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^ 1V6.

Neuenbürg, Mittwoch den 8. Juli 1908.

66. Jahrgang.

«u-iSscyau.

Der Prozeß vor dem Schwurgericht Berlin- Moabit gegen den Fürsten Eulenburg hat sich nunmehr bereits in die zweite Woche hineingezogen, trotzdem läßt sich seine zeitliche Dauer auch jetzt noch nicht bestimmt übersehen. Es sind immer wieder neue Zeugen vorgeladen worden, unter ihnen drei Mitglieder der preußischen Gesandtschaft in München, sowie sieben Fischer aus Starnberg und Umgegend.

In der bayerischen Hauptstadt tagt seit Ende vergangener Woche auf Einladung des Münchener Nationalvereines der liberale Kongreß Deutsch­lands. Er bezweckt eine weitere Annäherung zwischen den verschiedenen Richtungen des Liberalismus im Deutschen Reiche und ein kräftigeres Zusammen­gehen der betreffenden Parteien. Die Versammlung wurde am Samstag durch einen Begrüßungsabend eingeleitet, worauf am Sonntag vormittag die eigent­lichen Kongreßverhandlungen mit einer geschlossenen Delegiertenversammlung ihren Anfang nahmen. Ihr folgte im weiteren Verlause des Vormittags die erste Vollversammlung nach. An den jetzt vielgenannten Lehrer Beyl in Nürnberg, gegen welchen auf Ver­anlassung der bayerischen Zentrumsführer ein Dis­ziplinarverfahren wegen Betätigung seiner liberalen Gesinnung eingeleitet worden ist, sandte der Kon­greß ein Sympathietelegramm ab. Der jungliberale Führer Lassow und die Reichstagsabgeordneten Wölzl, Müller-Meiningen und Naumann sprachen über die Solidarität des Liberalismus und seine Neubelebung und Erstarkung zum Kampfe um das parlamentarisch- konstitutionelle Regiment.

Karlsruhe, 6. Juli. Die badische Regierung wird auf der Wiesentalbahn einen ersten größeren Versuch zur Einführung des elektrischen Betriebes machen, an den der Kommissionsbericht der Zweiten Kammer über Eisenbahnbudget die Erwartung knüpft, daß im Bewährungsfalle auf eine weitere Ausdehnung in größerem Umfange bald mit Bestimmtheit zu rechnen sein werde. In der auf diese Weise zu verwirklichenden Ausnützung der Wasserkräfte liege für das Land ein hocheinschlagender volkswirtschaft­licher Gewinn, eine namhafte Förderung der Elektri­zitätsfähigkeit des Staates und bis zu einem gewissen Grade eine Unabhängigmachung der Eisenbahn­verwaltung von den Konjunkturen des Kohlenmarktes. Als erste Teilforderung sind dafür 100 000 Mk. eingestellt. Die nötige elektrische Kraft soll dem im Entstehen begriffenen Kraftwerk bei Augst-Weyhlen entnommen werden. Ferner sind für eine Stark­stromfernleitung Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe 606 000 Mk. eingestellt. Durch die geplante Ver­bindung der Dampfzentralen Karlsruhe und Mann­heim soll sich wegen der Vereinfachung und Sicher­heit des Betriebes damit eine Kostenersparnis von jährlich etwa 59000 Mk. ergeben. Ueberdies falle dadurch die Schaffung einer Reserve für das über­lastete Karlsruher Elektrizitätswerk fort. Auch soll diese Fernleitung so gestellt werden, daß sie bei Errichtung eines Wasserwerkes bei der oberen Murg ohne weiteres zur Ueberleitung des elektrischen Stromes von dort nach Mannheim und Heidelberg benutzt werden kann.

In der Budgetkommission des badischen Landtags wurde die Anfrage gestellt, ob die ge­plante Talsperre im Murgtal auf die Aus­führung des Bahnbaues und die Verhandlungen mit der württ. Regierung wegen der Fortsetzung der Murgtalbahn Einfluß haben könnte. Darauf teilte die großherzogliche Regierung mit, daß die beiden Unternehmungen mit einander nicht zusammenhingen und durch die Bahnanlage dem anderen Projekt keine Schwierigkeiten entstünden. Die Verhandlungen mit der württ. Regierung wegen der Fortsetzung der Murgtalbahn seien im Gange und soweit gediehen, daß ein Staatsvertrag in Bälde zum Abschluß

l gebracht und vielleicht noch dem jetzigen Landtag ! vorgelegt werden könne.

