eine Reichstagswahlkreis-Versammlung, die sich eines sehr zahlreichen Besuchs zu erfreuen hatte. Landtagsabg. Kübel erstattete zunächst Bericht über die Tätigkeit des Landtags. Redner verurteilte die unnützige Rederei bei vielen Fragen, die eine reichsgesetzliche Lösung finden werden. Das Zentrum scheine es darauf abzusehen, durch unnötige Debatten das Ansehen der Zweiten Kammer zu diskreditieren. Auch bei der Präsidentenwahl habe es aus taktischen Gründen auf die Deutsche Partei einzuwirken versucht. Die Finanzgemeinschaft bezüglich der Schifffahrtsabgaben sei ebenso eine nationale Frage wie die Betriebsmittel - Gemeinschaft. Hinsichtlich der Schulfrage bedeute die Erklärung des Kultministers, nach der die Regierung bezüglich der Schulaufsicht nicht hinter die Forderungen der Novelle von 1902 zurückgehen, sondern eher noch weitere Forderungen erheben werde, ein wertvolles Zugeständnis. In der Bahnhoffrage vertrete Redner persönlich den Standpunkt, daß die Verlegung des Hauptbahnhofs nach Cannstatt die zweckmäßigste Lösung gewesen wäre. Im jetzigen Stadium der Angelegenheit müsse aber mit dem Schillerstraßenprojekt gerechnet werden, das besonders in finanzieller Beziehung vorteilhafter sei. Reichtagsabg. Professor Dr. Hieb er verbreitete sich über Reichstagsfragen. Er beleuchtete insbesondere die durch die Reichstagsauflösung und die Neuwahlen hervorgerufene vollständig veränderte politische und parlamentarische Situation, die der Regierung eine in nationalem Sinn wirkende geschlossene Mehrheit verschafft habe, wie sie bereits Bismarck im Jahre 1884 gefordert hatte, um eine überseeische Politik mit Erfolg treiben zu können. Im Zusammenhang mit der Geschichte der Reichstagsauflösung wandte sich Redner gegen die frühere oft beobachtete Teilnahmlosigkeit der Jugend, die sich lange in einer Simplizissimus- stimmung gefallen habe und sich zu Blasiertheit und Nörgelei hat Hinreißen lassen. Das jetzige Reichstagspräsidium entspreche als richtige uns würdige parlamentarische Vertretung den Wünschen des überwiegenden Teils der Bevölkerung. Weiterhin betonte Redner insbesondere die veränderte Haltung der Freisinnigen in nationalen Fragen, was freudig zu begrüßen sei. Man solle aber durch Auffrischen alter Erinnerungen die vollzogene Wandlung nicht zu hemmen versuchen. Die konservativ - liberale Paarung habe sich zum Aerger des Zentrums recht gut bewährt und auch schon Früchte gezeitigt. In allen nationalen Fragen habe die neue Mehrheit zusammen geh alten. Das Zentrum sei über die neue parlamentarische Situation sichtlich verärgert, nicht einmal mehr einen Bissen Brot nehme es vom Reichskanzler, dafür suche es aber fortwährend Zwiespalt zwischen den Blockparteien zu säen. Es ist richtig, daß das liberale Programm in vielen Punkten noch nicht verwirklicht ist, das könne aber auch nicht von heute auf morgen geschehen, sondern dazu bedürfe es einer jahrelangen hingebenden Arbeit. Bezüglich der Hofkamarila führt Redner aus, daß solche Dinge immer in irgend einer Form bestanden haben, auch in republikanischen Staaten. Wir halten unsere Hand davon, erheben aber entschieden die Forderung, daß die Umgebung des Kaisers in sittlicher Beziehung eine saubere, ehrliche und reine ist und der Reichskanzler allein für . die Führung der Reichsgeschäfte verantwortlich ist. Sodann besprach Redner die dem ^Reichstag zunächst vorzulegenden Arbeiten, berührte wiederum die Frage der Betriebsmittelgemeinschaft und sagte bezüglich der Haager Konferenz, daß die beste Garantie des Friedens die Wehrmacht und die Friedensliebe Deutschlands bildeten.
Stuttgart, 8. Juni. Die gegenwärtig hier im Königsbau veranstaltete Brief marken-Aus- stellung enthält viel Sehenswertes. Das Interesse der Besucher erweckt insbesondere die Markenkollektion, welche die K. Generaldirektion der Posten und Telegraphen vorführt. Es sind darunter Seltenheiten ersten Ranges, die das Herz jedes Philatelisten erfreuen müssen.
