Zweites
Zweites
Blatt.
Der Lnztäler.
Blatt.
122 .
Neuenbürg, Samstag den 3. August 1967.
65. Jahrgang.
Rundschau.
Die antideutschen Ausschreitungen in Südtirol.
In weiten Kreisen der Bevölkerung des Deutschen Reiches wie auch der deutschen Bevölkerung Oesterreichs hat die Kunde von den empörenden Angriffen einer starken Rotte wälschtiroler Chauvinisten auf reichsdeutsche und deutsch-österreichische Touristen im Fersental gerechte Entrüstung hervorgerufen. Geradezu haarsträubend nehmen sich die inzwischen bekannt gewordenen Einzelheiten dieser schändlichen Vergewaltigungen harmloser Nergnügungsreisender deutscher Zunge seitens der fanatischen „Jtalianissimi" im Trienter Bezirk aus, es muß schier als ein Wunder bezeichnet werden, daß die aufs ärgste bedrängten und mißhandelten Touristen hierbei überhaupt noch mit dem Leben davongekommen sind. Und was war der Anlaß dieser schändlichen Vorfälle? Die betreffenden Touristen hatten von Bozen aus einen Ausflug nach den ringsum vom italienischen Sprachgebiet umschlossenen deutschen Sprachinseln in Südtirol unternommen, um den Vertretern des Deutschtums auf jenen weltfernen Posten persönlich ihre warmen Sympathien in deren hartem Kampf um die Festhaltung ihrer Nationalität und deutscher Sitten auszusprechen. Das aber war in den Augen der wälschtiroler Jrredentisten, denen die Vereinigung Südtirols mit dem stammverwandten Italien Lebenszweck ist, ein todeswürdiges Verbrechen, und so gingen denn die wälschtiroler Rowdies nach einem offenbar wohlüberlegten Plane gegen die ahnungslosen deutschen Ausflügler vor, um ihnen mit Knüppeln, Steinwürfen und sogar Revolverschüssen zu beweisen, wie unangenehm den „Jtalianissimi" im Trienter Bezirke der Besuch der Ausflügler auf den dortigen deutschen Sprachinseln sei; noch liegen mehrere der mißhandelten Herren an den empfangenen Verletzungen darnieder.
Anerkennenswert ist angesichts eines solchen aller Zivilisation hohnsprechenden Skandals das energische Vorgehen der reichsdeutschen Regierungsvertreter in Wien und Innsbruck, um Genugtuung für die Mißhandlung der deutschen Reichsangehörigen zu erlangen. Der deutsche Geschäftsträger in Wien, welcher den auf Urlaub befindlichen Grafen Wedel vertritt, erhob beim Wiener Auswärtigen Amte amtliche Beschwerde wegen der schandbaren Gewalttätigkeiten der süd- tiroler Deutschenfresser, und ebenso remonstrierte der deutsche Konsul in Innsbruck bei der dortigen Statthalterschaft. Wie man vernimmt, hat die öfter-
Im Kampf «ms Glück.
Roman von C. v. Livonius.
8) - (Nachdruck verboten.)
Der Gewitterregen hatte noch eine zweite Verlobung zuwege gebracht — und das zweite Brautpaar glaubte wenigstens fest — sich zu lieben, und fühlten sich jedenfalls glücklicher als Kroning und Berta es taten.
Maler Lonnay hatte wohl bemerkt, daß Agathe Mergentheim ihn bevorzugte. Seine männliche Eitelkeit fühlte sich dadurch nicht wenig geschmeichelt. Die zarte Schönheit des jungen Mädchens hatte Eindruck auf sein noch immer empfängliches Herz gemacht, dennoch wäre er zu klug gewesen, um das bedeutend jüngere Mädchen zu werben, wenn er nicht erkannt hätte, daß er dadurch nur ihren Wünschen entgegen kam.
Lonnay war ein Mann in den besten Jahren, er besaß eine gesellschaftlich angenehme Stellung und auch seine Vermögensverhältnisse waren, wenn nicht glänzend zu nennen, doch viel geordneter als solche sonst bei den meisten Künstlern zu sein pflegen.
Lonnay war keineswegs gewillt, sich in irgend ein Abhängigkeitsverhältnis zu begeben, wenn er Agathe zu seiner Frau machte — noch weniger wäre es ihm eingefallen, es vielleicht als Gnade zu betrachten, wenn ihm der reiche Mergentheim seine Tochter zur Gattin gab.
