Deutschland wird die Zahl der Blinden, auf 34330, für die Welt auf 1 600 000 angegeben; rechnet man indes die Halblinden hinzu, so kann man 5 Milli­onen Blinden auf der Welt zählen. Erst im ver­gangenen Jahrhundert fing man an, für die Bildung der Blinden etwas zu tun, vorbildlich in jeder Be­ziehung ist die 1806 gegründete Kgl. Blindenanstalt in Steglitz, die alljährlich Besucher aus allen Erd­teilen erhält. In der Welt gibt es gegenwärtig 400 Anstalten für Blinde (250 Lehr- und 150 Ver­sorgungsanstalten). Davon in Europa 180 Erzieh- ungs- und 140 Versorgungsanstalten. Zu den mancherlei handwerklichen Berufen, welche die Blinden erlernen, kommt in Japan noch die Massage hinzu. Die Japaner lassen sich besonders gern von Blinden massieren. Heutzutage umfaßt der Unter­richt der Blinden so ziemlich alle Fächer, die ein Schulplan für Normalschulen aufweist. Durch geniale Methoden lassen sich alle Kenntnisse und sehr viele Anschauungen den Blinden vermitteln; Zeichen­unterricht und geographisches Kartenlesen bilden keine Schwierigkeiten. Die internationale Blindenschrift ermöglicht es, durch 6 Punkte das Alphabet, die Noten und die Ziffern darzustellen; ungefähr in derselben Zeit, in der ein sehendes Kind lesen lernt, lernt der Blinde diese 6 Punkt-Schrift und die Unzial- schrift, die auch von Nichtblinden gelesen werden kann. In dem Seelenleben der Blinden zeigt sich (ebenso wie beim Unterricht) der Unterschied zwischen den Blindgeborenen und den Blindgewordenen. (Wobei man zu den Blindgeborenen auch diejenigen rechnet, die das Augenlicht vor dem 10. Lebensjahre verloren haben.) Am besten sind noch die Blind­geborenen daran. Im Unterricht überflügeln sie zu 90°/« die Blindgewordenen, und in ihrem Seelen­leben stellen sie dieHeiteren" dar, denn bei ihnen hat die immerwährende Nacht alles verdeckt, die Blindgewordenen können sich natürlich viel schwerer an ihren neuen Zustand gewöhnen, Schwermut ist häufig ihr Los. Aber natürlich gibt es auch im Leben der Blinden Frieden und Freude. So wie sich uns die innere Welt durch die Augen des Geistes erschließt, so auch den Blinden. Die Namen von berühmten Blinden z. B. Milton, Pfeffel, und die in letzter Zeit vielgenannte Helene Keller, reden hier mehr als Worte. Sie geben zugleich einen Einblick in das merkwürdige Seelenleben der Blinden, das so arm an äußerer Anschauung, und doch so reich an innerem Leben ist.

Tomaten, die jetzt so beliebten Früchte des Küchengartens lassen sich wie saure Gurken ein­machen. Wir entnehmen dem praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau das folgende Rezept: Mittelgroße, glatte Tomaten, ehe sie sich zu färben beginnen, gepflückt und, nachdem der Stiel vorsichtig ausgebrochen, einen Tag in Salzwasser gelegt. Dann sticht man sie mit einer Gabel einigemale bis zur Mitte an und legt sie schichtenweise in einem gla­sierten Topf mit reichlich Dill, einigen Stielen Pfesfer-

Weöer den Mesuch der Schlachtfelder von Gravelotte und Wars-la-Uour durch drei Wagolder gute Wairiotrn

entnehmen wir demGefellsch." heute folgenden anschaulichen Bericht:

Nachdem wir die Schlachtfelder von Weißenburg und Wörth mit dem Veteranen- und Militärverein besucht hattten, fuhren wir Montag, 5. August, nach Straßburg und mit Schnellzug ab Straßburg mittags 12.19 nach Metz, wo wir um 2.55 eintrafen; nach einer Erfrischung ging es mit Zug 4.24 nach der nächsten Station bei Gravelotte (Chatelle) von wo wir nach 1 Stunde die Ferme (Pachthof) Skt. Hum- bert verbunden mit Wirtschaft und das eigentliche Zentrum des Schlachtfeldes von Gravelotte erreichten. Um diesen Hof wurde in der Schlacht furchtbar ge­rungen, wovon die vielen Gräber und Denkmäler bei und in unmittelbarer Nähe desselben Zeugnis ablegen. Von da gingen wir angesichts der vielen Gräber mit stiller Wehmut und in Dankbarkeit für die gefallenen Helden nach Gravelotte und passierten auf diesem Wege die mit so vielem Blute getränkte Gravelotter Schlucht. Wir übernachteten im Hotel Drian in Gravelotte, wo wir sehr freundliche Auf­nahme und gute Bewirtung bei mäßigen Preisen fanden. Am Morgen des 6. August brachen wir um 7 Uhr auf und gingen zunächst auf der schnur­geraden und breiten Landstraße nach Rezonville, be­suchten die Stelle, wo der Todesritt der Brigade Bredow, 7. Kürassier- und 16. Ulanenregiment, statt­gefunden hat; hier sind drei schöne Denkmäler für diese braven todesmutigen Kämpfer errichtet, welche

