Zweites

Zweites

Blatt.

Der «nztaler.

Blatt.

^ 18V.

Neuenbürg, Mittwoch den 13. November 1907.

63. Jahrgang.

RunSschau.

Berlin, 11. Nov. Bei dem in der Fasanen­straße zu Charlottenburg wohnenden Kaufmann Sally Waldo ließ sich heute nachmittag ein Herr melden, der sehr bald mit dem Kaufmann in Wort­wechsel geriet. Der Besuch zog einen Revolver aus der Tasche und feuerte zwei Schüsse auf Waldo ab. Der erste Schuß traf die Schulter, der zweite den Kopf. Als Frau Waldo ins Zimmer stürzte, schoß sich der Besucher tot. Bei der Leiche fand man ein Verzeichnis verschiedener reicher Leute. Man weiß noch nicht, ob ein Racheakt oder die Tat eines Irr­sinnigen vorliegt. Die Persönlichkeit ist ganz un­bekannt.

Gegen das Spiritusmonopol wehren sich die kleinen Brenner in Süddeutschland, deren es viele Tausende gibt. Diese Brenner sind gegen die Hineinbeziehung ins Monopol, da sie nicht wissen, was sie mit dem Obst und den Weintrestern anfangen sollen. Mit den kleinen Brennereien hängt aber nicht bloß das Erträgnis des Obstbaues, son­dern auch die Viehmästung und die Versorgung des Konsums mit einem gesunden Zwetschgenschnaps zu­sammen. Die Stellungnahme zum Monopol wird auf der am 7. Dezember stattfindenden Generalver­sammlung des bayerischen Bauernbundes zur Ver­handlung kommen.

1000 ^ Belohnung hat der Regierungspräsident in Dortmund auf die Ermittlung des Mörders der zweijährigen Elise Brambrink ausgesetzt, deren entsetzlich zugerichtete Leiche in der Scheune eines dortigen Grundstücks aufgefunden wurde. 2 unter dem Verdacht der Täterschaft gefänglich eingezogene Personen mußten wegen mangelnder Beweise wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

Der Verein zur Errichtung von Lungenheil­stätten in Ostpreußen ließ mit einem Kosten­aufwands von 760000 im Stadtwalde von All enstein eine neue Heilanstalt für weibliche Lungenkranke errichten, die dieser Tage ihrer Be­stimmung übergeben wurde.

Baden-Baden, 11. Nov. Bei der heute im Rathaussaal gehaltenen Wahl eines Oberbürger­meisters, an Stelle des zurücktretenden Oberbürger­meisters Dr. Gönner, wurde der bisherige verdienst­volle Bürgermeister Fieser mit 103 Stimmen, von 116 Wahlberechtigten gewählt. Es wurde der Be­schluß gefaßt, dem scheidenden Oberbürgermeister das Ehrenbürgerrecht zu verleihen und ebenso be­schlossen, daß derselbe seine bisherigen Bezüge bis zum 1. April 1908 zu beziehen hat.

Ist Papa zu Hause?"

- (Nachdruck verboten.)

Schluß.

Im ZimmerGeorgs" befand sich merkwürdiger­weise noch dessen Handkoffer. Aber sicher war er leer, und der Einbrecher hatte ihn nur zurückgelassen, um nicht Aufsehen zu erregen. In dem unver­schlossenen Koffer befand sich in der Tat nur ein Zettel, darauf in Schreibmaschinenschrift folgendes stand:Verehrte gnädige Frau I Verzeihen Sie mir die kleine Belästigung. Ich brauchte dringend Geld, und mußte es mir durch eine List verschaffen, da es auf anderem Wege nicht möglich war. For­schen Sie mir nicht nach, es würde vergeblich sein. Mit bestem Dank für Ihre Liebenswürdigkeit und einer Empfehlung an den Herrn Gemahl. Der falsche Georg." Der Dieb hatte die Kühnheit be­sessen, auch noch die im Zimmer stehende Schreib­maschine des Bestohlenen zu benutzen!

Ein längeres Telegramm mit der Schilderung des Tatbestandes ging alsbald an Herrn Schmidt aq. Weiter unternahm die überlistete Gattin zu­nächst nichts, da sie eine Verfolgung des Diebes im Augenblick für aussichtslos hielt. Sie schwur aber, niemals wieder einem Unbekannten zu ver­trauen.

Einige Stunden später lief die Antwort des Herrn Schmidt ein, in der er seine Ankunft für morgen mittag ankündigte.

