65. Amts-

und Anzeigeklatt für den HSezirk Gakv. 78. Zahrg»,.

Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und vezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Dienstag, den 28. April 1903.

Abonnementspr. in d. Stadt pr. Diertelj. Mk. 1.10 incl. Träger!. Vierteljahr!. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortsverkehr 1 Mk.. f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.

Amtliche Aekarmtmachvrtge«.

Bekanntmachung»

betr. die freiwillige Invalidenversicherung der Betriebsunternehmer.

Nach Z 14 des Jnvalidenversicherungsgesetzes sind Gewerbetreibende und sonstige Betriebsunter­nehmer, welche nicht regelmäßig mehr als 2 ver­sicherungspflichtige Lohnarbeiter beschäftigen, sowie Hausgewerbetreibende befugt, freiwillig in die In­validenversicherung einzutreten, so lange sie das 40. Lebensjahr nicht vollendet habe«. Auch können diese Personen beim Ausscheiden aus dem die Berechtigung zur Selbstversicherung begründen­den Verhältnis die Selbstversicherung fortsetzen.

Von dieser hauptsächlich auf Handwerker nnd andere Klein-Gewerbetreibende, sowie auf kleine landwirtschaftliche Unternehmer berechneten Befugnis der Selbstversicherung wird bis jetzt nur -in sehr geringem Umfang Gebrauch gemacht, obwohl die Bedingungen dieser Versicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Erwerbsunfähig­keit und des Alters außerordentlich günstig und die aus der Versicherung erwachsenden Ansprüche vollkommen gesichert sind.

Die Versicherung erfolgt durch Einklebung von Beitragsmarken in Quittungskarten von grauer Farbe, welche von den Ortsbehörden für die Ar­beiterversicherung ausgestellt werden. Die Höhe der Beiträge ist nach Lohnklassen verschieden und beträgt zur Zeit wöchentlich

in Lohnklasse I 14 A II 20

III 24

IV 30

.. V 36

Die Wahl der Lohnklasse steht den freiwillig versicherten Personen frei. Die Hauptleistnngen der Versicherung find die Invaliden- und die Altersrente«. Voraussetzung der Erlangung einer Invalidenrente ist außer dem Nachweis der eingetretenen Erwerbsunfähigkeit die Erfüllung einer Wartezeit von 500 Beitragswochen; Voraus­setzung der Erlangung einer Altersrente ist außer der Zurücklegung deS 70. Lebensjahrs die Erfüllung einer Wartezeit von 1200 Wochen.

Es ist davon auszugehen, daß für jede Woche ein Beitrag entrichtet wird, doch bleibt die Renten­anwartschaft erhalten, wenn während zweier Jahre nach dem auf der Quittungskarte verzeichneten Aus­stellungstag auch nur mindestens 40 Wochenbeiträge entrichtet werden.

Der Jahresbetrag der Invalidenrente

beläuft sich bei Verwendung von Beiträgen der I. Lohnklasse auf mindestens 125

II- ,, » 150

m. 170

IV. ., 190

V. 210

und wird höher, je mehr Wochenbeiträge entrichtet sind.

Der Jahresbetrag der Altersrente be­trägt

in der I. Lohnklasse 110

II- 140

.. HI- .. 170

» » IV. 200

V. 230 ,

Als weitere Leistung kann die Versicherungs­anstalt nach freiem Ermessen bei den Versicherten ein Heilverfahren einleiten, wenn ein Versicherter dergestalt erkrankt ist, daß in Folge der Krankheit

Erwerbsunfähigkeit zu besorgen ist, welche einen Anspruch auf Invalidenrente begründet.

Ein Vergleich der aufgeführten Leistungen der Versicherung mit den Leistungen der Versicherten wird jedermann die Vorteile der freiwilligen Ver­sicherung klar machen und es den zur Selbstversicher­ung zugelassenen Personen nahclegen, von dieser Vergünstigung mehr als bisher Gebrauch zu machen.

Die Ortsbehörden für die Arbeiter­versicherung erhalten den Auftrag, in dieser Richt­ung belehrend und anregend zu wirken, und das Oberamt ist jederzeit bereit, den Beteiligten weitere Auskunft zu geben und an die Hand zu gehen.

Calw, 21. April 1903.

K. Oberamt.

Amtm. Rippmann, A.-V.

Die Maul- und Klauenseuche ist in

Weilimdorf OA. Leonberg erloschen.

Calw,. 25. April 1903.

K. Oberamt.

Amtm. Rippmann, A.-V.

Tagesneuigkeiten.

tz Calw, 27. April. Gestern Vormittag ver­schied ganz unerwartet an einem Schlaganfall der in allen Kreisen der Einwohnerschaft wohl bekannte und geachtete frühere Lehrer am Reallyceum, Hr. Präzeptor Völker, nachdem er erst vor wenigen Wochen in den Ruhestand getreten war. Der Ver­storbene war seit dem Jahre 1871 zuerst an der Lateinschule, dann am Reallyceum als Hauptlehrer an der I. bezw. 11". Klasse tätig und leitete außer­dem viele Jahre hindurch den Turnunterricht am Reallyceum. In seinem Hause fand in den Jahrzehnten seines Hierseins eine große Anzahl auswärtiger Zöglinge eine Heimat für die Zeit ihres Schulbesuchs in hiesiger Stadt. Mit Eifer und Pflichttreue hat der Verstorbene allezeit seines Amtes gewaltet und tief schmerzlich hat er es em­pfunden, daß die Rücksicht auf seine erschütterte Ge­sundheit ihn zwang, schon seit fast zwei Jahren der Schule fern zu bleiben. Die zahlreichen Schüler des Dahingeschiedenen werden ihm ein gutes An­denken bewahren.

