Beobachtungen, die beweisen, daß das Vorkommen und Nichtvorkommen der Erkrankung in den einzelnen Familien nicht allein mit der Vererbungsiheorie erklärt werden könne. Neuerdings hat mm Dr. Haab- Biebrich in der „Münchener Medizinischen Wochenschrift" den Nachweis versucht, daß zwischen der Häufigkeit des Auftretens der Blinddarmentzündung und der Zunahme der überwiegenden Fleischernährung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen müsse. An der Hand eines reichen Materials zeigt er, daß bei den Völkern, die wenig oder gar keine Fleischnahrung genießen, die Erkrankungen höchst selten sind, während sie mit zunehmender Fleischnahrung sich vermehren. Dieser so wohl begründeten Darlegung müsse — wie Professor Flesch in der „Franks. Ztg." ausführt — entschieden Beachtung gezollt werden. Nicht etwa im Sinne eines blinden Vegetarismus: nichts wäre verfehlter, als aus dem Extrem der heute so vielfach üblichen Ueberernährung mit massenhafter Fleischeinfuhr in das der reinen Pflanzenkost zu verfallen. Daß aber eine vernünftige Ernährung mit gemischter Kost gerade für die städtische Bevölkerung mehr, als jetzt geschieht, angestrebt werden muß, ist eine Forderung, die immer wieder erhoben werden sollte.
Ueber die Verbreitung des Alkoholgenusses bei Schulkindern und die Wirkung desselben auf das Auffassungsvermögen und die Fortschrittsnote hat vor einigen Jahren, Privatdozent Dr. Hecker in einigen großen Münchener Volksschulen aufsehenerregende Erhebungen angestellt. Diese sind nun sehr anschaulich in einer Wandtafel „Alkohol und Schule" zur Darstellung gebracht, die soeben im Mäßigkeitsverlag des Deutschen Vereins geg. d. Mißbr. geist. Getr., Berlin 15, erschienen ist. Sie gehört einem auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebauten, dabei billigen größeren Anschauungswerk an, das ein wertvolles Hilfsmittel für Unterrichts- und Aufklärungszwecke bildet: 10 Wandtafeln zur Alkoholfrage, herausgegeben von den bekannten Münchener Universitätsprofessoren Gruber und Kräpelin. — Die Schicksale der Kinder aus Trinkerfamilien und mäßigen Familien bringt eine .andere Tafel nach den berühmten Untersuchungen der Professoren Demme, von Bürge u. s. f. tabellarisch zur Anschauung. Weitere Tafeln befassen sich mit dem verschiedenartigen Einfluß von Alkohol und Tee auf das Addieren einstelliger Zahlen, mit der Wirkung täglichen Alkoholgenusses auf Rechenleistungen, den Ausgaben für alkoholische Getränke in Arbeiterhaushalten, dem Zusammenhang zwischen Alkoholgenuß und Verbrechen usw.
Probstau (Böhmen), 1. November. Eine Art Köpenickerei hat sich der hiesige Häusler Joseph Günther geleistet. Er befaßte sich gewerbsmäßig mit dem Schmuggel, wurde jedoch in letzter Zeit trotz seiner Schlauheit wiederholt ertappt. Da fiel ihm etwas anderes ein. Er verschaffte sich die Uniform eines österreichischen Grenzwächters, fahndete nach Schmugglern und nahm diesen die geschwärzten Waren ab. Der falsche Grenzbeamte hatte auf diese Art bereits ein ganzes Warenlager erbeutet, als er in einem Wäldchen mit einem — echten Grenz- wächter zusammenstieß und selbst konterband gemacht wurde. Er gestand, in der kurzen Zeit bereits 26 Schmuggler erwischt zu haben, eine Leistung, um die ihn die „echten Grenzer" beneiden dürften.
Fach oder Branche? Die „Deutsche Uhrmacher-Zeitung" brachte vor einiger Zeit einen Aufsatz mit dieser Überschrift. in dem sie, wie auch sonst mehrfach, für reine deutsche Sprache eintritt. Sie habe schon seit Jahren — hieß es da — das Fremdwort „Branche" aus ihren Spalten entfernt, und sie hoffe, es auch immer mehr aus den Anzeigen schwinden zu sehen. Das „häßliche" Wort werde zumeist nur aus Lust am „Gebildettun" oder aus Gedankenlosigkeit gebraucht; eine Notwendigkeit aber, es zu gebrauchen, liege durchaus nicht vor. Der Franzose vergleicht die einzelnen sich vom Hauptstoff abtrennenden Richtungen mit Aesten und Zweigen oder auch mit Nebenflüssen, denn das Wort „bran- cke" bezeichnet im Französischen einen Ast oder Zweig, aber auch den Nebenarm eines Flusses; der methodisch denkende Deutsche aber wünscht sich in allerhand Fächer geordnet wie in der Aktenstube. „Man lasse also den Franzosen die „dranedes" und bleibe im Deutschen bei den Fächern! Weiterhin wird auf die „einem feinen Ohr Entsetzen erregende falsche Aussprache" hingewiesen, und mit vollem Recht, denn wirklich französisch hört man es im Zusammenhang der deutschen Rede fast nie ausgesprochen. Wozu auch? Es soll ja eben deutsch sein! Aber es ist wirklich ergötzlich zu sehen, wie sich die lieben Deutschen damit abquälen: die einen können
den Nasenlaut und den sei,-Laut nicht scharf genug aussprechen und meinen damit wohl der französischen Aussprache am nächsten zu kommen, betonen dazu aber dann das 6 viel zu schwer; die anderen aber säuseln so leicht wie möglich ein weiches scb, wie es ja in so vielen französischen Wörtern gesprochen werden, muß (Loge, Jalousie und andere), aber in dranelio nun gerade nicht. Und dabei bedenken sie nicht, daß sie in reichster Abwechslung dieses häßliche und schwer zu sprechende Fremdwort vermeiden könnten, wenn sie außer Fach je nachdem Fachgebiet, Zweig, Beruf, Berufszweig, Geschäft, Geschäftszweig, Gebiet, Sondergebiet, Bereich, Arbeitsfeld, Kreis u. a. sagten.