Stuttgart, 8. Juni. Auf der Mannheimer Jubiläumsausstellung haben sich die Stuttgarter Gärtner bei der Sommerbepflanzung in sehr hervorragender Weise beteiligt. Der Friedrichsplatz, der Glanzpunkt der Ausstellung, wurde von den Firmen Wilh. Pfitzer, Wilh. Bofinger, G. Ernst, G. Pilz, sämtlich in Stuttgart, C. Faiß und K. Enßlin in Feuerbach mit etwa 20 000 Pflanzen, die in Wagenladungen dorthin befördert wurden, angepflanzt. Karl Haußmann hat am gleichen Platze 100 der schönsten Lorbeerbäume aufgestellt. In den Augustaanlagen befindet sich nochmals Wilh. Pfitzer mit einer großen Anzahl von mit Sommerblumen
bepflanzten Booten. G. Ernst hat einen der von Professor Lknger-Karlsruhe entworfenen Sondergürten angepflanzt. Gartendirektor Gaucher-Stuttgart hat eine ganz hervorragende Leistung auf dem Gebiet der Kernobstzucht gebracht, wie solche in Deutschland noch nie gezeigt wurde.
. Stuttgart, 10. Juni. Der Begründer des würlt. Schulturnens, Prof. Dr. Otto Heinrich Jäger, tritt heute in sein 80. Lebensjahr. Geboren zu Bürg a. Kocher studierte Jäger in Tübingen Philosophie und machte sich schon als 21 jähriger Student auf dem Gebiet der Leibesbildung einen Namen durch seine preisgekrönte Schrift über die „Griechengymnastik". Nachdem er einige Zeit als Privatdozent in Tübingen tätig gewesen war, wurde er 1854 als Turnlehrer an die Kantonschule nach Zürich berufen, von 1859 bis 1862 wirkte er an der dortigen Hochschule als Professor der praktischen Philosophie und Pädagogik. Im Jahre 1862 erhielt er einen Ruf nach Stuttgart als Leiter und Vorstand der staatlichen Turnlehrer- Bildungsanstalt. In dieser Stellung hat er bis zum Herbst 1890 in einer Reihe von Kursen zahlreiche Turnlehrer ausgebildet, die noch heute zu ihm als ihrem Meister in Dankbarkeit und Verehrung aufschauen. Seit seiner Pensionierung lebt er in München.
Stuttgarts. Juni. Die Zentralvermittlungsstelle für Obstverwertung gibt auf Grund der Erhebungen des K. Statistischen Landesamts von Mitte Mai ds. Js. nachstehende Zusammenstellung über Obstaussichten in Württemberg. Es stehen 1) die Aepfel: sehr gut nirgends, gut in den Oberümtern Böblingen, Leonberg, Stuttgart (Stadt und Amt), Rottenburg, Sulz, Ellwangen, Biberach, Ravensburg. Sehr gering dagegen in den Oberämtern Maulbronn, Waiblingen, Nagold, Nürtingen, Spaichingen, Tübingen, Göppingen und Wangen. 2. die Birnen: sehr gut nirgends, gut in den Oberämtern Böblingen, Cannstatt, Stuttgart (Stadt u. Amt), Horb, Neuenbürg, Mergentheim, Neresheim, Biberach, Blaubeuren und Leutkirch; dagegen sehr gering in den Oberämtern Waiblingen, Nagold, Tübingen, Gaildorf, Oehringen, Welzheim. In allen übrigen Oberämtern stehen Aepfel und Birnen nur gering bis höchstens mittel.
Stuttgart, 10. Juni. Am Samstag abend ist es gelungen, die Mutter des am 30. Mai bei Untertürkheim aus dem Kanal gelandeten, durch Erdrosselung getöteten Kindes in einem 19 Jahre alten Dienstmädchen zu ermitteln und festzunehmen. Sie ist geständig, daß sie das Kind unmittelbar nach der Geburt getötet hat. Ihr Geliebter, ein gleich alter Kaufmann, der die Leiche auf seinem Fahrrad sortgeschafft und bei Weil in den Neckar geworfen hat, ist gleichfalls festgenommen.
Reutlingen, 11. Juni. Am 25. ds. Mts. wird die Handwerkskammer für den Schwarzwaldkreis hier ihre Frühjahrsversammlung abhalten. Auf der Tagesordnung steht u. a.: Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf, betr. den sogen, kleinen Befähigungsnachweis, Ankauf des bisherigen Kameral- amtsgebäudes.
Tübingen, 11. Juni. Unter dem Vorsitz von Stuhlfabrikant Schäfer hier, und in Anwesenheit von Handwerkskammersekretär Freytag-Reutlingen fand gestern die Gründung einer freien Bezirksinnung für das Schreiner- Glaser- und Drehergewerbe statt.
Tübingen, 9. Juni. Auf dem Gefangenentransport hierher hat sich der Agent Steinhäuser von hier, der seit Jahren für eine badische Krankenkasse Geschäfte machte und viele Kunden betrogen hatte, im Ortsarrest während der Mittagspause erhängt.
Eßlingen, 10. Juni. Ein hier in Stellung befindlicher 21 Jahre alter Kaufmann von Ebingen wollte unterhalb der Drahtseilfährte den Neckar durchschwimmen, als er plötzlich von einem Schlaganfall betroffen untersank und ertrank.
