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und AnzeigeßkaLt für den Bezirk Kakn. 78 . IahrgaaH

TrscheinungStage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt nnd BeztrtSorte; außer Bezirl IL Pfg.

Dienstag, den 26. Mai 1903.

AbonnementSpr. in d. Stadt pr. Viertelj. Mk. 1.10 incl. Trägerl. Vierteljahr!. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar­ortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.

Tagesneuigkeiten.

* Calw, 25. Mai. In festlichem Schmuck prangt heute unsere Stadt. Der Bezirksverein Königreich Württemberg im Deutschen Fleischerverband hält seinen diesjährigen Verbandstag hier ab. Ehrenpforten am Bahnhof und beim Adler entbieten den Gästen einen freund­lichen Willkomm. Eine der Inschriften lautet: Grüß Gott, ihr Metzger aus Stadt und Land, Willkommen an des Schwarzwalds Rand! Weitere Inschriften laden die Berufsgenossen zum längeren Aufenthalt in der Stadt und bei den Kollegen ein und versprechen ein aufmerksames Entgegenkommen. Die Häuser, besonders die der Metzgermeister, sind schön dekoriert und mit Tannen und Guirlanden geschmückt, flatternde Fahnen verkünden den festlichen Tag. Die hiesige Einwohnerschaft nimmt an dem Verbandstag den regsten Anteil. Ist doch das Metzgergewerbe eines der wichtigsten aller unserer Berufsarten, kaum ein anderes greift so tief in das menschliche Leben ein wie dieses; gehört doch das Fleisch zu den allerwichtigsten Nahrungsmitteln des Menschen; mit größtem Interesse wird daher überall der Wert und die Beschaffenheit dieses geschätzten Ernährungsmittels verfolgt. Die Fleischbesteuerung hat schon viele Kämpfe hervorgerusen und erst im letzten Halbjahr bildete die Fleischnot eine überall dis­kutierte Frage. Wichtige Punkte sind es, die dem Ver­bandstag zur Beratung vorliegen, nicht nur Fragen, die die Metzger persönlich berühren, sondern die auf das Verhältnis des Fleischereigewerbes zum kon­sumierenden Publikum von einschneidenden Folgen begleitet sind. Mögen daher die Verhandlungen deS VerbandstageS einen guten Verlauf nehmen. Den Gästen aber, welche heute in unsere alte und

schön gelegene Stadt zwar nicht als ständige Kur­gäste einziehen, aber doch einige Zeit hier verweilen werden, rufen wir ein herzliches Willkommen ent­gegen mit dem Wunsche, daß es ihnen hier gefallen und sie den guten Ruf unseres Kurortes in das ganze Land hinaus tragen mögen! Ueber die Verhandlungen selbst werden wir in der nächsten Nummer d. Bl. eingehend berichten.

- Calw. Am Himmelfahrtsfest wurde vom Turnverein die alljährliche Turnsahrt aus­geführt. Der Besuch galt diesmal dem Hohloh, auf dem vor einigen Jahren vom Schwarzwald­verein der steinerne Kaiser-Wilhelmsturm erstellt wurde. An der Tour beteiligte sich die statt­liche Zahl von 45 Turnern. Der Abmarsch erfolgte 5.10 morgens, Agenbach wurde über Rötenbach schon um 7.40 erreicht. Nach einer ^/.stündigen Rast wurde aufgebrochen, ins kleine Enztal ab nach Meistern auf und sofort wieder ins große Enztal aus dem nächsten Wege abgestiegen, wobei die Festigkeit der Knie probiert wurde. Bei der Kälbermühle wurde die Maschinenhalle und Pump­station der Schwarzwaldwasserversorgung besichtigt. Alle waren erstaunt über die großartige Anlage, über den Gang der Turbinen, welche die gewaltige Pumpen in Bewegung setzen. Alle Ehre den Männern, welche das große Unternehmen ins Leben gerufen, gefördert und weiter ausgebreitet haben. Nach ermüdendem Marsche durch schönen Tannen­wald aus stetig steigender Straße wurden um 12 Uhr die ersten Häuser von Kaltenbronn mit Jubel begrüßt. Nach ganz kurzer Rast im Walde war die Müdigkeit rasch verschwunden, so daß der Marsch zum Hohlohsee und Kaiser-Wilhelm-Turm fortgesetzt werden konnte, wo wir 12.40 glücklich

anlangten. Die Aussicht war leider schlecht, wie immer bei schönem Sonnenschein zur Mittagszeit. Mit hungrigem Magen setzten wir uns um '/-2 Uhr an die Tafel. Aber o weh! Trotzdem das Essen 3 Tage vorher bestellt wurde, blieb die Beköstigung äußerst mangelhaft und unzureichend und erst nach lebhafter Beschwerde wurde an Stelle des ausge­gangenen Bratens noch etwas Wurst serviert. Nur das Getränke wurde rasch und gut aufgetragen. Wehmutsvoll gedachten wir des Lamms in Neu­weiler, wo im vorigen Jahr fast die Tische ob der Last des Gebotenen brachen. Mißmutig und mit knurrendem Magen zog die Turnerschar um 2'/« Uhr wieder ab und kam, am stillen weltabge­legenen Wilden- oder Hornsee vorüber, um 5 Uhr in Wildbad an. Nach einem kurzen Aufenthalt wurde hier die Heimfahrt pr. Bahn angetreten. Vier Unermüdliche stiegen in Calmbach wieder aus, um auch die letzte Strecke über Oberreichenbach und Altburg zu Fuß zurückzulegen. Der heiße Tag, und das fortwährende Bergauf und Bergab stellte größere Anforderungen an die Turner; doch hielten sie stramm aus. Sowohl die schöne Tour, als die mangelhafte Bewirtung in Kaltenbronn wird noch lange in der Erinnerung der Teilnehmer weiterleben.

