit kurzem in der Radfahrindustrie auf. Er besteht in einem Lärminstrument, das die Glocke der Radfahrer ersetzen soll und eine ganz frappierende Lärmwirkung verursacht, gegen die beizeiten eingeschritten werden müßte. An einem kleinen Tambourin, das an der Vorderradgabel des Rades befestigt wird, befindet sich ein Klöppel, dessen Stiel durch einen Zug an der Leine mit den Speichen des Rades in Verbindung tritt und den Klöppel Wirbelnd gegen das Tambourin in Bewegung setzt. Dieses unscheinbare Instrument erzeugt ein ohrenzerreißendes Geräusch und ist dazu angetan, die Lärmplage in den Großstädten bis zur Unerträglichkeit zu steigern.
„Kellner, einmal Kamel!" Im „Gil Blas" lesen wir: Auf dem Pariser Markt dürste schon in allernächster Zeit Kamelfleisch zum Verkauf gelangen. Ein großes Haus der Nahrungsmittelbranche hat mit zwei algerischen Schlächtern einen Vertrag auf Lieferung dieses Fleisches abgeschlossen, und in den ersten Tagen des Winters werden in der Hauptstadt große Quanten Kamelbraten im ganzen oder geteilt ausgeboten werden. Dieses kulinarische Ereignis wird manchen schlummernden Appetit wecken. Kamelfleisch soll nämlich vortrefflich schmecken; es gleicht dem Rindfleisch, ist aber delikater. Das Fleisch eines jungen Kamels ist zart wie Kalbfleisch. Der Höcker ist einer der besten Teile, und den Kopf kann man „ä In vmaigrotto", d. h. wie Ochsen- maulsalat mit Essig und Oel, zubereiten. Wir werden in den vornehmen Boulevard-Restaurants sicher bald rufen hören: „Kellner, einmal Kamel!" Die Einführung dieser algerischen Sitten dürfte auch in anderer Hinsicht dankbaren Stoff liefern: Feuille-
Ihres Vaters ändern! Welchen Anlaß habe ich Ihnen gegeben, mich eines solchen Verbrechens fähig zu halten?"
Luke, dessen verdorbene Natur an keine guten, edlen Gefühle mehr glauben konnte, betrachtete Josiah einen Augenblick mit maßlosem Erstaunen. Aber er konnte den Ausdruck seiner Züge nicht mißverstehen. Der alte Clerk war unbestechlich. Der getäuschte Schurke erhob sich langsam und murrte:
„Ich hielt Sie für einen gescheiten Mann, Josiah, und finde nun, daß Sie ein Narr sind. Kommen Sie — ich muß dieses verwünschte Testament sehen."
Als auf dem Wege dahin ihm jemand „Fröhliche Weihnachten!" zurief, erwiderte Luke:
„Hm! Gestern Abend ein Schiffbrüchiger, heute Morgen ein Bettler — fröhliche Weihnachten wahrhaftig! Warum ließen mich diese zudringlichen Narren nicht, wo ich war? Ich hätte ebenso gut ertrinken können, als Hungers sterben. Hoffentlich ist der Tölpel, der mich rettete, selbst ertrunken."
Nachdem er diesen wohlwollenden Wunsch geäußert, zog er seine Pfeife hervor, zündete sie an und sprach kein Wort mehr, außer einer gelegentlichen Verwünschung des armen Josiah, der sich mühsam nachschleppte, bis sie das einsame, unheimliche Haus erreicht hatten, dessen geschlossene Fensterläden die Nähe des Todes verkündeten.
Niedergebeugt von Kummer und Schmerz, aber glücklicherweise ohne Ahnung des Kommenden, hatte
tonisten, Stückemacher und Liederdichter werden auf dem Kamel herumreiten, und man wird jeden Tag mindestens einmal in den Restaurants den geistreichen Witz hören, daß das Kamel, das man eben vorgesetzt bekommen habe, ganz sicher durch ein Nadelöhr gehe!
Eine lustige Geschichte passierte einem Singener Bürger auf dem Bahnhof in Waldshut. Kurz vor dem Abgang des Zuges spürte er ein menschliches Rühren, das ihn eiligst an einen diskreten Ort führte. Alles war eingestiegen, der Zugführer hatte schon die Pfeife angesetzt, da stürmte unser Singener auf den Zug los mit einem — Abortdeckel unterm Arm, den er in der Eile statt seines Packetes mitgenommen hatte. Ein Freund machte ihn unter dem Gaudium der Passagiere auf das Versehen aufmerksam und mit wenigen Sätzen war der Unglücksrabe wieder im Abort, um sein Paket zu holen. Unterdessen dampfte der Zug ab und der gute Mann konnte bis zum Abgang eines andern Zuges über den ärgerlichen Vorfall nachsinnen, der bei seinen Bekannten mit geziemender Heiterkeit ausgenommen wurde.
sLnkant torriblo.j Mama (die in dem Augenblick ins Zimmer tritt, als der kleine Karl sein Schwesterchen küßt): „Das ist brav, wenn man seine Schwester so lieb hat, Karlchen!" — Karlchen: „Wir spielen ja! ... Ich bin der Papa, und Emma ist die Gouvernante!"
