Baden-Baden, 21. Januar. Heute wurde Rechtsanwalt Hau hierher gebracht und im Beisein des Untersuchungsrichters an den Tatort geführt, sowie mehreren Personen, die Hau am Tag der Tat gesehen haben, gegenübergestellt. Durch den Augenschein wie durch die Konfrontierung wurden für die Untersuchung wichtige Ergebnisse nicht erzielt.
Lemberg, 22. Jan. Den ganzen gestrigen Tag über herrschte hier ungewöhnlich starker Frost, bei starkem, eisigem Wmd. Das Thermometer zeigte ständig 26 Grad C-, so daß vielen Personen einzelne Körperteile erfroren. Die Rettungsgesell- schast griff in 115 solchen Fällen ein, die meist Schulkinder betrafen.
Buffalo, 21. Jan. Gestern wütete hier ein heftiger Sturm, der Schaden von über einer Million Dollars anrichtete. Fünf Seedampfer sind auf den Grund geraten.
Württemberg.
Am 25. Januar d. I., dem Tag der Wahlen zum Deutschen Reichstag, wird die Telegraphen- und Fernsprechdienstzeit in Württemberg bis 10 Uhr abends verlängert. Die Telegraphenanstalten, die bei der Beförderung amtlicher Wahltelegramme beteiligt sind, werden nach Erfordernis auch noch länger dienstbereit sein. Bei den Fernsprechanstalten wird die Dienstzeit, sofern ein Bedürfnis hiefür vorliegt, ebenfalls über 10 Uhr hinaus und erforderlichenfalls bis 12 Uhr ausgedehnt. Auf die von 9 Uhr (in Stuttgart 10 Uhr) abends ab hergestellten Verbindungen finden die Vorschriften über den Nacht-Fernsprechverkehr Anwendung. Die gleiche Dienstverlängerung tritt am Tage einer etwa stattfindenden Stichwahl in den in Betracht kommenden Wahlkreisen ein.
Das Zentrum stellt im 2. württ. Wahlkreis (Cannstatt, Ludwigsburg, Marbach, Waiblingen) nicht Gröber als Zählkandidaten auf, sondern — Erzberger, wohl eine zarte Aufmerksamkeit für den bestgehaßten Professor Hieber.
Aalen, 21. Jan. In unserem Wahlkreis, dem 13. württ. (Aalen, Ellwangen, Gaildorf, Neresheim), ist dieser Tage zu den bestehenden Kandidaturen Schneider (Ztr.) und Fischer (Soz.) noch eine dritte, die Zählkandidatur des Kolonialdirektors Dernburg errichtet worden.
Stuttgart, 20. Januar. In der verflossenen Nacht waren es 5 Jahre, daß das Hoftheater abbrannte. Ein definitiver Beschluß darüber, wohin das neue Theater kommt, liegt noch immer nicht vor, aber das Gerücht, daß die maßgebenden Stellen für die K. Anlagen etwa da, wo das Eberhardtdenkmal steht, sich entschlossen haben, tritt schon seit längerer Zeit hier mit solcher Bestimmtheit auf, daß man wohl mit dieser Lösung zu rechnen haben wird. In Verbindung damit hört man, daß für den Bahnhofumbau jetzt das Schillerstraßenprojekt im Vordergrund steht.
Tübingen, 23. Jan. Die Schwurgerichtsfitzungen für das 1. Quartal beginnen am Montag, den 18. Februar ds. Js. Zum Vorsitzenden ist Landgerichtsdirektor Dr. Kap ff ernannt.
