auch jetzt noch keine Ruhe haben, wenn er erfährt, daß die Post außer 10 Pfg. für die Anweisung 5 Pfg. Zustellgebühr verlangte und der Kellner so­mit nur 1 Pfg. ausbezahlt erhielt, also noch immer um 5 Pfg. zu kurz gekommen ist.

Kesseldorf, 3. Dez. Daß nicht lachen, bitte! der Aberglaube manchmal auch sein Gutes haben kann, zeigt nachstehender Vorfall, welcher sich Ende letzter Woche hier zugetragen hat. Einem hiesigen Manne waren schon mehrere Male Geld­beträge aus unerklärliche Weise abhanden gekommen, so zweimal je 10 Mk. Als ihm letzte Woche aber­mals 25 Mk. gestohlen wurden und er sich Bekannten gegenüber über diese fortgesetzten Diebstähle beklagte, meinte einer, er solle doch nach Straßburg zu einer Wahrsagerin gehen; diese kenne den Dieb und würde ihn zwingen, das Geld wieder zurückzubringen. Der Bestohlene beschloß, den Rat zu befolgen, kam aber gar nicht dazu, die Wahrsagerin befragen zu können; denn in der folgenden Nacht wurden ihm die zuletzt gestohlenen 25 Mk. auf das Fensterbrett gelegt. Die vorher schon gestohlenen Summen hatte der Lang­finger wohl schon verbraucht, sonst hätte er sie in seiner Angst vor der Wahrsagerin ohne Zweifel auch zurückerstattet.

Nach einem alten württembergischen Verbrecheraberglauben waren noch bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts die unverbesser­lichen Verbrecher der Meinung, daß wenn sie bis am 90. Tag nach der Tat leugneten, sie ihre Frei­lassung zu erhoffen hätten. Nach diesem Termin erst verzweifelten sie an ihrer Sache und bequemten sich gewöhnlich zum Geständnis.

Zeitungsporto in der guten alten Zeit. Vor ungefähr 60 Jahren, als dieAllgemeine Zei­tung noch das führende Blatt in Deutschland war und noch von Cotta-Stuttgart verlegt wurde, kostete ein Jahresabonnement in Palermo nicht weniger als 287 Gulden 30 Kreuzer, während sie bei der Ex­pedition bezogen 14 Gulden 15 Kreuzer kostete. Das Porto nach Palermo betrug also im Jahre die Kleinigkeit von 273 Gulden 15 Kreuzer. Glücklicher Thurn und Taxis, der in jenen Zeiten die Taxe in seinem Namen fühlbar zu Ehren zu bringen wußte.

Eine Operette, die 3600mal hinter­einander aufgeführt worden ist. Kennen Sie den Prinzen von Filsen? Nein? Sie werden ihn bald kennen lernen, denn dieser Prinz, der eine Operette ist, wird bald aus seiner Heimat, Nord­amerika, nach Frankreich wandern und dann wird es natürlich nicht mehr lange dauern, bis wir ihn auch in Deutschland begrüßen können. Die Ameri­kaner hören sich ihn seit dem September 1902 täg­lich ohne Unterbrechung an; da er immer in zwei Theatern zu gleicher Zeit gespielt wird, hat er bis­her rund 3600 Aufführungen erlebt! Wenn das unsereLustige Witwe" erfährt, wird sie sich wohl bald in eine traurige Witwe umwandeln!

Mark Twains Kur. In dem jüngsten Ka­pitel seiner in derNorth American Review" er­scheinenden Biographie verrät Mark Twain ein Vor­gänger, aber das Leitseil weiß er zu handhaben. Außerdem müßt' ich keinen zweiten aufzufinden."

Der Invalide ließ sich den Antrag, der durch eine Flasche Wein unterstützt wurde, gerne gefallen; die Gesellschaft wollte eben aufbrechen, als drei französische Husaren in den Hof jagten. Es war ein Offizier mit zwei Gemeinen.

