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^ 83.

Neuenbürg, Freitag den 31. Mai 1907.

63. Jahrgang.

«uilSs«hau.

Berlin, 28. Mai. DerReichsanz." meldet: Im königlichen Zeughaus zu Berlin soll eine Andenkentasel mit den Namen der in vaterländ­ischen Kriegen gefallenen oder tödlich verwundeten höheren Offiziere bis einschließlich die Regiments­führer aufgestellt werden. Die Zeughausverwaltung richtet an die Familien, Kirchenvorstände, öffentliche und Hausarchive, Bibliotheken und Behörden die Bitte, durch Mitteilung über das dort befindliche Material, namentlich aus den älteren Zeiten, das Zustandekommen dieses Ehrendenkmals unterstützen zu wollen.

Berlin, 29. Mai. DieNorddeutsche Allge­meine Zeitung" bemerkt zur Braunschweiger Regentenwahl:Wir begrüßen es, daß die Wahl auf einen Fürsten von bewährter reichstreuer Ge­sinnung gefallen ist und wünschen aufrichtig, daß es dem neuen Regenten beschieden sein möge, die Hoff­nungen zu verwirklichen, mit denen die Bevölkerung des Herzogtums Braunschweig und mit ihr viele national empfindende Männer in allen Bundes­staaten den Herzog Johann Albrecht bei seinem Regierungsantritt willkommen heißen."

Berlin, 30. Mai. DerLok.-Anz." meldet: In Preß bürg hielten die Sozialdemokraten eine Volksversammlung als Kundgebung für das allge­meine Wahlrecht. Da die Versammlung nicht an­gemeldet war, schritt die Polizei ein und wollte die Teilnehmer auseinandertreiben. Es entstand ein Straßenkampf. Mehrere Leute wurden verwun­det; viele Arbeiter wurden verhaftet.

Die französischen Weingärtner, nament­lich im südlichen Frankreich, befinden sich in gewal­tiger Aufregung, bei der nicht mehr viel zu einer förmlichen Revolution fehlt. Wiederholt haben sie und so neuerlich in Auxerre und Carcasone Riesenversammlungen abgehalten, an denen bis zu 200000 Männer und Frauen teilnahmen. Die Leute verlangen Hilfe von der Regierung zunächst gegen die Weinfälscher, aber auch gegen die hohen Zölle, welche die anderen Nationen veranlaßt haben, gleich­falls hohe Zölle, und namentlich hohe Weinzölle gegen die französischen Weine einzuführen. So können die südfranzösischen Winzer ihren Wein nicht mehr verkaufen. Dazu kommen die enormen Schä­digungen, welche die Reblaus angerichtet hat. Es ist leicht zu sagen, diese französischen Winzer sollen amerikanische Reben einführen, welchen die Reblaus nichts anhaben kann. Aber bis die amerikanischen Reben ertragsfähig sind, darüber vergehen mehrere Jahre und ob aus ihnen dann ein Wein erzielt werden kann, der den südfranzösischen Weinen wenig­stens ähnlich kommt, ist durchaus nicht gewiß.

Geld spielt in Rußland keine Rolle. Zu dieser Ansicht muß man wenigstens gelangen, wenn man von den neuen, nahezu uferlosen Flotten­plänen des Zarenreiches hört. Rußland will, wie schon berichtet, sich eine neue Flotte bauen, deren Kosten auf 1600 Millionen Rubel veranschlagt werden, das sind etwa 3'/- Milliarden Mark. Der Finanzminister soll keine Einsprache gegen die Höhe dieser Summe erhoben, sondern nur verlangt haben, ihm genau anzugeben, wann die einzelnen Posten flüssig zu machen seien, damit er danach seine Ver­fügungen treffen könne. Dagegen wird eifrig er­wogen, ob man England oder Italien mit der Hauptausführung der Schiffsbauten betrauen soll, während man die deutschen Werften nicht berücksich­tigen will. Nun, wenn dem wirklich so sein sollte, der deutsche Schiffsbau würde doch nicht gänzlich boykottiert werden können, da derselbe in besagtem Falle ganz gewiß in erhöhtem Maße für den Bau nichtruffischer Schiffe in Anspruch genommen werden würde. Indessen wir würden es im Interesse Ruß­lands höchlichst bedauern, wenn jene Flottenpläne wirklich Ernst werden sollten. Wer es nicht schon

wußte, der konnte es aus dem Verlauf des russisch­japanischen Krieges sehen, daß die Russen keine Seeleute sind. Sie täten daher wirklich besser, ihre wirtschaftliche Kraft anders anzulegen als in Kriegs­schiffen. In allererster Linie sollten sie Schulen hauen und Lehrer besolden und dann die Bauern mit Ackergeräten versehen und in ihrer Handhabung unterrichten. Dadurch würden sie, wie die Dinge jetzt liegen, mehr zur Verteidigung ihres Landes tun, als durch den Bau einer Riesenflotte. (D. W.)

