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Der Lnztäler.

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94.

Neuen bürg, Samstag den 15. Juni 19V7.

65. Jahrgang.

rrunSschau.

Kaiser Wilhelm hat sein bevorzugtes Som­merheim, das Neue Palais bei Potsdam, wieder einmal auf längere Zeit verlassen. Zunächst traf er am frühen Vormittag des 12. Juni in Hannover ein, wo er sein Königs-Ulanen-Regiment besichtigte, alsdann reiste er nach Homburg v. d. H. weiter. Daselbst wohnte der hohe Herr am Donnerstag und Freitag dem Automobilwettfahren um den Kaiser­preis für das Taunusrennen bei, wobei auch die Kaiserin und eine Reihe anderer Fürstlichkeiten zugegen waren. Am Samstag abend gedachte der Kaiser nach Hamburg und Kiel weiterzureisen. Wie verlautet, wird der Monarch gelegentlich seiner Anwesenheit in Hamburg die neuen Hafenanlagen in Harburg einer Besichtigung unterziehen.

Wieder einmal wird ein angeblicher Nachfolger des aus seinem Amte scheidenden preußischen Kultus­ministers v. Studt genannt. Diesmal soll es der Unterstaatssekretär Sydow im Reichspostamt sein, der als tüchtiger Jurist und Verwaltungs­beamter bekannt ist. Doch heißt es zugleich, Hr. v. Sydow, der politisch als ein unbeschriebenes Blatt gilt, solle nur den Platzhalter für einen künf­tigen mehr liberal angehauchten Kultusminister in Preußen abgeben.

In Sachen der Schiffahrtsabgaben ist von Preußen eine neue Konferenz von Vertretern der deutschen Bundesstaaten einberufen worden, und zwar nach Heilbronn. Es handelt sich bei ihr um eine Erörterung der Erhebung der Schiffahrtsabgaben auf dem Rheine, weshalb denn auf der Heilbronner Konferenz nur die Rheinuferstaaten Preußen, Bayern, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen vertreten sind, außerdem noch Württemberg.

Der stimmungslose Verlauf des ungarischen Krönungsjubiläums hat offenbar den latenten Konflikt^zwischen Oesterreich u. Ungarn nur verschärft. In Budapester politischen Kreisen geht das Gerücht, der Minister des Innern Graf Andrassy habe demissioniert, weil er vom Kaiser Franz Josef nicht die von der ungarischen Regierung geforderten Ver- fassungsgarantien zu erlangen vermocht habe; im Anschluß hieran wird der baldige Rücktritt des ge­samten Kabinetts Weckerle in Aussicht gestellt.

Die politische Situation in Rußland verdüstert sich immer mehr. Nach in Petersburg umgehenden Gerüchten wird es immer wahrscheinlicher, daß ein Kabinettswechsel und also auch die Auflösung der Duma bevorsteht. Als Premierminister, wird ge­nannt der frühere Minister des Inneren Durnowo oder der Admiral Dubassow. Bezeichnend ist es, daß wieder Kapitalien ins Ausland übergeführt werden und Güter zu jedem annehmbaren Preise verkauft werden. Hierin sieht man mit Recht schlimme Vorboten.

Ueber die Lage in Persien wird aus Teheran ein Beschwichtigungstelegramm versandt Ihm zufolge hielt das persische Parlament am Mittwoch eine außerordentliche Sitzung bei verschlossenen Türen ab. Alle Minister waren anwesend. Es verlautet, daß über die gegenwärtige Lage verhandelt und daß ein befriedigendes Ergebnis erreicht worden sei. Viele Mißverständnisse zwischen dem Kabinett und dem Parlament seien beseitigt und die Notwendigkeit einer unverzüglichen finanziellen Hilfe sei anerkannt worden. Die Lage stellt sich demnach jetzt hoffnungs­voller dar.

