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Neuenbürg.
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26.
Der LnztSler.
Anzeiger für das Lnzlal und Umgebung.
Amtsblatt iür Sen OberarnlsbLzirk Neuenbürg.
Neuenbürg, Samstag den 15. Februar 1908.
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Telegramm-Adresse: „Lnzläler, Neuenbürg".
66. Jahrgang.
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Der Reichstag nahm am Dienstag zunächst in dritter Lesung die Brüsseler Zuckerkonvention und den Antrag Bassermann betreffend Herabsetzung der Zuck er st euer gegen die Stimmen des Zentrums und der Sozialdemokraten an. Es folgte die Fortsetzung der zweiten Beratung des Militäretats. Die Debatte konzentrierte sich zumeist in dem Wunsche, daß die Lieferungen für die Militärverwaltung nach Möglichkeit nicht den großen Firmen, sondern den Handwerksmeistern zugewiesen würden. Abg. Erzberger (Z.) wandte sich gegen den von der Militärverwaltung mit dem Verlag Mittler u. Sohn geschloffenen Vertrag, welcher der Firma einen Millionenverdienst sichere. Oberstleutnant Golz erwiderte, daß die Verwaltung nach Ablauf des Vertrages sich auf dem Submissionswege an andere Firmen wenden werde, und bestritt, daß Mittler u. Sohn so viel Vorteil von dem Vertrage gehabt habe, wie Hr. Erzberger angenommen habe. Nach weiterer Erledigung von Einzelheiten war die Beratung des Militäretats beendet. — Am Mittwoch war Schwerinstag. Zunächst wurde der konservative Antrag betreffend die Pensionsversicherung der Privatbeamten einstimmig angenommen. Angenommen wurde ferner der Antrag des Prinzen Schönaich- Carolath (natl.) betreffend Maßnahmen zum Schutze vor Ausschreitungen im Automobilwesen. Staatssekretär Nieberding erklärte namens der Regierung, daß demnächst dem Reichstage ein entsprechender Gesetzentwurf zugehen werde. — Am Donnerstag nahm das Haus die Etatsverhandlungen beim Postetat wieder auf.
In Berlin gab es diesmal die „landwirtschaftliche Woche." Sie wurde am Montag durch den Zusammentritt des deutschen Landwirtschaftsrates eröffnet; am Mittwoch abend fand ein Festmahl für die Mitglieder dieser Körperschaft statt, welchem u. a. der Herzog-Regent Johann Albrecht von Braunschweig und mehrere Vertreter der Reichsregierung und der preußischen Regierung beiwohnten.
Berlin, 14. Februar. Gegenüber Zeitungsmeldungen erklärt die „Nordd. Allg. Ztg.": An maßgebender Stelle ist von einem Plan der Aufhebung der Fahrkartensteuer nichts bekannt. Daß eine Aenderung erwogen wird, ist von den Regierungsvertretern vor einiger Zeit im Reichstag und im preußischen Landtag mitgeteilt worden. Von einer Wiedereinführung der früheren Rückfahrkarten zu ermäßigten Preisen ist gar keine Rede.
Berlin, 13. Febr. Der nationalliberale Abgeordnete v. Schenkend orf hat im preußischen Abgeordnetenhaus folgenden Antrag zur Beratung des Kultusetats eingebracht: Das Haus möge beschließen, die Staatsregierung zu ersuchen, auf die Vermehrung der Pflichtstunden zur Pflege der Leibesübungen in freier Luft, besonders in den städtischen Schulen, Bedacht zu nehmen. Der Antrag ist von über 100 Abgeordneten aller Parteien unterzeichnet worden.
Berlin, 14. Febr. Der vor einiger Zeit ausgesprochene Streik in den Waffen- und Munitionsfabriken ist heute vormittag beendet worden. Die Direktion hat sich bereit erklärt, die Lohnkürzung von 10°/o auf 8°/» herabzusetzen.
Berlin, 14. Febr. In Sachen des Fried- berg'schen Bankkrachs haben die Vernehmungen bestätigt, daß Friedberg und Bohn einer Erpresserbande in die Hände gefallen sind. Bohn hatte ein Verhältnis mit einer früheren Kontoristin Friedbergs namens Seybal, die große Summen von ihm und Friedberg erpreßte. Diese und ihre Mutter bestritten bei ihrer Vernehmung jede Verbindung mit Friedberg und Bohn, wurden aber durch Briefe überführt. Neueren Nachrichten zufolge ist Fried - berg in London ohne alle Geldmittel.
