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Der Enztäler.
Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
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Neuenbürg, Montag den 27. Mai 1907.
65. Jahrgang.
«mnSsehau
Kiel, 25. Mai. 20 Reichstagsabgeordnete, Mitglieder der Budgetkommission, treffen auf eine Einladung des Reichsmarineamts am 3. Juni in Kiel ein, um die Marineanlagen und die neuesten Typs der Unterseewaffen zu besichtigen und einem Manöver der heimkehrenden Hochseeflotte beizuwohnen.
In Zukunft sollen, gemäß einer Kaiserlichen Verfügung, nur solche Kriegervereine bei Kaiser- parade» oder im Spalier vor dem Kaiser Aufstellung nehmen, die dem Landeskriegerverbande bezw. dem deutschen Kriegerbunde^ingehören.
In Frankreich hat der Finanzminister Caillaux zur Behebung der Weinkrise einen Gesetzentwurf eingebracht. Nach diesem Entwurf sind die Weinbauern verpflichtet, den Ertrag ihrer Ernten anzugeben. Er verbietet vollständig den Zuckerersatz für die zweite Kelterung und belegt den für das erste Keltern verwandten Zucker mit einer Steuer. Ferner wird der Anlauf von Zucker über 25 KZ gewiffen Formalitäten unterzogen und die Vermehrung der Schankwirtschaften, besondere Fälle ausgenommen, vom 1. Januar 1908 ab untersagt.
Letzter Tage find in verschiedenen Gegenden Deutschlands falsche Fünfmarkstücke vertrieben worden. Es sind bayerische Stücke mit dem Bilde König Ottos und sächsische mit dem Bilde König Georgs, mit den Jahreszahlen 1902 bezw. 1904. Bilder und Schrift sind gut ausgeführt, nur die Ränder sind fast glatt und ohne merkbare Spuren eines Aufdrucks. Die Stücke fassen sich leicht, fettig an und sind leichter als die echten. In Hinsicht auf die ziemlich gute Ausführung der Stücke ist erhöhte Vorsicht geboten.
Karlsruhe, 24. Mai. Seit einigen Jahren ist in Karlsruhe zuviel gebaut worden. Jetzt zeigen sich die üblen Folgen. Die Zahl der Zwangsversteigerungen von Gebäuden hat im laufenden Jahre eine noch nie erreichte Höhe erlangt. Die Bautätigkeit hat natürlich daraufhin erheblich abgenommen und zu zahlreichen Arbeiterentlaffungen geführt. Dies hat dem Zweigverein des Maurerverbandes Anlaß gegeben, sich mit der Lage der Maurer zu beschäftigen. In einer außerordentlichen Generalversammlung des Verbandes wurde der vernünftige Vorschlag gemacht, es möchten die ledigen Maurer auswärts Aweit suchen, um den verheirateten Kollegen reicherö,Arbeitsgelegenheit zu verschaffen. Die Ver- samÄKng hat dem Vorschlag zugestimmt. Sie hat den' ledigen Kollegen die Abreise zur moralischen Pflicht gemacht und weiterhin beschlossen, den ZweigvMinsvorstand zu ermächtigen, den innerhalb der nächsten vierzehn Tage abreisenden ledigen Maurern einen Teil des Fahrgeldes aus der Vereinskasse zu ersetzen.
Mannheim, 24. Mai. Ein heiteres Vorkommnis ereignete sich gestern an der Freibank. Die Frauen, die zum Einkauf von Fleisch sich eingefunden hatten, lehnten den in die Höhe gegangenen Preis von 60 für das Freibankfleisch einmütig und entschieden ab. Ein zweimaliger Versuch, die Frauen zur Abnahme zu bewegen, wurde entschieden zurückgewiesen. Unter dem größten Halloh verließen sie alle die Freibankstatte. Es war eine Lust, die Einmütigkeit und Entschlossenheit der Frauen (keine ausgeschlossen) mitansehen zu dürfen. Der Erfolg war der, daß, als sie um 9 Uhr wieder kamen, das Fleisch um 50 Pfennig ausgehauen wurde.
Carcassonne, 26. Mai. Die geplante Massenkundgebung der Winzer, die heute stattgefunden hat, hat einen überwältigenden Eindruck gemacht.
Für 50 000 Pfund Sterling Juwelen sind einem Juwelier in London entwendet worden. Es gelang dem Diebe, einen Teil der Juwelen zu veräußern. Man nimmt an, daß er sich nach Europa gewandt hat.