Württemberg.

Der württ. Landtag ist am letzten Dienstag nach den Pfingstferien wieder zusammengetreten und dürfte ohne nennenswerte Pause nunmehr noch einige Monate hindurch tagen, was für die Abgeordneten selbst, wie für die Journalisten bei der großen Sonnenwärme nicht gerade angenehm ist. Während der Pfingstpause hat die Kommission zur Beratung der Bahnhoffrage in Stuttgart fleißig gearbeitet und auch persönlichen Augenschein von dem künftigen Bahnhofareal, den notwendigen Anschlußgeleisen und den hiezu nötigen Terrains genommen. Die Kom­mission kam bis nach Eßlingen. Mit großer Mehr­heit hat diese Kommission beschlossen, dem Regier­ungsprojekt zuzustimmen, wonach der künftige Haupt­bahnhof an der Stuttgarter Schillerstraße errichtet und der bisherige Bahnhof an der Schloßstraße auf­gegeben werden soll. Es mag aber immerhin 10 bis 12 Jahre dauern, bis der neue Bahnhof erstellt sein wird. Die zwei Stuttgarter Kommissionsmit­glieder stimmten natürlich für Beibehaltung des bis­herigen Bahnhofs. Der Gedanke, den Stuttgarter Hauptbahnhof auf Cannstatter Markung zu errichten, wurde von vornherein fallen gelassen. Die Kom­mission beschloß aber einstimmig, daß über die Zeit des Bahnhofbaues in Stuttgart die Arbeiten zur Herstellung von Nebenbahnlinien in Württemberg nicht zum Stillstand kommen sollen und daß auch die schon längst vorgesehenen Ausgaben für diese Nebenbahnen nicht verringert werden sollen. Würt­temberg kommt freilich bei dieser Gelegenheit in weitere Schulden von ziemlich beträchtlicher Höhe hinein. Doch ist die Finanzlage Württembergs noch immer eine sehr gute und wenn auch die Neben­bahnen größtenteils nur schwache Renten abwerfen, so wird andererseits doch die volkswirtschaftliche Wirkung für die Bevölkerung eine sehr gute sein, denn die Bahnen bringen den betreffenden Gemeinden erhöhte Absatzgelegenheit für ihre Produkte und da­mit auch einen besseren Verdienst, was auf die Steuerfähigkeit des Volkes günstig einwirken wird.

Stuttgart, 28. Mai. (Fortsetzung des Be­richts über die Sitzung der Zweiten Kammer von der letzten Nr.). Der Abg. Keil begründete in längeren Ausführungen einige Anträge der sozial­demokratischen Fraktion, in erster Linie denjenigen, wonach die Arbeiter im Beirat der Zentral­stelle für Gewerbe und Handel in gleich großer Zahl vertreten sein sollen, wie die Vertreter von Industrie, Handel und Handwerk, nämlich in der Zahl von 13, während bisher (seit dem Jahr 1903) diesem Beirat nur 4 Arbeitervertreter angehört haben. Ferner stellte Keil hinsichtlich der Abbestell­ung der Mißstände im Submissionswesen den Antrag, zu veranlassen, 1) daß die Unternehmer an die Tarifgemeinschaften oder ähnliche Vereinbarungen, die zwischen Verbänden der Arbeitgeber und Arbeiter bestehen, gebunden werden und im übrigen bei Er­teilung des Zuschlags die Betriebe bevorzugt werden, welche die günstigeren Arbeitsbedingungen bieten; 2) daß Unternehmer, welche Lehrlinge in übergroßer Zahl beschäftigen, von dem Wettbewerb bei Vergeb­ung der öffentlichen Arbeiten und Lieferungen aus­geschlossen werden. Zum Schluß streifte der Redner kurz den Antrag Hiller und Genossen, betreffend das Warenhaus- und Konsumvereinswesen mit der Bemerkung, daß dieser Antrag eine Be­

