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Der «nzläkr.
Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.
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105.
Neuenbürg, Montag den 6. Juli 1908.
66. Jahrgang.
NunSschau.
Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: In der Presse ist die Behauptung aufgetaucht, daß der Spiritismus des Fürsten Eulenburg höchst schädlich aus die Umgebung Se. Maj. des Kaisers gewirkt habe. Se. Majestät selbst habe spiritistischen Sitzungen beigewohnt und lange Zeit in seiner Uhr ein Stück Zeug getragen, das angeblich bei einer Geistererscheinung zurückgeblieben wäre. Wir sind ermächtigt, die Angaben als glatt erfunden zu bezeichnen.
Berlin, 6. Juli. Das „Berl. Tagbl." meldet aus Friedrichshafen: Der dort weilende Vertreter des preußischen Kriegsministeriums habe eine bevorstehende bedeutende Erweiterung des bisherigen Luftschifferkorps der deutschen Armee angekündigt.
Das preuß. Kriegsministerium hat im Prinzip die Bildung eines separaten militärischen Luftschifferkorps unter Leitung des Grafen Zeppelin beschlossen.
Straßburg, 4. Juli. Die „Straßb. Post" schreibt: Nach dem großen Erfolg Zeppelins ist wohl nicht mehr daran zu zweifeln, daß in kurzer Zeit auch die große Fahrt den Rhein hinunter nach Mainz von statten gehen wird. Bei dieser Fahrt beabsichtigt der Graf, seinen Weg auch über die alten Dächer Straßburgs hinweg zu nehmen. Für die ganze 455 Kilometer lange Strecke Fried- richshafen-Basel-Straßburg-Mainz ist eine Fahrtdauer von 10 Stunden vorgesehen. Sollte Zeppelin auf der Strecke bis Straßburg feststellen, daß er einige Zeit erübrigt, so will er als Gruß für Straß- Lurg eine Schleife um den Münsterturm herum fahren. Die ganze Strecke Friedrichshafen-Straß- burg, die 270 Kilometer beträgt, würde er etwa in 5 */o Stunden zurücklegen. Von Straßburg nach Mainz sind dann noch 185 Kilometer, die nicht ganz 4 Stunden Fahrzeit erfordern. Wenn kein unerwartetes Ereignis mehr eintritt, werden wir im Lauf der nächsten oder übernächsten Woche Zeugen dieses großen Erfolges sein, an den ein eiserner Mann die Kraft einer beispiellosen Energie gesetzt hat.
Berlin, 6. Juli. Anläßlich der Feier des amerikanischen Unabhängigkeitsfestes hat der amerikanische Botschafter Hill seine in Deutschland leben
Der Weiberfeind.
Humoreske von T. Kampf.
Nach dem Englischen.
- (Nachdruck verboten.)
Er war ein Landwirt, sechs Fuß hoch mit einem Stiernacken und einer Faust, wie ein Schraubstock. Fünfunddreißig Sommer waren an seiner massiven Gestalt vorbeigegangen, und noch nicht einmal hatte er ein Weib anders als grimmig angesehen. Warum er das schöne Geschlecht so haßte, wußte er selbst kaum; vielleicht kam es daher, daß er im Sprechen schüchtern und unbeholfen war und eine Todesangst vor einer weiblichen Zunge hatte.
„Wenn sie anfangen zu plappern", sagte er in einem vertraulichen Moment zu einem alten Kameraden, „dann wird mir angst und bange." Und das war die einzige Erklärung, die er der Welt für sein hartnäckiges Junggesellentum gab.
Nun kann man aber ohne Frauen kein Gut bewirtschaften, und so mußte William West sie wohl oder übel um sich dulden.
Ein geborener Weiberfeind war und blieb William West, bis er eines Tages Susann« Merrel dabei traf, eine störrige Kuh zu melken.
„Deine Hand paßt ihr nicht", sagte er rauh.
„Daran liegt es nicht, Herr", antwortete das Mädchen. „Das Tier ist behext."
Während sie sprach, versetzte die Kuh, der das Gesagte jedenfalls ehrenrührig war, ihr einen Stoß mit dem Hinterfuß, der Milchkübel schwappte über.
den Landsleute aufgefordert, für eine weitere Befestigung der guten deutsch-amerikanischen Beziehungen zu wirken.
