zu sein, jedenfalls ist Oberst v. Dorrer der erste württ. Offizier, dem ein solches Kommando zuteil wird.

Stuttgart, 22. Mai. In Tübingen ist Sanitätsrat Dr. Hermann Wildermuth, Vorstand der inneren Abteilung des Ludwigspitals Charlottenhilfe" in der chirurg. Klinik heute vormittag gestorben. Wieder hat Stuttgart und mit ihm das ganze Land einen hervorragenden Arzt verloren, der namentlich als Spezialist in Nervensachen weithin einen Namen hatte. Eine an sich nicht gefährliche Operation, der sich Wildermuth vor fast 3 Monaten hatte unter­ziehen müssen, hatte ein schweres Herzleiden ausge­löst, dessen Spuren sich freilich schon seit einigen Jahren bemerkbar gemacht hatten. Bedrohliche Er­scheinungen hatten u. a. sich im Jahr 1904 gezeigt, als er im Seebad Langeoog bei dem glücklichen Versuch, einen Ertrinkenden zu retten, sich eine schwere Ueberanstrengung zuzog; er wurde bewußtlos ans Land gebracht und wäre beinahe seiner helden­mütigen Tat direkt zum Opfer gefallen. Um sein beängstigend gewordenes Herzleiden zu bessern, begab sich dann Wildermuth, der seine Praxis noch bis Anfang Mai ausgeübt hatte, in die medizinische Klinik zu Professor Romberg nach Tübingen. Dort befiel ihn in den letzten Tagen eine gefährliche Blinddarmentzündung; eine Operation wurde trotz seines schwachen Kräftezustandes gestern noch versucht, doch ist er nun dem schweren Leiden erlegen. Dr. Hermann Wildermuth war 1852 in Tübingen ge­boren als Sohn des Professors Wildermuth und der bekannten schwäbischen Schriftstellerin Ottilie Wilder­muth geb. Rooschüz.

Stuttgart, 22. Mai. Unter Leitung des Ge­werbegerichtsvorsitzenden Dr. Göbel (vorher Amts­anwalt in Neuenbürg) fanden am Freitag nachmittag Verhandlungen zwischen Vertretern der Ausständigen im Malergewerbe und den Arbeitgebern statt. Eine Einigung konnte jedoch nicht erzielt werden, weshalb die Verhandlungen morgen fortgesetzt wer­den. Es handelt sich hauptsächlich noch um die Festsetzung eines Mindestlohnes.

Zum 8. Stuttgarter Musikfest. Frau Lilli Lehmann und Frau Noordewier-Red- dingius sind leider erkrankt. An Stelle der letzteren singt Frau Meta Geyer-Dierichs-Berlin die Sopranpartie im Messias. Für Frau Lilli Lehmann wird Frau Thila Plaichinger von der Kgl. Hof­oper in Berlin am dritten Tag als Solistin auftreten und statt der Arie aus Don Giovanni Rezitativ und Arie der Klytämnestra aus Glucks Iphigenie in Aulis (Ach, zum Tode verdammt") singen; die zweite Nummer, Beethovens Konzertarie ^t> porüäo, bleibt wie angekündigt.

Stuttgart, 21. Mai. Für einen groß­städtischen zoologischen Garten ist ein neues Projekt aufgetaucht, das namentlich durch den Bürger­verein am Feuersee unterstützt wird. Ein Mitglied dieses Vereins hat bereits einen Beitrag von lOO OOO Mark für das großzügige Projekt in Aussicht gestellt. Als Platz wird der im städtischen Hasenbergwald gelegene Birkenkopf, der an die Solituder Straße angrenzt, bezeichnet, welcher sowohl vom Westbahn­hof, als von der Wildparkstalion aus leicht zu er-

Eine andere, zweite Mahnung aber pocht direkt an das Gewissen der beharrlichen Schweiger und ruft diesen zu: Warum redet ihr nicht? Redet so lange es noch Zeit ist zu reden. Redet ehe das Schuldig über einen Schuldlosen ausgesprochen, ehe die Kerkerpforten hinter einem für Jahre lebendig Begrabenen zugefallen.