In Japan ist eine lebhafte Agitation gegen Amerika im Gange. Die fortschrittliche Partei hielt eine Versammlung ab, welche eine Resolution faßte, daß die Regierung in Washington für die Lage in Kalifornien verantwortlich zu machen und daß die Haltung der japanischen Regierung insoweit eine unbefriedigende sei. Die Resolution bezeichnet es weiter als notwendig, daß die japanische Regier­

ung selbständige Schritte unternehme, um die Sicher­heit der Japaner in Amerika zu gewährleisten. Ferner hat, nach einer Meldung aus Tokio, der Führer der Opposition im Hause der Pairs, Vis- comte Tani, die Ausschreitungen gegen die Japaner in San Francisco als etwas überhaupt Frevelhaftes bezeichnet und gesagt, daß, wenn es der Diplomatie nicht gelingen sollte, eine befriedigende Lösung zu stände zu bringen, der einzige noch offene Weg in einem Appell an die Waffengewalt liege; es sei sicher, daß Amerika nachgeben werde, da die ame­rikanische Bevölkerung in ihren Gefühlen lediglich von kaufmännischen Gesichtspunkten geleitet werde.

Ein englisches Nachrichtenbureau sagt, es sei kein Geheimnis mehr, daß der Papst Vegetarier ge­worden sei. Seine Heiligkeit habe früher viel an Gicht gelitten. Seit Januar sei kein Gichtanfall zu verzeichnen gewesen und der Papst schreibe diese Befreiung von seinem alten Feinde der Tatsache zu, daß er zur vegetarischen Lebensweise übergegangen sei.

Bei dem Automobilrennen um den Kaiser­preis verunglückte u. a. an der scharfen Kurve bei Gräfenwiesbach der Wagen 196 (Adler); der Führer Göbel wurde herausgeschleudert und ist tot. Ebenfalls bei Gräfenwiesbach verunglückte der Wagen 18 8 (Horch); beide Führer sind schwer verletzt und bewußtlos.

Hanau, 13. Juni. Seit '/r12 Uhr steht die Kaserne des hier garnisonierenden Infanterie-Regi­ments Nr. 166 in Flammen. Der Brand konnte gegen ffr2 Uhr bewältigt werden. Der Dachstuhl des nördlichen Seitenflügels und etwa ein Drittel vom Dachstuhl des Mittelbaues sind niedergebrannt. Man kam zu der Annahme, daß bei dem gestern vorübergezogenen Gewitter ein Blitzstrahl in einen Schornstein gefahren sein und einen Balken ent­zündet haben könnte, der dann weiter gekohlt habe. Verbrannt sind Uniformen usw. Auch annähernd 100 neue Gewehre sollen bei dem Brande zu Grunde gegangen sein. Der Schaden an dem Gebäude ist recht beträchtlich.

Metz, 10. Juni. Das in der Nähe von Metz gelegene, während der Belagerung von Metz viel­genannte Schloß Grimont ist gestern abend ab­gebrannt. Auf diesem im Laufe der Belagerung stark befestigten Schlosse, das im Mittelpunkt der Nordbefestigung lag, wurde am 26. August 1870 der erste Kriegsrat abgehalten, der den am 31. Aug. und 1. September erfolgten Ausfall (Schlacht bei Noiseville) beschloß. Dieser Ausfall mißglückte, weil die deutsche Heeresleitung während der Divisionen vom linken auf das rechte dirigierte. In diesem Kriegsrat wurde, in seinemRapport militaire" erklärt,

General Soleille, Kommandeur der Arti die Ansicht ausgesprochen,daß die Rhein! Vaterlande den besten Dienst leiste, w!

Metz verbliebe und dadurch 200 000 Ma Truppen vor die Festung fessele. Daß Rat befolgt habe, seie sein Unglück gewe Besetzung der Festung durch die Deutsch zwei Kompanien Fußartillerie in das S und nach dem Ankauf desselben die Ge in Kasernements verwandelt, die bis ge" von Fort Manteuffel aus belegt wurden, sofortigen Hilfe brannten sämtliche Gebsi Es scheint nicht genügend Wasser vorl^ wesen zu sein.

