63. Amts- und Anzeigeökatt für den Bezirk Halm. 78. MkMg.

Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Samstag, den 25. April 1903.

Abonnementspr. in d. Stadt pr. Viertelj. Mk. l.IO incl. Träger!. Vierteljährl. Postbezugspreis ohne Beftellg. f. d. Orts- u. Nachbar­ortsverkehr 1 Mk.. f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10. Bestellgeld 20 Pfg.

Amtliche Aekarmtmachimgen.

An die Ortsarmenbehörden des Schwarzwaldkreises.

Teilweise Aeberuahme der Koste» der Fürsorge für orts­arme Geisteskranke, Geistesschwache oder an Epilepsie oder ähnlichen Krankheiten leidende Kerlone», Tank- stnmme und Klinke ans den Kandarmenoerband vom 1.

April 1903 an betreffend.

Die Landarmenbehörde für den Schwarzwald­kreis hat am 2. März 1903 beschlossen:

1. an dem Aufwand auf sämtliche in Artikel 21 des Gesetzes vom 17. April 1873 genannten Kategorien Hilfsbedürftiger vom 1. April 1903 an drei Viertel auf den Landarmenverband zu übernehmen;

2. bezüglich dieser freiwillig übernommenen Ver­pflichtung behufs einer geordneten Verwaltung zu bestimmen, daß Ansprüche auf Erstattung von Aufwand, soweit er nach Artikel 21 des Gesetzes vom 17. April 1873 von der Landarmen­behörde auf den Landarmenverband übernommen wurde, von den Ortsarmenverbänden so bald alS tunlich, bei fortlaufendem Aufwand halb­jährlich, auf 30. September und 31. März, längstens aber binnen 9 Monaten vom Schluß deß Rechnungsjahres (31. März), auf welches der Aufwand entfällt, bei der Landarmenbehörde anzumelden sind und über die Frist von 9 Monaten verspätete Ersatzforderungen nicht be­rücksichtigt werden.

Hievon gebe ich den Oltsarmenbehörden des Kreises mit dem Ersuchen Kenntnis, die Anmeldung ihrer diesbezüglichen Ansprüche bei der Landarmen­behörde in Bälde zu bewirken und zwar für jeden einzelnen Fall getrennt unter Angabe dek Art und Weise und der Höhe der Kosten der dermaligen Ver­sorgung der hilfsbedürftigen Person. Formulare hiezu können von der Landarmenpflege unentgeltlich bezogen werden.

In den Akten muß der Nachweis enthalten

sein:

1. daß und inwiefern die betreffende Person den Unterstützungswohnsitz in der Gemeinde besitzt, und

2. daß dieselbe hilfsbedürftig im armenrechtlichen Sinne ist. Zn diesem Behuf ist eine genaue Darlegung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisie des Hilfsbedürftigen und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen zu geben.

Außerdem ist in der Regel

3. den Akten beizuschließen ein Familien-Register- Auszug und ein auf persönlicher Untersuchung beruhendes Zeugniß eines approbierten Arztes, welches sich insbesondere darüber ausspricht, seit wann die Krankheit besteht, wie sie sich äußert, in welchem Grade die hilfsbedürftige Person infolgedessen am Erwerb behindert, bezw. pflege­bedürftig und ob die dermalige Versorgung als eine dem Zustand der fragli chem Person ange­messene zu erachten ist.'

Bezüglich solcher Geisteskranker, welche bereits in Irrenanstalten untergebracht sind, kann die Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses zu­nächst unterbleiben.

Reutlingen, den 21. April 1903.

Vorsitzender der Landarmenbehörde für den Schwarzwaldkreis: Oberregierungsrat Kuhn.

Tagesneuigkeiten.

Stuttgart, 21. April. Der Verkauf auf dem Pferdemarkt war auch am zweiten Tage recht lebhaft, das Geschäft blieb aber nach allem, was man hört, gegen die früheren Jahre etwas zu­rück. Der Umsatz belief sich gestern, soweit er amt­lich zur Kenntnis gekommen ist, auf rund 50 000 ^ ; heute wurde diese Ziffer erheblich überschritten. Der wirkliche Umsatz ist bedeutend größer, da nicht die

Hälfte sämtlicher Käufe beim Marktamt angemcldet wird. Der Ankauf von alten und fehlerhaften Pferden beginnt sich, wie sich Heuer zeigte, auch hier zu einer Spezialität auszuwachsen; eine einzige Firma hat beispielsweise eine größere Anzahl solcher Pferde zu sehr niedrigen Preisen angekauft und dieselben nach Düsseldorf geschickt, wo die Tiere geschlachtet werden sollen. Die sonst an den Pferdemarkt sich anschließende Versteigerung von Pferden aus dem Landgestüt, dem K. Leib- und Marstall, ist Heuer unterblieben. (St.-Anz.)