kraut, wenigen Wein- und Lorbeerblättern und Pfefferkörnern ein. Obenauf kommt eine starke Lage Dill. Nun übergießt man sie mit Salzwasser, etwa 65 Gramm Salz auf zwei Liter reines Brunnen­wasser, so daß das Wasser übersteht. Dann be­schwert man leicht mit einem passenden Holzdeckel und Stein. Die Tomaten werden ganz wie saure Gurken verwendet. Von der genannten Zeitschrift werden Probenummern mit weiteren ähnlichen Re­zepten allen Gartenfreunden, die sich an das Ge­schäftsamt des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau in Frankfurt a. Oder wenden, aus Ver­langen kostenfrei zugestellt.

(Lichtprobe für Eier.) Frischgelegte Eier sind nach der Mitte zu am klarsten, ältere nach dem spitzen Ende. In letzteren findet man je nach dem Alter kleinere oder größere, mehr oder weniger scharf begrenzte, dunkle Punkte. Je älter ein solches Ei ist, desto mehr und größer sind die Flecke. Verdorbene Eier sind undurchsichtig. Wenn Eier längere Zeit unberührt bleiben, sinkt der Dotter nach unten und setzt sich an der Schale fest. Man kann dies prüfen, wenn man das Ei schüttelt. Durch häufiges Um­wenden kann der Dotter selbst alter Eier stets in der Mitte gehalten werden.

(Bescheidener Wunsch.) Professor (zum Dienst­mädchen):Ja, es tut mir leid, ich muß Ihnen als Entlassungsgrund ,Große Unsauberkeit' ins Zeug­nis schreiben!" Dienstmädchen:Ach, Herr Pro­fessor, dann benutzen Sie doch wenigstens einen lateinischen Ausdruck dafür I"

(Erfüllbarer Wunsch.)Wenn nur meine Frau nicht so klein wäre!"Habe nur keine Sorge, die wächst dir schon noch über den Kopf!""

Letzte Nachrichten u. Telegramm«

Münster, 1. Sept. Heute vormittag 10 Uhr fand beim Schloß unter strömendem Regen Feld- gottesdienst in Gegenwart des Kaisers statt. Später besichtigte der Kaiser den Friedenssaal im Rathaus. Um 114/2 Uhr erfolgte die Abreise nach Berlin, wo der Kaiser gegen 8 Uhr eintrifft. Zur Verabschiedung am Bahnhof waren der komman­dierende General v. Biffing und Oberpräsident v. d. Recke erschienen.

Brescia, 1. Sept. Bei dem heutigen Auto­mobilrennen siegte Minoia aus dem Jsotta- Fraschina-Wagen, welcher die 486 Kilometer lange Strecke in 4 Stunden 39 Min, 53 Sek. zurücklegte. Zweiter wurde Homay mit einem Benzwagen in 4 St. 49 Min. 49 Sek., dritter Hanriet auf einem Benzwagen in 4 St. 57 Min. 47 Sek.

Petersburg, 1. Sept. In Gegenwart des Kaisers und der Kaiserin, der Königin von Griechen­land, aller hier anwesenden Großfürsten und Groß­fürstinnen, der Minister und des diplomatischen Korps fand heute die feierliche Einweihung der zum Gedächtnis an Kaiser Alexander II. an der

Stelle, wo er seinen Tod fand, errichteten Kirche Zur Auferstehung Christi" statt. Der Metropolit Antonius vollzog den Weiheakt. Der Kaiser und die Kaiserin waren von Peterhof zu Schiff ein­getroffen. Trotz der polizeilichen Absperrung waren Tausende erschienen, um den Kaiser zu begrüßen. Im Innern der neuen Kirche, an der Stelle, wo Kaiser Alexander II. ermordet wurde, ist der betr. Teil der Straße im alten Zustand erhalten. Das Kaiserpaar besuchte noch die Gräber der Kaiser Alexander II. und III. in der Peter-Paulskathedrale und kehrte dann nach Petershof zurück.

Haag, 1. Septbr. Die von Konstantinopel stammenden Nachrichten, daß dort Erregung herrsche, weil die Friedenskonferenz die Türkei nicht mehr als Großmacht ersten Ranges anerkennen wolle, sind hier völlig unverständlich. Die Konferenz hat sich nie­mals mit der Rangstellung der Türkei beschäftigt; auch liegt kein Antrag vor, welcher direkt oder in­direkt den Schluß zuläßt, daß von irgend einer Seite die Aufwerfung dieser Frage beabsichtigt wird.

Teheran, 1. Sept. Gestern abend wurde der Großwesier beim Verlassen des Parlaments durch 4 Revolverschüsse getötet.