Stuttgart. ILandeSproduktenbSrse.j (Bericht vom 21. Januar.) Aus der abgelaufenen Woche ist Wesentliches nicht zu berichten. Vom Ausland werden etwas erhöhte Preise gemeldet, welche sich beim Verkauf kaum erzielen lassen. Auch aus unseren heimischen Märkten waren Preise bei schlankem Absatz teilweise mäßig erhöht. Dagegen waren die Umsätze auf heutiger Börse bei unveränderten Preisen und unveränderter Gesamitendenz auf den laufenden Bedarf beschränkt. Der diesjährige Frühjahrssaatfruchtmarkt findet am 4. Febr. vorm, statt. — Mehlpreise Per 100 KZ inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 30 Mk. — Pfg. bis 31 Mk. — Pfg., Nr. 1: 28 Mk. SO Pfg. bis 29 Mk. 50 Pfg., Nr. 2: 27 Mk. - Pfg. bis 28 Mk. — Pfg., Nr. 3: 25 Äk. 50 Pfg. bis 26 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 23 Mk. 50 Pfg. bis 24 Mk. 50 Pfg. Suppengries 30 Mk. — Pfg. bis 31 Mk. — Psg. Kleie 9 Mk. SO Pfg. — 10 Mk. — Pfg. (ohne Sack.)
Sius StaSt» Bezirk unv Umgebung
Seine Majestät der König hat auf die Forstamtmannstelle bei dem Forstamt Weingarten den Forftamtmann Moosmayer in Herrenalb seinem Ansuchen entsprechend versetzt.
Neuenbürg, 22. .Jan. Die Zahl der Meifter- prüflinge im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen war bisher eine auffallend niedere. Unter Hinweis auf die heutige Bekanntmachung im Enztäler machen wir die nahestehenden Handwerkerkreise auf den Wert der Meisterprüfung immer wieder aufmerksam und weisen auch diejenigen jungen Handwerker, die das Recht zur Führung des Meistertitels noch nicht besitzen, direkt auf die Vorteile der Prüfung hin. Nach einer Erklärung des Staatssekretärs Graf von Posa- dowsky im Reichstage hat sich ja nun die Regierung endlich bereit erklärt, einen Gesetzentwurf zur Erweiterung der Rechte des Meistertitels demnächst
einzubringen; und es unterliegt keinem Zweifel, daß daß Recht zur Anleitung von Lehrlingen in kürzester Zeit an das Recht zur Führung des Meistertitels geknüpft werden wird. Auskünfte über die Anforderungen in den einzelnen Berufen und ähnliches erteilt das Bureau der Handwerkskammer-Reutlingen gerne, wie auch die nötigen Anmeldeformulare daselbst unentgeltlich versendet werden.
Wildbad, 21. Jan. Die Zeichnungen für die Bergbahn sind heute auf 160000 Mk. angewachsen. Das Unternehmen kann nunmehr als gesichert angesehen werden. (W. Chr.)
Pforzheim, 22. Jan. Montag früh zwischen 5 und halb 6 Uhr wurde einem hiesigen Goldarbeiter in einer Wirtschaft aus seiner Juppentasche sein Portemonnaie mit 15 Mk. 66 Pfg. Inhalt entwendet. Dasselbe wurde später bei dem 18jährigen Goldarbeiter Karl Friedrich Schnaufer von Engelsbrand auf dem hies. Hauptbahnhof vorgefunden. Schnaufer hatte das Geld in seinen Strümpfen untergebracht. Mit dem gestohlenen Geld wollte Schnaufer eine Strafe von 10 Mk. , welche er vom hiesigen Gewerbegericht erhalten hatte, bezahlen.
Zur Reichstagsnrahl am 25. Januar.
Neuenbürg, 21. Jan. Die Zahl der Wahlberechtigten zur Reichstagswahl beträgt im Oberamtsbezirk Neuenbürg nach dem endgültigen Abschluß der Wählerlisten genau 6787, gegen 6440 bei der Reichstagswahl im Juni 1903, 5824 im Juni 1898 und 5358 im Juni 1893. — Die Zahl der Wahlberechtigten bei der letzten Landtagswahl betrug 6477. Im Jahr (Nov.) 1891 betrug die Zahl der Landtagswahlberechtigten nur 4992.
Neuenbürg, 21. Jan. (Korr.) Gestern am Sonntag besuchte Hr. Schöninger, früher in Calmbach, die Orte Feldrennach, Conweiler und Schwann, um Wahlversammlungen für die Volkspartei abzuhalten, da es dem Kandidaten der Volkspartei, Hrn. Schweickhardt, bei der großen Ausdehnung seines bisherigen Wahlkreises nicht möglich ist, vor der Hauptwahl alle Orte zu besuchen. Diese Versammlungen waren gut besucht und nahmen einen schönen Verlauf. Die Ausführungen der HH. Redner Meisel und Schöninger fanden Anklang. In Feldrennach und Schwann wurde durch Sozialdemokraten eine kurze Diskussion herbeigeführt. Die Aussichten sind in diesen Orten für Hrn. Schweickhardt günstig und es ist nach dem bisherigen Verlauf der Wahlbewegung anzunehmen, daß der Bauernbund im Bezirk Neuenbürg nicht sehr viele Stimmen auftreiben wird.