Das Tarifkomitee der National Association os Manufacturen in New-Jork hat die Mitglieder der Vereinigung über ihre Stellung zu der Frage der Zolltarifrevision befragt. 55 Prozent der Mitglieder sprachen sich für eine möglichst baldige Tarifrevision und für die Eröffnung von Unterhandlungen zum Abschlüsse von Gegenseitigkeitsverträgen aus. Das Tarifkomitee hat in diesem Sinne bei der Vereinigung Resolutionen eingebracht, über die in der am Mittwoch stattgefundenen Sitzung der Vereinigung eine heftige Debatte geführt wurde, die jedoch mit der Annahme der Resolutionen endete.
Die 21jährige Tochter eines 20 fachen Millionärs und Schloßherrn aus Isle Adam bei Paris hat sich mit einem Dachdeckersohn, der ihr Herz gewann, entfernt. Von dem Aufenthalt des Liebespaars fehlt jede Spur.
Württemberg.
Donaueschingen, 25. Mai. Das württ. Königspaar trifft am 8. Juni zu dreitägigem Besuch der Fürstlichen Herrschaften hier ein.
Stuttgart, 26. Mai. Unter zahlreicher Beteiligung weiter Kreise unserer Residenzstadt wurde am Samstag das Achte Große Musilfest mit Handels tongewaltigem Oratorium „Der Messias" eröffnet. Die unter Leitung Professor S de Lange's stattgefundene Aufführung fand eine geradezu begeisterte Aufnahme.
Stuttgart, 25. Mai. Nach vieler Mühe ist es der Wilhelmatheater-Gesellschaft gelungen, das Elsäßische Nationaltheater wieder vom 30. Mai bis 4. Juni zu einem Gastspiel im Kgl. Wilhelma- Theater zu veranlassen. Diese Elsäßer haben bekanntlich das theaterliebende Publikum in den Tagen vom 22.—25. Juni des vergangenen Jahres mit ihrem unverfälschten Dialekt (Elsäßer Ditsch) erfreut.
Heilbronn, 24. Mai. Auf der Jägerhausstraße soll auf die Dauer von zwei Jahren ein Versuch der Teerung zur Beseitigung des Staubs, besonders der Automobile, mit einem Fabrikat von Volz in Feuerbach gemacht werden. Hauptbedingung ist, daß die hiesigen Automobilbesitzer die Hälfte der 2300 betragenden Kosten tragen, wozu Geneigtheit vorhanden ist.
Bietigheim, 25. Mai. Eine aufregende Scene spielte sich gestern nachmittag in der hiesigen Stadt ab. Ein etwa 12 Jahre alter Knabe wurde von einem Automobil überfahren, ohne daß er verletzt wurde. Der Knabe wurde zu Boden geschleudert, von den Rädern gestreift, kam also glücklicherweise nur mit dem Schrecken davon.
Dürrmenz-Mühlacker, 24. Mai. Trotz der nichts weniger als günstigen Witterung erhielt Gottfr. Link hier bereits den ersten sehr starken Bienenschwarm.
Herrenberg, 24. Mai. Eine in Bezug auf den Appetit nicht gerade bescheidene Diebesbande hauste in vergangener Nacht in Mötzingen. Aus der Metzgerei des „Rößle"-Wirts stahl die Bande einen halben Zentner Fleisch, 20 große Schinkenwürste, einige Schinken, 80—100 Leber- u. Pfefferwürste und anderes und in einem benachbarten Bauernhause das zur Mahlzeit nötige Brot, eingemachte Früchte und Gemüse und Most. Als Diebe vermutet man eine Zigeunerbande, welche in der Nähe gelagert hatte.
Gerlingen, 23. Mai. Ueber die fahrlässige Tötung einer hiesigen jungen Frau durch den Wundarzt Felix Böhm wird dem „N. Tgbl." berichtet: Am letzten Dienstag nachm, ließ sich die Frau bei Böhm einen Zahn ziehen. Weil die Schmerzen in der Zahnhöhle auch des abends noch nicht Nachlassen wollten, suchte Böhm durch eine Arznei Linderung zu verschaffen. Die Frau nahm die Arznei, ohne besondere Beschwerden darauf zu fühlen. In der Nacht suchte Böhm die Frau noch
einmal aus und erklärte, er habe ihr eine falsche Arznei gegeben, er wolle nun jetzt ein Gegenmittel anwenden. Die Frau meinte, es sei ihr ganz wohl, nahm aber das Gegenmittel; trotzdem war sie am anderen Tage eine Leiche. Die Unglückliche hinterläßt ihren Gattten und drei unmündige Kinder. Der Arzneimittelvorrat des Wundarztes wurde im Auftrag des Gerichts beschlagnahmt. Schon einmal mußte infolge des Mißgeschicks dieses Wundarztes eine junge Frau, Mutter von fünf Kindern, ihr Leben lassen.
