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Fernsprecher Nr. 4.
„Lnztäler, Neuenbürg".
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Reue» b «rg, Samstag den 8. Juni 1907.
65. Jahrgang.
ZmnSschau
Der Kaiser hielt in der ablaufenden Woche nochmalige Truppenbesichtigungen beim Gardekorps mit anschließenden Uebungen der betreffenden Truppenteile auf dem Döberitzer Uebungsplatze ab, womit die diesjährigen militärischen Frühjahrsbesichtigungen durch den Kaiser zum definitiven Abschluß gelangt sein dürften. — Am 16. Juni trifft das Kaiserpaar in Homburg v. d. H. ein, um den Rennen auf der Horner Bahn beizuwohnen.
Das politische Leben in Deutschland steht zur Zeit unter dem Eindrücke des Berliner Hofskandals, der durch gewisse Angriffe Hardens in seiner „Zukunft" auf den gewesenen Berliner Stadtkommandanten Grafen Kuno Moltke, besonders aber auf den ehemaligen Botschafter Fürsten Philipp Eulenburg und dessen Liebenberger „Tafelrunde" hervorgerufen worden ist. Noch ist es nicht gewiß, ob die ganze Affäre zu einem gerichtlichen Austrage kommen wird, da in diesem Prozeß dann auch allerhand peinliche und schmutzige Geschichten aufgedeckt werden müßten. Aber wenigstens das eine steht schon fest, daß der unheilvolle Einfluß, den die Eulen- burgsche Camarilla schon seit Jahren am Berliner Hofe und auf den Gang der gesamten inneren Politik ausübte, nun endlich an höchster Stelle aufgedeckt worden ist. Hoffentlich reinigt nun das ausgebrochene Gewitter die stickige Berliner Hoftluft gründlich! Dem „Berl. Lokalanz." zufolge hat der verabschiedete Berliner Stadtkommandant, Graf Kuno Moltke, da die Oberstaatsanwaltschaft auch ablehnte, öffentliche Anklage gegen den Herausgeber der „Zukunft", Harden, zu erheben, sich beschwerdeführend an den Justizminister gewandt.
Der zum Regenten von Braunschweig erwählte Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg und seine Gemahlin haben in feierlicher Weise ihren Einzug in die Stadt Braunschweig gehalten. Oberbürgermeister Retemeyer hielt eine Ansprache, in der er dem Wunsche Ausdruck gab, daß das hohe Regentenpaar sich in den Mauern der Stadt wohlfühlen und sein Walten derselben zum Segen gereichen möge. Der Herzog dankte mit warm empfundenen Worten. Weiterhin fand die gegenseitige Begrüßung des Herzogspaares und des Landtages, Galatafel und Festvorstellung im Hoftheater statt. Im amtlichen „Braunschweigischen Anzeiger" wurde das Regierungsantritts-Patent des Herzogs Johann Albrecht sowie ein Amnestie-Erlaß veröffentlicht.
Der Besuch der englischen Journalisten auf deutschem Boden hat einen Verlauf genommen, durch den die Hoffnung, wie vor acht Tagen an dieser Stelle ausgesprochen, vollauf gerechtfertigt worden ist. Sowohl aus persönlichen Aeußerungen der Beteiligten wie aus Kundgebungen der englischen Presse geht mit Deutlichkeit hervor, welche befriedigenden Eindrücke unsere Gäste von Wesen und Wirken der deutschen Nation empfangen haben. Sie werden diesen Eindrücken nach ihrer Heimkehr zweifelsohne auch in der breitesten Oeffentlichkeit Ausdruck geben und damit an ihrem Teile die britische Volksstimmung im deutsch-freundlichen Sinne beeinflussen. Als bemerkenswerteste Episode der englischen Besuchsreise muß nächst der Begrüßung durch unfern Kaiser die feinsinnige und geistvolle Bankettrede des Unterstaatssekretärs v. Mühlberg gelten. In durchschlagender Kritik vernichtete Ex- cellenz v. Mühlberg die Legende, daß Deutschland Beunruhigung und Bedrohung des Friedens in die Welt trage. Wer nach diesen Ausführungen noch länger an jene Legende glaubt, der ist entweder mit heilloser Blindheit geschlagen, oder er will nicht sehen.