DemDaily Chronicle" zufolge sind alle Vor­bereitungen für den Gegenbesuch des russischen Kaiserpaares am Londoner Hofe getroffen. Der Gegenbesuch soll während der Regattawoche in Cowes zur Ausführung kommen.

Die Erfolge Zeppelins und Englands Sicherheit. Die glänzenden Fortschritte, welche die Versuche des Grafen Zeppelin mit seinem neuesten Luftschiff täglich aufweisen, beginnen unsere Vetter über dem Kanal in nervöse Unruhe zu versetzen. Sie fürchten für die Sicherheit ihrer Insel und sind bereits jetzt in Sorge, daß ihre maritime Uebermacht eines Tages durch übermächtige Luftschifferflotten illusorisch gemacht werden könnte.Daily Mail" schreibt:Die englische Regierung muß dafür sorgen, daß auch England gute Luftschiffe bekommt und das Parlament muß das Geld bewilligen für die nötigen Versuche. Die Eroberung der Luft und die Ueber- windung der Schwierigkeiten der Luftschiffahrt sei vom englischen Standpunkt aus betrachtet gar nicht wünschenswert, im Gegenteil nur zu bedauern, denn die englische Vorherrschaft zur See habe keinen Zweck, wenn der Feind einen anderen Weg als den des Meeres zur Verfügung hat, um nach England zu gelangen. Mit Bedauern müsse England nunmehr zugeben, daß das Wasser, das es vom Kontinent abtrennt, mittels der Luftschiffe überbrückt werden kann. England müsse infolge dieser Entwicklung die Frage erörtern, wie es auch der Luft die Vor­herrschaft erlangen könne, damit die anderen Mächte nicht einen gewaltigen Vorsprung in dieser Beziehung gewinnen." Völlig neidlos erkennt der englische Observer" den Erfolg Zeppelins an; er bezeichnet den Aufstieg Zeppelins vom 1. Juli 1908 als die wichtigste Begebenheit der Gegenwart und erklärt, die Erfindung Zeppelins habe eine viel größere Bedeutung als das Untersee­boot. Auch die Schweizer werden unruhig und zwar ist es nur die dortige Sozialdemokratie, in deren Programm die .Sicherheit des eigenen Landes doch sonst keine so hervorragende Rolle spielt. Die ZüricherGenossen" bereiten bei den Bundes­behörden einescharfe Verwahrung" gegen die Fahrten Zeppelins auf schweizerischem Gebiet vor und fordern aus strategischen wie politischen Gründen das Verbot dieser Fahrten.

Dieppe in Frankreich, 7. Juli. Bei dem gestern früh begonnenen Rennen um den Großen Preis hat der Fahrer Lautenschlager auf Mercedes (Daimler) gesiegt. Als zweiter folgte nach 10 Minuten ein Benzwagen (Fahrer Hemory), dritter wurde ebenfalls Benz (Fahrer Henriot), vierter Brasier (Fahrer Thiery), fünfter wiederum Mercedes (Fahrer Direktor Willy Pöge). Wie ein Privat­telegramm noch dazu meldet, hat der Sieger die 770 Kilometer lange Strecke in 6 Stunden 55 Mi­nuten 43 Sekunden zurückgelegt, was einer Durch­schnittsgeschwindigkeit von 111,2 Kilometer in der Stunde entspricht. Der zweite Wagen brauchte 7 St. 4 Minuten 24 Sekunden, der dritte 7 St.

5 Minuten 18 Sekunden.

26 französische Kriegsfahrzeuge werden demnächst endgültig außer Betrieb gestellt und in den Listen gestrichen werden. Es gehören dazu

6 Schlachtschiffe, 2 Küstenverteidigungs-Fahrzeuge, 3 Kreuzer, 5 Avisos und 12 Torpedoboote. Ein Teil dieser Schiffe und dieJena" sollen im Laufe des Sommers als Schießscheiben benutzt werden. Dafür legt Frankreich 1909 und 1910 sechs große Schlachtschiffe auf Kiel.

