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Reuenbürg, Samstag den 21. Dezember 1907

OS. Jahrgang.

MNNSZchKU

Der Reichstag hat am 13. ds. seine Weih­nachtsferien begonnen und wird seine Beratungen erst am 8. Januar wiederaufnehmen. Viel ist es nicht, was in der kurzen Reichstagssession geleistet wurde: das Vereinsgesetz ist noch bei der Kommission und bildet mit seiner Sprachenfrage einen gefährlichen Eckstein für die Blockpolitik; auch das Börsengesetz samt dem ganzen Etat harren noch ihrer Erledigung in den Ausschüssen. Besonders gespannt kann man immer noch darauf sein, wie die Steuersrage gelöst wird, da der frisch geleimte Block andauernd einen liefen Zwiespalt aus diesem Gebiete insofern aufweist, als die Konservativen auf ihrer Gegnerschaft gegen alle direkten Steuern beharren und der linke Flügel des Blocks einer Finanzreform ohne Vermehrung der direkten Steuern andauernd abgeneigt scheint. Man wird sich wohl mit Kompromissen helfen.

Der in dieser Woche abgestattete und sie voll­ständig ausfüllende Besuch des Prinzen Ludwig von Bayern am deutschen Kaiserhofe muß als ein Ereignis verzeichnet werden, das erneut das bestehende intime Einvernehmen zwischen den Höfen von Berlin und München widerspiegelt. Das dies­malige Erscheinen des bayerischen Thronfolgers in Berlin ist bekanntlich aus einem rein familiären Anlasse erfolgt, der Prinz vertritt seinen erlauchten Vater, den Prinzregenten Luitpold, in dessen Eigen­schaft als Pate des jüngstgeborenen Sobnes des deutschen kronprinzlichen Paares bei der auf den 21. Dezember festgesetzten feierlichen Taufe des jüngsten Hohenzollernsprossen. Zeitlich fällt indessen der Berliner Besuch des Prinzen Ludwig mit der noch nicht beigelegten Krisis im Flottenvereine zu­sammen, wie sie sich namentlich im Rücktritte des ältesten Sohnes des Prinzen, des Prinzen Rupprecht, vom Protektorat über den bayerischen Landesverband des Flottenvereines zeigt. Man darf vielleicht an­nehmen, daß die jetzige Begegnung des Prinzen Ludwig mit dem Kaiser mit das ihrige zur Beseitig­ung der leidigen Flottenvereinsangelegenheit bei­tragen wird.

Berlin, 16. Dez. Reichskanzler Fürst Bülow hat an die deutschen Bundesregierungen ein Schreiben gerichtet, welches sich auf die Anwendung des Zeugniszwanges bezieht. Seit langem wird von der deutschen Presse Klage darüber geführt, daß die Gerichte gegen Journalisten, die als Zeugen auf- treten, die Zwangshaft verhängen, um sie zur Preisgebung des journalistischen Berufsgeheimnisses zu nötigen, was bisher in keinem Fall gelungen ist. Fürst Bülow ersucht nun die deutschen Regierungen, bei den Gerichten darauf hinzuwirken, daß sie von ihrer Befugnis zur Verhängung der Zwangs­haft nur da Gebrauch machen, wo es nach den Umständen unerläßlich erscheint, und die Staats­anwälte anzuweisen, bei der Stellung von Anträgen auf Anordnung der Zwangshast Zurückhaltung zu üben. Der Reichskanzler teilt gleichzeitg mit, daß er in den Entwurf eines neuen Strafprozeßgesehes, der dem Bundesrat demnächst zugehen wird, Be­stimmungen hat aufnehmen lassen, welche eine gesetz­liche Abhilfe für die Uebelstände auf diesem Gebiet schaffen sollen.

Die Beisetzung der Königin-Witwe Karola fand in Gegenwart» des Königs Friedrich August, der Mitglieder des kgl. Hauses und vieler fürstlicher Trauergäste statt. Unter den Fürstlichkeiten sind u. a. zu nennen Prinz Friedrich Leopold von Preußen als Vertreter des deutschen Kaisers, Erzherzog Karl von Oesterreich, Prinz Leopold von Bayern, die Großherzöge von Baden, von Mecklenburg-Schwerin und von Sachsen-Weimar.

In Stockholm fand am Donnerstag die feier­liche Beisetzung König Oskars .m Beisein zahl­reicher Fürstlichkeiten statt.

Wien. 20. Dez. Aus Teheran kommt die Meldung, daß der Schah von Persien entthront worden ist.

