nicht aufgetreten ist. Das obere Strudelbachtal war ein tobender See; der sonst schmale, kleine Bach führte in reißendem Lauf ungeheure Wassermengen mit sich. Die Straße Perouse-Flacht stand stellenweise Meter unter Wasser. In Flacht selbst richtete das Wasser großen Schaden an; einzelne Gebäude mußten gestützt werden, auch in Weissach und talabwärts richtete die tobende Flut Schaden an. Die Aecker sind schwer geschädigt.
Mühlacker, 13. Juni. Zum drittenmal in kurzer Zeit ereignete sich hier wiederum ein schweres Unglück. Der Mechaniker Schönthal, der bei der mech. Werkstätte in Cannstatt angestellt ist, war auf dem Bahnhof Mühlacker an dem Ausfahrtssignal Illingen beschäftigt. Er wollte zwei daherfahrenden Maschinen ausweichen und trat auf das andere Geleise, dort fuhr aber eben ein Güterzug daher, den Schönthal nicht bemerkt hatte. Der Güterzug erfaßte ihn. Der Verunglückte war sofort tot.
Huzenbach, OA. Freudenstadt, 12. Juni. Der Taglöhner Friedrich Stumpp stieg auf einen Fußschemel mit einem offenen Messer. Dieser kippte plötzlich um und Stumpp stürzte mit dem linken Auge in das Messer. Der Unglückliche wurde schwer verletzt in die Klinik in Tübingen verbracht.
Stuttgart, 11. Juni. Auf dem heutigen Großmarkt waren 400 Körbe mit Kirschen zugeführt, Preis 22—28 -ff pr. Pfund, Prestlinge kosteten im Großen 30—45 per Pfund.
klus Staöt, Bez irk unS Umgebung.
Z. Herren alb, 12. Juni. Ihre K. Hoheiten Prinz Paribatra, Prinz Sanbrasatr und Prinz Sommot von Siam, welche zur Zeit in Baden weilen, trafen heute mittag mit dem Automobil in Begleitung des Privatsekretärs Sr. Maj. des Königs von Siam hier ein und stiegen im Hotel Bellevue ab.
Herren alb, 12. Juni. Als ein erfreuliches Zeichen des Aufschwungs unseres Kurorts darf die Tatsache festgestellt werden, daß nach der amtlichen Kurliste jetzt schon das erste Tausend der diesjährigen Besucherzahl überschritten ist. Haben schon die üblichen Frühjahrsausflüge einen großen Verkehr gebracht, so ist jetzt mit dem Eintritt einer günstigen Witterung auch der Zugang unserer Kurgäste ein sehr reger geworden. Die Direktion der Albtalbahn hat dieser Verkehrssteigerung insofern Rechnung getragen, als ein neuer Zug auf der Linie Karlsruhe- Herrenalb eingelegt wurde. (S. M.)
Calw, 12. Juni. Zwei schwere Gewitter brachten am Montag mittag zwar den ersehnten Regen, aber auch Hagelschlag in den Gemeinden Stammheim, Gechingen und Althengstett.
Calw, 13. Juni. In Dachtel wurde Farren- halter Eisenhardt von einem wild gewordenen Farren übel zugerichtet. Das wütende Tier durchraste schnaubend die Straßen, jedermann in Schrecken versetzend. Beherzten Männern gelang es nur mit großer Mühe, den Rasenden zu fesseln. Es war notwendig geworden, das wilde Tier auf der Stelle abzuschlachten.
Auch die Villa bat sie Herrn Linstow zu verkaufen, war aber außer sich, welch' wilde Verzweiflung ihren Vorschlag hervorrief.
Dann kam eine ruhigere Zeit, Olga atmete leichter und glaubte die Gefahr sei vorüber, ihr Vater habe zu pessimistisch in die Zukunft geblickt. Das junge Mädchen ward wieder heiter, malte, sang und freute sich des sonnigen Frühlings, der über der Erde lag.
. Heute morgen sagte ihr die Köchin, Herr Linstow sei schon vor dem Kaffee in sein Arbeitszimmer gegangen und sie beschloß ihn selbst zum Frühstück abzuholen.
Leise schritt sie hinüber und öffnete die Tür zum Schreibzimmer des Vaters; er saß am Schreibtisch, anscheinend emsig beschäftigt, denn er bemerkte ihr Kommen nicht, sein Haupt war vornüber geneigt.
Einen Moment zögerte das junge Mädchen, um ihn nicht zu stören, doch er blieb so sonderbar reglos und mit einem Male rieselte ein eisiges Grauen durch ihren Körper.
„Vater", rief sie leise; er regte sich nicht.
Ihr Herz klopfte ungestüm, kaum vermochte sie vorwärts zu schreiten. Jetzt stand sie neben ihm am Schreibtisch — und stieß einen markerschütternden Schrei aus. Seine Hand war eiskalt und auf dem Teppich lag eine Pistole!
Ueber der Brust war das Hemd des Toten auseinandergeschoben ; vor ihm lagen die Abschiedsworte an sein einziges, heißgeliebtes Kind.