LateinischeBuchstaben. Von einer amtlichen deutschen Stelle im Auslande wird der „Köln. Ztg." geschrieben: „Es kommen aus allen deutschen Ländern für die zahlreichen Deutschen sehr viele Briefe an, deren Adressen mit deutschen Lettern geschrieben sind. Die hiesige Post kann mit diesen Briefen nichts machen, somit schickt sie sie uns auf das Konsulat, und wir besorgen sie. Was hier geschieht, das wird auch für anderwärts gelten, aber auch für Orte, an denen kein deutsches Konsulat und auch sonst niemand da ist, die Adressen zu kontrollieren. Wie viele Briefe dürften da verloren gehen, wie viele Familienbande gelockert werden! Ein Sohn im Auslande schreibt seiner alten Mutter einmal, zweimal, erhäft keine Antwort. Da denkt er: Die alte Frau wird tot sein. Ach nein, aber der Brief mit den ungelenken deutschen Zügen, der ist niemals angekommen. Das liebe Publikum möge sich also für Adressen nach romanischen Ländern nur lateinischer Buchstaben bedienen, es ist mit den deutschen Zügen gerade so, als wolle jemand nach Deutschland mit griechischen Lettern Briefe adressieren. Zeitungen, die auf dem Lande viel gelesen werden, sind herzlich gebeten, diese Mahnung abzudrucken, sie können dadurch vielen Leuten vieles Leid ersparen."
Präsident Roosevelts Speisezettel. Präsident Roosevelt hat seinen Jagdausflug beendigt und traf, gebräunt und mit zerrissenen Kleidern in bester Stimmung wieder in der zivilisierten Welt ein. Er erzählte seinen Freunden, daß auf der Jagd drei Bären, sechs Hirsche, ein wilder Truthan, zwölf Eichhörnchen, eine Ente, ein Opossum und eine Wildkatze von ihm erlegt worden seien. Mit Ausnahme der Katze sei die ganze Jagdbeute gegessen worden, und er sei zu Zeiten so hungrig gewesen, daß er selbst imstande gewesen sein würde, die Katze zu essen. Die Einwohner von Stamboul gaben dem Präsidenten ein großes Jagdessen und teilten^ ihm bei dieser Gelegenheit mit, daß sie den Beschluß gefaßt hätten, die Stadt in Zukunft Roosevelt zu nennen. Der Präsident erzählte, daß ihm von allen Speisen, die er im Röhricht gegessen habe, das Opossumfleisch am besten geschmeckt habe, mit einziger Ausnahme der Bärenleber, die noch delikater sei. Das Opossum ist auch, wie alle Leser von Jndianer- geschichten wissen, ein Lieblingsbraten der Indianer.
Der Verlobungsring — am Oberarm. Von einem neuen und mindestens recht originellen Schmuckstück kommt die Kunde aus Paris. Eine „hübsche, sehr vornehme und sehr reiche Prinzessin, die sich kürzlich verlobt hat", ist die erste glückliche Empfängerin und Trägerin des neuen Kleinodes. Aus diesen Andeutungen ersieht man ohne Mühe, daß es sich hier um niemand anders als um die Prinzessin Marie Bonaparte handelt, die millionenreiche Enkelin des Spielpächters Blanc, die seit einigen Wochen die Braut des Prinzen Georg von Griechenland ist. Und sie erhielt das Schmuckstück — statt eines Verlobungsringes, der ihrem Bräutigam wohl zu altmodisch, „vieux jeu", wie die Pariser sagen, schien. Die Gestalt eines Ringes, eines Armringes, hat das Schmuckstück freilich auch, oder richtiger die Gestalt von zwei Ringen. Es besteht nämlich aus zwei runden Armreifen, die aber nicht wie gewöhnliche Armbänder am Unterarm, vielmehr am Oberarm getragen werden und den Zweck haben, die langen, zu ausgeschnittenen Kleidern üblichen und fast bis zu den Schultern hinaufreichenden Handschuhe zusammenzuhalten und vor dem Hinabgleiten zu sichern. Die Armbänder sind in Gold auf antike Weise gearbeitet, doch verschwindet das Gold beinahe vollständig unter den Steinen, Diamanten und Saphiren in abwechselnder Reihenfolge, die es bedecken. Das Armband läuft in einen großen Brillantknoten aus, der auf der Mitte des Oberarmes getragen wird. Und rings herum hängen von jedem Armreifen birnenförmige Perlen und Diamanten herab, die die Wirkung des Schmuckstückes außerordentlich verstärken. Man darf an-
Redaktion, Dr»S »«d vtrlaz ss« L> t« R«»««rSrA
nehmen, daß die Idee dieses eigenartigen Verlobungsabzeichens nicht der Phantasie des prinzlichen Bräutigams, sondern eher derjenigen eines findigen Juweliers der Nue de la Paix oder des Palais Royal entstammt, aber es ist kein Zweifel, daß sie unter den jungen Pariser Bräuten sehr bald Anklang und das Beispiel der Prinzessin Marie Bonaparte manche Nachahmerin finden wird.