In dem Neubau des HotelsAtlantic" an der Alster in Hamburg stürzte gestern die Decke des dritten Stocks ein und durchschlug die Decke des darunter befindlichen Stockwerks. Unter den Trüm­mern wurden ein Arbeiter getötet, 1 schwer verletzt und 3 leichter verletzt hervorgezogen.

Straßburg, 11. Nov. Eine schwere Blut­tat hat sich in der Nacht zum Sonntag zwischen zwei und drei Uhr vor dem Steintor ereignet. Um diese Zeit beabsichtigte der Arbeiter Brandner nach seiner Wohnung nach Schiltigheim zu gehen. Als er an das Steintor kam, traten ihm drei Burschen ent­gegen, die Brandner fragten, wohin er wolle. Als dieser entgegnete, das ginge niemand etwas an, zog einer der Burschen sein Messer und versetzte mit den Worten:Da hast Du es", dem Brandner einen tiefen Stich zwischen die Rippen, daß dieser zusammen­brach. Darauf entfernten sich die Burschen und ließen den Schwerverwundeten mit der Messerklinge im Körper liegen. Noch lebend wurde Brandauer am Morgen gefunden und in das Spital geschafft. In der Sonntagsfrühe wurden die drei Burschen, die den Brandner angehalten hatten, verhaftet. Es sind die Tagner Hafner, Weber und Heitzmann. Haffner hat gestanden, dem ruhig seines Weges daher­kommenden Brandner den Stich versetzt zu haben.

Der verheiratete Schneidermeister Sopora in Nürnberg wurde im Streit von seinem eigenen, bei ihm beschäftigten, 22 Jahre alten Sohn erstochen.

Mainz. Als am Freitag abend der Straßen­bahnschaffner Weidner hier in seine Wohnung kam, fand er seine Frau in schwer verbranntem Zustande vor. Der sofort herbeigeeilte Arzt konnte nur den Tod feststellen. Die unglückliche Frau hatte Kinder­wäsche am Ofen aufgehängt, ihre Kleider fingen dabei Feuer. Als sie aus der Wohnung eilen wollte, jedenfalls um Hilfe zu holen, stürzte sie im Vorplatz, bewußtlos zusammen, wo sie dann von ihrem Mann in halbverkohltem Zustande aufgefunden wurde.

Aus Bayern, 9. Nov. In Memmingen versuchten einige Personen, die spanischen Schatz­schwindler zu fassen, indem sie auf eingelaufene Briefe derselben das verlangte Telegramm absandten, gleichzeitig aber, das deutsche Konsultat in Madrid benachrichtigen. Von diesem ging dann die Antwort ein, daß es bei den herrschenden Polizeiverhältnissen in Madrid, nicht in der Lage sei, etwas zur Er­greifung der Schwindler zu tun.

München, 11. Nov. Heute früh wurde in dem Juweliergeschäft Greif ein Auslagendiebstahl verübt. Den Dieben fielen Uhrketten und Schmucksachen von großem Wert in die Hände.

Frau Schmidt saß am nächsten Vormittag beim Frühstück im Wohnzimmer. Sie befand sich in be­greiflicher Unruhe.

Da rollte wieder ein Wagen vor das Haus. Frau Schmidt trat ans Fenster. Sollte ihr Gatte die Reise beschleunigt haben? Nein; es stieg wie vorgestern ein unbekannter junger Herr aus und eilte schnell auf die Haustür zu. Die erstaunte Frau öffnete die Tür.

Ist Papa zu Hause?" hörte sie den Fremden mit lauter Stimme fragen, der offenbar eiue Ant­wort nicht abwartete, sondern gleich die Treppe herauf kam.

Schnell schloß Frau Schmidt die Tür.Eine unerhörte Dreistigkeit!" dachte sie,zwei Spitzbuben hintereinander! Kannten sich beide und handelten auf Verabredung? Kaum möglich, denn sie hätten sich dann sagen müssen, daß derselbe Schwindel nicht zweimal an der gleichen Stelle glücken kann. Versuchte der zweite Schwindler rein zufällig den gleichen Trick? Das wäre jedenfalls ein wunder­barer Zufall"

Die Gedankenreihe wurde durch ein Klopfen an der Türe unterbrochen.

Das beste war es, den Schwindler zu emp­fangen; nur so konnte man sicher machen. Frau Schmidt rief daher nicht ohne starkes Herzklopfen Herein!,,

Der junge Mann trat ruhig und sicher auf.Ich bin Georg Schmidt", sagte er und setzte fragend hin­zu:Sehe ich meine neue Frau Mama vor mir?"

