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Gesuche um Zulassung zu dem Wieder- holungskurs sind mit einem schulrheißenamtlichen Zeugnis über die Erfüllung vorstehender Beding­ungen spätestens bis 26. Mai ds. Js. an dasSekretariat der K. Zentral­stelle für die Landwirtschaft in Stutt­gart" einzusenden.

Stuttgart, 20. März 1903.

v. Ow.

Eintreten des

Reichstagsabgeordneten Schrempf fiir die deutschen Bauern in Ungarn.

Reichstagsabg. Schrempf sagte in der Reichs­tagssitzung am 20. März folgendes: Die Mißhand­lung der Deutschen in Ungarn hat namentlich bei uns in Süddeutschland in unterrichteten Kreisen eine ganz bedeutende Mißstimmung erzeugt. Das scharfe Vorgehen der ungarischen Re­gierung und namentlich der dortigen Justiz gegen unsere deutschen Stammesbrüder besonders gegen die entschiedenen und berufenen Vertreter des Deutschtums in Ungarn wird allgemein und im höchsten Grade mißbilligt. Ungarn ist unser Verbündeter im Dreibünde und der Herr Reichskanzler hat gestern in sehr warmen Tönen von diesem unserem Verbündeten gesprochen. Da wird er es einem Vertreter des deutschen Volkes nicht übel nehmen, wenn ich hier sage: Von einem Verbündeten erwarten wir auch eine rücksichtsvollere Be­handlung unserer Stammesbrüder! (Sehr richtig!), und wenn im Deutschen Reichstag so etwas nicht mehr frei heraus ge­sagt werden soll, so würde ich das im höchsten Grade bedauern. Meine Herren, die Deutschen in Ungarn haben für ihr Vaterland von jeher eine Treue gezeigt, die in keiner Weise angezweifelt werden kann. Sie haben für ihr Vaterland ge­fachten und ihr Blut vergossen und das ganze deutsche Volk hat dabei geholfen, Ungarn von der Herrschaft der Türken zu erlösen. Daß der unga­rische Staat nicht gleich Serbien und Bulgarien bis in die neueste Zeit unter türkischer Herrschaft geblieben ist, verdankt er der deut­schen Kultur und der deutschen Tapfer­keit! Nun sollte doch bei einem politischen Ver­bündeten die Freundschaft so weit gehen, daß man nicht zur gleichen Zeit, wo wir Arm in Arm im Dreibund marschieren, unsere StammeSgenossen in der Weise mißhandelt, wie es tatsächlich der Fall ist. (Sehr wahr! rechts.) Der Herr Reichs­kanzler hat sich darauf berufen, daß er in den Bahnen des Fürsten Bismarck wandle, wenn er jede diplomatische Einmischung ablehne. Ich kann nur meine lebhafte Freude darüber bezeigen, wenn ich den Herrn Reichskanzler irgendwo auf den Wegen des Fürsten Bismarck finde; aber wenn der Herr Reichskanzler uns hier die Instruktion Bismarcks für einen deutschen Gesandten

