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Neuenbürg, Mittwoch den 27. März 1907.

65. Jahrgang.

Berlin, 25. März. Der Reichsanzeiger ent­hält die Bekanntmachung einer kaiserlichen Urkunde betreffend die Stiftung einer Denkmünze für die an der Niederwerfung der Aufstände in Süd­westafrika beteiligt gewesenen deutschen Streilkräfte nebst Ausführungsbestimmungen.

Berlin, 25. März. Das Militärwochenblatt veröffentlicht die Beförderung des Obersten von Deimling zum Generalmajor und seine Ent­hebung von der Stellung als Kommandeur der Schutztruppe in Deutsch - Südwestafrika, sowie die Ernennung des Oberstleutnants von Estorff zum Kommandeur der Schutztruppe.

Gleichzeitig mit dem Reichskanzler hat auch Kolonialdirektor Dernburg die Reichshauptstadt behufs einer Osterurlaubsreise verlassen und sich ebenfalls nach Italien begeben; er wird seinen Osterurlaub an den oberitalienischen Seen verbringen.

München, 23. März. Der Landtag ist heute durch den Prinzregenten feierlich geschlossen worden. Der dabei verlesene Landtagsabichied hebt die Be­friedigung über die Arbeiten des Landtags in der abgelaufenen Session hervor und betont die Wichtig­keit des neuen Laudtagswahlgesetzes und des neuen Wassergesetzes. Lebhaft begrüßt wird die tatkräftige Förderung, welche Kunst und Wissenschaft durch Bewilligung namhafter Mittel seitens des Landtags erfahren habe. Die Errichtung von Oberrealschulen wird in die Wege geleitet. Der Landtagsabschied gedenkt ferner der Erwerbung der pfälzischen Eisen­bahnen für den Staat, der Neuorganisation der Verkehrsanstalten und der Grundsteinlegung des deutschen Museums in München, wobei es heißt: Mit besonderer Freude hat es unser Herz erfüllt, daß durch die Anwesenheit Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin dieser nationalen Feier eine besondere Weihe verliehen worden ist. Der Abschied betont zum Schluß die feste Zuversicht, daß im friedlichen Zusammenwirken aller Kreise und Kräfte die Wohlfahrt unseres geliebten Volkes stets sich festigen und dauernden Bestand gewinnen möge.

General Bailloud, der Kommandeur des 20. französischen Armeekorps zu Nancy, ist wegen seiner öffentlich gemachten Aeußerungen über einen mög­lichen Revanchekrieg Frankreichs gegen Deutschland von der französischen Regierung sanft gemaßregelt worden. Er wurde nach Montpellier als Kom­mandeur des 16. Armeekorps versetzt; der bisherige Kommandeur desselben, General Pau, ist an die Stelle Baillouds nach Nancy berufen worden. Uebrigens wurde Bailloud am Sonntag in Paris vom Kriegsminister Picquart und dann auch vom Ministerpräsidenten Clömenceau empfangen; ver­mutlich werden beide Minister dem Revanchegeneral hierbei gehörig den Kopf gewaschen haben.

Das Kanal-Projekt ist gescheitert, da sich die englische Regierung im Parlament dagegen ausgesprochen hat. Infolgedessen ist die Vorlage über den Bau eines Kanaltunnels vermutlich zurück­gezogen worden.

Petersburg, 23. März. Der frühere Ober­prokurator des Heiligen Synods, Pobjedonoszew, ist, wie schon in letzter Nr. mitgeteilt, heute abend gestorben. Mit Pobjedonoszew ist einer der orthodoxesten Männer Rußlands und einer der fanatischsten Slawophilen aus dem Leben geschieden, der den Zar Alexander 111. und auch den jetzigen Kaiser von Rußland bis noch vor ein paar Jahren völlig beherrschte, und namentlich Alexander !II. zur Abkehr von allen freisinnigen Ideen brachte. Dieser maßgebende Einfluß auf den Zaren war ihm um so leichter, als ihm seinerzeit von Alexander II. die Erziehung seiner Söhne anvertraut war. Pob­jedonoszew war infolge seines theorethischen und praktischen Eintretens für den patriarchalischen Despotismus der gefürchtetste, aber auch der best­

