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Essen, 24. April. Vorgestern fand in Berlin die Konstituierung der Aktiengesellschaft Friedrich Krupp statt. Das Aktienkapital beträgt 160 Mil­lionen Mark. Die Gesellschaft soll am 30. Juni, wo das Geschäftsjahr der Firma Krupp zu Ende geht, ihre Tätigkeit beginnen.

Berlin, 25. April. Der Kaiser trifft wie jetzt endgültig feststeht, am 2. Mai mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Eitel Fried­rich in Rom ein. Der italienische Botschafter in Berlin, Graf Lanza, wird ihnen entgegenfahren. Am Abend des Ankunfttages ist Familientafel im Quirinal. Am 3. Mai wird der Kaiser mit den Prinzen wahrscheinlich dem Gottesdienst in der Botschaftskapelle beiwohnen. Am Nachmittag des 4. Mai wird die deutsche Kolonie empfangen werden. Für den Abend ist ein militärisches Diner geplant.

Berlin, 25. April. Wie dem Lokalanzeiger aus Wien telegraphiert wird, ist die heutige Früh­jahrsparade im letzten Augenblick, als die Truppen die Kasernen schon verlassen wollten, ab­gesagt worden, da der die ganze Nacht andauernde Regen das Paradefeld grundlos gemacht hatte. Dagegen meldet das Berliner Tageblatt, daß die Absage aus Rücksicht auf die Gesundheit des Kaisers und auf den Rat des Leibarztes erfolgt sei, damit der Kaiser sich nicht der feuchten Luft aussetze.

Berlin, 25. April. Wie aus Neapel be­richtet wird, soll König Eduard beim Empfang der Nachricht von der Niederlage der eng­lischen Truppen im Somalilande aus­gerufen haben: Wir dürfen uns weder überrascht zeigen noch entmutigen lassen. Wie immer, wird es auch diesmal gelingen, die Scharte auszuwetzen.

Berlin, 25. April. Infolge heftiger Regen­güsse kommen aus allen Teilen der Provinz Ueber- schwemmungsnachrichten.

Berlin, 25. April. Nach einer Madrider Depesche desBerliner Tageblattes" verlief der gestrige Empfang der Mitglieder des Aerzte- EongresseS im königlichen Palast glänzend. Der König begann seinen Rundgang bei den Deutschen und gab seiner Freude Ausdruck, so zahl­reiche Vertreter deutscher Wissenschaft in Madrid zu sehen. Der König und die Königin-Mutter unter­hielten sich eingehend mit den deutschen Professoren.

Berlin, 25. April. In den Dachräumen des südlichen Gebäudes der Garde-Füstlier-Kaserne kam heute nachmittag Großfeuer aus, wodurch die Bekleidungskammer mit sämtlichen darin auf­bewahrten neuen Uniformen des 3. Bataillons ein Raub der Flammen wurde. Nach mehrstündiger Tätigkeit gelang es der Feuerwehr den Brand zu löschen. Der Materialschaden ist ein beträchtlicher. Die Entstehungsurfache wird auf Unvorsichtigkeit bei der Ausführung von Klempnerarbeiten zurückgeführt.

Berlin, 25. April. Wie aus Breslau telegraphiert wird, führen Oder und Ohle gewaltige Wassermengen, welche die Niederungen bei Breslau überfluten. Im Kreise Oppeln ist heute Nacht ein Chaussewärter in dem stark geschwollenen Murower Bach ertrunken.

Lemberg, 25. April. Die Stadt Mikuliner wurde in der Nacht von einer großen Feuers- brunst heimgesucht. 60 Privathäuser und mehrere öffentliche Gebäude darunter die griechisch-katholische Kirche, eine Dampfmühle etc. wurden ein Raub der Flammen.

Vermischtes.

Württ. Privatfeuerversicherungs­gesellschaft. Die äußere Feier des 75 j äh r. Jubiläums der Gesellschaft begann heute (25.) vorm, mit einem der Generalvers. vorausgehenden Festakt im Ob. Museum in Stuttgart. Hiezu hatte sich außer den zahlreichen Mitgliedern auch eine Reihe Gäste eingefunden, darunter als Vertreter der Staats­regierung der Min. des Inn. vr. v. Pischek, ferner Vertreter der Stadt Stuttgart und verschiedener befreundeter Versicherungsgesellschaften. Direktor a. D. Dr. v. Geyer eröffnet« die Versammlung und übergab im Einverständnis der Anwesenden den Ehrenvorsitz während der Dauer des Festakts dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Dir. v. Zeller. Der­selbe dankte hierauf zunächst für die ihm zu teil gewordene Ehre und gab dann nach einer Begrüß­

