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Anzeiger für das Gnztal und Umgebung.
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178.
Neuenbürg, Montag den 12. November M)6
NuuSschau»
Berlin, 8. Nov. Es erregt Aufsehen, daß Kaiser Wilhelm sich gestern nach Liebenberg zum Fürsten Eulen bürg begeben hat. Der Besuch war vor kurzem angekündigt, dann wieder abgesagt worden und ist jetzt doch zur Ausführung gelangt. Hiezu schreibt die „Vossische Zeitung": „Schloß und Jagdgründe von Liebenberg haben eine gewisse geschichtliche und politische Berühmtheit erlangt. Wiederholt befand sich Wilhelm kl. gerade in kritischen Tagen als Gast bei dem früheren Botschafter, dem er seit langer Zeit seine Gunst bewiesen und bewahrt hat. Als Dichter und Komponist, als Rassentheoretiker und Anhänger Gobineaus hat Graf Philipp Eulenburg das lebhafte Interesse des Kaisers, der ihm den Fürstentitel verlieh, erregt. Man schreibt dem Schloßherrn von Liebenberg auch politischen Einfluß zu, obwohl er wegen Krankheit den Botschafter aufgegeben hat, nachdem ihn sein Leiden genötigt hatte, einen erheblichen Teil des Jahres fern von seinem Amtssitze zuzubringen. In neuerer Zeit scheint sich der Gesundheitszustand des Fürsten Eulenburg gebessert zu haben, und da das „Glück der Eulenburge" sprichwörtlich ist, kann es nicht fehlen, daß verschiedentlich auch sein Name mit der gegenwärtigen „Krisis" in Zusammenhang gebracht wird. In Liebenberg wurde einst dem Kaiser der Artikel der „Köln. Ztg." zugestellt, der zum Sturz des Grafen Caprivi den äußeren Anlaß bot. Ob auch jetzt die lange erwarteten Entscheidungen, beispielsweise über das Entlassungsgesuch des Hrn. v. Podbielski, in Liebenberg fallen werden, bleibt abzuwarten."
Köln, 10. Nnv. Der „Köln. Ztg." wird aus Berlin telegraphiert: Die Nachricht, daß vor wenigen Tagen der Staatssekretär des Reichsamts des Innern, Graf Posadowski, dem Staatsministerium einen Gesetzentwurf über Arbeitskammern vorgelegt habe, wird bestätigt. Aus dem Umstand, daß die Ueberschrift „Arbeitskammern" und nicht „Arbeiterkammern" heiße, dürfe man schließen, daß die in Aussicht genommene Institution sich paritätisch aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammensetzen werde.
Berlin, 10. Nov. In Gegenwart des Kaisers fand heute im Berliner Lustgarten die Rekrutenvereidigung von Berlin und Umgebung statt; der Monarch hielt bei dieser Gelegenheit eine längere Ansprache an die Rekruten.
Berlin, 10. Nov. Der Prozeß gegen den falschen Hauptmann von Köpenick dürfte voraussichtlich noch in diese Schwurgerichtsperiode fallen. Zur Hauptverhandlung wird ein gewaltiges Zeugenmaterial aufgeboten werden, wodurch der Prozeß mehrere Tage dauern wird. Der falsche Hauptmann ist von seiner Krankheit gänzlich wieder hergestellt.
Berlin, 10. Novbr. Nach einem Telegramm des „Berl. Tagebl." aus Solingen beschloß eine Versammlung nationalliberaler Vertrauensmänner im Hinblick darauf, daß in den ersten 9 Monaten dieses Jahres die Schlachtungen in Solingen um 2500 Stück Vieh gesunken sind, bei der Stadtverwaltung zu beantragen, sie möchte den Reichskanzler ersuchen, sofortige Maßregeln gegen die Fleischteuerung zu ergreifen.
Karlsruhe, 9. Nov. Staatsminister v. Dusch und Ministerialdirektor Braun haben heute der Städtevertretung erklärt, daß sie die Bundesrats- bevollmächtigten angewiesen hätten, für alle Maßnahmen zur Herabsetzung der Fleischpreise, insbesondere für beschränkte Grenzöffnung gegen die Niederlande und Dänemark zu stimmen. Frankreich könne z. Zt. wegen der Maul- und Klauenseuche nicht in Betracht kommen.