In der Schweiz hat am letzten Sonntag wieder einmal eine allgemeine Volksabstimmung statt- funden. In ihr wurde die von der Bundesversamm­lung vorgeschlagene Verfassungsrevision, wonach der Bund das Recht der Gesetzgebung auf dem Gebiete der Gewerbegesetzgebung erhält, mit 223 508 ja gegen

87 851 nein und mit 214,-2 gegen */2 Kantonstimmen angenommen. Das Jnitiativbegehren betreffend das Verbot des Absinths ist mit 223 347 ja gegen 134502 nein und mit 20 gegen 2 Kantonstimmen angenommen.

Teheran, 6. Juli. Der Schah läßt nichts unversucht, um die noch vorhandenen Rädels­führer der revolutionären Bewegung verhaften zu lassen. Einer der gesuchtesten Hauptaufwiegler wurde als Soldat verkleidet in Hamadan verhaftet. Er wird nach Teheran gebracht, wo die Todesstrafe seiner wartet. Die persischen Flüchtlinge befinden sich noch immer in der englischen Gesandtschaft. Die Kosakenposten sind auf die dringenden Beschwerden des englischen Geschäftsträgers von dieser zurück­gezogen worden. Gestern nacht kehrte jedoch ein Teil der Kosaken wieder auf die Posten zurück und beobachtete die Gesandtschaft, um die das Asyl ver­lassenden Perser gefangen zu nehmen. Der britische Geschäftsträger hat sich deshalb abermals bei der Regierung beschwert und Entschuldigung durch den Stadtgouverneur und den Hofminister in voller Uni­form verlangt. In Täbris dauert das Blut­vergießen fort. Die indisch-europäischen Tele­graphenleitungen wurden durchschnitten. Die Stadt war infolge der Revolution 28 Tage lang ohne telegraphische Verbindung und 17 Tage ohne Post. Die Türken dringen langsam aber hartnäckig nach Nordost vor. Der Bezirk Samam ist vollständig von ihnen eingenommen. Die Unterhandlungen zwischen den türkischen und persischen Bevollmächtigten verliefen resultatlos. Die christlichen Bürger werden durch die Kurden furchtbar zugerichtet.

New-Uork, 6. Juli. Privattelegramme aus Buenos Aires über eine Militärrevolte in Pa­raguay berichten, daß bei Straßenkämpfen in Asuncion Hunderte von Menschen getötet oder verwundet worden seien.

Buenos Aires, 6. Juli. Der Minister des Aeußern erhielt von der Gesandtschaft in Asuncion ein Telegramm, worin mitgeteilt wird, daß die Revolution die alte Regierung gestürzt und eine neue unter der Präsidentschaft von Emiliano von Salves-Navers eingesetzt habe.

Buenos Aires, 7. Juli. Ueber die Stadt Asuncion ist für die Dauer von 30 Tagen der Belagerungszustand verhängt. In der Stadt herrscht jetzt vollkommene Ruhe.

Der Londoner Arzt Sir Henry Alfred Pit- man, Senior der englischen Aerzte, hat am 3. Juli seinen 101. Geburtstag gefeiert. Er war Arzt vor der Geburt des Königs Eduard, der ihm ein in herzlichen Worten gehaltenes Glückwunschtelegramm übersandte.

Bei der von der Berliner amerikanischen Ko­lonie veranstalteten Feier des Unabhängigkeits­tages (4. Juli) hat der neue Botschafter der Union, Hill, eine Rede gehalten, in der er seine in Berlin lebenden Landsleute aufforderte, für eine weitere Befestigung der guten deutsch-amerikanischen Beziehungen zu wirken. Er sagte u. a.: Ich danke Gott, meine Freunde, daß so mancher ameri­kanische Bürger eine deutsche Frau geheiratet hat, ich bin glücklich, zu sehen, daß amerikanische Frauen nach Deutschland geführt worden sind. Ich kann nur annehmen, daß in Zukunft diese Mischung unserer Völker, diese Verknüpfung von Familien­banden ein Netzwerk über die See hinüber schaffen werden, durch das beide Völker zu enger Freund­schaft verbunden werden können.

Bonn, 7. Juli. Generalfeldmarschall Frhr. v. Loö, Ehrenbürger der Stadt Bonn, ist gestern abend im Alter von 80 Jahren gestorben. Frhr. v. Löö verweilte wegen eines Bronchialkatarrhs in Wiesbaden und kam am Freitag anscheinend gekräf- tigt nach Bonn zurück. Die Krankheit verschlimmerte sich jedoch und er verschied gestern abend ruhig und sanft.