Einen Augenblick tiefe, atemlose Stille nach diesen Worten. Dann ein Ruf aus dem Publikum. Ein Krückstock tönt über die Dielen. Margarete von Lenor hat die Schranken durchbrochen. Margarete von Lenor steht an der Seite des Angeklagten. Und das Haupt mit den blitzenden Augen dem Staatsanwalt und den Geschworenen zugewendet ruft sie mit lauter Stimme:Haltet ein ihn zu verdammen; nicht geraubt hat Hans Wallnau den Schmuck, ich, ich selbst gab ihm das Medaillon mit meinem Bilde in einer Stunde der Liebe. Ehre hielt ihn ab, meinen Namen in die Oeffentlichkeit zu zerren, Scham hielt mich ab die Lippen zu öffnen. Und so stehe ich denn hier, in der elften; in der letzten Stunde, mag Gott einer Schuldigen vergeben und mag Gott einem Schuldlosen zum Siege verhelfen."

Margarete", der Angeklagte hat es hinaus ge- jubelt, erschüttert und dankerfüllt. Sonst kein Laut. Nur ein hörbares Aufatmen geht durch den Saal. Die Geschworenen erheben sich.. Ihre Schritte sind verhallt. Atemlose Stille. Man hört die Uhr im Vorsaal ticken; man hört die hundert und hundert Herzen schlagen in das Schweigen.-

reichen wäre und auch durch eine Straßenbahn ohne große Kosten zugänglich gemacht werden könnte.

Reutlingen, 22. Mai. Die schon in einer früheren Mitteilung von uns erwähnte Versammlung zur Gründung eines Landesverbands der Schreiner­meister für Württemberg und Hohenzollern findet nun, wie endgültig bestimmt, am Sonntag den 26. ds. Mts. im Konzertsaale der Liederhalle in Stuttgart statt. Bei dem großen Interesse, wel­ches den Organisationsfragen im Handwerk heute erfreulicherweise entgegengebracht wird, dürfte ein zahlreicher Besuch dieser Versammlung aus allen Teilen des Landes in Aussicht zu nehmen sein.

Reutlingen, 22. Mai. In ein hiesiges Hotel sandte ein Reisender eine Depesche, in welcher er seine Ankunft meldete und bat, ihm einen Wagen zur Bahn besorgen zu lassen. Die Depesche sollte lauten:Komme 9 Uhr 14. Wagen bestellen", lautete aber durch versehentliche Verstellung des Punktzeichens:Komme 9 Uhr. 14 Wagen be­stellen". Somit harrten der Ankunft des Reisenden 14 Kutscher mit ihren Landauern.

Heidenheim, 21. Mai. Die Firma Paul Hartmann hier hat behufs Erweiterung ihrer Fabrik­anlagen in Pa via in den letzten Tagen dort ein großes Terrain angekauft, das vorläufig zur Ver­größerung der Bleicherei und zur Errichtung einer Weberei verwendet werden soll. Die Firma I. M. Voith hier hat vor einiger Zeit die Stopfen- und die Petermühle in Hermaringen gekauft und wird die beiden Wasserkräfte vereinigen und zum Betrieb zweier Turbinen, sowie einer Turbinen- und Holzschleiferversuchsstation verwenden.

Mit dem Bau einer neuen schwimmenden Halle für das Luftschiff des Grafen v. Zeppelin ist dieser Tage begonnen worden. Die Halle, welche an das Manzell er Ufer zu stehen kommt, wird im Gegensatz zu der bisherigen Holzhalle aus Eisen konstruiert, die Wände werden mit Brettern verschalt. Die Länge der Halle beträgt 150 Meter bei einer Breite von 22 Meter.