Eingesandt. Wir stehen diesmal vor einer sehr bedeutsamen Reichstagswahl. Die Reichsregierung hat sich endlich dazu ermannt, das ihr unerträglich gewordene Zentrumsjoch abzuschütteln. Sie appelliert nun an die deutsche Wählerschaft, mit ihr den Kampf gegen diese fortschritt- und kulturfeindliche Partei aufzunehmen. Zu diesem Zweck haben sich die Liberalen in ganz Deutschland die Hand gereicht. Leider konnte sich im Reichstag die Sozialdemokratie, die immer noch auf ihrem Verneinungsstandpunkt verharrt, nicht dazu entschließen, sich den Liberalen anzuschließen und das Zentrum auch in dieser Körperschaft zu isolieren, wie dies in Württemberg aus Anlaß der Verfassungsrevision geschehen ist. Da sogar die Konservativen und der Bauernbund bedauerlicherweise auch im jetzigen Wahlkampf wieder mit dem Zentrum liebäugelt (siehe 8. Wahlkreis), so ist der Liberalismus in diesem Kampfe in der Hauptsache auf sich selbst angewiesen. Derselbe ist für ihn aus diesem Grund sehr schwer, aber nicht aussichtslos. Wir möchten daher alle liberalen Wähler dringend bitten, am 25. Januar an die Wahlurne zu gehen und unserem seitherigen, bewährten, liberalen Vertreter des 7. Wahlkreises, Hrn. Schweickhardt von Tübingen, zum Sieg zu verhelfen. Es gilt für den liberalen Wähler Mann genug zu sein, sich selber Geltung zu verschaffen.
* Neuenbürg, 23. Januar. Gestern abend fand im Sonnesaal die vom Wahlausschuß der konservativen Partei und des Bundes der Landwirte für Oekonomierat Adlung anberaumte Wahlversammlung statt, welche gut besucht war. Den Vorsitz führte Hr. Sägwerksbesitzer Keppler-Calmbach. Hr. Kandidat Adlung erklärte anfangs seiner Rede, daß er den Wahlkampf ruhig und in sachlicher Weise führe, daß er politisch keinen Ehrgeiz habe, da er nur dem wiederholten Ansuchen der Parteifreunde um Annahme der Kandidatur stattgegeben habe. Er habe 18 Jahre lang ein
Gut an der bayer. Grenze im Bezirk Neresheim gepachtet gehabt und seit 10 Jahren die K. Domäne Sindlingen, er kenne also die Licht- und Schattenseiten seines Berufs und sei mit anderen Berufsständen immer in Beziehung gestanden. Seine politischen Anschauungen seien nicht extremer Natur; er habe den Grundsatz, dem Kaifer zu geben, was des Kaisers ist. Er sei für die gleiche Berechtigung aller Stände und trete dafür ein, daß unser guter deutscher Mittelstand geschützt würde. Alle Stände sollen nach dem Grundsatz: Leben und leben lassen, behandelt werden. Er sei deshalb für keine exorbitanten, sondern nur für mittlere Getreidepreise. Durch eine etwaige Abschaffung der Zölle würde keinem Erwerbszweig gedient sein, denn die Großspekulation mit ihren Manövern würde sich sofort des Getreidehandels bemächtigen. Ein guter Jnlandsmarkt sei notwendig, da 80°/» aller Erzeugnisse im Inlands abgesetzt werden. Was die hohen Fleischpreise betreffe, so glaube er, daß bald eine Verbilligung ein- treten werde. Das österreich. Vieh beherrsche den norddeutschen Markt, der serbische Markt sei aber Oesterreich augenblicklich wegen Zollkriegs verschlossen. Redner gab dazu nähere Darlegungen und besprach auch noch den Wert unserer Kolonien. Wie der Hr. Kandidat seinem Vorsatz gemäß ruhig und sachlich sprach, so schloß er auch seine von der Versammlung beifällig aufgenommenen