Graz, 7. Juni. Heute nachmittag ist in Vertretung des Königs von Württemberg Herzog Ulrich von Württemberg, sowie Prinz Reuß zur morgigen Enthüllung des Denkmals für den
Herzog Wilhelm von Württemberg hier eingetroffen. Sie wurden auf dem Südbahnhof von Erzherzog Friedrich mit den Spitzen der Behörden und von einer Ehrenkompagnie des 7. Infanterieregiments mit Fahne und Musik empfangen. Abends fand ein Zapfenstreich statt. Die Stadt prangt im Festschmuck.
Der Seemannsstreik in Frankreich ist definitiv beendigt.
Die Auflösung der russischen Reichsduma gilt allgemein als nahe bevorstehend. Als eines der Anzeichen für diese bevorstehende Katastrophe wird die Aeußerung des Zaren beim jüngsten Empfange des Dumapräsidenten Golovin betrachtet, die Duma arbeite saumselig. — Wieder hat in einem der russischen Elite-Regimenter eine Meuterei stattgefunden, und zwar im Leib-Husaren-Regiment in Zarskoje Scelo. Es waren daselbst Unruhen entstanden, angeblich infolge des strengen Auftretens eines neuen Eskadronchefs.
Die „Tribüne" meldet aus Peking: Obgleich es hieß, daß die chinesische Regierung die Automobilfahrt Peking-Paris, die am 10. Juni beginnen soll, genehmigt habe, weigert sich die Regierung jetzt, für den Schutz der Teilnehmer Bürgschaft zu übernehmen.
Mannheim, 5. Juni. Zu Ehren der Anwesenheit des Großherzogspaares in unserer Stadt veranstalteten gestern nachmittag die hiesigen Volksschulen ein großes Kinderspielfest auf den Rennwiesen. An der Veranstaltung nahmen 5230 Knaben und 4477 Mädchen der oberen Volksschulklassen teil und 670 Lehrer und Lehrerinnen leiteten die Spiele der Kinder. Das Spielfest bot einen unvergleichlich schönen Anblick und hatte etwa 30 000 Zuschauer angelockt. Die Fürstlichkeiten wohnten dem Feste bei und verfolgten mit sichtlichem Interesse die gut einstudierten Darbietungen der Jugend. Das badische Schulturnen kam vorzüglich zur Geltung. Die Knaben zeigten einen Fahnenreigen in Form eines Sterns, die Mädchen einen Blumenreigen und schließlich folgten Gruppenübungen. Nach Beendigung des Spiels wurden die Kinder von 300 Damen der ersten Gesellschaftskreise der Stadt bewirtet. Die Preisverteilung an die Sieger machte den Schluß dieses größten Spielfestes, das jemals in Deutschland stattgefunden hat. Erst gegen 6 Uhr verließ das Großherzogspaar unter dem stürmischen Jubel der Kinder den Festplatz.
In der kommenden Woche (vom 9. bis 16. Juni) stehen in der Mannheimer Ausstellung immer noch die beiden Sonderausstellungen, die am 6. Juni eröffnete Internationale Kakteen- und Sukkulenten-Ausstellung und die am 8. Juni eröffnete Internationale Ausstellung von Erdbeeren, Frühkirschen, Frühsteinobst u. Frühgemüse, im Vordergrund des Interesses. Am 10. Juni finden zwei Demonstrationen über Erdbeeren- Verpackung und Konservierung statt. Am Dienstag, 11. Juni ist Beleuchtungsabend und am Freitag. 14. Juni große Festillumination. Wer die bisherigen Veranstaltungen dieser Art gesehen hat, muß zugeben, daß etwas ähnlich Großartiges bisher noch nicht gezeigt worden ist. Ende nächster Woche findet, wie schon jetzt erwähnt sein mag, das mit mehreren Rosen - Sonderausstellungen zusammenhängende Rosenfest statt.
Hannover, 5. Juni. Eine peinliche Spielerund Wechsel-Affäre erregt augenblicklich in hies. Offizierskreisen großes Aufsehen. Vor einigen Tagen wurden 6 Offiziere, die zum Militär-Reitinstitut kommandiert waren, plötzlich zu ihren Regimentern zurückversetzt. Eine Anzahl weitere zu diesem Institut kommandierte Offiziere wurden mit 8 Tagen Stubenarrest belegt und allen anderen zur Reitschule kommandierten Offizieren der Besuch eines ersten hiesigen Hotels, in welchem die Herren der Reitschule sonst viel zu verkehren pflegten, bis auf weiteres
verboten. Wie nun verlautet, sind diese Maßnahmen durch den Kommandeur des Militär-Reitinstitutes, Generalleutnant v. Festenberg-Pakisch, getroffen worden, dem zu Ohren gekommen war, daß von einer Anzahl Offizieren des Reitinstitutes stark dem Spiele gehuldigt wurde, welches für mehrere Offiziere bedeutende Verluste brachte. Die Sache wurde durch den Vater eines bei der Affäre stark engagierten Dragoner-Offiziers dem Kommandeur angezeigt und zugleich nach Berlin gemeldet, wo jetzt über die unliebsame Affäre ein ausführlicher Bericht eingefordert wird.