Berlin. 4. Juli. Dem „Evening Standard" wird aus Tiflis berichtet: Bei den Kämpfen in Täbris wurden seit Sonntag 370 Personen getötet und 7ov verwundet. Die Anarchie breitet sich wie eine Feuersbrunst durch ganz Nordpersien aus.
Berlin, 4. Juli. Gestern früh brach kurz nach 9 Uhr in der Dachkonstruktion über dem Konzertsaal des Kgl. Opernhauses in Berlin Feuer aus. Auf die Meldung Großfeuer rückten Löschzüge aus sämtlichen Berliner Feuerwachen aus. Auf der Brandstätte waren anwesend der Chef des Militärkabinetts Graf Hülsen-Häseler, Generalfeldmarschall Graf Hahnke, sowie der Minister des Innern v. Moltke. Es wurde aus vielen Röhren Wasser gegeben. Aus dem Dachstuhl stieg ein mächtiger Qualm empor. Es steht sicher fest, daß der Brand durch unvorsichtiges Umgehen der Dacharbeiter mit einer Lötlampe entstanden ist.
Berlin, 4. Juli. Der „Gelegenheitsarbeiter" Paul Heidchen ist gestern von der Kriminalpolizei unter dem dringenden Verdacht in Berlin verhaftet worden, der Urheber einer Reihe von Brandstiftungen im Norden Berlins zu sein. Diese Brandstiftungen hat Heidchen ausschließlich in Häusern bezw. Wohnungen verübt, in die er vorher eingebrochen war. Während der vor zwei Wochen verhaftete Wächter Sytkowski die Verbrechen begangen hat, um die Feuermeldeprämien und Belohnungen zu erhalten, wollte Heidcyen durch die Brandstiftungen in den einzelnen Füllen die Spuren seines Einbruchs verwischen. Dieses Mittel hat Heidchen auch am 27. Juni nach einem Einbruch versucht. Ein Medaillon jedoch, das er bei der „Arbeit" in der Wohnung verloren hatte, wurde an ihm zum Verräter, führte zu seiner Ermittlung und schließ- lichen Verhaftung.
München, 3. Juli. Der volksparteiliche Reichsund Landtagsabgeordnete Storz schreibt in einem Rückblick auf die maritime Besichtigungsreise der Reichstagsabgeordneten u. a.: Die Eindrücke auf dieser Reise waren im ganzen sehr erfreulich. Die Marine arbeitet in allen ihren Teilen sehr tüchtig, das Offizierkorps steht auf hoher Stufe der Bildung
und das Mädchen fiel vor Schreck rücklings in Williams widerwillig ausgestreckte Arme.
„Mehr wie ein Liter vergeudet", war seine einzige Bemerkung, und dann machte er sich schleunigst fort. ^ Tieferrötend griff Susann« nach ihrem Eimer und sah ihrem Gebieter nach.
„Wenn ich eine Kröte wäre, könnte er mich nicht anders ansassen", vertraute sie der Kuh an. „Ob er sich einbildet, ich hätte es mit Absicht getan?"
Das war gerade, was er gedacht hatte. Den ganzen Tag über kam es ihm nicht aus den Sinn, aber merkwürdigerweise war es ihm nicht so unangenehm, als man hätte annehmen sollen.
Mitten in der Nacht indessen legte er sich allerlei schmeichelhafte Beinamen zu, als er seinen Traum überdachte. Er hatte Susanna fest in die Arme genommen und sie wiederholt auf den frischen, roten Mund geküßt.
Wie konnte er so etwas träumen, der sich zeitlebens von den Frauen ferngehalten hatte und eher in den Niagara gesprungen wäre, als so etwas zu tun.
„Morgen, Hery", rief Susanna munter, als sie ihm am andern Tage zufällig begegnete. Sie lachte ihn an, und selbst seinem ungeübten Auge fiel das reizende Grübchen auf, das sich dabei bildete.
„Morgen", brummte er und stiefelte weiter, „ich glaube, die Hexe hat es auf mich abgesehen."