Der Offizier sprang vom Pferde und trat mit großer Hast in das Zimmer. Frau v. Sparre starrte ihn an. Er war ein Mann von vier- bis sechsund­zwanzig Jahren, von gedrungenem Körperbau; sein rotes Gesicht mit Sommersprossen bedeckt und sein kleines, aber blitzendes Auge kündigte Verschlagenheit an und Härte. Er machte eine leichte Verbeugung gegen Frau von Sparre und sagte:Ich bin Ihnen wohl eine unwillkommene Erscheinung, gnädige Frau?"

Herr Flersheim" dies war alles, was die Dame Hervorbringen konnte. Ueberraschung und eine schlimme Ahnung brachten sie einen Augenblick außer Fassung.

Ich komme, um das Testament meines Groß­vaters zu fordern, welches sie in Händen haben."

Der verstorbene Marschall von Flersheim legte es bei meinem Manne nieder und nach seinem Tode vertraute er die Urkunde mir an."

Sie haben kein Recht darauf und ich verlange es als rechtmäßiger Erbe des Marschalls, denn mein Vater war sein ältester Sohn."

Allerdings", entgegnete Frau von Sparre mit großer Ruhe,allein dieser älteste Sohn wurde von

zügliches Rezept zur Behandlung von Leuten, die bei Festessen zu viel Reden halten. Er selbst hat das Mittel mit vollem Erfolg bei einem Festmahl im Hause Dodge angewandt. Es waren mehr als zwanzig Gäste bei Tisch, und es geschah, was bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich geschieht: Die Unterhaltung wurde allmählich so laut, daß ein wahres Pandämonium herrschte für nervöse Leute ein lieblicher Ohrenschmaus. Da wandte sich Mark Twain an seine Nachbarin und sagte:Tun Sie, bitte, das, was ich Ihnen sagen werde, und Sie sollen sehen, daß diese Gesellschaft hier, die mit ihrem lauten Geschrei eher an eine Jnsurgentenbande als an eine Tafelrunde erinnert, sich bald wieder innerhalb der Grenzen vornehmer Diskretion be­wegen wird. Rücken Sie nur näher heran, und tun Sie so, als wenn Sie das, was ich Ihnen ganz leise erzählen werde, mit dem größten Interesse an­hörten." Die Dame war einverstanden, und die Kur begann. Als man die beiden Köpfe so' dicht beieinander sah, wurde hier und da ein Tischgast aufmerksam und hörte, von Neugier ergriffen zu schwatzen auf. Ganz Ohr wurden natürlich zuerst die nächsten Nachbarn, und das Schweigen pflanzte sich von einem zum andern fort, weil jeder gern hören wollte, was die beiden so interessieren mochte. Mark Twain schien sich um die bereits erzielte Wirkung nicht zu kümmern, sondern fuhr ruhig in der Erzählung einer ganz phantastischen Geschichte fort, wobei er nach und nach die Stimme ein wenig lauter werden ließ. Plötzlich packte er seine auf­merksam lauschende Nachbarin bei den Stirnhaaren, schaute ihr mit feurigen Blicken in die Augen und schrie mit einer Sentorstimme:Wie gefällt Ihnen Chicago?" Nun erhob sich ein gewaltiger Lärm: Mark Twain macht sich über uns lustig!" schrie man von allen Seiten. Der Humorist aber gebot Ruhe und hielt eine kleine Predigt, in welcher er darauf hinwies, daß die Gäste, die bei einem Essen solchen Lärm machten, dem Helden seiner improvi­sierten Geschichte glichen. Dieser Mann habe, um seine Nachbarin zu fragen, wie ihr Chicago gefiele, die Augen wie ein Wahnsinniger aufgeriffen und da­zu wie ein Besessener gebrüllt . . .