Karlsruhe, 7. Nov. Anläßlich der Landesversammlung des badischen Frauenvereins in Mannheim hat ein Wohltäter, der unbekannt bleiben will.
zu der von der Frau Großherzogin errichteten Stiftung „Witwentrost" eine Zustiftung von 5000 gemacht. Das Stiftungskapital beträgt nunmehr 15 000 ^
Hamburg, 10. Nov. Heute nachmittag wurde in einem Abteil 1. Klasse des Blankeneser Zuges zwischen den Stationen Bährenfeld und Groß-Flott- beck der Zahnarzt Claussen aus Altona durch Beilhiebe getötet und ausgeraubt. Die Leiche wurde erst in Blankenese bei der Revision des Zuges entdeckt. Ein der Tat verdächtiger gutgekleideter junger Mann, dessen blutbesudelte Kleidung einem Bahnsteigbeamten in Groß-Flottbeck aufsiel, erklärte dieses mit starkem Nasenbluten. Vom Täter fehlt jede weitere Spur.
Berlin, 11. Nov. Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat zur Untersuchung der Angelegenheit betreffend den gestern verübten Raubansall in dem Blankenesener Zuge einen Kommissar nach Altona entsandt und hat auf die Ergreisung des Täters eine Belohnung von 1000 Mk. ausgesetzt.
Posen, 10. Nov. Die Zahl der gegenwärtig bei dem deutschen Religionsunterricht streikenden polnischen Kinder übersteigt 40 000.
Durch die Zeitungen ging dieser Tage eine Notiz von dem Ende der Schwefe lhölzer, welche besagte, daß der Vertrieb und Verkauf von Schwefel- hölzern mit dem kommenden 1. Januar verboten sei. Diese Notiz bedarf insoweit einer Berichtigung, daß das Verbot erst mit dem 1. Januar 1908 in Kraft tritt.
Kostheim a. M., 9. Nov. Heute früh 6 Uhr fuhr bei hiesiger Station (Strecke Frankfurt-Kastel) ein Güterzug einem andern Güterzug in die Flanke. Eine Anzahl Wagen wurde aus dem Geleise geschleudert und zertrümmert. Der Lokomotivführer Heß und der Heizer Heil des Zuges 6508 waren sofort tot, ein Bremser schwer verwundet. Die Zahl der entgleisten und zertrümmerten Wagen beträgt 23. Dieselben bilden ein wüstes Chaos von 15—20 Meter Höhe, so daß alle vier Geleise gesperrt sind. Da die Wagen mit den mannigfachsten Gütern beladen waren, ist der Schaden ein beträchtlicher. Die Ursache des Zusammenstoßes ist in falscher Weichenstellung oder Ueberfahren eines Haltesignals zu suchen.
Der Untersuchungsrichter in Paris verhörte den Hauptkassier der Untergrundbahn, welcher sich der Polizei selbst stellte unter der Anschuldigung, die Kaffe um 175 000 Franks bestohlen zu haben. Das Geld habe er durch Börsen-Spekulationen verloren.
Aus Belgrad wird berichtet: Ein mit der französischen Firma Schneider in Creuznot abgeschlossener Präliminarvertrag erstreckt sich auf die Lieferung von 60 Batterien Feldgeschütze und 25 Batterien Gebirgsgeschütze.
Warschau, 9. Nov. Auf der Station Rogow der Waschau-Wiener Eisenbahn wurde gestern auf einen Postzug eine Bombe geworfen. Aus dem Zug wurde eine Million Rubel geraubt, viele Personen sind getötet. — Nach einer späteren Meldung wurden auch mehrere Reisende verletzt, ein Gendarmerie- Offizier und 6 Soldaten sind getötet worden.
Kapstadt, 10. Novbr. Amtlich wird bekannt gegeben: Der Transval-Bur Ferreira nnd mehrere andere Buren find im Nordwesten der Kap- kolonie eingedrungen und versuchten einen Aufstand ins Werk zu setzen. Sie überraschten zwei Polizeistationen und brachten Waffen und Munition in ihren Besitz. Kavallerie ist abgegangen, um sie zu fangen. 150 Mann Polizeitruppen werden außerdem sofort nach Prieska aufbrechen.
Württemberg.