gehaßte Mann Rußlands, der sich infolge dieser Kenntnis auch selbst nie sicher fühlte und gar im Auslande Attentate auf seine Person fürchtete. So verließ er vor einigen Jahren einmal heimlich nachts Wiesbaden, wo er sich zur Kur aushielt, weil zur gleichen Zeit der deutsche Kaiser in Wiesbaden weilte, und Pobjedonoszew fürchtete, daß die Polizei nicht genügend Zeit für seine Bewachung habe, trotzdem ihm das Gegenteil versichert worden war. Erst, nachdem die Revolution in Rußland mit so elemen­tarer Gewalt zeigte, wohin das System Pobjedonos- zews führte, verlor er an Einfluß und Macht. Kon­stantin Petrowitsch Pobjedonoszew war 1827 in Moskau geboren, und früher Sekretär des Senats zu Moskau und Professor an der Universität Mos­kau gewesen. 1880 wurde er Oberprokurator des Heiligen Synods.

In Schwerin ist gestern Generalleutnant z. D. Friedrich von Rauch im 81. Lebensjahr gestorben. Er hat sich in der Schlacht von Mars la Tour als Kommandeur der Braunschweiger Husaren ruhmvoll ausgezeichnet und war Inhaber des Eisernen Kreuzes 1. Klasse.

Aus Wiesbaden kommt die Nachricht, daß Deutschland gestern seinen größten Chirurgen infolge einer Darmverschlingung durch den Tod verloren hat: vr. meä. Ernst o. Bergmann, Exzellenz, Wirkl. Geh. Rat, o. Universitätsprosessor, General­arzt. Geboren am 16. Dezember 1836 zu Riga in Livland, studierte er in Dorpat, promovierte hier 1860, wurde dann Assistent an der chirurgischen Universitätsklinik und habilitierte sich 1864 für Chirurgie daselbst. Nach einer Studienreise nach Wien und Berlin nahm er 1866 als Assistent des Professors und Generalarztes Wagner aus Königs­berg am böhmischen Kriege teil. Am deutsch-fran­zösischen Kriege beteiligte er sich in den verschieden­sten Stellungen und kam als Militärarzt bis vor Paris. Nach Beendigung des Krieges kehrte er, einen Ruf nach Freiburg ablehnend, nach Dorpat zurück, wo er schon 1871 o. Professor wurde. Als der russisch-türkische Krieg ausbrach, wurde er zum Konsultentchirurg der Donauarmee ernannt und trat zum drittenmal in den aufregenden Dienst eines Kriegsarztes. Nach dem Fall Plewnas erhielt er von verschiedenen Seiten ehrenvolle Berufungen, von denen er diejenige nach Würzburg 1878 an­nahm. 1882 siedelte er nach Berlin über, wo er bis jetzt noch als Direktor des klinischen Universitäts­institutes für Chirurgie tätig war. 1884 schlug er nochmals eine Berufung nach Petersburg aus. Er war Kais. russ. Wirkl. Staatsrat, preuß. Wirkl. Geheimrat, Exzellenz, Generalarzt und Ehrenmitglied zahlreicher gelehrter Gesellschaften.

Professor Johann Schilling, der Schöpfer des Niederwalddenkmals, ist, wie aus Dresden gemeldet wird, völlig erblindet. Eine vor meh­reren Monaten vorgenommene Operation hat dem über 80 Jahre alten Künstler keine Hilfe gebracht.

Karlsruhe, 21. März. Das Ministerium des Großh. Hauses und der auswärtigen Angelegen­heiten, dem die Staatsbahnen unterstellt sind, hat angeordnet, daß die badischen Bahnhofbuchhändler denSimplizissimus" für die Folge nicht mehr zum Verkauf anbieten dürfen.

Die verwitwete Fürstin Herbert Bismarck, die Schwiegertochter des großen Kanzlers, wird aus Gesundheitsrücksichten ihren ständigen Wohnsitz in Baden-Baden nehmen und hat ihren Haushalt in Friedrichsruh bereits aufgelöst.