Strenge Winter. Im Jahre 1400 waren alle Meere im nördlichen Europa gefroren. Zehn Jahre später war die Kälte so arg, daß die Tinte beim Schreiben in den Federn gefror. Die Sterblichkeit war dabei so groß, daß ganze Herden wilder Tiere in die Städte kamen, um die Leichen zu verzehren, die unbegraben in den Straßen lagen. 1558 lagerte eine Armee auf der zugefrorenen Donau. In Frankreich aber verkaufte man den gefrorenen Wein nach dem Gewicht. Der Chronist scheint nicht zu ahnen, wie der Wein sich verschlechtert durch Gefrieren. 1700 fiel das Thermometer auf 31 Grad unter Null. Kirchenglocken zersprangen, wenn der Klöppel anschlug, alle Pflanzen wurden zerstört, Tiere und Menschen starben wie die Fliegen. In der Neuzeit zeichneten sich die Jahre 1830, 1870 und 1886 durch hohe Kältegrade aus.
Jnrmngsspriiche.
Glaser-Innung.
Vor'm Hagel, Gott, schütz' Korn und Wein; Mein'lhalb schlag er die Fenster ein.
Schornsteinfeger-Innung.
Rauch und Husten, Lieb' und Sorgen Halten sich nicht lang verborgen.
Schlosser-Innung.
Wenn an jedes lose Maul ein Schloß gelegt müßt werden. Dann war' die edle Schlosserkunst die erste auf der Erden.
Wagner-Innung.
In Sommertagen Rüste den Schlitte»,
Und deinen Wagen In Winters Mitten.
Perückenmacher- und Friseur-Innung.
Den Absalon ein Eichenast An seinen Locken hielt gefaßt;
Hätt' er sie lassen stutzen beizeiten,
So könnt' er munter von dannen reiten.
Küfer-Innung.
Je voller das Faß,
Je linder der Klang,
Je edler das Naß,
Je Heller der Sang.
Kammacher-Innung.
Kamm ohne Zahn,
Faß ohne Hahn,
Büchse, die nicht kracht,
Jungfer, die nicht lacht,
Niemanden behagt.
Schuhmacher- und Lohgerber-Innung.
Ich harr' des Glücks und laß Gott walten,
Mache neue Schuhe und flicke die alten.
Schneider-Innung.
Reiches Kleid
Ist oft gefüttert mit Herzeleid.
jVorstchtig.j Vater (mit seinen drei Töchtern im Walde): „Hier treibt sich alles mögliche Gesindel herum, Kinder; haltet den Mund zu, daß man darin die Goldplomben nicht sieht!"
jVorsichtig.j Fremder (zum Alpenwirt): „Bei Ihnen übernachten ja auch Fremde auf dem Heuboden! Geht Ihnen da nie einer durch?!" — Wirt: „O nein! Ich bin schon vorsichtig. Erstens nehm' ich, wenn alle am Heuboden sind, die Leiter weg, zweitens sperr' ich 's Türl vom Heuboden ab, drittens müssen s' alles im voraus zahlen I" (Fl. Bl.)
Dreisilbige Charade.
Flink sind meine ersten beiden.
Fleißig willig und gewandt.
Und ob ihrer Fertigkeiten Hochgeschätzt von Meisters Hand.
Um vor Schäden mancherlei Diese beiden zu behüten.
Wird die kleine Silbe drei Ihnen Schutz und Hilfe bieten.
Des ganzen kleiner Gegenstand,
Der unentbehrlich gilt bei Frauen,
Ist wohl in jedem Haus bekannt Und dort bei fleiß'gem Tun zu schauen.
Auflösung des Zahlen-Rätsels in Nr. 176. Posse, Helios, Ilse, Lippe, Ohio, Sophie, Ops, Philipp, Hose, Isis, Elise. Philosophie.
Richtig gelöst von Otto Haizmann, O. Meisel, Karl Schönthaler und Hedwig Holzapfel in Neuenbürg.