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Amts- und AnzeigeZkaLt für den Wezirk Galw.
78. Jahrgang.
SrschciiillNgLtage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und BezirkSorte; außer Bezirk 12 Pfg,
Dienstag, den 9. Zum 1903.
Abonnementspr. in d. Stadtpr. Viertels. Ml. 1.10 incl. Trägers. Vierteljahr!. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Trts- u. Nachbarortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche NeLarmtm-Hrmgen.
Bekanntmachung
detr. die Maul- und Klauenseuche.
Nachdem die Maul- und Klauenseuche im Bezirk wieder aufgetreten ist, sieht sich das Oberamt veranlaßt den Erlaß des K. Ministeriums vom 25. September v. I. wiederholt bekannt zu geben. Die Ortspolizeibehürden werden veranlaßt den Erlaß auf ortsübliche Weise zu veröffentlichen, auch sind die Polizeiorgane aufs Genaueste hierüber zu in- struireu.
Von dem Geschehenen ist Eintrag ins Schultheißenamtsprotokoll zu machen.
Angefügt wird, daß Verfehlungen gegen 8 328 Str.Ges.-B. (wissentliche Seuchenverheimlichung) mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft werden und daß, wenn infolge der Verletzung der Bestimmungen des genannten Z 328 Vieh von der Seuche ergriffen wird, Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu 2 Jahren eintritt.
Calw, 5. Juni 1903.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
Da nach den Meldungen der beamteten Tierärzte der gegenwärtige Stand der Maul- und Klauenseuche ein besonders günstiger ist — am 15. September ds. Js. waren im Deutschen Reiche noch 103 Gehöfte in 29 Gemeinden, in Württemberg 6 Gehöfte in 3 Gemeinden verseucht, — erscheint der Zeitpunkt geeignet, auf eine vollständige Unterdrückung der Seuche hinzuwirken. Insbesondere ist es geboten, der weiteren Verbreitung des Ansteckungsstoffes auS den noch vereinzelt vorkommen- den Seuchenherden durch schnelle und kräftige Maßregeln entgegenzutreten.
Zu diesem Zwecke ist bis auf Weiteres in folgender Weise zu verfahren:
1. Die schnelle und sichere Bekämpfung der
Seuche ist nur möglich, wenn die Anzeigen von jedem Ausbruche der Seuche oder dem Verdachte eines solchen der Ortspolizeibehörde sofort nach dem Auftreten der ersten KrarMHiserscheinungen ohne jeden Verzug erstattet werden. Die Viehbesitzer sind auf diese Verpflichtung durch wiederholte Bekanntmachung in den Bezirksamtsblättern hinzuweisen und auf die Folgen, die eine Verletzung der Anzeigepflicht nach sich zieht, aufmerksam zu machen.
2. Die Ortspolizeibehörden haben sofort, nachdem sie Anzeige erhalten, oder auf anderem Wege von dem Ausbruche oder dem Verdachte der Seuche Kenntnis erhalten haben, das Oberamt und den Oberamtstierarzt zu benachrichtigen und zwar, wenn cs sich um den Neuausüruch der Seuche in einer zuvor seuchenfreien Gemeinde handelt, auf kürzestem Wege (telegraphisch, telephonisch oder durch Eppreß- boten) — zu vergl. 8 9 der Minist.-Verfügung vom 15. Januar 1896, Reg.-Bl. S. 11.
Gleichzeitig haben die Ortspolizeibehörden, unbeschadet der nach Feststellung des Seuchenaus- brnchs durch d?n beamteten Tierarzt von dem Oberamt zu treffenden Verfügung, in vorsorglicher Weise die nach den 8 59, 59 a, 60, 62, 63, 65, 66 der Bundesratsinstruktion zum Reichs-Viehseuchengesetz vom 27. Juni 1895 (R.-G.-Bl. S. 358) und in den Ziffern 4, 7, 8 des gegenwärtigen Erlasses vorgeschriebenen Schutzmaßcegcln, mindestens aber die vollständige Gehöft- und Weidesperre sofort unter dem Vorbehalte anzuordneu, daß die Maßnahmen ohne weiteres außer K.aft treten, wenn der beamtete Tierarzt feststellt, daß Maulund Klauenseuche nicht vorliegt.
3. Die Feststellung des Seuchenausbruchs durch den beamteten Tierarzt hat in jedem einzelnen Falle zu erfolgen, es ist also von der in 8 15 des ReichsseuchengesetzeS erteilten Ermächtigung, von der Berufung des beamteten Tierarztes abzusehen, einstweilen kein Gebrauch zu machen.
4. Die Schutzmaßregel des Z 59 a der Bundes-
ratsinstruktioir ist, wenn nicht ganz besondere Gründe die Zulassung einer Ausnahme rechtfertigen, stets unverzüglich anzuordnen.
5. Das Weggeben ungekochter Milch aus dem Seuchengehöfte ist stets zu verbieten, es sei denn, daß die Milch in eine Sammelmolkerei geliefert wird, in der ihre ausreichende Erhitzung vor der Abgabe gewährleistet ist.
6. Das Weggehen von Milch aus Sammelmolkereien, die im Sperrgebiet liegen, ist an die Bedingung zu knüpfen, daß die Milch vorher abgekocht oder einer der Abkochung gleich zu erachtenden Erhitzung (8 61 Abs. 3 der Bundesratsinstruktion) unterworfen wird und daß die zum Transport der Milch benützten Kannen, Fässer u. s. w. vor ihrer Entfernung aus der Molkerei innen und außen mit heißer Sodalauge gründlich gereinigt werden.
