Run-schau.

Berlin, 18. Dez. Nach einer Meldung aus Leipzig hat der dortige Bauarbeitgeberverband den Bauarbeiterorganisationen, die 8000 Personen zählen, den bestehenden Tarifvertrag gekündigt. Der vom Deutschen Arbeitgeberbund ausgearbeitete neue Tarif enthält weder Lohnerhöhungen noch Verkürzung der Arbeitszeit. Er dürfte das Signal zu einem allgemeinen Lohnkampf im Baugewerbe für ganz Deutschland sein.

Von Vertretern aus dem Kriegsministerium in Berlin wurde ein Freibahnzug vorgeführt. Der ohne Gleise fahrende Zug bestand, wie dieFranks. Zeitung" meldet, aus einem Tender mit zwei Mo­toren und sechs Anhängewagen, die mit Sandsäcken gefüllt waren. Er fuhr von Tegel nach Westend, Pichelsbergs, Schildhorn und nach dem Kaiser Wil­helmsturm, wo er den sogenannten Kilometerberg unter Beisein des Generalinspekteurs der Verkehrs­truppen, Generalmajor Frhrn. v. Lyncker, gut über­wand. Frhr. v. Lyncker lobte die guten Leistungen und versprach dieses Beförderungsmittel im Kriegs­ministerium zu empfehlen.

Ein raffinierter Juwelendiebstahl ist gestern in dem Geschäft des Hofjuweliers Louis Werner in Berlin verübt worden. Beim Auf­räumen des Lagers machte der Geschäftsinhaber die unangenehme Entdeckung, daß ein echtes Perlenkollier im Wert von 24000 Mk. mit einem unechten ver­tauscht worden war. Der Verdacht der Täterschaft lenkt sich auf eine Dame, die es verstanden haben muß, in einem unbewachten Augenblick den Umtausch vorzunehmen. Man nimmt an, daß sie im Komplott miit mehreren anderen angeblichen Käufern gestanden hat, die zur selben Zeit im Geschäft waren und durch Vorlegen von Schmucksachen das Geschäftspersonal beschäftigten. Bisher hat man von den raffinierten Dieben noch keine Spur gefunden.

Aus Berlin berichtet die Frkf. Ztg.: Ein Perlencollier im Wert von 24000 Mk. wurde am Montag dem Hofjuwelier Werner in der Friedrich­straße von einer Gaunerin entwendet. Die etwa 30jährige Dame bat, sich einige Colliers ansehen zu dürfen und ließ sich verschiedene vorlegen. Da ihr aber angeblich alle nicht zusagten, verließ sie, ohne etwas gekauft zu haben, das Geschäft. Erst später entdeckte man, daß sie ein echtes Perlencollier ent­wendet und anstatt dessen eine unechte Perlenkette zurückgelassen hatte. Die Strafkammer in Lüne­burg verurteilte den 16jährigen Schiffsjungen Müller aus Sebnitz in Sachsen wegen Totschlags­versuchs zu zwei Jahren Gefängnis. Müller ver­suchte vor einigen Wochen auf einem Elbkahn bei Hitzacker seinen Schiffer während des Schlafes durch Beilhiebe zu töten, um sich dessen Barschaft zu be­mächtigen. In Erfurt ist das Samenlager der bekannten Blumenfirma I. C. Schmidt durch Großfeuer vollständig zerstört worden. Vorräte und Maschinen im Wert von über 200000 Mk. wurden vernichtet. Unter dem dringenden Verdacht der Brandstiftung wollte man den Gärtnergehilfen Weither festnehmen. Er gab jedoch auf einen

Das Schloß;rr Kaden-Kaden.

Historische Erzählung von Eugen Simson.

9) - (Nachdruck verboten.)