Diese Bedenken allein hatten ihn bisher abge-
reichische Regierung denn auch ihr Bedauern über die Vorgänge ausgesprochen und eine eingehende Untersuchung angeordnet, welche hoffentlich zu einer exemplarischen Bestrafung der Rowdies führen wird. Die Behörden in Südtirol waren freilich der Situation nicht gewachsen, es fehlten die primitivsten Vorkehrungen zum Schutze der deutschen Touristen, die Gendarmerie war in absolut unzureichender Zahl zur Stelle, militärische Hilfe scheint entweder gar nicht oder ganz verspätet requiriert worden zu sein; da konnten sich die Jtalianissimi freilich ein gütchen in deutschem Blut tun! Wenn aber das irreden- tistische Gesindel sich einbilden sollte, die Reichsdeutschen würden nunmehr die schützende Hand von ihren zersprengten Volksgenossen in Wälsch-Tirol zurückziehen, so irrt es sich. Im Gegenteil erscheint es jetzt erst recht als Pflichtgefühl für unser Volk, den deutschen Sprachinseln des Trentino die größtmögliche Unterstützung und Förderung zuteil werden zu lassen, und danach wird gehandelt werden. Vielleicht nimmt man auch in der Wiener Regierung den ganzen Zwischenfall zum Anlaß, dem Treiben der südtiroler Jrredentisten schärfer auf die Finger zu sehen.
Den Schutz der Naturdenkmäler läßt sich der Großherzog von Sachsen-Weimar sehr angelegen sein. Im besonderen Aufträge des Großherzogs hat nämlich die großherzoglich hessische Regierung die Bezirksdirektionen des Landes ersucht, ihr Mitteilung zu machen, ob und wo sich in ihrem Bezirke derartige Natur-Denkmäler, altehrwürdige Bäume usw. befinden, die des staatlichen Schutzes wert und bedürftig wären und für deren Erhaltung etwas getan werden müsse. Gleichzeitig hat die Regierung einen gärtnerischen Sachverständigen um Angabe von Mitteln gebeten, welche die schadhaften Bäume möglichst vor ihrem Eingehen zu bewahren und die gesunden in ihrem Bestände zu erhalten geeignet sind.
Berlin, 31. Juli. Der „Allgem. Ztg." wird berichtet: Heute abend fanden die ersten gelungenen Bilderübertragungen zwischen dem Universitäts- laboratorium München und der Ausstellungshalle am Berliner Zoologischen Garten statt. Um Off- Uhr ging das erste Bild von München nach Berlin. Nach zehn Minuten war es hier angekommen. Nun ging es in die Dunkelkammer. Der Film schaukelt im Bade, deutlich beginnt sich die Figur Kaiser Wilhelms in der Uniform der Totenkopf-Husaren zu entwickeln. Das erste Bild ist gut übertragen. Es folgten bis 11 Uhr das Bild des Kronprinzen, des Prinzregenten und des Professors Korn. Aus
halten, sich offen zu erklären. Allein Agathe war ein sehr verwöhntes junges Mädchen; sie hatte immer noch ihren Willen durchgesetzt und wollte es auch diesmal tun. Lonnay hatte ihr vom ersten Sehen an sehr gut gefallen, und seine Zurückhaltung bestärkte sie nur noch mehr in dem Wunsche, diesen klugen, geistvollen Mann zu ihren Füßen zu sehen.
„Was werden die Eltern dazu sagen", fuhr er scherzend fort, „daß ich ihnen ihr blondes Töchterlein entführen will?"
„O, sie werden und müssen „ja" sagen", versicherte Agathe siegesgewiß. „Papa und Mama tun immer meinen Willen, und gar hier, wo es sich um mein Lebensglück handelt, werden sie sich nicht lange besinnen."
Laute Stimmen wurden jetzt hörbar; die Gesellschaft kam aus dem Walde znrück. Alle waren erstaunt, Agathe und Lonnay hier im Trockenen zu sehen. Frau Mergentheim hatte sich schon um die Tochter geängstigt.
Agathe hing sich stürmisch an den Hals der Mutter und flüsterte ihr zu: „Ach, ich bin ja so glücklich!"
Die Mutter ahnte sofort was vorgefallen, sie lächelte gütig und strich besänftigend über der Tochter erhitzte Wange.
Lonnay hatte den kleinen Auftritt beobachtet; er sah, daß er kein ganz unwillkommener Freier war und diese Wahrnehmung erhöhte seine Zuversicht.