* Calw, 24. Mai. In Stammheim findet am 14. Juni das Lied er fest des west­lichen Gäusängerbundes statt. Außer allgemeinen Chören, an denen sich alle Vereine beteiligen müssen, ist ein Preissingen und Einzel­vorträge der Vereine vorgesehen. Zu dem Wett­gesang haben sich die meisten Vereine angcmeldet. Da auch Vereine außerhalb des Gaus sich beteiligen, so ist auf eine große Sängerzahl bei dem Fest zu

AENtUlElHtl. Nachdruck verboten.

IsreirvMg arm.

Original-Roman v. Jda John-Arnstadt.

(Fortsetzung.)

Nun sichst! Er spricht ein bischen lebendig, das ist wahr, so von oben herab; aber er weiß es doch auch nicht anders, als daß wir gemeine Leute sind. Eigentlich hätte er doch gar nicht nötig gehabt, in mein armseliges Heim hsrein- zutreten und sich an unseren Tisch zu setzen, aber das war Deinetwegen, Du hast ihm gefallen, Kind, und ach Gott, ach Gott! Was ist Dir denn nur?"

Lori hielt beide Ohren mit den Händen zu und lief wie gescheucht durch das kleine Zimmer auf und ab; auf und ab, und doch so zart auftretend mit den kleinen Füßchen, daß man die Sohlen gar nicht merkte nnd mehr und mehr an ein Schweben dachte trotz aller Leidenschaftlichkeit.

Aber ihr Atem flog und es klang wie tief bebender Glockenlaut, als sie antwortete:Sobald Du eine solche Behauptung noch einmal aussprichst, gebe ich auf und davon, Tante, auf Nimmerwiedersehen. Ich will Ruhe. Immer, überall habe ich es hören muffen, als predige man mir ein Evangelium; sie haben mich verfolgt mit solchen Worten durch Säle und Hallen, über Länder und Seen, von Kindheit an, und ich will es nicht mehr hören, ich will keinem Manne gefallen, keinem, Tantel Hörst du? Und diesem erst recht nicht! Wir armen Mädchen! Zollweise bricht man unseren Stolz, unsere Würde! Nicht Armut, nicht Reichtum schützt uns davor. Sind wir denn da für dieses anmaßende Geschlecht wie hilflose Blumen, die sich pflücken lassen müssen, von jeder, jeder Hand? Ich bin ich, Tante! Merke es Dir! und ich will diesen Platz ausfüllen, so gut ich

es kann mit meinen schwachen Kräften, dazu bin ich hierher gekommen zu Dir in den Wald. Sich diese zwei Hände. Bis gestern durften sie nichts an kästen als Tant und Flitter; mit goldenen Ketten waren sie angeschmicdet an den käl­testen Götzen der Erde, und doch regte sich der ungeschnürte, gefolterte Geist in mir und kämpfte, kämpfte, bis ich sein dummes Drängen nicht mehr ertragen konnte; ich mußte heraus aus jenen engen Verhältnissen, die siegroß" nennen, die blinden Menschen. Ich wollte auch glücklich werden durch irgend eine Leistung für das Ganze, wenn auch, wie allen kleinen Seelen, nur in beschränktem Kreise: deshalb kam ich zu Dir und nun sagst Du mir dasselbe wie Majorin Cerberus und die andern!"

Der Ton ihrer Rede war allmählig ruhiger, ihr aufgeregter Gang lang­samer geworden, und endlich kniete sie nieder vor Tante Adelheid, das Gesicht in beide Hände gedrückt und flehte:Habe Geduld mit mir, ich muß immer alles frei heraus sagen, ich kann nicht anders"

Weiß schon, Kleine," tröstete die Alte,hast den Holdermanns-Kopf und den Sinn deiner Großmutter; und in so jungen Jahren will man gar hoch hin­aus mit seinem jungen Herzchen; aber sobald der Rechte kommt, vergißt sich die hochmütigste Lebensansicht nur zu schnell; da ist alles Spreu im Winde und fliegt dahin wie ein Hauch, was noch so stolz und fest aufgetürmt schien, das Werk des Verstandes; habe es auch erfahren müssen und bin zu spät klug geworden. Möchte dir das andere beschieden sein, mein Kind!"

Als des alten Fräuleins müde, zitternde Hände über Loris Lockenkopf hin- glitten, kam es wie Friedenshauch dahergeflogen. Stiller und stiller ward eS in dem ungestümen, jungen Mädchenherzen, stiller auch draußen im Walde; nur die Schwarzwälderin an der Wand ließ sich nicht stören in ihrem Ticken. Unermüdlich ist die Zeit; nichts hält ihren Gang auf, nicht Sorge, Trauer und Glück; kein