Das Schloß Neueberstein bot jetzt keine Sicher­heit mehr da. Die Markgräfin entschloß sich daher nach Forbach zu gehen, und im schlimmsten Falle eine Freistätte im benachbarten Württemberg zu suchen. Hartmud erbat sich die Erlaubnis, für die Frauen im Jägerhause zu Müllenbach sorgen zu dürfen, was die Fürstin mit Wohlwollen gewährte. Cr fand sie geängstigt von mancherlei Gerüchten, die zu ihren Ohren gedrungen waren, und jetzt von dem Kavalier großenteils bestätigt wurden. Die Gesund­heit der Frau von Sparre war sehr angegriffen, doch gab die Gefahr ihr neue Kräfte. Es war je­doch nicht daranf zu rechnen, in Forbach ein Unter­kommen zu finden, denn alle Hütten des Dorfes wimmelten von Ausgewanderten. Der Weg nach der Herrenwiese schien zu beschwerlich, und die ein­zelnen Holzhauerwohnungen im Gebirge bestanden gewöhnlich nur aus einer Stube und Kammer, in welche die Bewohner zusammengedrängt waren. Während er sich über einen schicklichen Ort besann, kehrte der Förster heim und brachte die Nachricht: die Franzosen hätten am vorigen Abend das Kloster Lichtental abbrennen wollen, seien aber sogleich ab­gestanden von ihrem Vorhaben, als sie Kirche, Kloster und Mauern abgedeckt gesehen.Dieser Rat", setzte er hinzu,soll den Nonnen von einem vornehmen französischen Offizier insgeheim erteilt worden sein."

Schutzmann, der ihn ergreifen wollte, einen Revolver­schuß ab und vermochte sich der Verhaftung durch die Flucht zu entziehen.

Köln, 16. Dez. Ueber einen ruchlosen Mord- an fall, der heute früh auf einen Geldbriefträger verübt wurde, berichtet dieKöln. Ztg.": Das Verbrechen war, wie aus den Einzelheiten des Vor­falls hervorgeht, von langer Hand vorbereitet. Ein unbekannter Mann mietete Ende voriger Woche unter Angabe eines falschen Namens in dem ge­nannten Hause einen leerstehenden Laden, angeblich, um dort eine Weihnachtsausstellung zu veranstalten. Das Schaufenster war mit grünen Vorhängen ver­deckt und im Laden fand man nur eine kleine Kiste mit Christbaumschmuck vor. Der Täter, ein etwa 26jähriger schmächtiger Mann, hatte sich selbst eine Postanweisung, von Frauenhand geschrieben, auf den Namen Schneider und auf den Betrag von 8.50 Mark lautend, aus der Gegend von Düsseldorf zu­gehen lassen, die ihm der Geldbriefträger Abel heute früh aushändigen wollte. Als der Beamte den Laden betrat und nach dem Adressaten fragte, be­merkte ihm der Anwesende, daß der Empfänger sein Schwager sei, der erst in etwa 10 Minuten erschei­nen werde. Der Beamte besorgte inzwischen einige andere Bestellungen. Als er zurückkehrte, deutete der Mann auf das Hinterzimmer, an dem ein Pla­kat mit der Bezeichnung Bureau angebracht war, hin, in dem angeblich der Adressat sich aufhalten sollte, der in Wirklichkeit aber gar nicht vorhanden war. Als der Beamte die Tür öffnete, erhielt er von dem Mann von hinten mit einem schweren eisernen Gegenstand einen wuchtigen Schlag über den Kopf, dem noch einige weitere Schläge folgten, so daß er zur Erde fiel. Nunmehr machte der Täter, der die Ladentür inzwischen verschlossen hatte, Miene, den Briefträger vollends zu erdrosseln, indem er sich auf ihn kniete. Der Beamte, ein großer starker Mann, nahm jedoch alle seine Kräfte zu­sammen und verteidigte sich derart, daß es ihm schließlich gelang, den Täter soweit zu überwältigen, daß er auf ihn zu liegen kam. Inzwischen hatte man die fortgesetzten Hilferufe des Beamten gehört. Der in einem oberen Stockwerk des Hauses ar­beitende Schneider Dietrich eilte herbei, drang, nach­dem er eine Fensterscheibe eingeschlagen hatte, mit einem Besenstiel bewaffnet, in das Lokal ein und machte den sich noch immer hartnäckig wehrenden Räuber unter Mithilfe eines hinzugekommenen Schutzmanns vollends unschädlich. Der schwerver­letzte Geldbriefträger wurde in ein Nebenhaus ge­bracht und verbunden, der Täter in Hast genommen. Bei ihm fand man keinerlei Papiere vor, aus Grund deren man irgendwelche Schlüsse auf seine Person ziehen könnte. Nur eine Eisenbahnfahrkarte nach Brüssel wurde gefunden, mit der der Täter ver­mutlich versucht hätte, sich in Sicherheit zu bringen, wenn sein Vorhaben gelungen wäre. Im übrigen verweigerte der Mann jede Auskunft über seine Person. Der Geldbriefträger hatte Wertbriefe im Betrage von etwa 9500 Mk. und 500 Mk. in bar in seiner Tasche.