>r-
Ehe Lonnay sich zu seinem Werbungsgange
weiter Ferne eilen diese Bilder aufgelöst zu uns her. Fürwahr ein Triumph des Erfindergeistes. In der kommenden Woche sollen nun auch Bilder von Berlin nach München gegeben werden, die Vorführung soll einem geladenen Publikum zugänglich gemacht werden.
Karlsruhe, 31. Juli. Die hiesige Handelskammer hat dem Advokaten Lucien Coquet in Paris, der in einem Rundschreiben die Frage einer wirtschaftlichen deutsch-französischen Annäherung behandelt und darin die Schaffung einer deutschen Handelskammer in Frankreich und einer französischen in Deutschland befürwortet, geantwortet, sie stehe dem Gedanken eines kommerziellen Einvernehmens zwischen Frankreich und Deutschland durchaus sympatisch gegenüber und sie sei gern bereit, alle hierauf abzielenden Bestrebungen nach Möglichkeit zu fördern.
Die von mehreren Handelskammern beantragte Einführung einer Dreipfennigpostkarte mit dem Aufdruck „Drucksache" und eingestempelter Marke ist vom Reichspostamt ab ge lehnt worden. Die Behörde begründete ihre Ablehnung mit dem mangelnden Bedürfnis und damit, daß vermieden werden müsse, die große Zahl der schon vorhandenen, an den Poftschaltern aufgelegten Wertzeichen noch zu erhöhen.
In einem der Prachtschlöffer Ludwigs II., am Herrenchiemsee, wird gegenwärtig ein unvollendetgebliebener Flügel abgebrochen. Die Sprengungen fanden in Gegenwart des Prinzregenten statt und wurden mit einem ganz neuen Mittel vorgenommen. Es waren 3 .Meter dicke und 6 Meter hohe Pfeiler niederzulegen.
Lahr, 30. Juli. Eine recht beachtenswerte Neuerung, die auch anderwärts zur Nachahmung aneifern dürfte, hat die hiesige Sparkasse getroffen. Sie gibt zur zinstragenden Ersparnis von kleineren wie größeren Beträgen unentgeltlich Heimspar- kassen, das sind Sparbüchsen aus Metall, ab, sofern auf ein neues oder schon bestehendes Sparhuch mindestens 5 ^ eingelegt werden. Die Entleerung dieser Büchsen, zu denen die Sparkasse den Schlüssel in Verwahrung hat, sowie die Gutschrift des Inhaltes auf ein Sparbuch geschieht in den üblichen Kassenstunden.
Baden-Baden, 30. Juli. Die Verhandlungen wegen Eingemeindung von Lichtental sind abgeschlossen, und wenn die beiderseitigen Bürgerausschüsse die Genehmigung hierzu rechtzeitig erteilen, soll die Eingemeindung am 1. Januar 1908 er- folgen. Dagegen haben die Eingemeindungsverhand-
rüstete, hatte er eine Unterredung mit seiner Tochter. Lisa sah ihm lächelnd ins Gesicht, als er ihr nicht ganz unbefangen eine weitschweifige Erklärung abgeben wollte.
„Bemühe dich nicht, Papa, ich errate alles", rief sie fröhlich. Warum solltest du nicht noch einmal heiraten wollen? Du, ein Mann in den besten Jahren! Nein, nein, Papa, so engherzig bin ich nicht! Ich gönne dir von Herzen dein Glück. Nimm sie nur, die schwärmerische blonde Agathe — ich fürchte mich nicht vor ihr, sie wird keine böse Stiefmutter sein."
„Ihr werdet euch gewiß recht gut vertragen", meinte Lonnay befriedigt, „und ich hoffe, daß alles beim alten bleiben wird."
„Hm, Papa, nicht so ganz! Ihr werdet jedenfalls ein großes Haus machen — das wird nicht zu umgehen sein. In einige kleine Veränderungen wirst du dich schon fügen müssen, lieber Papa."
Er sah sie etwas verblüfft an. „Meinst du? Wir haben doch auch nicht wie Einsiedler gelebt und mit Freunden oft köstliche Abende verbracht."
Lisa hing sich lachend an den Arm des Vaters und blickte schelmisch zu ihm auf.
„Daß doch selbst die gescheitesten Männer sich von Jrrtümern umfangen lassen", rief sie; „wir haben unseren Verhältnissen entsprechend gelebt — aber vergiß nicht, Agathe ist reich und gewöhnt, ihren Reichtum zu zeigen. In dieser Hinsicht wirst du schon deiner jungen Frau nachgeben müssen."
Lonnay unterdrückte einen Seufzer.