Klein-Rösseln, 24. März. Der Präsident des Reichsversicherungsamtes hat die hiesige Grube durch Kommissare befahren lassen und der Knapp­schaftsberufsgenossenschaft seine Anteilnahme ausge­sprochen anläßlich der Massenunfälle; diese hat üb­rigens das Erforderliche sofort veranlaßt, damit den Hinterbliebenen die reichsgesetzliche Rente schleunigst ausbezahlt werden kann. Der Bergmannsunterstütz­

ungsverein hat beschlossen, jeder Familie aus der Vereinskasse 50 Mk. als Unterstützung zu zahlen. Gestern besuchte die Frau Generaldirettor Simon die Familien der verunglückten Bergleute in Begleit­ung eines Arbeiters. Die liebenswürdige Frau sprach im Namen der Firma de Wendel und des General­direktors das herzlichste Beileid aus und verteilte unter die Hilfsbedürftigen die Summe von etwa 4000 Marft

Mannheim, 23. März. Der politische Re­dakteur der hiesigenVolksstimme", Oskar Geck, der in dem Verfahren gegen die Karnevalszeitung Schnupftabak" wegen Majestütsbeleidigung erklärt hat, den Verfasser des inkriminierten Artikels nicht zu nennen, ^vurde zu einer Geldstrafe von 100 bezw. 10 Tagen Haft verurteilt. Zugleich wurde zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet, die Geck am 26. März anzutreten hat. Die gesamte Presse erhebt laut Protest gegen solche Maßnahmen gegen einen Redakteur, der mit Verweigerung des Zeugnisses in redaktionellen Sachen seine Pflicht tut und nicht nur seine, sondern die Ehre des ganzen Journalistenstandes wahrt.

Die vom Landgericht Weimar wegen Auf­reizung zu Gewalttätigkeiten zu zwei Monaten Ge­fängnis verurteilte sozialdemokratische Agitatorin Rosa Luxemburg hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Die Reichsgerichtsverhandlung findet am 12. April vor dem 4. Strafsenat statt.

München, 23. März. Der Salvator­ausschank ist heute Samstag abend zu Ende gegangen Geraume Zeit vor der üblichen Schluß­stunde um 7 Uhr war dem letzten Faß der Zapfen ausgeschlagen. Die Brauerei hatte für den Nock- herberg Heuer 100 Hektoliter mehr bereit gestellt als sonst, aber noch in keinem Jahr wurden die Münchner mit dem Quantum so schnell fertig wie Heuer, obwohl das Wetter durchaus nicht durst­erweckend war.

Das hinterlassene Gesamtvermögen des jüngst verstorbenen Verlegers derSchles. Ztg.", Heinrich Korn, wird nach derSchles. Volksztg." auf 85 Millionen Mark geschätzt. Die Haupterben sind seine Witwe, sowie seine Töchter Frau v. Bergmann auf Kauffungen und Frau v. Schweinichen auf Pawelitz.

Toulon, 25. März. Die Kreuzer Jeanne d'Arc und Lalande sind heute von hier nach Tanger in See gegangen.

London, 26. März. Auf eine besondere Ein­ladung des Königs sind 120 Offiziere und Mann­schaften des zur Zeit in Portsmouth liegenden russischen Geschwaders heute nach London gekommen, wo sie aufs herzlichste empfangen und zunächst im Grand Hotel bewirtet wurden.

Paris, 21. März. Das Zivilgericht in Caen verurteilte den Grafen de Noailles, durch dessen Automobil der Oberstleutnant Croizot getötet worden war, zur Zahlung einer Schadenersatzsumme von 200 000 Francs an die Hinterbliebenen.

Vevey, 25. März. Heute nachmittag kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Gendarmen und ausständigen Schokoladearbeitern, die in die Fabrik von Nestle eindringen wollten. Die Gendarmen machten von der Feuerwaffe Gebrauch. 4 Aus­ständige, unter ihnen 2 Mädchen, sowie 2 Gendarmen wurden verletzt.

Württemberg.

Stuttgart, 25. März. Ihre kaiserl. Hoheit Frau Herzogin Wera stattete heute nachmittag dem Widmannschen Tiergarten auf der Doggenburg, der seiner Vollendung entgegensieht, einen Besuch ab und sprach sich mit Anerkennung über das Unter­nehmen aus.

Die Gesamtlage des Arbeitsmarktes hat sich in Stuttgart nach dem Bericht der städtischen Arbeitsvermittlungsstelle im Monat Februar gegenüber dem Januar nicht unwesentlich gehoben.