Stuttgart. Nills zoolog. Garten hat zahlreiche Ueberraschungen für diesen Sommer in Vorbereitung, von denen namentlich die liebe Schul­jugend mit gespanntem Interesse Kenntnis nehmen wird. Außer den regelmäßigen Sonntags- und Werktagskonzerten wird u. a. bei günstiger Witter­ung Mittwochs nachmittag eine Pony-Reit- und Fahrbahn eingerichtet. Auf 6. Mai ist die für die Abonnenten bestimmte Gratislotterie festgesetzt. Am 20. Mai beginnt einekleine" Künstlertruppe eine Reihe von Schaustellungen, die in verschiedener Hinsicht das lebhafteste Interesse verdient, das ihr seit Jahren überall bei alt und jung entgegenge­bracht wurde. Unter dem NamenL e s Kolibris" treten mit fürstlichem Pomp die kleinsten Liliput­menschen auf, um sich als Varistekünstler ersten Rangs zu zeigen. Bei einem Alter von 20 Jahren ist bei­spielsweise der kleinste Künstler 58 om hoch und 5'/> lex schwer, also der äußeren Erscheinung nach in der Größe eines 68jährigen KindeS; dabei sind alle von elegantem Auftreten und sehr vielseitiger

Kunstfertigkeit als Musikkünstler, Gymnastiker, Komi­ker, bezw. Sängerinnen und Tänzerinnen.

Tübingen, 24. April. Ein Gnadengesuch deS Bankiers Eugen Bräuning hier, der in der letzten Schwurgerichtssession zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden ist und um Verwandlung dieser Strafe in Gefäng­nisstrafe gebeten hatte, ist abschlägig beschieden und die Einlieferung Bräunings in das Zuchthaus Lud­wigsburg verfügt worden.

Schorndorf, 24. April. Heute früh schnitt sich der Ende der Vierziger stehende, ver­heiratete Weingärtner Scheef mit einem Rasier­messer den Hals ab. Da die Halsschlagader durch­schnitten wurde, trat der Tod unmittelbar ein. Rückgang in den Vermögensverhältnissen, verschuldet durch unregelmäßigen Lebenswandel, bildet die Ursache zu dem Verbrechen. 's ,

Breuningsweiler, 24. April. Den Be­suchern des Remstales, die ihr Weg in unsere Gegend führt, bietet sich eine freundliche Ueber- raschung. Auf dem sehr schön gelegenen benach­barten Sonnenberg, von dem aus man eine schöne Aussicht genießt, hat sich nämlich eine reizende Luftkuranstalt aufgetan, die ihre Entstehung einem angesehenen Stuttgarter Bürger verdankt. Das Anwesen, das sich in nächster Nähe der neu­erbauten Panoramastraße von Winnenden hieher erhebt, bildet jetzt schon einen Anziehungspunkt für die zahlreichen Ausflügler.

Lippach (OA. Ellwangen), 24. April. Heute früh ereignete sich hier ein schreckliches Unglück. Es erstickten bei einer Brunnenreinigung 4 Mann; da­runter der ledige Zimmermann Caspar Schmid von Baldern.

Ulm 23. April. (Strafkammer.) Vier junge Diebe, von denen drei die hiesige Mittelschule und einer die Volksschule besuchen und die noch kaum ein Alter von 13 Jahren erreicht haben, saßen heute auf der Anklagebank. Sie waren beschuldigt, am 27. und 28. Januar d. I. gemeisam von den Lager­plätzen zweier hiesiger Eisenhandlungen altes Granat­eisen und Federstahl entwendet zu haben. Am ersten Tage führten sie 3 Zentner mit einem Handwägel­chen fort und verkauften das Material unter er­logenem Vorbringen für 3 Am zweiten Tag wurden sie mitten im Geschäft überrascht. Drei der Knaben wurden zu je drei Tagen Gefängnis, der vierte, der schon eine Diebstahlsvorstrafe hatte, zu sechs Tagen Gefängnis verurteilt.

Mannheim, 25. April. Die heutige Generalversammlung der Badischen Anilin- und Soda-Fabriken bewilligte 100 000 zur Errichtung eines Rekonvaleszenten­heims für Arbeiter.

Brette», 24. April. Gestern abend wurde auf hiesiger Gemarkung ein vom Felde heimkehrender Landwirt, Namens Wipf, von einem Wilderer angeschossen, glücklicherweise aber nicht erheblich verletzt. Ein Zigarrenmacher Namens Bauer von hier wurde unter dem Verdachte der Täterschaft verhaftet. Bei einer Haussuchung fand man bei ihm einen großen Vorrat von Fasanenfedern.