Letzte Nachrichten u. Telegramme
Kiel, 13. September. Prinz Adalbert von Preußen ist zum Kapitänleutnant befördert worden. Aus diesem Anlaß erschien er heute vormittag beim Prinzen Heinrich von Preußen zur Meldung.
Berlin, 14. Sept. Die Morgenblätter melden: Auf dem Wannsee kenterten gestern zwei Segelboote. Die Insassen des einen wurden gerettet. Von den Insassen des anderen wurden zwei junge Mädchen gerettet. — In Brüssel eingetroffene Berichte über den im Kongo gescheiterten und untergegangenen Dampfer „Ville de Bruges" besagen, daß Passagiere und Mannschaften nicht ertrunken sind, sondern sich auf die Flußinsel Uka- turaka im Kongo retteten, wo sie sodann von den Eingeborenen ermordet und aufgefressen wurden. Sechs an dem Schmause beteiligte Häuptlinge wurden jetzt abgeurteilt und gehängt.
Konstanz, 13. Sept. Der Erzabt von Beuron, Placidus Wolter, ist heute nachmittag gestorben.
Hanau, 13. Sept. Durch beiderseitiges Entgegenkommen ist die Aussperrung der Diamantschleifer in der großen Diamantschleiferei Gensberg in Hanau nach 22wöchiger Dauer beendet. Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt am 14. Sept.
Madrid, 13. Septbr. Im Ministerium des Aeußern wird bestätigt, daß der König und die Königin Ende September von San Sebastian ab- reisen werden, um sich nach München, Dresden
sich die arme Ruth ihren Träumereien überlassen, als ein lautes Klopfen an der Tür sie aufschreckte. Ihre Gedanken hatten sich gerade mit Frank beschäftigt, dem sie bereitwillig ein solch' großes Opfer gebracht, und sie eilte zur Tür, um zu öffnen, in der freudigen Hoffnung, den sehnlichst Erwarteten vor sich zu sehen. Statt dessen aber erblickte sie den alten Josiah und an seiner Seite einen großen, finster aussehenden Mann, dessen braune, nicht überreinliche Hand noch den Türklopfer umklammert hielt.
Ruth hatte den Ankömmling beinahe zehn Jahre lang nicht gesehen und erkannte ihn nicht. Die finstern Blicke zu Boden gerichtet, machte der Fremde jetzt eine Bewegung, als wolle er an ihr vorbei in das Haus eintreten, aber Ruths schlanke Gestalt versperrte ihm den Eingang, während sie ängstlich fragend nach Josiah schaute.
„Ich dachte. Sie würden sich seiner vielleicht erinnern. Miß Ruth", sagte der alte Clerk. „Dieser Gentleman ist der junge Master Luke, wie wir ihn zu nennen pflegten — meines teuern, verstorbenen Herrn einziger Sohn."
Die ganze Tragweite dieser Worte wurde der bekümmerten Ruth im Augenblick kaum vollkommen klar; aber ein banges Vorgefühl kommenden Unheils preßte ihr das Herz zusammen, und jeder Blutstropfen wich aus ihrem Antlitz.
„Sein Sohn starb — starb in Amerika", flüsterte sie. „Dies ist unmöglich — es muß ein Irrtum sein."
„Es ist durchaus kein Irrtum, Ruth", antwortete Luke mürrisch. „Ich bin sein Sohn und, dank den
und Budapest zu begeben. Für den Aufenthalt in Oesterreich-Ungarn seien 2 Wochen in Aussicht genommen und die Dauer der Reise werde insgesamt 1 Monat in Anspruch nehmen. Der Minister des Aeußern wird an der Reise teilnehmen, aber nach Erledigung der offiziellen Besuche sogleich nach Spanien zurückkehren.
Tanger, 13. Sept. Das Schreiben Mulay Hafids an das diplomatische Korps besagt, er erkenne die von seinem Vorgänger eingegangenen Verpflichtungen, insbesondere die Algeciras-Akte, an, bitte um Anerkennung seitens der Mächte und rechne bei der Durchführung der in der Algeciras- Akte vorgesehenen Reformen auf ihre Unterstützung.
Petersburg, 13. Sept. Gestern sind hier an Cholera 86 Personen neu erkrankt und 26 gestorben. Die Gesamtzahl der an Cholera Erkrankten beträgt 166. In ganz Rußland sind in der vergangenen Woche 2296 Personen an Cholera erkrankt und 1026 gestorben. Seit dem Ausbruch der Epidemie in Rußland sind 6747 Personen an Cholera erkrankt und 3130 gestorben.