Hall, 21. Mai. Die Aufführung des Sieder­tanzes mit dramatischer Einkleidung, die am Pfingst­montag stattsand, hatte sich trotz der Ungunst der Witterung eines schönen Erfolges zu erfreuen. Vor­mittags ging vom Haalamt aus ein Zug, gebildet aus den jungen Siedern, Soldaten und Hellebarden, dem Siedershut und den altenFeurern" über den Marktplatz, wo der Magistrat im Rathaus abgeholt wurde, zum Gasthof zumHirsch". Statt der vor­gesehenen 2 Aufführungen mußten' bei dem Andrang des Publikums deren 4 stattfinden. Allgemeine Be­wunderung erregte der von hiesigen Künstlern ge­fertigte Hintergrund. Nach der Aufführung fand Konzert der städtischen Kapelle im Solbad statt.

Aus Geislingen wird berichtet: Zwei Tage vor Pfingsten sind 3 Lehrlinge im Alter von ca. 16 Jahren verschwunden unter Mitnahme eines Be­trages von ca. 800 den einer der Jungen bei seinem Großvater heimlich entwendet hatte. Die Freude an ihrer vermeintlichen Freiheit dürfte aber nicht lange dauern.

Die Geschworenen erscheinen von neuem und nehmen ihre Plätze ein.

Schuldlos!" lautet ihr Richterspruch.Schuld­los!" jubelt die Menge nach. Wie Donnerhall in hundertstimmigem Chor, als ob Volkesstimme Gottes­stimme wäre, schallt es durch den Raum.-

Und dann haben sich die Wogen gelegt und zerstreut hat sich die Menge. Nur dort am oberen Ende, neben dem jetzt leeren Sitz des Staatsanwalts stehen noch vier Menschen.

Baron von Lenor beugt sich über Frau Elisabeth Wallnau die auf eine Bank hingesunken, die Hände aufringt in weinendem Dankgebet. Hans Wallnau liegt vor Margarete auf den Knieen und küßt den Saum ihres Gewandes, während leis ge­stammelte Worte sich seinem übervollen Herzen ent­ringen:Meine Braut! Meine Erretterin von Schmach und Schande! O wehr mir's nicht, laß mich hier auf der Stelle vor Dir knien wo ich meine Ehre, mein Leben wieder gewonnen; durch dich gewonnen! Laß mich den Nacken beugen vor Dir in den Staub; denn weit über anderen Weibes Lieben reicht Dein Lieben und hehrer als anderer Schönheit ist Deine Schönheit. Von Dir herab auf mich fließt ein überirdisches Leuchten und dort auf Deiner Stirn, im Märchenglanz wieder seh' ich ihn strahlen den Stern, den ich saselbst schon als Knabe leuchten gesehen."

Ende.

Hedelfingen, 23. Mai. Nachdem sich Landes- produktenhändler Häberle von hier vor einigen Wochen entleibte, ist nunmehr über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden, nachdem ein Vergleich mit den Gläubigern nicht zustande kam. Die Passiven dürften ziemlich bedeutend sein, da nach dem jetzigen Stand kaum 25°/» ausbezahlt werden können. Eine große Anzahl iveniger be­mittelter Einwohner kommen hiedurch um ihre sauren Ersparnisse und hat dieses unter den hiesigen Ein­wohnern große Erbitterung hervorgerufen, da Häberle in großem Ansehen stand und früher die Stelle des Gemeindepflegers und andere Ehrenämter hier be­kleidete.

Stuttgart. ILaudeSProduttenbörse.l (Bericht vom 21/Mai.) Die Preisbewegung am Weltmarkt schwankend. Unter diesen Umständen herrscht in unserem internen Ver­kehr große Zurückhaltung, weshalb die Umsätze sich auf den nötigen Bedarf beschränkten. Mehlpreise per 100 KZ inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 31 Mk. Psg. bis 32 Mk. Pfg., Nr. 1: 30 Mk. - Psg. bis 30 Mk. 50 Pfg., Nr. 2: 28 Mk. Pfg. bis 29 Mk. - Pfg., Nr. 3: 27 Mk. - Pfg. bis 27 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 25 Mk. Pfg. bis 25 Mk. 50 Pfg. Suppengries 31 Mk. 50 Psg. bis 32 Mk. Pfg. Kleie 10 Mk. Pfg. lohne Sacki.