ung der Gäste und Mitglieder in längerem Vor­trag einen gedrängten Rückblick über die Geschichte der Anstalt. Die Jahre 1828 bis 1903, 75 Jahre, wohl eine kurze Spanne Zeit im Leben eines Vol­kes, aber eine reiche Zeit im Leben des deutschen Volkes! Die Gründung des Zollvereins, die Beweg­ung der Jahre 1848/49, der Wirtschaft!. Aufschwung Ende der 50er Jahre, der zum Sieg nach innen und außen geführt hat, die Gründung des Reichs im Jahre 1870/71 und ihre segensreichen Folgen, all das spiegle sich wieder in den bescheidenen Ziffern der Geschäftsabschlüsse der Gesellschaft, die vor 75 Jahren von weitausblickenden Männern gegründet worden sei. Er gedenkt hierauf der 3 Gründer der Anstalt, Georg Wechßler in Ulm, Rechnungsrat K. B. F. Härlin und Rechtskonsulent Friedr. Seeger in Stuttgart und erinnert daran, wie sich die Summe des versicherten Mobiliars von 13 Millionen Gulden nach dem 1. Jahr auf 1'/» Milliarde (von 3 Milli­arden insgesamt) Mark gehoben habe. Auch die kräftige Initiative des neuen Direktors, Vr. v. Geyer, und die fortgesetzt warme Fürsorge der Regierung für die Anstalt hob er rühmend hervor. Der König habe auch zum heutigen Jubelfest in einem huld­vollen Kabinettschreiben der Gesellschaft seine Glück­wünsche gesandt. Wenn man auf die ruhige stetige Weiterentwicklung zurückblicke, so dürfe man auch der Männer nicht vergessen, die ihre Kräfte der An­stalt gewidmet haben, von denen Direktor v. Hölder 34 Jahre, Direktor O. v. Wächter 31 Jahre lang der Anstalt gedient haben. Mit dem Namen des letzteren namentlich seien wichtige Reformen ver­knüpft. Er schloß mit der Versicherung, daß die Anstalt bemüht sein werde, auf der Grundlage weiter zu arbeiten, die ihr bei hoch und nieder das große Vertrauen erworben habe. Im Anschluß an diese Ansprache ergriff Minister vr. v. Pischek das Wort. Er sei gekommen, um der Gesellschaft zur Feier ihres 75jähr. Bestehens warmen Gruß und herzlichen Glückwunsch der Regierung zu überbringen und zugleich zu danken für die Tätigkeit, die sie ausge­übt habe zum Wohl des ganzen Landes. Er gebe damit auch dem Wunsch Ausdruck, daß es ihr ver­gönnt sein möge, in dem vaterländischen Sinn weiter zu arbeiten und sich das große Vertrauen, das sie sich überall erworben habe, voll zu erhalten. Er verbinde ferner hiebei die Bitte, daß das bisherige stets ungetrübte Verhältnis, das zwischen der Regier­ung und der Gesellschaft bestehe, auch ferner erhalten bleiben möge, und verspreche, daß die Regierung, wenn sie auch nicht mehr als Aufsichtsinstanz zu wirken berufen sei, doch die Interessen der Gesellschaft in jeder Hinsicht zu wahren, sich bestreben werde. Direk­tor v. Zeller dankte für diese warme Begrüßung. Die Anstalt teile den Wunsch, daß das bisher so überaus freundliche Verhältnis bestehen bleiben möge. Im Namen der Angestellten dankte hierauf Dir. a. D. vr. v. Geyer herzlich für die denselben zu teil gewordene Anerkennung. Der König habe den Angestellten auch seinerseits eine außer­ordentliche Auszeichnung dadurch gegeben, daß er dem stellvertretenden Direktor Fischer den Titel eines Hofrats, dem Oberkontrolleur Reichert und dem Hauptkassier Häußermann den Friedrichs­orden 2. Kl. verliehen habe. Die Angestellten er­blicken hierin sowohl eine Ehrung der Gesellschaft, wie eine Anerkennung ihrer Tätigkeit. Die Aus­zeichnungen werden allen Angestellten ein neuer Sporn sein, im Geist der Vorgänger für die Inter­essen der Anstalt und der Mitglieder zu wirken. Damit war der Festakt beendet. Direktor a. D. vr. v. Geyer übernahm wieder den Vorsitz und man trat in die geschäftlichen Verhandlungen der Generalversammlung ein.

Wie orientieren sich die Brieftauben? Ein Herr Th. Zell schreibt hierüber der Neckar- Ztg.: Es ist merkwürdig, welche zahllosen Theorien aufgestellt sind, um das Wiederfinden entlegener Ortschaften durch Tauben zu erklären. Da wollte ein Professor ein Organ im Kopfe der beschwingten Boten entdeckt haben, das sie befähigte, stets die richtige Bahn innczuhalten, so daß sie gewissermaßen stets einen natürlichen Kompaß bei sich trugen, und was für schnurrige Erklärungen noch sonst veröffent­licht wurden. Und doch liegt, wie so häufig, das Richtige so nahe. Ein jeder ist schon auf einem Turme oder Berge gewesen und weiß, wie weit man dort Umschau hat. Nun sehen Vögel ausge­zeichnet, und man kann als sicher annehmen, daß