Aus StaSt. Bezirk uns Umgebung ()
Seine Majestät der König hat dem Oberamtsbaumeister Link in Neuenbürg die Karl- Olga-Medaille in Silber und dem Bauwerkmeister Heinrich Probst in Calmbach die Karl-Olga- Medaille in Bronce verliehen.
^ ^almbach, 25. Mai. Unser Ort hatte heute ^ die Ehre, anläßlich der Einweihung der auf dem Hengstberg neu erstellten Heilstätte „Charlottenheim" Ihre Majestäten den König und die Königin begrüßen zu dürfen. Es war das freundlichste Wetter, die Häuser der Straßen waren festlich geschmückt, aus der Calwer Straße bildeten Tannenbäume Spalier und zwei Ehrenpforten waren daselbst zum würdigen Empfang errichtet. Das Königspaar traf mittels Automobil über Hirsau-Oberreichenbach kommend Punkt */-4 Uhr auf der Calwer Straße vor dem Ort ein. Zur Begrüßung Ihrer Majestäten hatten sich daselbst neben sämtlichen hiesigen Vereinen mit den bürgerl. Kollegien und der Freiw. Feuerwehr an der Spitze, die Krieger- und Militärvereine des Bezirks in großer Zahl ausgestellt. Böllerschüsse kündeten die Ankunft Ihrer Majestäten an, welche mit
- einem kräftigen 3fachen Hoch empfangen wurden. Seine Majestät war ausgestiegen und begrüßte zunächst die bürgerlichen Kollegien. Schultheiß Hörnle hielt eine Begrüßungsansprache an Ihre Majestäten und hieß Höchstdieselben im Namen der Gemeinde herzlich willkommen. Seine Majestät dankte in warmen Worten für den herzlichen und freundlichen Empfang und beauftragte den Ortsvorsteher, auch der gesamten Einwohnerschaft den Dank Ihrer Majestäten zu übermitteln. Hierauf erstattete der Bezirksobmann der Krieger- und Militärvereine, Direktor Loos-Neuenbürg, Sr. Majestät den Rapport über die Anwesenheit der militärischen Vereine und brachte alsdann auf Ihre Majestäten den König und die Königin ein mit lebhafter Begeisterung aufgenommenes Hurra aus. Es mögen nach unserer Zählung im ganzen 30 Vereine mit 25 Fahnen, darunter 26 militärische Vereine mit etwa 500 Mitgliedern aufgestellt gewesen sein. Der König schritt in Begleitung des Flügeladjutanten vom Dienst Frhrn. v. Reischach, des Bezirksobmanns Loos und des Schultheißen Hörnle die große Front der Vereine ab und sprach dabei einzelne Vereinsvorstände und -Mitglieder in leutseligster Weise an, während die Königin im Automobil und der zweite Autoomnibus mit dem Gefolge in langsamem Tempo und öfters haltend, vorbeifuhren. Der Vorstand des Militärvereins „Königin Charlotte" in Wildbad hatte dabei die Ehre, auch Ihrer Majestät der Königin Meldung zu erstatten. Der Verein war in der großen Zahl von 72 Mann vertreten. Die Königin interessierte sich im Besonderen für die prächtige in den schaumburg-Iippeschen Farben gehaltene und mit der Eberhardsgruppe gezierte Fahne des ihren Namen tragenden Vereins. Nachdem der König die ganze Front abgeschritten hatte, brachte er vor dem linken Flügel, an dem sich der Krieger- und der Militärverein von Neuenbürg befand, dem Bezirksobmann gegenüber seinen herzlichen Dank und seine Freude für die durch die Vereine dargebrachte Huldigung zum Ausdruck. Noch wurden Ihre Majestäten von der hiesigen Schuljugend begrüßt, worauf die Weiter--
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