London, 20. Dezbr. In einer in Berwick gehaltenen Rede berührte »der Staatssekretär des Auswärtigen Sir Edward Grey den Besuch des Deutschen Kaisers und sagte: Mehr als die Hälfte aller diplomatischen Schwierigkeiten werden verschwinden, wenn Deutschland und England gegen­seitig zu der Ueberzeugung gelangt sind, daß nicht einer dem anderen übel woÜe.

Vor der Strafkammer in Berlin nahm am Donnerstag der Prozeß Harden seinen Fort­gang. Pünktlich 9sts Uhr wurde die Sitzung er­öffnet. Harden erklärte auf Befragen, er hoffe, der Verhandlung folgen zu können. Justizrat Kleinholz sucht auf Grund längerer juristischer Ausführungen die Zuständigkeit des Gerichtshofes zu bezweifeln, während Oberstaatsanwalt Jsenbiel die Cinwände der Verteidigung zu entkräften sucht. Es kommt darauf zu einer mehrstündigen Replik zwischen Ver­teidigung und Staatsanwalt, wobei sich der Verteidiger Moltkes auch dem Standpunkt des Staatsanwalts anschließt. Es wird nun zur Vernehmung des An­geklagten Harden geschritten und zur Verlesung der inkriminierten Artikel, die über eine Stunde in An­spruch nimmt. Harden erklärt, er habe diese Artikel geschrieben, weil er glaubte, dem Vaterlande nützen zu können. Er habe nicht im Entferntesten daran gedacht, den Nebenkläger zu beleidigen und habe bis heute die innerste Ueberzeugung, daß er ihn nicht beleidigt habe. Homosexualität habe er ihm nicht untergeschoben. Der Begriff eines Kreises sei ihm erst durch die Klageschrift imputiert worden. Er habe nur das WortTafelrunde" undGrüppchen" gebraucht, als welche er Eulenburg, Moltke und Lecomte wohl hätte bezeichnen können. Es gebe eine ganze Reihe von Menschen und er selbst gehöre auch zu ihnen, die das politische Wirken des Fürsten Eulenburg für unheilvoll gehalten hätten und er habe sich bemüht, ihn zu beseitigen, er habe die Ueber­zeugung, daß Graf Moltke niemals aktiv homosexuell gewesen sei. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er nicht wenigstens den Fürsten Eulenburg für homo­sexuell erklärt habe, erwiderte Harden, dies nicht leugnen zu wollen. Es sei ihm aber nicht eine einzige Person bekannt, die während des Erscheinens seiner Artikel die Auffassung gehabt hätte, als sei Graf Moltke homosexuell, er denke gar nicht daran, den Beweis der Perversität des Grafen Moltke an­zutreten. Er lege sein Geschick in die Hände des Gerichtshofes. Freitag vormittag begann sehr ruhig die Zeugenvernehmung mit dem Aufruf des Kloster- probstes und Oberstleutnants Otto von Moltke, der bekanntlich im Frühjahr im Auftrag des Grafen Kuno Moltke die Verhandlung mit Harden geführt hat. Der Zeuge stellt auf seinen Eid hin fest, daß Graf Kuno von Moltke in der Zeit, wo sie sich kannten, bei seinen Kameraden nicht allein, sondern auch bei seinen Untergebenen sich einer großen Be­liebtheit und Hochachtung erfreute, die begründet war auf dem allgemeinen Gefühl, daß man es mit einem pflichttreuen, tüchtigen und ehrenwerten Offizier zu tun hatte. Die Vernehmung des Fürsten Eulenburg unter völligem Ausschluß der Oeffentlichkeit zog sich mit einer kurzen Unterbrechung von etwa einer Viertel­stunde bis nach 3 Uhr hin, dauerte also etwa drei Stunden. Nachdem noch hinter verschlossenen Türen Frau v. Elbe und Kuno Moltke vernommen worden sind, wurde kurz vor 5 Uhr die Weiteroer­handlung auf Samstag vormittag 10 Uhr vertagt.

Eine menschenfreundliche und mit Freuden zu begrüßende Verfügung hat das hessische Schul­ministerium dieser Tage erlassen. Da nämlich schlechte Zensuren nicht nur den Schülern, son­dern auch den Eltern die Weihnachtsfreude gründlich verderben, hat die Schulbehörde verfügt, daß die an den höheren Lehranstalten üblichen Zeugnisse erst zu >

Beginn des Unterrichts im Monat Januar ausge­geben werden sollen.