Ein Sonnenstrahl fiel in dem Augenblick auf die I
Brötzingen, 12. Juni. Der hiesige Männergesangverein begeht vom 15. bis 17. Juni das Fest seines 25jährigen Bestehens. Das Hauptinteresse wird der damit verbundene Gesangswettstreit in der neuen großen Turnhalle und der Festzug, an welchem sich über 30 Vereine beteiligen werden, bilden. Der Wettgesang beginnt am Sonntag vormittags 9 Uhr. Die tüchtigsten Dirigenten und Komponisten fungieren als Preisrichter, und es sind für gute Leistungen wirklich wertvolle Ehren- und Geldpreise ausgesetzt.
** Feldrennach, 14. Juni. Der heutige Vieh markt war befahren mit 105 Kühen und Kalbinnen, 64 Ochsen und Stiere, 98 Rinder, 18 Kälber, zusammen 285 Stück. Handel bei Mangel an Käufer und Kauflust schwach bei gedrückten Preisen.
Calw, 12. Juni. (Viehmarkt.) Auf dem heutigen Markt betrug die Zufuhr 454 Stück Rindvieh, 17 Pferde, 431 Stück Milch- und 73 Stück Läuferschweine. Fettvieh wer begehrt; fette Ochsen wurden in vielen Paaren mit über 1000 bezahlt, höchst erlöster Preis 1175 in Kalbinnen und Kühen stand der Kaufpreis auf 400—550 Gesamtverkauf 270 Stück. — Auf dem Schweinemarkc ging der Handel schleppend. Milchschweine lösten 15—30 l/ch Läuferschweine wurden mit 40—85 ^ per Paar bezahlt.
Pforzheim, 12. Juni. Der heutige Schweinemarkt war mit 137 Stück Milchschweinen befahren, von denen 110 Stück, das Paar zu 22—32 verkauft wurden.
Vermischtes.
Berlin, 8. Juni. Der Kaiser vor Gericht. Seitdem der Kaiser Grundbesitzer in Ost- und Westpreußen ist, muß er sich — so schreibt die „Elb-Ztg." — ebenso den Gesetzen fügen, wie jeder andere Sterbliche. Da ist nichts durch ein Machtwort zu erreichen, sondern ein Grenz- oder ein anderer Streit, der im Wege des Vergleichs nicht aus der Welt geschafft werden kann, muß vor dem ordentlichen Gerichte ausgetragen werden. Wir erleben es nun, daß der Kaiser recht wenig Glück mit seinen Prozessen hat. Die vier Prozesse, die der Kaiser bei oft- und westpreußischen Gerichten in den letzten Jahren zu führen sich genötigt sah, haben die Unparteilichkeit des deutschen Richterstandes in vollstem Maße dargetan; sie haben gezeigt, daß der Kaiser und König, in dessen Namen Recht gesprochen wird, vor Gericht nicht ein bißchen besser dasteht, als der Kleinste im Volke. Alle vier Prozesse hat der Kaiser verloren, trotzdem es seine Anwälte es an Eifer und Mühe gewiß nicht haben fehlen lassen. Als die Haffuferbahn den kaiserlichen Gutsherrn von Kadinen verklagte, wurde er verurteilt zur Anerkennung des Wegerechts, wodurch die öffentliche Haltestelle Kadinen überhaupt erst Möglich wurde. In dem Prozeß mit seinem Pächter in Rehberg, einem Bestandteil von Kadinen, wegen Erneuerungsbauten im Betrage von 20 000 Mark erkannte das Elbinger Landgericht die kläger-
Buchstaben; klar und fest standen sie aneinandergereiht mit all dem Herzeleid, das sie bargen.
„Meine geliebte, teure Olga!
Als ein Selbstmörder verlasse ich diese Welt. Ich nenne nichts mehr mein eigen — nicht einmal den ehrlichen Namen meiner Väter. Ich vermag nicht weiter zu leben I O, meine Olga, könntest Du in mein Herz sehen, wie es ringt und kämpft und dennoch unterliegt — so würdest Du mir vergeben. Ich bin aus Feigheit zum Betrüger geworden — Gott sei mir Sünder gnädig.
Dein unglücklicher Vater."
Doch sie konnte den ganzen Brief jetzt nicht lesen. In die Knie sank sie vor dem teuren Toten, ihr Haupt neigte sich über seine erkaltete Hand und die Sinne schwanden ihr.
Kein Laut ringsum, noch wars im Hause still und auf der Straße. Da schlug die Kontorstunde und leise ward an die Tür gepocht; dann öffnete der alte Hausmann geräuschlos — und blieb entsetzt stehen.
Und dann drängten die Kontorbeamten herein, fremde neugierige Menschen; ein Arzt trug Olga in das Schlafzimmer gerade als die Gerichtsbeamten erschienen, um den Tatbestand aufzunehmen. Mitleidige Hände falteten den Abschiedsbrief an die unglückliche Tochter zusammen, damit kein fremdes Auge die letzten Zeilen des Toten lesen solle. Die stille Villa ward heute nicht leer von fremden Menschen, seit das Unglück über die Schwelle geschritten.