Stuttgart, 22. April. In der Friedhof­straße spielten gestern nachmittag zwei 8 Jahre alte Mädchen mit einem geladenen Revolver, den sie in einer Kommode der elterlichen Wohnung fanden. Der Revolver ging einem der Mädchen in der Hand los und das Geschoß drang in die Brust ein, so daß das Kind schwer verletzt wurde. -

Tübingen, 22. April. Erhängt im Ge­fangenentransportwagen der Strecke Nürtingen- Tübingen hat sich gestern Mittag ein in den 40er Jahren stehender Mann aus dem Nürtinger Bezirk. Der Betreffende, in Schlägereien verwickelt, wurde heute früh in Nürtingen festgenommen und sollte dem Untersuchungsrichter in Tübingen zugeliefert werden. Als der Begleiter des Transportwagens die Zells aufschloß, fand er den Gefangenen erhängt. Sofort angestellte Wiederbelebungsversuche waren erfolglos.

Rottw eil, 21. April. In Laufen bei Balingen hat eine 24jährige Frau in Abwesenheit ihres Mannes den Kasten erbrochen, aus demselben die Barsumme von 2000 Mark, ferner bei der Ge­werbebank in Balingen von dem Guthaben ihres Ehemanns 400 entnommen und ist mit diesem Gelde verschwunden. Man vermutet, daß sie nach Amerika abgereist sei.

Nachdruck verboten.

Wer: wcrr: es?

Militärischer Original-Kriminalroman von Egbert v. Elster.

(Fortsetzung.)

Der Verteidiger Schumann's erhob sich nun. Aller Augen waren auf ihn gerichtet und er begann mit unbarmherziger Schärfe alle Verdachtsmomente zu zergliedern und zu zerpflücken. Es sei ganz unmöglich, sagte er im Laufe der Ausführung, daß Schumann der Mörder gewesen sei. Dagegen spräche schon der Umstand, daß die Tat mit dessen eigenem Gewehr verübt worden sei. Das müsse ein sehr beschränkter Mensch sein, der zu einer solchen Tat sein eigenes Gewehr gebrauche, das ihn verraten müsse, sobald jemand in den Lauf hineinsähs. Und wenn es schon so wäre, so werde er das Gewehr nicht am Orte der Tat liegen lassen, sondern es so gut wie möglich verstecken, oder sich irgend wohin zurück-^ ziehen, wo er sich unbeobachtet wisse und cs dort in aller Eile reinigen. Und dann nach der Tat, wem werde es wohl einfallen, sich dort bei seinem Opfer sehen zu lassen. Wahr sei eS ja den Mörder ziehe es zu seinem Opfer hin aber immer erst nach Stunden, immer erst dann, wenn er sich ungesehen glaube, wenn er sich für sicher halte, nicht ergriffen zu werden. Er schilderte dann den rechtlichen Charakter des Angeklagten und den seines Vaters und beantragte schließlich nach zweistündiger Rede das Nichtschuldig und die sofortige Haftentlassung für seinen Klienten.

Weit leichteres Spiel hatte der Verteidiger MeinkeS, der dasAbsurde*

der Annahme scharf kritisierte. Meinke soll an dem Verbrechen mitschuldig sein, weil einmal ein Rahmen mit fünf Patronen gefehlt habe. Da müsse sich doch ebenso sehr der Verdacht gegen denjenigen Gsfreiien oder Musketier lenken, der die Patronen ausgegcben habe. Das Fehlen von Patronen könne verschiedene Ursachen haben. Viele Leute nähmen sich ja doch scharfe Patronen zum Andenken mit in dis Heimat. Dann müsse man bedenken, was auch der Herr Staatsawalt ins Feld geführt habe, daß er nämlich ein verheirateter Mann sei. Aber das spreche nicht für, sondern im Verein mit seiner Absicht nach dem Manöver abzugehen und Gendarm zu werden, gegen seine Schuld. Was in aller Welt hätte ihn wohl bewegen sollen, nach zehnjähriger Dienstzeit sich an einer solchen Tat zu beteiligen? Daß er die drei bis vier Wochen bis zu seinem Abgänge nicht habe ertragen können, nachdem er es zwei Jahre lang ausgchalten, das anzunehmen sei lächerlich und noch absurder, daß er sich am Morde gegen den Hauptmann hätte beteiligen sollen, um diese Behandlung nicht wehr ertragen zu müssen. Er plaidierte für Nichtschuldig und sofortige Haftentlassung Meinkes.

Stundenlang dauerte die Beratung des Gerichtshofes und als die Richter und Geschworenen den Saal wieder betraten, sahen die Zuschauer, die mit fiebernder Ungeduld ihrer Rückkehr gewartet hatten, mit Staunen wie gerötet ihre Gesichter, wie erregt ihre Mienen waren. Nun begann der Vorsitzende das Urteil zu verkündigen. Allgemeines Befremden erregte es schon, als er im Tone des Unwillens begann, es habe sich für die Schuld der Angeklagten unter den Geschwo­renen unbegreiflicherweise keine Mehrheit finden können, die Schuldfragen seien daher verneint worden und das Urteil hätte daher auf Freisprechung lauten müssen. Trotzdem aber seien die beiden Angeklagten die Täter, Schumann der Mörder