Aalen, 11. Juni. Die Frage einer Fortführung der von Gaildorf bis Untergröningen gehenden Kochertalbahn über Abtsgmünd nach Wasseralfingen-Aalen scheint durch einen Beschluß der letzten Amtsversammlung ihrer Verwirklichung bedeutend näher gerückt zu sein. Diese hat nämlich beschlossen, für jeden Kilometer Neubau einen baren Zuschuß von 5000 Mk. zu leisten. Zugleich wurde eine diesbezügliche umgehende Eingabe an den Landtag beschloffen.
Laupheim, 10. Juni. Die Amtsversammlung beschloß die Gehaltsregulierung der Kassenärzte, die eine wesentliche Erhöhung der bisherigen, im Vergleich mit anderen niederen Gehalte brachte, indem man eine Belohnung von 3 Mk. für jedes Mitglied der Bezirkskrankenkasse und 2,50 Mk. für
ein Mitglied der Bezirkskrankenpflege-Versicherung zugrunde legte, so daß für die vier Distrikte ein Fixum von 10 200 Mk. ausgesetzt wurde.
Von der oberen Donau, 5. Juni. Bei Abnahme eines auf einem Hause angebrachten Ständers der elektrischen Leitung in Tuttlingen machte man, wie die „Frkf. Ztg." schreibt, die Entdeckung, daß er — die Ständer sind mehrere Meter lang und hohl — nahezu ganz mit Vogelleichen angefüllt war. Untersuchungen an anderen Ständern haben ähnliche Ergebnisse geliefert. In einem Ständer wurden neben einer größeren Zahl von Vogelskeletten 30 Stück Vögel aller Art gezählt. Ueber den Ständern findet sich eine Schutzkapsel, die aber nicht dicht anschließt, so daß die Schutz- oder Nistgelegenheit suchenden Vögel eindringen können. Ein Aufstiegen in der engen Röhre ist dann nicht mehr möglich; sie wird den armen Tieren zum Grab. Der Vogelzuchtverein in Tuttlingen ist bei der Behörde vorstellig geworden.
Stuttgart. sLandesprodnktenbörse.j (Bericht vom 10. Juni.) Wesentliche Veränderungen sind im Getreidegeschäft in dieser Berichtswoche nicht'eingetreten. Wie immer in dieser Jahreszeit bildet die Witterung den Hauptfaktor der Preisbildung und da dieselbe nach den vorliegenden Meldungen überall der Vegetation fortgesetzt günstig war, da außerdem auch die osteuropäischen Produk- tionslander des längst ersehnten Regens teilhaftig wurden, da endlich dis belangreichen Verschiffungen der letzten Wochen den nächsten Bedarf reichlich decken, so ist eine weitere, allerdings nicht erhebliche Abfchwächung der Preise eingetreten. Die Gesamtlendenz ist flau. Unter diesen Umständen beschränkte sich der Verkehr an der heutigen Börse auf die Deckung des nötigsten Bedarfs. — Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 31 Mk. 50 Pfg. bis 32 Mk. — Pfg., Nr. 1: 30 Mk. - Pfg. bis 30 Mk. 50 Pfg., Nr. 2: 28 Mk. 50 Pfg. bis 29 Mk. — Pfg., Nr. 3: 27 Mk. — Pfg. bis 27 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 25 Mk. — Pfg. bis 25 Mk. 50 Pfg. Suppengries 31 Mk. 50 Pfg. bis 32 Mk. — Pfg. Kleie 10 Mk. — Pfg. (ohne Sack). »
AbmulkMknts-ErilkiikrliiU.
Den verehelichen Postabonnenten wird jetzt bekanntlich
eine wesentliche Erleichterung
hinsichtlich der Erneuerung des Abonnements beim Quartalswechsel geboten. In der Zeil vom 15. bis 25. ds. Mts. lassen die Postanstalten überall durch die Briefboten die Abonnementsquittungen für das neue Quartal vorzeigen. Da die Unterschriften der zur Empfangnahme der Abonnementsgelder berechtigten Boten volle Gültigkeit haben, darf wohl auf eine immer regere Benutzung dieser so überaus dankenswerten Einrichtung gehofft werden.
Werlag des „Hnztälers."
müssen — um noch Aufnahme zu
L,_L_?_ finden — längstens morgens 8
Uhr aufgegeben werden.
Grötzere Anzeige« mittags zuvor (nicht erst abends).
UeklametLU.
Keste Bezugsquelle
einer eleganten Garderobe ist die Firma:
V. VnvKelldllt, luedkauälunx
Neuenbürg, Hauptstr. 149 I. St. Eigenes Atelier
für Anfertigung sämtlicher Herrengarderoben.
Mchliiettr-
C. Büxenstein Nachf., Wenenöürg und Carl Bechtle, KerrenatS.
Kündend weiße Wäsche
Dr. Thompson's Seifenpnlver, Marke Schwa«.
Dasselbe ist frei von jeder schädlichen, ätzenden Substanz und greif: die Wäsche auch nicht im geringsten an. — Ueberall zu haben.
IM- Hiezu zweites Blatt.