Straßburg, 14. Febr. Auch die Schulbehörde hat jetzt den katholischen Schülern den Besuch
der Gottesdienste des Pfarrers Mansuy in Ars an der Mosel wegen seiner bekannten Kaiserpredigt untersagt.
Zwischen den Streitkräften der beiden marokkanischen Sultane sind nun die Feindseligkeiten im Gange. Die Truppen des Sultans Abdul Asis besetzten die Ortschaft Osemmur und die sie umgebenden Befestigungen, welche bis jetzt die Truppen Mulay Hafids innehatten. Ob letztere hiebei Widerstand geleistet haben, ist noch nicht bekannt. Osemmur liegt an der Westküste Marokkos.
Württemberg.
Stuttgart, 11. Febr. Die Deutsche Partei Groß-Stuttgart hielt gestern abend im Stadtgartensaal bei sehr zahlreicher Beteiligung ihre Jahresversammlung ab. Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten verbreitete sich Reichs- und Landtagsabg. Dr. Hieb er in einer nahezu zweistündigen, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Rede über die politische Lage. Ausgehend von den letzten Reichstagswahlen kennzeichnete er in kurzen Umrissen den seitherigen Stand der Blockpolitik, wobei er betonte, daß auf konservativer Seite das ehrliche Bestreben bestehe, an der Blockpolitik festzuhalten, wenn die Begeisterung für den Block auch nicht gerade sehr groß sei. Die nationalliberale Partei betrachte aus nüchternen politischen Erwägungen heraus die Blockpolitik als eine politische Notwendigkeit, weil das, was nach ihr käme, jedenfalls nichts besseres, wohl etwas schlimmeres wäre. Und von der gleichen Ueberzeugung lasten sich auch die Mitglieder der freisinnigen Partei leiten. In einem Teil der linksliberalen Presse werden der Blockpolitik allerdings Tag für Tag Hindernisse in den Weg geworfen, die Sache werde so dargestellt, als ob mit einem Zusammenbruch der Blockpolitik der Triumph des entschiedenen Liberalismus beginnen müßte. Auch bei uns in Württemberg stehe die kleine demokratische Presse vielfach iin Kamps gegen die leitenden Blätter der Partei. Der ganze Vorgang zeige, daß es auch in den Reihen des sogen, entschiedenen Liberalismus Leute genug gebe, die sich nur äußerst langsam und zäbe in eine neue politische Situation hineinfinden können, während allerdings die geschulten Politiker der freisinnigen Parteien die Notwendigkeit dieser neuen Politik erkannt und auch die logischen Konsequenzen daraus gezogen haben. Daß die Sozialdemokratie auf den Block schlecht zu sprechen sei, sei doch eigentlich selbstverständlich; würde der Block von ihr gelobt, so hätte er sicher eine große Dummheit gemacht. Würde der Block scheitern, so wäre das kein Fortschritt für den Liberalismus, wie einige Radikal-Liberale meinen, sondern lediglich ein Wiedereinrücken des Zentrums in seine frühere Machtstellung, welche an Dauerhaftigkeit die frühere ohne Zweifel übertreffen würde. Mit der Sozialdemokratie sei infolge des Ausfalls der letzten Reichstagswahlen auch das Zentrum zu einer parlamentarischen Einflußlosigkeit verurteilt, obwohl es seinen Mandatsbesitz wahren konnte. Wenn die Sozialdemokratie glaube, daß sie durch Straßendemonstrationen eine Liberalisierung der preußischen Verfassung zuwege bringen könnte, so befinde sie sich stark aus dem Holzwege; das könne der Sache nur abträglich sein. Die Wahlrechtserklärung Bülows sei, namentlich vom süddeutschen Standpunkt aus betrachtet, als ungenügend zu bezeichnen, und die süddeutschen Nationalliberalen werden dieser Ansicht gegebenenfalls auch Ausdruck verleihen. Andererseits müsse abex auch gesagt werden, daß es sich hier in erster Linie um eine preußische Angelegenheit handle; und wenn jetzt auch in Württemberg in einzelnen Städten und Dörfern Resolutionen gegen die Bülowsche Erklärung gefaßt werden, so könne man das nicht anders bezeichnen, als ein außerordentlich überflüssiges Unternehmen, das in Preußen nur ein nicht näher zu bezeichnendes
Lächeln Hervorrufen werde. Nachdem Rechtsanwalt Wölz noch die Uebereinstimmung der Jungliberalen mit den Hieberschen Ausführungen zum Ausdruck gebracht, wurde die Versammlung geschloffen.