Peking, 1. Sept. Die außergewöhnlichen Be­ratungen über die Lage des Reichs haben heute begonnen. Die Kaiserin hat die einflußreichen Be­rater der kaiserlichen Familie zusammenberufen. Im Hinblick auf die Verschmelzung der Rassen wurde unter Zustimmung des Thrones ein Plan aus­gearbeitet, der dahin geht, die Mandschu-Banner- truppen aufzulösen und andere Unterscheidungen zwischen Chinesen und Mandschus zu beseitigen. Obgleich die Kaiserin infolge zweier Schlaganfälle, die sie innerhalb der letzten 2 Jahre erlitten hat, körperlich verfällt, hat sie weitgehende Aenderungen in der Zentralregierung im Auge, einschließlich der Umwandlung des Großsekretariats in ein modemes Ministerium.

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Bestellungen

auf den

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für den Monat September wollen noch von allen Postanstalten und Postboten, von der Expedition und von unseren Austrägerinnen entgegengenommen werden.

Ameittrn muffen um noch Aufnahme zu

2L L finden längstens morgens 8

Uhr aufgegeben werden.

Größere Anzeigen mittags zuvor (nicht erst abends).

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in einigen Massengräbern bestattet sind. Bekanntlich haben diese mit so furchtbaren Opfern ausgeführten Reiter-Attacken den Erfolg gehabt, daß der zur Offensive übergehende rechte Flügel der französischen Armee den etwas schwachen linken Flügel der deut­schen nicht erdrücken konnte, sondern in seinem Vor­rücken für diesen Tag aufgehalten wurde; wären diese Kavallerie-Attacken deutscherseits nicht gelungen, so hätte möglicherweise eine Niederlage die Folge sein können. Mit dankbaren Gefühlen für die Ge­fallenen verließen wir diesen denkwürdigen Platz und gingen direkt nach Mars-la-Tour. Zwischen Vionville und Mars-la-Tour überschritten wir die französische Grenze; wir erkundigten uns, ob wir ohne Paß die Grenze überschreiten dürfen und ob unser deutsches Geld in Frankreich als Zahlungs­mittel angenommen werde; beides wurde bejaht und so überschritten wir Stunde vor Mars-la-Tour die deutsch-französische Grenze mit gemischten Ge­fühlen, wie wir wohl in Mars-la-Tour aufgenommen werden würden; doch zu unserer Beruhigung wurden wir von keiner Grenzwache noch sonst belästigt und zogen frohen Mutes und großem Durste im Hotel Lorraine ein, wo wir nach verschiedenen Andeutungen uns so weit verständlich machen konnten, daß wir etwas zu Trinken und ein vorzügliches Mittagessen bekamen; es war auch gar nicht zu teuer; beim Abschiede reichte uns der Hotelier freundlich die Hand, überhaupt waren die Leute durchaus anständig und freundlich.

In Mars-la-Tour besuchten wir die Kirche, in welcher sämtliche hier gefallenen französischen Krieger mit Namen an den weißen Wänden angeschrieben sind; wohl einige tausende; von der Kirche gingen

wir zum Gottesacker, wo verschiedene Denkmäler ge­fallener deutscher Offiziere sich befinden, von da zum französischen Nationaldenkmal, welches mit kostbaren Kränzen fast ganz bedeckt war. Nun gingen wir erst auf das wirkliche Schlachtfeld vom 16. August bei Mars-la-Tour und kamen zuerst auf unserer Wanderung nach dem kleinen Orte Flavigny, welcher Flecken in einer weiten Mulde liegt; hier war das furchtbar blutige Ringen zwischen Deutschen und Franzosen, denn die Franzosen standen auf der Höhe Mars-la-Tour-Vionville, die Deutschen auf der Höhe von Gorze und in der Mulde von Flavigny. Um letzteres soweit das Auge reicht nur Gräber und immer wieder Gräber. Dazwischen drin wieder ein Denkmal verschiedener Regimenter; hier muß der Kampf ein furchtbar harter und langer gewesen sein, denn es mögen auf diesem Platze immerhin nach Schätzung der Gräber 10 000 Mann beerdigt sein.

Als wir abends 8 Uhr auf der Höhe von Gorze standen, warfen wir noch einmal einen langen weh­mütigen tränenfeuchten Blick über dieses Totenfeld und nahmen stillen Abschied von den hier ruhenden tapferen Helden und gingen Gorze zu, wo wir um 9 Uhr eintrafen und gutes Quartier fanden; am andern Tage (Mittwoch) dampften wir wieder der Heimat zu. Unvergeßlich werden uns die Eindrücke vom Besuche dieser Schlachtfelder bleiben.

Wir gedachten des schönen Gedichtes von Wolf: Und Haufen Erschlagener decken das Feld,

O Deutschland, wie viel deiner Söhne Hat heute des Kriegsgottes Sense gefällt,

Daß Sieg deine Stirne umkröne;

Es mahnet vor Gott dich ihr blasses Gesicht,

O Deutschland vergiß deiner Toten nicht!

Fr. Rentschler.