Nordhausen, 13. Juni. Die St. Joh^ in Ellrich ist gestern abend bis auf die E' mauern niedergebrant. Die beiden Tür' ^ nach 8 Uhr zusammen; einer fiel auf das ^ ^ des Küsters und setzte es in Brand. und das Geläute sind völlig zerstört. Di> ein Geschenk Kaiser Wilhelms I., warei^A Metall erbeuteter Kanonen gefertigt. E war lange Zeit gefährdet.

Württemberg.

Stuttgart, 13. Juni. Die Zweite Kammer hat heute, wie kurz mitgeteilt, die Beratung über den Bahnhofumbau in Stuttgart fortgesetzt. Zunächst sprach der Abg. Dr. Rübling (B.K.), der davon ausging, daß die Wichtigkeit der Frage eine Verlängerung der Beratung um ein paar Tage recht- fertigen würde, und dann einen neuen Vorschlag unterbreitete, durch den der Umbau des Bahnhofs ver­mieden werden sollte. Er dachte sich die Sache so, daß Umgehungsbahnen angelegt werden sollen, um den Güterverkehr um Stuttgart herumzulenken und daß fer­ner die Stuttgarter Vorortsbahnen richtig ausgebaut werden sollen; außerdem könne man auf dem hiesigen Bahnhof zwischen den Ausgängen der beiden Hallen noch 4 Geleise anbringen, jedenfalls müßte Stuttgart einen Beitrag von 20 Millionen leisten. Dieser Plan, der schon in der Ulmer Schnellpost vertreten worden ist, wurde von Geheimrat v. Balz als unausführ­bar und vollständig verfehlt gekennzeichnet; denn durch Umgehungsbahnen werde eine Erleichterung keineswegs eintreten, weil schon jetzt keine unnötige Achse nach Stuttgart hereinkomme. Der Vororts­verkehr solle ja jetzt gerade in einer Weise ausge­staltet werden, daß allen Anforderungen auf abseh­bare Zeit hin Genüge geleistet werde. Hildenbrand (Soz.) erklärte die Vorschläge Rüblings als den Gipfelpunkt der Fantasie und trat den Ausführungen der Schnellpost entgegen, die in dem Stuttgarter Bahnhofumbau eine Förderung städtischer Großmanier­sucht erblicken wollte. Die Eisenbahnverwaltung hätte eigentlich den Umbau aus Gründen der Sicher­heit schon längst in Angriff nehmen sollen. Der Redner trat weiter der Auffassung entgegen, als ob der Bahnhosumbau, über dessen Notwendigkeit kein Zweifel bestehen könne, nur im Interesse Stuttgarts liege. Die Mehrheit seiner Freunde sei für das Schillerstraßenprojekt, das auch mit Rücksicht auf die städtischen Interessen das beste sei und vor allem den Umbau erleichtere. Der Beitrag Stuttgarts in Höhe von 1600000 ^ genüge. Der Abg. Kübel (D. P.) erklärte sich schließlich namens seiner Fraktion für das Schillerstraßenprojekt, weil dem Lande der Mehraufwand von 12*/- Millionen nicht zugemutet werden dürfe. Liesching (Vp.)) legte sich ebenfalls für das Schillerstraßenprojekt ins Zeug. In der nachmittags fortgesetzten Debatte legte der Wg. Mülberger zunächst dar, daß eine befriedigende Lösung nur gefunden werden könne, wenn bei dem Umbau dem Lokalverkehr durch eine völlige Trenn­

höhere, als die jetzt gebotenen Preise spekulieren; dazu fehle ihm aber, namentlich angesichts der großen in Aussicht stehenden weiteren Aufwendungen für die Zwecke der Eisenbahnverwaltung, das Geld. Nachdem der Abg. Frhr. v. Per glas (B.B.) neben einigen anderen Wünschen noch die Anschauung ver­treten, daß man mit dem Umbau des Hauptbahnhofs am besten bis zum Anschluß Württembergs an die preuß.-hessische Eisenbahngemeinschaft gewartet hätte, die ja doch einmal kommen müsse, erwiderte Abg. von Gauß auf einige Bemerkungen vom Regierungstisch