An Olgas Bett saß die Majorin Leutmann und
ischen Ansprüche nur zum zehnten Teil an und legte dem Gutsherrn von Kandinen der Kosten zur Last. In dem Prozeß gegen den Romintener Gastwirt auf vorzeitige Räumung des Gasthofs wegen angeblicher Verlragswidrigkeit konnte das Landgericht Insterburg den Ansprüchen des Kaisers nicht stattgeben, und endlich verfiel die gegen diesen Gastwirt gerichtete und auf Entziehung der Schankerlaubnis lautende Klage dem Schicksal der Abweisung, welches Urteil der Bezirksausschuß in Gumbinnen fällte.
Letzte Nachrichten u. Telegramm«
Homburg v. d. H., 13. Juni. Der Kaiser besichtigte heute nachmittag die im Bau befindliche evangelische Erlöserkirche und machte dann einen einstündigen Spaziergang durch die Kuranlagen. Später besuchte der Kaiser das Modell eines am Falkenstein zu errichtenden Offiziersgenesungsheims.
Paris, 13. Juni. Im heutigen Ministerrat gab der Minister des Aeußeren, Pichon, Kenntnis von einem telegraphischen Bericht des französischen Gesandten in Tanger, Regnault, worin es heißt, der Maghzen bestätige in völlig befriedigenden Schreiben seine vorangegangenen Antworten auf die französischen Beschwerden, insbesondere erneuere er ausdrücklich seine Zustimmung zu den Forderungen Frankreichs hinsichtlich der Organisierung der Polizei in den Grenzdistrikten. Er versichere, daß der Sultan die Absicht habe, unverzüglich nach dem Süden zu reisen, um zu ermöglichen, daß Frankreich tatsächlich alle versprochene Genugtuung zukomme.
Paris, 13. Juni. Der Minister des Aeußern, Pichon, teilte im Ministerrat mit, er habe der japanischen Regierung vorgeschlagen, den nächsten Montag für die gleichzeitige Veröffentlichung des französisch-japanischen Uebereinkommens festzusetzen; wenn sich Japan einverstanden erkläre, werde er den Wortlaut in der Kammer verlesen.
Paris, 13. Juni. Bis heute mittag hatten die Gemeindebehörden von 149 der 1320 Gemeinden, die zu dem von der Weinbaukrisis betroffenen Departements gehören, amtlich ihren Rücktritt angezeigt.
Bukarest, 13. Juni. Das Gesamtergebnis der Kammerwahlen stellt einen großen Erfolg der Regierung dar. Die liberale Regierung, die zur Zeit ihrer letzten Ministerschaft die Finanzen des Landes hob, wird jetzt die Humanitären Reformen und die Reformen auf dem Gebiet der Rechtspflege in Angriff nehmen.
New-Jork, 13. Juni. Eine Depesche des „New-Aork Herald" aus Rio de Janeiro besagt, die Nachricht vom Scheitern der Kaffeevalorisations- anleihe hätte dort eine Panik hervorgerufen. Es wird eine schwere Geschästskatastrophe befürchtet.
Spezia, 13. Juni. Ein großes Schadenfeuer hat heute die Werft Muggiano, die Verwaltungsgebäude, die technischen Bureaus und mehrere Magazine zerstört. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen.
legte gütig besorgt Eiskompressen auf das fieberglühende Haupt des armen Mädchens.
Im Arbeitszimmer Linstows aber brannte bis spät in die Nacht Licht. Kopfschüttelnd saß der treue, alte Buchhalter über den Büchern seines Herrn — denn sie stimmten nicht. Immer dasselbe fürchterliche Resultat. Seufzend nahm er noch ein anderes Kontobuch zur Hand, schlug es auf und begann eifrig zu rechnen. Grell beleuchtete die Lampe die spärlichen, weißen Haare des Alten, seine gefurchten, welken Züge, dann stönte er tief auf, polternd sank das Buch zu Boden und eine Träne rann über seine Wange. „Allmächtiger Himmel vergieb ihm, er war ein Betrüger ohne Ehre und Gewissen", stammelte er ganz fassungslos; ihm war, als habe er einen Schlag vor die Stirn bekommen, denn sein Herr hatte ihm stets als ein Vorbild an Ehre und Gewissenhaftigkeit gegolten.-
Und wieder vergingen Tage und Wochen mit all dem unabwendbaren Leid für Olga.
Herrn Linstows elegante Villa wurde, wie sie war, an eine reiche russische Familie verkauft; auf den Erlös legten die Gläubiger Beschlag und für das arme Mädchen blieb nichts übrig. Mit Tränen heißer Dankbarkeit war sie auf Frau Leutmanns Vorschlag eingegangen, als Gesellschafterin bei derselben zu bleiben; es erschien ihr wie eine Fügung vom Himmel. Der Sohn der Majorin Leutmann weilte mit seinem Schiffe im fernen Japan und die alte Dame liebte das schöne Mädchen, deren Mutter sie einst gekannt, wie eine eigene Tochter.
— Fortsetzung folgt. —