eine in Berlin bei klarem Wetter aufsteigende Taube nicht nur Spree und Havel, sondern auch Elbe und Oder, wahrscheinlich sogar Ost- und Nordsee erblicken kann. Große Seen, Flüsse, Gebirge, Wälder u.dgl. müssen also den Tauben im meilenweiten Umkreise ganz bekannte Sachen sein, da sie dieselben fast täglich sehen. Darum läßt man ja die Tauben erst kleine nnd dann große Touren machen. Daß eS lediglich das ausgezeichnete Gesicht der Tauben ist, nicht etwa ein angeborener Ortssinn, der sie zu ihren Leistungen befähigt, geht daraus hervor, daß sie bei plötzlich hereinfallendem Nebel sich nicht zu­rechtfinden, ebenso nicht in der Dunkelheit. Aus demselben Grunde kann die Orientierung nicht durch Wittern erfolgen, denn alle witternden Geschöpfe wie Füchse, Bären, Wölfe jagen mit Vorliebe gerade im Nebel und in der Dunkelheit, da das Fehlen des Lichtes in keiner Weise das Riechvermögen be­einflußt. Ich habe an einer andern Stelle alle diese Punkte ausführlich erörtert. ES ist mir daher sehr lieb gewesen, daß Experimente, die man neuer­dings mit Militär-Brieftauben angcstellt hat, voll­ständig die Richtigkeit meiner Annahme bestätigt haben. Im Luftballon mitgenommene Tauben finden sich, wenn man sie in wolkiger Umgebung frei läßt, nicht zurecht, sie eilen aber sofort nach einer Hellen Stelle, weil sie wissen, daß sie von dort aus freie Aussicht haben.

Ein boshaftes Vermächtnis. In Lyon starb vor einigen Jahren, wie die N. Lesehalle berichtet, eine reiche alte Dame, die u. a. auch ihren langjährigen Hausarzt mit einem letztwilligen Andenken erfreute. Es war ein kleiner kunstvoll gearbeiteter Schrank, den die alte Dame dem Arzte für seine aufopfernden Bemühungen, dank denen sie ein so hohes Alter erreicht hätte," vermachte. Als der angenehm überraschte Jünger Aeskulaps das Schränkchen öffnete, fand er darin all' die Medizinen und Pillen, die er der alten Dame bei Lebzeiten verschrieben hatte, unberührt und in schönster Ordnung in ihren zierlichen Fläschchen und Schachteln.

Der altmodische Kuß.Das Küssen ist unmodern und zu einer Gewohnheit entartet, die nur noch vonLiebenden, kleinen Kindern und anderen Individuen mit unenlwickeltcm oder unbe­deutendem Intellekt" geübt wird." Diese Behaup­tung stellt die englische ZeitschriftFamily Doctor" auf, und sie sagt weiter, daß in der englischen Ge­sellschaft eine Frau nicht zweimal während der Saison geküßt wird. Wenn Frauen Zusammen­kommen, so küssen sie sich nie auf die Lippen, son­dern drücken einenAnflug von Kuß" auf Kinn, Wangen, Stirn, Augenlider oder Haare. Dieselbe Zeitschrift berichtet, wie die amerikanischen Student­innennach hygienischem Prinzip" küssen. In Smith-College, Northampton,küssen sie sich auf die schräge Linie, die von der linken Ecke des Mundes ausgeht". In Vassar zieht man das Kinn vor, und die älteren Studentinnen von Wesloy drücken ihre Küsse möglichst hoch im Gesicht, fast unter den Augenwimpern auf."

Kundgebungen zum Anti-Alko- Hol-Kongreß. Am letzten Tage des Kongresses verlas, wie der Magdeb. Ztg. zu entnehmen, der Präsident Professor Forel u. a. einige eingegan­gene Zuschriften. Eine Postkarte lautet:

Sehr geehrte Herren!

Dem Ochsen gibt das Wasser Kraft,

Dem Menschen Bier und Rebensaft,

Drum laßt uns trinken Bier und Wein,

Denn niemand will ein Rindvieh sein!"

StammtischSaurer Hering".

(Stürmische Heiterkeit.)

Aus Heidelberg ist folgende Bierkarte eingelaufen:

Dem Hochwohllöblichen Anti-Alkohol- Kongreß in Bremen senden aus feuchtfröhlicher Runde ehrfurchtsvolle Grüße

Sieben Heidelberger Studenten."

(Heiterkeit.)

Ein Stammtisch in Stettin schreibt:

Den braven Theoretikern bringen ein kräf­tiges Prosit fünf alte Praktiker!"

(Stürmische Heiterkeit.)

Eine weitere Karte lautet:

Noch eine Lage! Es lebe Oberbürgermeister Struckmann!" (Stürmische Heiterkeit. Rufe:Sehr gut! Da hat er die Quittung für seine Mäßigkeit!)