Stuttgart, 14. Febr. Anläßlich des Todes des Gemeinderats Kloß sei bemerkt, daß nicht, wie vielfach angenommen wird, derjenige Kandidat des sozialdemokratischen Stimmzettels, der bei der Proporzwahl am 31. Dezember die nächsthöchste Stimmenzahl erhielt, in den Gemeinderat eintritt, sondern vielmehr, da Kloß nicht nach dem Proporz gewählt worden ist, der Sitz bis zur nächsten Gemeinderats- wahl frei bleiben wird.
Der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Seeger von Nürtingen hat, nachdem die Legitimationskommisston der Abgeordnetenkammer mit großer Mehrheit sein Mandat für ungültig erklärt hatte, dasselbe nunmehr freiwillig niedergelegt. Bei der letzten Wahl hatten im ersten Wahlgang Seeger 2041, Raible (D. P.) 597, Lang (B.) 1702 und Sturm (Vp.) 984 Stimmen; im 2. Wahlgang waren Seeger und Lang nur wenige Stimmen von einander.
Tübingen, 13. Febr. (Schwurgericht.) Strafsache gegen den 28jähr. verheirateten Goldarbeiter Johann Kirchherr von Oberkollbach wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Köperverletzung mit nachgefolgtem Tod. Am Thomasfeiertag abends kam es in der Löwenwirtschaft zu Tätlichkeiten, in deren Verlauf der Angeklagte' dem Holzhauer Joh. Krauß von Würzbach mit einem Backscheit 2 Streiche auf den Kopf versetzte, auch der Angeklagte wurde schwer mißhandelt. Auf dem Heimwege eilte dem Angeklagten der 26jähr. Taglöhner Jakob Krauß von Würzbach mit einem armdicken Prügel nach, der Angeklagte rief ihm zu, er solle ihn gehen lassen, Krauß aber stürzte auf ihn los, der Ange- geklagte entriß dem Krauß den Prügel und führte mit beiden Händen einen so wuchtigen Streich gegen die linke Kovfseite des Krauß, daß dieser bewußtlos zusammensank, alsdann sprang der Angeklagte davon. Am andern Morgen wurde Krauß aufgefunden, er starb bald an den Folgen der Zertrümmerung des linken Schläfenbeins. Der Angeklagte machte Notwehr geltend; er verbüßt zur Zeit wegen Körperverletzung eine zweimonatliche Gefängnisstrafe, er ist überdies wegen Körperverletzung schon bedeutend vorbestraft. Nicht mit dem Prügel des Krauß, sondern mit seinem eigenen Hakenstock will der Angeklagte den Streich aber nur zur Abwehr geführt haben. Nachdem die Geschworenen die Frage auf Körperverletzung mit mildernden Umständen bejaht hatten, wurde der Angeklagte unter Einrechnung obiger Strafe zu 3sts Monate Gefängnis verurteilt. Oberstaatsanwalt Dr. Cleß vertrat die Staatsbehörde, Rechtsanwalt Dr. Knödel von Nagold war Verteidiger und Kaufmann Votteler-Reutlingen Obmann der Geschworenen.
Tübingen, 14. Februar. Vor dem Schwurgericht standen gestern der Holzhauer Wacker von Schwarzenberg und seine Tochter Rosine wegen Blutschande und Kindsmords. Die beiden haben das am 5. Dezember v. I. geborene Knäbchen, um den blutschänderischen Verkehr zu verdecken, sogleich nach der Geburt getötet und die Leiche im Garten verscharrt. Der Vater wurde mit 3Jahren, die Tochter mit 2 Jahren Zuchthaus bestraft.
Slus ^laSt» Bezirk uns Umgebung
Neuenbürg. (Einges.) Den mancherlei Unterhaltungsgelegenheiten in unserer Stadt soll sich in nächster Zeit auch eine solche des hiesigen Kirchenchors anreihen, der für Sonntag abend, den 23. ds. Mts., eine Vorführung von Lichtbildern über das biblische, das heutige und das himmlische Jerusalem in Aussicht genommen hat. Die betreffenden Bilder, nach Meisterwerken der christlichen Kunst ausgeführt und von Hrn. Stadtpfarrer Lauxmann in Zuffenhausen für einen Lichtbilderabend in seiner