Älus StaSt, Bezirk uns Umgebung,

Neuenbürg, 22. Mai. Bei den im Laufe dieses Frühjahres am Sitze der Handwerkskammer Reutlingen stattgefundenen Meisterprüfungen hat u. a. mit Erfolg bestanden und damit das Recht zur Führung des Meistertitels erworben: Hr. Gott­fried Blaich, Schuhmacher in Neuenbürg.

Calmbach, 23. Mai. Wie schon kurz mitge­teilt, wird das vom Verein für Volksheilstätten in Württemberg errichtete Genesungsheim Char­lottenhöhe am Samstag den 25. ds. unter An­wesenheit Seiner Majestät des Königs Wilhelm und der Königin Charlotte seiner Bestimmung übergeben. Die Heilstätte ist zur Aufnahme von Kranken beiderlei Geschlechts bestimmt und sie hat Raum für 90 Betten in einzelnen Zimmern, doch sollen zunächst nur 60 Patienten ausgenommen wer­den. Die Bauausführung der ganzen umfassenden Anlage lag in den bewährten Händen des Hrn. Oberamtsbaumeister Link. Auf dem Südabhang des Hengstbergs, 620 Meter über dem Meere, aus Markung Schömberg, 3 Kilometer von Calmbach entfernt, mit Front nach Süden, erheben sich die imposanten Gebäude, gegen Nord- und Ostwinde geschützt, mitten im Hochwald. Auf einer etwa 3 Hektar umfassenden Terrasse sind es 3 Haupt- und einige Nebengebäude, denn das neue Krankenheim besteht aus einem hübschen Mittelbau und 2 großen 4stöckigen Seitengebäuden in modernstem Stil. Hinter dem Mittelbau, dem Verwaltungsgebäude, befindet sich das Wirtschaftsgebäude mit Speisesaal rc., welches durch einen gedeckten Wandelgang mit den Vordergebäuden verbunden ist. Daneben, hinter dem Frauenbau, stehen noch das Maschinen- und das Wäschereihaus. Auch für lungenkranke Kinder ist eine Abteilung im Erdgeschoß des Frauenbaues eingerichtet. Zur Heizung und für Zwecke des Kochens und der Warmwasserbereitung zu Bädern

Ein Epigramm von Wilhelm Busch. Alt­meister Wilhelm Busch wurde in diesen Tagen von den Abiturienten eines Dresdener Gchnnasiurns er­sucht, einen Beitrag für die Bierzeitung ihres Ab­schiedskommerses zu liefern, die entgegen der üblichen Gewohnheit nicht aus Eigenarbeiten der Abiturienten, sondern aus Beisteuern bekannter Poeten und Schriftsteller zusammengesetzt war. Auch Wilhelm Busch ließ sich nicht lange bitten und reimte so kurz wie schlagend:

Na Prosit", sagte Fritzchen Köhler,

Nach dem Examen ist mir Wühler."

Diese Reimleistung des unverwüstlichen Humo­risten hat alle Eigenschaften, auch in Muluskreisen zum geflügelten Worte zu werden. Für Wilhelm Busch gilt der Ausspruch Scheffels:Wer's kann, der bleibt im Herzen zeitlebens ein Student."

jSoldatenliebe.jSag' mal, warum gehst De denn nich mehr mit de Lene? De Trine is doch ville häßlicher!"Stimmt! Aber der Trine ihre Herrschaft hält es mitMaggi". Wo's Essen am besten schmeckt, ist allemal de Liebe!"

(Zu deutlich.) A.:Unverschämter Bengel, mein Neffe! Will mich anpumpen und legt dem Brief gleich die frankierte Postanweisung bei!" B.: Damit Sie sich nicht bemühen brauchen!" A.: »Ja, aber mit 40 Pfg. hat er sie frankiert!"

(Vor Gericht.) Richter:Zeuge Müller, was sind Sie?" Zeuge:Tischler." Richter: Ihr Alter?" Zeuge:Rentier."