Ausführungen. Der Vorsitzende forderte zur Diskussion auf, da solche zur Klärung der verschiedenen Anschauungen erwünscht sei. Hr. Rechtsanwalt Kraut-Calw, der Landesvorstand der Kons. Partei Württembergs, besprach hierauf die Vorgänge bei der Reichstagsauflösung. Die Abstimmung am 13. Dez. sei nur der äußere Anlaß dazu gewesen, schon lange vorher habe sich durch die Mißregierung und das ganze Verhalten des Zentrums Zündstoff angehäuft, der explodieren mußte. Er betonte die Notwendigkeit der Kolonien, die mit der Zeit auch eine Rente abwerfen werden. Im weiteren beleuchtete der gewandte Redner unser Parteiwesen. Während es in England eigentlich nur 2 große Parteien gebe, tue man es bei uns nicht unter einem Dutzend Parteien und Fraktiönchen. Die Bemühungen der Kons. Partei um einen Zusammenschluß des Bürgertums haben nur teilweise zu einem Ziele geführt. . So habe vor der letzten Landtagswahl die Demokratie einen Zusammenschluß abgelehnt. Der Riß der nationalgesinnten Parteien sei erst 1903 im Zeichen der Wirtschaft!. Kämpfe entstanden, letztere müssten jetzt aber als überwunden zu betrachten sein. Die Zollgesetzgebung habe Deutschland keinen Schaden gebracht, im Gegenteil, wir haben z. Zt. eine Hochkonjunktur in der Industrie, wie noch nie. Das Nationalvermögen ist um 30 000 Mill. gewachsen, und daß die Arbeiterschaft besser gestellt sei, beweise die Tatsache, daß von 13 000 Mill. Spareinlagen lt. „Vorwärts" allein 7 500 Mill. der Arbeiterschaft gehören. Der Hr. Redner erinnerte noch an die alte Partei- und Kampfgenossenschaft der Deutschen Partei und schloß mit einem kräftigen Appell an dieselbe. Im weiteren Verlauf des Abends entspann sich noch eine anregende, oft durch heitere Momente gewürzte Debatte zwischen den HH. Fieß, Adlung, Bacher, Meisel, Allmendinger und Kraut, welch letzterer namentlich wiederholt eingehende Erwiderungen gab. Es ist bei der Kürze der Zeit, in welcher dieser gedrängte Bericht im heutigen Blatt zu erscheinen hat, nicht möglich, des näheren auf die Reden und Gegenreden einzugehen. Nach dem Eindruck, welchen die so interessant verlaufene Versammlung sichtlich gemacht hat, dürfte die Kandidatur Adlung manche Freunde gewonnen haben.
Die Sozialdemokratie hat am Sonntag in Stuttgart ein Flugblatt verbreitet, das eine Flut von Anklagen über die Deutsche Partei und die Nationalliberalen ausgießt. Von den neuen Steuem wird dem Leser erzählt, die der letzte Reichstag beschlossen, aber verschwiegen, daß von ihnen der kleine Mann, die breite Masse nur einen verschwindend kleinen Bruchteil bezahlt. Von den Lasten des Volkes wird geredet, die die Weltpolitik gebracht, aber nichts von den Millionen, die die Sozialpolitik des Reichs der Lohnarbeiterschaft gewährt. Freilich haben die Sozialdemokraten dagegen gestimmt. Anknüpfend an das Flugblatt der Sozialdemokratie schreibt der „Staatsanzeiger": „Die sozialdemokratische Partei verbreitet gegenwärtig in großen Mengen ein Flugblatt, in welchem ihre Anhänger aufgefordert werden, durch Abgabe des sozialdemokratischen Stimmzettels bei der bevorstehenden Reichstagswahl Mann für Mann zu protestieren gegen die bisherige Reichspolitik, die es dahin gebracht habe, daß im Deutschen Reich überall Mangel, überall Halbheit, überall Unkultur