Schildbürgerstückchen. Die Christianiaer ZeitungDags-Avisen" erzählt folgende Geschichte, die wahr sein soll: Auf einem Gewässer in der Landschaft Hardanger fährt ein kleiner Dampfer ans der Stadt Odda. Als kürzlich der Kessel nach­gesehen werden mußte, sollten dabei auch einige schadhafte Platten ausgewechselt werden. Beim Ein­setzen der neuen merkten die Leute, daß das Nieten nur ging, wenn jemand drinnen im Kessel dagegen hielt. Da hatte einer einen guten Einfall.Ich krieche durch die Oeffnung, wo die Platten wegge­nommen sind, in den Kessel und halte den Hammer dagegen", sagte er. Dies fanden alle vortrefflich und so kroch der Mann hinein. Froh und freudig ! gingen sie an die Arbeit, und am Abend waren sie ! endlich fertig. Sie sammelten ihr Werkzeug zu- l sammen und wollten sich nach Hause begeben, das

heißt alle außer dem einen, der drinnen im Kessel war. Er konnte nicht hinauskommen er war eingeschlossen, das Mannloch war für ihn zu engl Die Nacht nahte heran, und man mußte den ge­fälligen Mann zunächst bis zum Morgen im Kessel lassen; man reichte ihm Speisen und Getränke hin­ein und tröstete ihn, so gut es ging. Der ganze nächste Vormittag ging mit Beratungen und Weh­klagen seitens des Eingeschlossenen hin. Einer der guten Leute schlug nämlich vor, man solle ihn mit Speisen und Getränken versehen, bis sich eine Dampfschiffsgelegenheit nach Bergen fände. Dort könne der Kessel in einer Werkstätte geöffnet werden, ohne daß er ruiniert werde. Alle waren damit ein­verstanden, ausgenommen der eine, der drinnen im Kessel saß. Er wollte hinaus. Endlich hatte einer einen guten Einfall.Er soll seine Kleider aus- ziehen und uns herausreichen, dann wird er dünner;, wir geben ihm grüne Seife hinein, damit er sich einschmiert, dann wird sein Körper glatt, und wir ziehen ihn durch das Mannloch heraus." Damit waren alle einverstanden. Der Mann zog sich aus, schmierte sich mit grüner Seife ein, und seine Ka­meraden zogen, was sie konnten. Zuletzt bekamen sie ihn auch heraus. Aber da war er sehr zer- schunden und mehr tot als lebendig. Jetzt befindet er sich besser, aber er ist menschenscheu geworden. Er haßt alles, was Kessel heißt, und man sagt, daß er kein Dampfboot sehen kann. Eine nicht minder nette Geschichte, die ebenfalls wahr sein soll, weiß dieErml. Ztg." zu erzählen. In dem kleinen masurischen Städtchen L. der Namen tut nichts zur Sache errang ein Handwerker die Würde des Schützenkönigs. Sein Stolz darob wuchs ins Riesenhafte. Denn daß sich ein Schützenkönig im Schmuck seiner Orden- und Ehrenzeichen photo­graphieren läßt, ist selbstverständlich. Daß er aber ein solches Bild, ein strahlend schönes Kabinettbild, an den Kaiser nach Berlin schickt mit der Bitte um gegenseitigen Austausch der Bilder, das nein, das tat unser Schützenkönig! Er tat's wirklich! Und durch Vermittlung der Polizei erhielt er das Bild, sein Bild zurück. In dem Begleitschreiben soll gestanden haben, daß er wegen des anderen Bildes, des kaiserlichen, sich nur in der nächsten Buchhandlung umschauen möge. Wo sich aufhört die Kultur, da sich anfängt der Masur ...