7. Das auf dem Seuchengehöfte vorhandene Federvieh ist so zu verwahren, daß es das Gehöft nicht verlassen kann; fremdes Federvieh ist vom Seuchengehöfte tunlichst fernzuhalten.
8. In dem Seuchengehöfte und in dessen Umgebung ist das Festlegen der Hunde, sowie das Einsperren der Katzen anzuordnen.
9. Mit der Ueberwachung der genauen Einhaltung der ungeordneten Schutzmaßregeln ist außer den örtlichen Polizeiorganen die Landjägermanuschaft zu beauftragen. Auch kann das Oberamt den beamteten Tierarzt mit der Vornahme unvermuteter Revisionen an Ort und Stelle betrauen; es ist hiebei aber auf möglichste Kostenersparnis Rücksicht zu nehmen.
10. Die Seuche ist erst als erloschen zu erklären und die Desinfektion erst anzuordnen, wenn die Substanzverluste in der Maulschlcimhaut und an den Klauen der erkrankten Tiere vollständig abgeheilt und vernarbt sind.
11. Tie vcterinärpolizeiliche Ueberwachung der Viehmärktc hat mit besonderer Sorgfalt zu geschehen.
IreiwMg arm.
Original-Roman v. Jda John-Arnstadt.
(Fortsetzung.)
Lori ging ihren täglichen Pflichten nach, wie immer; mit fester Hand räumte sie die kleine, Llumcngeschmückte Tafel inmitten des Zimmers ab, verschloß dis Speisen und den Wein und packte Geschirr und Bestecke in die dazu bestimmten Körbe, denn Aneliss durfte niemals erfahren, daß der angekündigte Besuch gar nicht gekommen war. Tantchen sah dem jungen, schmerzverklärten Geschöpfe bewundernd zu. Arbeit, ja Arbeit ist das beste Heilmittel für jede noch so tiefe Wunds, und Lori wußte, welchen Weg sie nun gehen mußte, auch ohne Tantchens Wort und Rat.
Als der Mond groß und voll über dem Walde aufging, stand sie am Fenster ihres Giebelstübchens, die schmalen Hände über der Brust gefaltet, den Blick gen Himmel gewandt, und was sie unhörbar für Menschenohren flüsterte, die Schwergeprüfte, Worte unendlicher Liebe und tiefen Glaubens, das nahmen die Engel der Lüfte auf ihre Geisterschwingen, trugen es mit sich fort — weit, weit, einem fernpilgernden, einsamen Wanderer zu, und er wandte sich, wie von Küssen um- haucht, und weinte wie ein Kind.
Die Saison verlief diesmal glänzender als je in dem kleinen Badestädtchen am Fuße der Brunneckshöhe. War es die unerträglich heiße Temperatur, welche die Großstädter früher und zahlreicher als gewöhnlich in Thüringens kühle Wäld-r trieb, oder machte der neue Badearzt viel von sich reden.
Alle Villen und Pensionen waren überfüllt, sogar im allerschlichtesten Taglöhnerhause — fast wie an Vorstellunzstagen in Bayreuth und Oberammergau
— war kein Fuß breit Wohnung mehr zu haben und unter den vielen fremd, n Mensren verloren sich die biederen Einheimischen wie Halme ?uf emem T-ppich- bset. Der Konzerte, Ncunions, Land- und Seepartien war kein Ende. In und vor den Häusern wimmelte und flimmerte, tönte und lärmte es!
Nur in einer Villa ging cs vomehm still zu; sie lag tief im Walde, aber doch sichtbar genug für die Stadt und Umgebung, um die Bewunderung aller im höchsten Grade auf sich zu lenken. Die deutsche Tricolore rauschte in Seide über dis Waldbäume hin; buntgemalte Scheiben schimmerten in den Türen und Turmfenstern und auf den Rasenflächen vor Veranda, Teich und Rosenbectcn spazierten das dcutsche Reh und d:r brasilianische Amazonenpapagei friedlich nebeneinander, während dicht am Hause — von fremdländischem Gehölz in Giebeln beschattet und inmitten seines Ringes mit einer zartsprühendm Fontäne versehen — ein prachtvolles Vogelhaus aus feinem Netzwerk auf einem Marmorsockel ruht; das Dach im chinesischen Stile war mit reichgcschnitzten Friesen, spitzem Aufsatz und mit Glöckchen geschmückt, bei jedem leisesten Windhauch läuteten sie zart und klangen wie Aeolsharfen. Recht mit Absicht war das Vogelhaus so auffallend angebracht, und der Zweck, von überall her gesehen zu werden, war vollständig erreicht.
Doch nicht jedem der dadurch Angelockten wurde der Anblick gestattet, ein ganz gewöhnlicher, abscheulich kläffender Spitz rief sofort einen der Diener herbei, sobald sich jemand näh-r an das bronzierte Gitter heranwagte, und dann war eine abweisende Miene, eine höflich aber bestimmt ausgesprochene Bitte um Verlassen des Standortes gewiß.
Nur vormittags, in Len Stunden von Zehn bis Zwölf war der kleine scharf dressierte Wächter nicht sichtbar und der alte Baron v. Brunneck konnte, auf den Arm seines Kammerdieners gestützt, seine Morgenpromenadr vom Schloß herüber