leidigung des gesunden Menschenverstandes sei, was ihm eine Rüge seitens des Präsidenten eintrug. Der Minister des Innern Dr. v. Pischek wandte sich gegen die Erhöhung der Zahl der Arbeitervertreter auf 13; eine solche sei nicht nötig, weil der Beirat lediglich eine begutachtende Tätigkeit auszuüben habe, sie sei aber auch aus inneren Gründen nicht gerecht­fertigt, weil sie eine Ueberspannung des Verhältnisses der wirtschaftlichen Bedeutung des Arbeiterstandes und der übrigen Faktoren der Produktion bedeuten würde. Im Lauf der Sitzung brachte die Volks­partei einen Antrag ein, der sich als eine Erweiter­ung des deutschparteilichen Antrags darstellt, indem er eine Vermehrung der Beiräte der Zentralstelle um weitere 16 Mitglieder verlangt, wovon 4 aus den Reihen der Arbeitgeber, 4 aus den Reihen der kaufmännischen und technischen Angestellten und 8 aus den Reihen der Lohnarbeiter genommen werden sollen. Nachdem Dr. Elsas diesen Antrag kurz begründet und sich in Uebereinstimmung mit dem größeren Teil seiner Fraktion gegen eine in einem Zentrumsantrag verlangte Konzessionierung des Flaschenbierhandels ausgesprochen, begründete der Abg. Hiller in einer längeren, gewandten Jungfernrede den bekannten Antrag auf Verschärf­ung des Gesetzes gegen den unlauteren Wett­bewerb, aus Verschärfung der Warenhaussteuer, die heute in Stuttgart,, wo nur 20 Prozent erhoben werden, absolut wirkungslos bleibe, obwohl sie ge­rade hier wegen der großen Zahl der Warenhäuser am notwendigsten wäre, ferner den Antrag auf eine schärfere steuerliche Heranziehung der Großkonsum­vereine. Des weiteren befürwortete der Redner die bekannten Forderungen des Württ. Müller­verbandes bezüglich verschiedener Tarifierung von Mehl und Getreide und einer progressiven Umsatz­steuer für die Großmühlen. Nachdem der Redner sodann auf Grund seiner als Geschäftsführer des Bundes sür Handel und Gewerbe gesammelten Er­fahrungen die Schädlichkeiten des Ausverkaufs­wesens des Detailreisens u. s. w. dargelegt, be­gründete er mit dem Hinweis, daß die Konsumvereine als mittelstandszerstörend dem Zukunstsstaat die Wege ebnen, das weitere in seinem Antrag gestellte Verlangen, daß den Staatsbeamten die Uebernahme einer leitenden Stellung in Konsumvereinen untersagt und daß den Beamten wenigstens nahegelegt werden solle, den Konsumvereinen fern zu bleiben. In einer kurzen, aber wirksamen Rede trat der Abg. Dr. Mülberger-Eßlingen den Ausführungen des Vorredners zur Konsumvereinsfrage entgegen.

Stuttgart, 29. Mai. Die Zweite Kammer hat heute die Beratung der Etats der Zentral­stelle für Gewerbe und Handel fortgesetzt. Den Reigen der Redner eröffnete der Abg. Feuer­stein (Soz.), der sich in einer 2'/«ständigen Polemik gegen den Antrag Hiller betr. Maßnahmen gegen die Konsumvereine erging, die volkswirtschaftliche und soziale Bedeutung dieser Vereine betonte und bestritt, daß mit dem Zunehmen der Konsumvereine ein Zurückgehen des Handelsstandes verbunden sei. Als der Redner sagte, eine stärkere Besteuerung der Konsumvereine sei frivol, wurde er vom Präsidenten gerügt. Die die Geduld des Hauses auf eine herbe Probe stellende Rede Feuersteins veranlaßte den Präsidenten zu der Bemerkung, man möge bedenken, daß man in der Etatsberatung stehe und daß diese wenigstens in absehbarer Zeit zu Ende geführt wer­den sollte. Auch mit Zitaten möge man stets spar­sam umgehen. Minister v. Pischek sprach sich gegen den Antrag Elsas aus, der das Gesamtkollegium der Zentralstelle auf 45 Mitglieder bringen würde, was eine unerträglich große Zahl wäre, ferner gegen den Antrag Fischer (Soz.) auf Ausdehnung der Sonn­tagsruhe, da besonderen Verhältnissen Rechnung ge­tragen werden müsse. Bezüglich des Antrags Hiller betonte der Minister, daß die Warenhaussteuer von 8 Gemeinden des Landes erhoben werde und daß