Frankfurt a. M., 18. Dez. Ein spanischer

Der Kavalier beschloß sogleich, sich über dieses Gerücht Bestätigung zu verschaffen, indem, wenn die Sache sich nicht so verhielte, das Kloster Lichtental den Damen die bequemste und sicherste Zuflucht ge­währen mußte. Er schrieb sogleich einen Brief an die Aebtissin, worin er sie bat, ihm die gewünschte Auskunft zu geben und falls keine Gefahr mehr zu befürchten sei, drei Damen aufzunehmen, welche sich der Gewogenheit und des Schutzes der Mark­gräfin zu erfreuen hätten.

Man mußte nun einen zuverlässigen Boten finden. Die Wahl fiel auf einen bejahrten Besen­binder, der in Müllenbach wohnte und das Kloster wöchentlich mit den Produkten feiner Kunst versah.

Martin war unter den gegenwärtigen Umständen zu einem solchen Geschäft trefflich geeignet; er besaß jene Gleichgültigkeit gegen Gefahren, die mit sehr beschränkten Geistesfähigkeiten häufig verbunden zu sein pflegt, gehorchte, wenn er glaubte, gehorchen zu müssen, ohne je darüber nachzudenken, dabei stam­melte er und seine Sprache bestand mehr in unar­tikulierten Tönen als in Worten, so daß nur wenig Menschen ihn verstanden. In der Hand trug Martin gewöhnlich einen Rosenkranz, dessen Kügelchen er mit seinen Lippen zugleich in Bewegung setzte, so oft ihm jemand begegnete, von dessen christlichem Sinn eine milde Gabe zu erwarten stand. Indessen flehte er nie darum, sondern begrüßte bloß den ? Vorübergehenden mit einem Bückling, den ein grin- ! sendes Lächeln begleitete. Jeden Auftrag besorgte er genau, sobald nur der Gegenstand seine wenigen

Juwelenschwindler, der 44jährige Antonio B. Sergara Fernande;, wurde gestern von der hiesigen Strafkammer zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Begleiterin, eine junge Französin, wurde freigesprochen. Fernande; hatte vor vier Wochen zwei Frankfurter Juwelenhändler um Schmucksachen im Werte von zehntausend Mark betrogen.