Volksfeste in der Schweiz. DieN. Zü­richer Ztg." schreibt darüber: Einen lehrreichen und schmerzlichen Beitrag zur Festseuche in der Schweiz liefert folgende Statistik. Im Jahre 1906 fanden in der Waadt folgende Lustbarkeiten statt: Im ganzen 1044 Feste, davon 44 lokale Schützenfeste, 48 Zunftfeste, 40 Kirchweihen und Jahrmärkte, 23 Jugendfeste, 4 Waldfeste, 4 Hirtenfeste, 229 Soi­reen, 449 öffentliche Bälle, 163 Feste allgemeinen Charakters, 4 Schlittenweltfahrten, 2 Pferderennen, 2 internationale Feste (Simploneinweihung. Schwing­fest), 1 kantonales Schützenfest usw. Nimmt man die Waadt als Maßstab, so hätten wir in der Schweiz etwa 10 000 Feste im Jahr! Als Mittel zur Abhilfe diesen unhaltbaren Zuständen gegenüber wird das Zusammenlegen der Feste in einer Gegend und ihre Verlegung auf patriotische Gedenktage, kirchliche und weltliche Festtage vorgeschlagen. Zen­tralisation ist auch hier die Losung.

Württemberg.

Die in unserer kürzlichen Mitteilung besprochene Aenderung der Fernsprechgebühren hat die öffentliche Meinung nun auch in weiteren Kreisen mobil gemacht. Allgemein ertönt ein lebhafter Widerspruch gegen den Fiskalismus, der durch diese sogen. Reform recht unverblümt zum Ausdruck kommt. Die Bedenken gehen ausnahmslos dahin, daß das zur Zeit populärste Verkehrsmittel nur unbeliebt und daß dadurch der angestrebte finanzielle Erfolg, wenn nicht ganz, so doch in der Hauptsache illu­sorisch wird.

Stuttgart, 18. Dezbr. Wie derStaats­anzeiger" erfährt, ist die württembergische Eisenbahn­verwaltung der in diesen Tagen auf den preussisch- hessischen Bahnen und den Reichseisenbahnen ein­geführten Tarifermäßigung beigetreten, nach welcher zunächst bis 31. Dez. 1909 sämtliche Sendungen von Steinkohlen, Steinkohlenbriketts und Steinkohlen­koks zu den Sätzen des Rohstofftarifs zu befördern sind. Da die noch billigeren Ausnahmetarife bezw. die für den Bezug von Kohlen von deutschen Zechen wie von den in Betracht kommenden Umschlagplätzen schon heute ermäßigte Frachtsätze zur Verfügung stehen, wird die Maßnahme den württ. Interessenten nur mittelbar zu gute kommen, insofern sie durch Erleichterung der Einfuhr die allgemeine Kohlen­knappheit zu mildern geeignet ist.

Stuttgart, 19. Dez. Die diesjährige Möbel­messe in der Gewerbehalle, die am Mittwoch ihren Anfang nahm, steht im Zeichen des Streiks, Sechsundsechzig Möbelgeschäfte und Schreinermeister von Stuttgart und Zuffenhausen haben beschlossen, die Möbelmesse nicht mehr zu beschicken. Die Zu­fuhr ist daher schwach. Während der ersten Markt­stunden setzten sich die Käufer hauptsächlich aus auswärtigen Wiederverkäufern zusammen.

Stuttgart, 16. Dez. An der K. Technischen Hochschule in Stuttgart befinden sich im laufenden Winterhalbjahr 892 Studierende, darunter 2 weib­liche. 653 sind Württemberger. Von den nicht deutschen Studenten sind die Schweizer mit 26 am stärksten vertreten. Von denen 892 Studierenden widmen sich 256 der Architektur (davon 166 Württemberger); dem Maschineningenieurwesen 232 (162 Württem­berger); dem Bauingenieurwesen 204 (173 Württem­berger) u. s. f. Als Hospitanten sind bis jetzt 420 Personen angemeldet.

Stuttgart, 19. Dez. Bei der gestern in der Gegend von Korntal, Ditzingen, Gerlingen und Weil­imdorf abgehaltenen Hofjagd beteiligten sich 24 Schützen, von denen 708 Hasen zur Strecke ge­bracht wurden. Das ist eine Ziffer, die selbst für jene an Hasen reiche Gegend einen Rekord bedeutet.

Ulm, 19. Dezbr. Der Zahntechniker Hugo Schirmer hier hat in Bekanntmachungen und Mit-