Aber im weiteren Verlauf des Tages mußte er sich ernsthaft zur Rede stellen, denn er ertappte sich erstens bei dem Gedanken, daß es ihm ganz gleich I
und beruflichen Leistungsfähigkeit, die Mannschaften stellen eine Elitetruppe dar. Zu bedauern wäre es, wenn gewisse Ansätze zum Feudalismus im Offizierkorps Förderung finden würden. Das paßt nicht zum Wesen und Zweck der Marine. Einen wohltuenden Eindruck macht die ruhige, gemessene, niemals schnarrende Art der Befehlsgebung und des ganzen Tons, den die Vorgesetzten den Untergebenen gegenüber pflegen und so ist auch die Mannschaft frei von der das Denken hemmenden nervösen Angst, wie sie zuweilen bei der Armee zu beobachten ist. Der Erfolg dieser Reise wird sein, daß künftig die gewonnene Personen- und Sachkenntnis den Gang der Verhandlungen in der Budgetkommission und im Plenum des Reichstags erleichtern wird. Trotz des gehobenen Vertrauens zu den furchtbaren Vernichtungswaffen ist ganz besonders der Wunsch lebendig, daß uns der Friede erhalten bleiben möge.
Donaueschingen, 3. Juli. Gestern abend ereignete sich hier ein schrecklicher Unglücksfall. Ein beladener Heuwagen, auf welchem sich die Frau, die Mutter und die 4 Kinder des Besitzers befanden, stürzte um. Die Frau und ein 3 jähriges Kind stürzten in einen sog. eisernen Schlepprechen. Dem Kind drangen die Zähne in Hals und Brust ein, auch die Lunge ist verletzt. Die Frau wurde an der Brust, die Mutter am Kopf schwer verwundet, ein anderes Kind trug Verletzungen am Arm davon. Die beiden anderen Kinder blieben unverletzt. Der Zustand des schwerverletzten Kindes ist hoffnungslos.
Wien, 4. Juli. Der Lemberger sozialistische „Clos" berichtet aus Przemysl: Während einer Uebung des 77. Infanterieregiments wurden 2 scharfe Schüsse gegen eine Gruppe von Offizieren abgefeuert, in der der wegen seiner Strenge verhaßte Kommandant Oberst Verboni di Stissetti stand. Der Oberst blieb unverletzt, der zweite Schuß traf den bei den Soldaten sehr beliebten Major Maziara in die Hand. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß die Schüsse aus der 14. oder 18. Kompagnie abgegeben worden sind.
Würtlemderg.
Stuttgart, 4. Juli. Die Zweite Kammer hat in ihrer heutigen Sitzung die Generaldebatte über die Volksschulnovelle beendigt. Das Jn-
^ sei, ob sie ihm nachstelle oder nicht, und zweitens, daß sie doch ein verdammt hübsches Mädchen sei!
„William", sagte er, „sei kein Esel. Du bist zu alt, um in die Falle zu gehen. Laß das schlaue Ding laufen."
Er befolgte seinen eigenen Rat und bekümmerte sich gar nicht um Susanna. Am Ende des Monats ließ er sogar die Löhne durch die Schäfersfrau auszahlen, aus Angst, wieder in Berührung mit ihr zu kommen. Aber als er gerade erleichtert empfand, daß er das gefährliche Element ein für allemal aus seinem Leben gebannt hatte, spielte das Schicksal ihm einen boshaften Streich.
Er, dem nie in seinem Leben etwas gefehlt, wurde von der tückischen, modernen Influenza befallen und mußte nolens voleu8 das Bett hüten. Die Haushälterin, welcher so viele Verpflichtungen oblagen, hatte keine Zeit zur Pflege des Kranken und wählte dafür unbedachter Weise die kleine Susanna. Während er hohes Fieber hatte und alle Glieder ihn schmerzten, nahm William Arznei und Milch geduldig aus ihren Händen und erlaubte ihr, kühlende Umschläge auf seine glühende Stirn zu legen.
„Wer hat dir gesagt, daß du mich pflegen solltest?" fragte er eines Tages barsch.
„Die Haushälterin", antwortete sie. „Eine mußtef es tun, und sie hatte keine Zeit."
Sein Argwohn erwachte. Die Augen starr au die Decke gerichtet, dachte er ein paar Minuten nach