Der Poliermeister Max Pott in München, der von einem Zahnarzt narkotisiert worden war, er­wachte nicht mehr aus seiner Betäubung und starb nach 24 Stunden im Krankenhaus. Der Staats­anwalt leitete die Untersuchung ein.

Aus München wird gemeldet, daß im Fichtel­gebirge der Winter bereits eingekehrt ist. Es herrscht dort bereits eine Kälte wie im strengsten Winter. Die Weiher sind dick zugefroren, so daß überall Schlittschuh gelaufen wird.

In Schlagsdorf (Mecklenburg) brachen am Montag zwei achtjährige Mädchen auf dem dünnen Eise des Dorfteiches ein. Der achtzehnjährige Bruder des einen Mädchens eilte zu Hilfe. Alle drei ertranken vor den Augen der herbeigeeilten Eltem.

Vom Bodensee, 10. Nov. Infolge der an­haltenden Trockenheit sehen sich verschiedene Be­triebe zu teilweiser Arbeitseinstellung gezwungen. Das große Elektrizitätswerk am Kübel bei Herisau im Kanton Appenzell kann wegen Wassermangel Strom für Motorbetrieb von früh 8 Uhr bis abends 4 Uhr nicht mehr abgeben. Dadurch sah sich die Fabrikdirektion Sauer in Arbon veranlaßt, 500 ihrer Arbeiter früh 8 Uhr zu entlassen und erst von nach­mittag 4 Uhr an wieder in Arbeit zu nehmen. Auch in Dornbirn in Vorarlberg ist die elektrische Zen­trale infolge Wassermangels leistungsunfähig ge­worden.

Die neuen Überschwemmungen in Süd­frankreich haben großen Schaden angerichtet, er wird auf mehrere Millionen Franks geschätzt. Das Unwetter, welches jüngst verschiedene Teile Italiens heimgesucht hatte, hat namentlich auf der Insel Elba fürchterlich gehaust. Aus allen Teilen derselben gehen Nachrichten über schwere Unwetter ein. Die Felder sind verwüstet, die Wege unpassierbar. Die Ge­meinden Marciana, Marina und Masciana stehen unter Wasser. Bis jetzt sind 5 Tote gezählt. Schwer hat auch die Eisenbahnstrecke Rom-Genua unter dem Toben der Elemente gelitten.

Eine neue französische Spionageaffaire, die in Toulon spielt, macht von sich reden. Der Inspektor der Pariser Sicherheitsbehörde ist in Toulon eingetroffen, um die Untersuchung in der neuen Spionageangelegenheit zu führen. Ueber diese laufen verschiedene Gerüchte um. Man behauptet, es handle sich um eine internationale Organisation zur Spionage im Küstengebiete, deren Entdeckung durch die Untersuchung in der Angelegenheit Ullmo gelungen sei. Bisher sind vier Personen verhaftet worden; weitere Verhaftungen sollen bevorstehen.

Ich bin Frau Schmidt", antwortete die Ge­fragte,mein Mann ist verreist."

Ach, Papa ist verreist! Nun, das schadet nichts; hoffentlich kommt er bald zurück. Gestatten Sie, Mama, daß ich mir's etwas bequem mache, ich bin fast 24 Stunden gefahren."

Die zum zweitenmal von einem Unbekannten mitMama" Angeredete dachte:Mach' dir's nur bequem, ich werde sofort die Polizei benachrichtigen." Laut sagte sie:Bitte, nehmen Sie am Tisch Platz und stärken Sie sich von der Reise. Ich lasse so­fort noch auftragen, entschuldigen Sie mich einen Augenblick.

Draußen eilte sie ans Telephon und bat das nächste Polizeiamt um schleunige Entsendung zweier Schutzleute, um einen Dieb, den sie im Hause habe, zu verhaften. Dann gab sie dem Mädchen Anweis­ungen und ging wieder hinein, obwohl ihr in der Nähe des Fremden unheimlich zu Mute war. Sie durfte ihn aber nicht Verdacht schöpfen lassen.

Der Ankömmling sprach dem Essen tapfer zu,; er hatte augenscheinlich großen Appetit. Frau Schmidt ging nur mit Wiederstreben auf seine Unterhaltung ein, so unbefangen und herzlich er sich auch zu geben wußte, und lauschte unruhig nach dem Korridor.

Endlich atmete sie auf, denn draußen wurden feste Schritte hörbar. Das schon instruierte Mäd­chen ließ zwei Schutzleute eintreten und zeigte auf den Fremden.

Sehr überrascht schaute dieser erst auf die Be-