„Preisend mit viel schönen Reden"
singt sröhlich der Kindermund und unsere Enkel und Urenkel werden sich noch dieses herzerquickenden Sanges erfreuen. So lebt der Dichter dieses und vieler bekannter Volkslieder Justinus Kerner in unserem Volke fort. Man muß es daher als eine nationale Pflicht betrachten, das „Kernerhaus" zu Weinsberg, die Heimstätte des Dichters, in der er so gerne weilte, zu erhalten und nach Möglichkeit zu vervollständigen. Diese Aufgabe hat sich der Justinus Kerner-Verein gestellt und um dieselbe erfolgreich durchführen zu können, ist staatlicherseits die Genehmigung zu einer Geldlotterie erteilt worden, deren Ziehung bestimmt am 17. September stattfindet. Es bietet sich somit für jedermann Gelegenheit zur Unterstützung der edlen Bestrebungen des Vereins, ganz abgesehen von den nicht zu unterschätzenden Gewinnchancen. Die Lotterie enthält 2199 Geldgewinne mit zusammen Mk. 64000 bar, darunter Hauptgewinne von Mk. 35 000, 6000, 2000 usw. Das Los kostet Mk. 2.—. Der Generalvertrieb der Lose befindet sich in den Händen des Hrn. I. Schweickert in Stuttgart, Marktstraße 6, welcher auch überall im Lande Verkaufsstellen errichtet hat.
Literarisches.
Reue Wechselordnung mit dem Gesetz betreffend Erleichterung des Wechselprotestes gültig ab 1. Oktober 1908 nebst Scheckgesetz gültig ab 1. April 1908 und Poftschrckgesetz gültig ab 1. Januar 1909. Verlag: L. Schwarz u. Comp., Berlin S. 14, Dresdeners^. 80. Preis 1,20 Mk.
Am 1. Oktober 1908 tritt das neue Gesetz betr. Erleichterung des Wechselprotestes in Kraft. Hierdurch ist die bisherige Wechselordnung sehr wesentlich in vielen Bestimmungen abgeändert worden, welche die größere Sicherung der WechselgläuSiger, Schouuug der Schuld«« und Erleichterung des Aerkehrs bezwecken. Die Kenntnis der neue« „Wechselordnung" ist für jede« Kaufmann und Gewerbetreibenden, überhaupt für jeden zum Wechselverkehr in Beziehung Stehenden unentbehrlich, wenn er einerseits von den Neuerungen Nutzen ziehen andererseits sich vor Schaden bewahren will. Ebenso nötig ist es, über das neue Scheck- Gesetz und das ab 1. Januar 1909 gültige H-ostscheLgesetz, welche gleichfalls in dem Buche enthalten sind, genau unterrichtet zu sein. Das handliche Taschenformat wird den Absatz begünstigen. Zu beziehen durch die Expedition dieser Zeitung.
dienstfertigen Narren der vergangenen Nacht, noch am Leben. Mir scheint, der einzige Irrtum ist, daß ich je geboren wurde. Aber, nachdem, was ich hörte, habe ich hier nichts zu tun, und Sie werden froh sein, mich bald wieder los zu werden. Man heißt mich heute nirgends allzufreundlich willkommen. Josiah wird Ihnen sagen, warum ich hier bin, und zwar je eher, je besser."
„Ich habe ihm", begann Josiah, unbewußt in seinen Amtston verfallend, „bereits die testamentarischen Arrangements des verstorbenen Mr. Summers mitgeteilt. Hätte der Erblasser von der Existenz seines Sohnes Kenntnis gehabt, so wäre vermutlich das Dokument, das ich vergangene Nacht abfaßte, anders ausgefallen. Aber wie die Sache stand, hat mein verstorbener Herr verfügt, daß all' feine Ländereien . . ."
„Machen Sie es kurz, Josiah", unterbrach Luke barsch den alten Mann, der atemlos eine Sekunde innehielt. So gedrängt, verzichtete Josiah auf die begonnene Aufzählung, und fuhr fort: „Wäre kein Testament gemacht worden, fo hätte dieser Herr als der nächste Verwandte natürlich alles geerbt; aber nach des Verstorbenen Instruktionen erhält er — es tut mir leid, es auszusprechen, — nichts. Bei einer solch' unangenehmen Sache aber kann kaum erwartet werden, daß dieser Herr sich allein auf mein Wort verlasse; und deshalb, obschon es eigentlich nicht statthaft ist, hätten Sie vielleicht die Güte, mir zu erlauben, ihm das Testament zu zeigen."
— Fortsetzung folgt. —