sBesondere Gabe.s Ein Professor sagte einst einem seiner Schüler in der Privatstunde, daß er mit einer besonderen Gottesgabe veranlagt wäre. Der Schüler fragte den Herrn Professor, in welcher Eigenschaft dieselbe auf ihn Bezug hätte? Herr Professor erwiderte:Wissenschaft hat Ihnen bis jetzt nicht weh getan, und wird Ihnen auch für später kein Kopfweh machen; aber das Traurigste an der Sache ist, daß Sie, wenn man es Ihnen beweist, es nicht einmal glauben wollen!"

sErgebenheit.s Lehrer:Wer kann einen Satz mit Ergebenheit bilden?" Moritz:Mein Vater hat gestern 'nen Gaul gekauft für 200 Mk.Er gäbm hait" für 100!"

dem Vater enterbt und das Familiengut dem jüngeren Bruder vermacht. Hier sitzt die rechtmäßige Erbin!"

Mit diesen Worten deutete sie auf Fräulein Jda.

Ah dies ist also meine Base! Es tut mir leid, aber ich bestehe auf dem Testamente. Erhalte ich es nicht gutwillig, so habe ich Vollmacht, die Frau von Sparre zu verhaften und mich ihrer Papiere zu bemächtigen."

Das werdet Ihr bleiben lassen", rief Hartmud, der jetzt hinzutrat.

Der Offizier maß ihn mit großen Augen und einem höhnischen Lächeln.

Ihr seid hier in einem fremden Lande und die ! Sache gehört vor die Gerichte."

Wir sind jetzt Richter", versetzte der Husarund wer seid Ihr denn, daß Ihr es wagt. Euch in fremde Angelegenheit zu mischen?"

Meinen Namen sollt Ihr bald genug erfahren", zürnte Hartmud und flüsterte dem Wirt etwas ins Ohr, der alsbald aus dem Zimmer ging.

Sie liefern mir also das Testament nicht gut­willig aus?" fragte Flersheim mit wütenden Blicken.

Nur der Gewalt werde ich nachgeben." Der Offizier eilte hinaus, um seine Begleiter zu rufen, der Wirt stürzte voll Angst herein, Reichensteins Pistolen in der Hand und verriegelte die Stube.

Widerstand wird wenig helfen", sagte er,sie sind zu gut bewaffnet."

Pah! Ich nehm's mit einem auf, antwortete der Invalide und riß von einem hölzernen Stuhl ein Bein los. Hartmud besann sich einen Augen­

blick.Wo führt der Weg aus dieser Kammer hin?" fragte er den Wirt.

In die Küche und von da durch den Hof auf das Feld, von wo aus man mit einigen hundert Schritten den Weg nach Burg Eberstein durch das Gebirge erreichen kann."

Hartmud bat die Damen, ihm ins Nebengemach zu folgen, welches er sogleich abschloß. In dem­selben Augenblicke pochten die Husaren an die Stubentüre und verlangten drohend Einlaß. Als sie keine Antwort erhielten, denn auch der Wirt und der Invalide waren den übrigen gefolgt, sprengten sie die Tür und wollten eben, als sie das Zimmer leer fanden, unter gräßlichen Flüchen das Nebenge­mach erbrechen, wo sie Hartmud in jeder Hand ein gespanntes Pistol, und der Wirt und der Stelzfuß mit eisernen Gabeln erwarteten, als man Pferde­getrappel vor dem Hause vernahm. Es war eine Patrouille der schwäbischen Truppen, die aus einem Offizier und zwanzig Mann bestand. Sie hatten augenblicklich die Pferde im Hofe für französische erkannt, und der Offizier ließ sogleich alle Zugänge des Hauses besetzen, während er von sechs Mann begleitet, in die Wirtsstube drang.Die Waffen abgelegt, ihr seid meine Gefangenen!" donnerte er die überraschten Husaren an.

Das Haus ist umstellt", fuhr er fort, als sie zauderten, seiner Aufforderung zu gehorchen;bei Gott, ich lasse euch vor die Köpfe schießen, wenn ihr nicht augenblicklich Folge leistet."

Fortsetzung folgt. '

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