Stuttgart, 10. Nov. Der badische Zug 101 Karlsruhe ab 12.56, Pforzheim ab 1.38, Mühlacker an 1.50 wird vom 15. November 1906 mit dem
direkten Wagen der Straßburger Abteilung über Bruchsal-Bretten geleitet: Karlsruhe ab 12.56, Bruchsal an 1.10, Bruchsal ab 1.24, Mühlacker an 2.00, Mühlacker ab 2.07 weiter wie seither. Der Zug wird ab Bruchsal mit dem Zug von Frankfurt vereinigt geführt. Zwischen Pforzheim und Mühlacker werden zum Anschluß an den Zug von Bruchsal folgende Züge ausgeführt: Pforzheim ab: 1.00, Mühlacker an 1.55 und Mühlacker ab 2.05, Pforzheim an 2.20. In den Personen- und Gepäcktaren tritt eine Aenderung gegen seither nicht ein.
Stuttgart, 10. Nov. Eine gestern nachmittag im Bürgermuseum stattgehabte allgemeine Landesversammlung der Wirte Württembergs, die von etwa 120 Personen besucht war, beschäftigte sich mit der bevorstehenden Landtagswahl. Der Verbandsvorsitzende Rummetsch eröffnete die Versammlung, worauf Schramm-Stuttgart über das Proporzwahlverfahren sprach. — Im weiteren Verlaufe machte der Vorsitzende bekannt, daß der Ausschuß beschlossen . habe, die Aufstellung eines eigenen Kandidaten bis nach der Hauptwahl zurückzustellen. Sodann wurde eine Resolution angenommen, in der der Ausschuß beauftragt wird, mit den politischen Parteien Fühlung zu nehmen, besonders mit Rücksicht auf die Abschaffung des Umgelds.
Stuttgart, 11. Nov. Ein großartiger Postanweisungsschwindel wurde gestern entdeckt. An einen hiesigen Hotelbesitzer war dieser Tage ein Schreiben aus Nürnberg gelangt, daß Postanweisungen an den Hotelier abgehen würden und zwar sollten dieselben einem jungen Mann, dem Sohn des Briefschreibers, ausgehändigt werden, der sich durch die gleiche Handschrift wie die im Briefe ausweisen würde. Es gelangten an den Hotelier Postanweisungen in Höhe von je 800 Mk. und in der Tat stellte sich ein junger Mann ein, präsentierte die Handschrift und frug nach den Postanweisungen. Diese wurden anstandslos ausgezahlt. Auch bei einem hiesigen Spediteur und bei noch einer weiteren Firma liefen ähnliche Briefe ein und ebenso Postanweisungen im Gesamtbetrags von 3190 Mk. Dann wandte sich der junge Mann nach Cannstatt. Dort war aber die Postanweisung an das Bahnhofhotel adressiert und konnte nicht ausgehändigt werden, weil ein solches Hotel daselbst nicht existiert. Der Hotelbesitzer in Stuttgart schöpfte schließlich Verdacht und äußerte diesen dem Postamtsvorstand, Hrn. Postrat Weber, gegenüber. Dieser veranlaßte nun, daß der junge Mann von der Polizei in seinem hiesigen Hotel ausgesucht und einem Verhör unterzogen wurde, wobei derselbe aber so bestimmt und frech austrat, daß ihn schließlich die Polizei unbehelligt ließ. Postrat Weber sandte darauf ein Rundtelegramm an sämtliche Postämter des Landes und richtig, am gestrigen Samstag traf der junge Mann in Geislingen ein und verlangte auch dort eine solche Postanweisung von einem Hotelbesitzer, erhielt aber das Geld nicht, sondern wurde festgenommen. Nach Stuttgart zurückgebracht, gestand er, daß alles auf Fälschung beruhe. Er habe einen Komplizen beim Postamt in Nürnberg, dessen Namen er aber nicht nennen wolle. Man darf gespannt sein, um welchen Betrag die bayerische Postverwaltung durch diese Betrügereien geschädigt worden ist.
Der Paulinenverein zur Bekleidung armer Landleute schreibt uns, daß er die bisher vom Verein in außerordentlichen Notstandsfüllen besorgte Vermittelung entbehrlicher Kleider, Weißzeug, Woll- waren, Schuhe, Bettstücke usw. zugunsten der Armen auf dem Lande in diesem Jahr versuchsweise übernommen habe. Der Paulinenverein wagt es deshalb, wie alljährlich sein Vorgänger, jetzt beim Beginn der kälteren Jahreszeit mit der Bitte um Ueberlassung entbehrlicher Kleider usw. vor die Oeffentlichkeit zu treten. Er verfolgt die Absicht, Ueberflüssiges aus den Händen der Wohlhabenden in die der Bedürftigen auf dem Lande überzuleiten.