Karlsruhe, 17. Dez. Die Strafkammer II hatte sich heute nach einer längeren Pause wieder einmal mit einem größeren Psorzheimer Gold- schnipfeleiprozesse zu befassen. Auf der Anklage­bank standen sieben Personen, der Fabrikant Christian Schlegel ans Brötzingen der Hehlerei, Goldarbeiter Karl Kalmbacher aus Pforzheim und Mechaniker Wilhelm Dietz aus Engelsbrand der Hehlerei und des Diebstahls angeschuldigt, der Goldarbeiter Wilh. Kuhn aus Obernhausen, der Goldarbeiter Heinrich Häffner aus Hohenwarth, der Goldarbeiter Daniel Böhringer aus Nöttingen und der Bijoutier Jakob Friedr. Mößner aus Brötzingen, angeklagt wegen Diebstahls. Die Anklage legte den Angeschuldigten Schlegel, Kalmbacher und Dietz zur Last, daß sie gewerbs- und gewohnheitsmäßig Hehlerei betrieben haben, indem sie in Pforzheim und zwar Schlegel in den letzten fünf Jahren gestohlenes und gehehltes Edelmetall in allen möglichen Formen im Werte von mindestens 18 500 Mk. in Kenntnis der straf­baren Herkunft desselben von einer Reihe von Dieben, u. a. von den Mitangeklagten Kalmbacher, Dietz und Kuhn sich zutragen ließ, denen er jeweils nur etwa die Hälfte des wirklichen Wertes des Edelmetalls bezahlte; Kalmbacher in den letzten fünf Jahren gestohlenes Edelmetall in nicht mehr feststellbarem Gesamtwerte, das er zum Zwecke des Weiterverkaufs von verschiedenen Dieben, u. a. von Häffner, Böh­ringer und Mößner bekommen hatte, an Schlegel um den halben Wert verkaufte, wofür er von den Dieben teils in Geld, teils in Naturalien entlohnt wurde und von Schlegel kleinere Geldbeträge erhielt; Dietz in der Zeit von Ende 1904 bis etwa März 1906 Edelmetall von nicht mehr feststellbarem Werte, das Kuhn seinem Arbeitgeber, der Firma Wilhelm Stoekle in Pforzheim entwendet hatte, im Aufträge des Kuhn dem Schlegel verkaufte, wofür ihm Kuhn in der Regel 2 Mk. für die jeweilige Verkaufsver­mittelung bezahlte. In der heutigen Verhandlung suchten die Angeschuldigten ihrer Handlungsweise eine harmlose Darstellung zu geben. Der Haupt­angeklagte Schlegel bemühte sich ganz besonders, die ihm zur Last gelegte Tat in möglichst günstigem Lichte erscheinen zu lassen. Er verwickelte sich dabei in erhebliche Widersprüche mit seinem in der Vor­untersuchung abgelegten Geständnisse und mit seinen Angaben, die er über die anderen Angeklagten ge­macht hatte. Infolge der dadurch notwendigen akten­mäßigen Feststellungen zog sich das Verhör der Angefchuldigten ungeheuer in die Länge. Die ganze Verhandlung währte bis gegen 9 Uhr nachts. Das Gericht sprach sämtliche Angeklagte schuldig und ver­urteilte Schlegel zu 3 Jahren und 5 Monaten Zucht­haus, 5 Jahren Ehrverlust und zur Stellung unter Polizeiaufsicht, Dietz zu einem Jahr 3 Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust, Kuhn zu

Begriffe nicht überstieg, keine körperlichen Anstrengungen erforderte und eine Belohnung zu erwarten war.

Er trug daher nicht das mindeste Bedenken, den Brief an die Aebtissin zu besorgen, den er wie ein Stück Brot in die Tasche seines Zwillichkittels steckte, den einzigen Teil desselben, der nicht auf­fallend an die Gebrechlichkeit menschlicher Dinge erinnerte. Hierauf nahm er seinen mit Besen be­ladenen Rückenkorb auf die Schulter und wanderte so unbekümmert nach dem Kloster, als wenn keine Franzosen in der Welt wären. Als er in den Hof trat, fiel es ihm auf, daß die Dächer keine Ziegel mehr hatten und das Lattenwerk unbedeckt war. Indes hielt er sich nicht lange damit auf, dem Grunde dieser Erscheinung nachzuforschen, sondern nahm den Weg nach dem wohlbekannten Stüblein neben der Pforte, wo eine gutmütige Schwester seine Ware in Empfang zu nehmen und für seine leibliche Erquickung zu sorgen pflegte. Sein Geist war so glücklich keiner Nahrung zu bedürfen. Die Aebtissin beantwortete das Schreiben des Kavaliers auf der Stelle und seinen Wünschen gemäß. Hartmud und die Damen trafen nach der Rückkehr Martins als­bald die nötigen Anstalten zur Abreise. Sie ver­ließen Müllenbach im Schutze der nächtlichen Dunkel­heit. Hartmud hatte sechs bewaffnete Burschen, auf die er sich verlassen konnte, zum Rekognoszieren vorausgeschickt, zwei andere begleiteten ihn und die Frauen, deren Gepäck sie trugen. Er nahm seinen Weg auf den waldigen Heiden am linken Ufer des Oosbachs und von da über Seelach und den Buß-