Bombay, 7. Juni. Die Stadt Karachi (befestigte Seestadt mit etwa 110 000 Einw.) ist gestern von einem verheerenden Zyklon heim- gesucht worden. Kaum ein Gebäude blieb verschont. Mehrere Dampfer wurden auf das Ufer geschleudert. Menschen sind nicht umgekommen.
Eine Feuersbrunst zerstörte den Ort Stolbzy im Gouvernement Minsk vollständig. 500 Häuser und das Post- und Telegraphenamt liegen in Asche. Die Lage der Einwohner ist verzweifelt.
Württemberg.
Stuttgart, 7. Juni. In der Zweiten Kammer befürwortete gestern Rembold-Aalen (Ztr.) unter Hinweis auf die gestrigen Unfälle den Antrag, Wettfahrten mit Automobilen (Herkomer- fahrt) durch Württemberg nicht zu gestatten. Dem Publikum und namentlich den Kindern müsse Schutz gewährt werden. Jedes Menschenleben sei mehr wert als die Ausübung des Sports. Minister v. Pischek betonte, daß nicht nur die Volksvertretung, sondern auch die Regierung die Pflicht habe, das Publikum zu schützen. Dieser Pflicht sei die Regierung nachgekommen durch besonders scharfe Bedingungen für die Genehmigung der Herkomer- fahrt, die nur eine Zuverlässigkeitsfahrt sei. Dr. Eisele (Vp.) meinte, der Antrag des Zentrums schieße über das Ziel hinaus und gefährde unsere Automobilindustrie. Seine Partei lehne den Antrag ab. Gröber (Ztr.) führte aus, wenn man die Her- komerfahrt eine Zuverlässigkeitsfahrt nenne, so sei das ein leeres Wort. Wer eine solche Fahrt gestatte, trage auch die Verantwortung für einen Unglücksfall. Die Durchführung der Vorschriften könne man gar nicht überwachen. Minister v. Pischek erwiderte, daß er angesichts der gegebenen Vorschriften (in Gemeinden 12 Kilometer, auf den Landstraßen 30 Kilometer Fahrgeschwindigkeit) die Verantwortung tragen könne. Hey mann (Soz.) erklärte sich ebenfalls gegen den Antrag, da die gegebenen Vorschriften genügend seien. Ob die hohen und höchsten Herrschaften die Hälse brächen, sei ihm gleichgültig. H au ß mann-Balingen (Vp.): Nachdem die Fahrt schon begonnen habe und sich dem Lande nähere, könne man nicht plötzlich ein Gitter aufrichten. Re mb old (Ztr.) beantragte nach weiterer Debatte, das Wort Herkomerfahrt zu streichen und zu sagen: „Wett- und Konkurrenzfahrten nicht zugelassen." Der Antrag Rembold wurde schließlich mit 45 gegen 32 Stimmen abgelehnt, so daß das Ergebnis der 2ftr- stündigen Beratung gleich null war. — Beim Kapitel Straßenbau brachte Staudenmeyer-Calw (Vp.) Klagen über die Flößerei auf der Nagold vor. Die industriellen Anlagen werden bei jedem Passieren eines Floßes schwer geschädigt. Die zu bauenden oder auszubauenden Straßen seien angegeben. Auch eine Bahn von Wildbad nach Freudenstadt wäre empfehlenswert. Der Umbau des Altensteiger Bähnchens in eine Normalspurbahn sei dringend nötig. Er würde wünschen, daß die Bauten der Straßen rascher vor sich gehen, so daß schon 1912 die Flößerei eingestellt werden könnte. Die Zahl der Floßtage könnte verringert werden. Schaible-Nagold (B.K.): Die Interessen der Waldbesitzer und der Werkbesitzer seien hier verschiedene. Die Waldbesitzer wünschen Verzögerung der Auf-