in Ungarn vorliest die seinerzeit jedenfalls als geheimes Aktenstück übermittelt wurde so wandelt der Herr Reichskanzler noch nicht in den Wegen Bismarcks. Gar leicht könnte diese Kundgebung von der ungarischen Regierung dahin mißverstanden werden, daß die deutsche Reichsregie­rung ihre Billigung ausspräche zu der Art und Weise, wie unsere Stammesbrüder in Ungarn behandelt werden, daß jedenfalls der Herr Reichskanzler Graf v. Bülow nichts dagegen einzuwenden habe. Ich bin auch ein Gegner jeder Art vonGefühlspolitik"; aber wo der nationale Standpunkt in Frage kommt, da kommt auch das nationale Ehrgefühl in Frage und von der deutschen Neichsregierung hätte ich einen wärmeren Ton erwartet bei der Besprechung der vorliegenden Angelegenheit! Ich werde keine einzelnen Fülle hier aufzählen, um darzulegen, mit welcher Feind­seligkeit und Gehässigkeit gegen die deutsche Sprache und die deutsche Kultur in Ungarn vorgegangen wird, und zwar nicht bloß vom Pöbel und vom Mob, sondern auch von den höheren Klassen. Ich werde auch keineswegs ein­zelne Gerichtsurteile, die in Ungarn über deutsche Redakteure gefällt sind und durch ihre un­geheure Schärfe auffallen, kritisieren; aber eines darf ich doch aussprechen: Der Dreibund wird wahrlich nicht dadurch gefestigt, daß in der Weise gegen unsere Stammesbrüder in Ungarn vorgegangen wird. Noch niemals konnte der Be­weis erbracht werden, daß Deutsche wirklich Vater­landsverräter, Feinde des ungarischen Staates wären. Deshalb müssen wir als Angehörige ihres Stammes gegen eine derartig scharfe Behandlung protestieren. Meine Herren, kein vernünftiger Mensch glaubt, daß die Deutschen in Ungarn so wahnwitzig sind, eine Vereinigung Ungarns mit dem deutschen Reich anzustreben, enger als sie jetzt im Dreibund vor­handen ist. Ob später eine Zollunion dazu kommen kann, werden wir ja sehen, so was bleibt hier außer Frage. Aber ich glaube wirklich nicht, daß die ungarische Regierung, daS magyarische Volk im Ernst sagen können: Wir befürchten, daß die Deutschen in Ungarn Verräter sind, daß sie die Vernichtung des selbständigen ungarischen Staates, die Angliederung an das Deutsche Reich anstreben. Wenn das nicht der Fall ist, und es ist nicht der Fall, dann ist auch die Magyaristerung nicht ge­rechtfertigt. Wenn die Deutschen bezüglich der Magyaristerung auf dieselbe Stufe gestellt werden, wie die nächstbeste slawische oder rumänische Völker­schaft, so müssen wir dagegen protestieren. Die Deutschen in Ungarn sind die Brücke zu uns herüber, sie sind es auch für den ungarischen Staat, sofern er Mitglied des Dreibundes ist. Sollte etwa Ungarn der irrigen Meinung sein, daß wir Deutsche uns zu bedanken hätten für seine Teilnahme am Dreibund? Hier im Deutschen Reichstag muß offen gesagt werden: wir sind von Grund aus anderer Ansicht! (Sehr richtig! rechts.) Die magya­

leise zu lächeln, die da an ihr Ohr schlugen. Aber sie bezwang sich und sagte sogleich wieder mit dem Ernste, den der Gegenstand forderte, ebenfalls auf französisch:

Ah, Monsieur, da Sie französisch sprechen, so hoffe ich, daß Sie es auch verstehen. Also wie erklären Sie sich, daß Sergeant Lagorge es so genau gewußt hat, was Sie gesehen haben?"

Schumann freute sich ob seipes Scharfsinns. Es war also richtig, und nun war er auch um eine Erklärung nicht verlegen und sagte ganz unverfroren:

Erinnern Sie sich gütigst, Mademoiselle, daß der Klencke, das krumm­beinige Ungeheuer, auch dabei stand. Der Kerl hat ja oft Briefe und Zettel von Ihnen an Ihren damaligen Bräutigam und umgekehrt befördert."

Wie, Monsieur, das wissen Sie?"

Gewiß, Mademoiselle, denn der Kerl ist sehr ungeschickt und durchaus nicht verschwiegen. Man sieht ihn an Tagen, wenn er mal den Dienst in der Front mittut, häufig mit Lagorge zusammenstehen Was ist natürlicher, als daß er rapportiert hat. Am selben Nachmittage habe ich ihn noch mit dem Sergeanten zusammenstehen sehen."

Ja, so muß es sein," sagte sie jetzt freundlich,ich danke Ihnen, Mon­sieur Schumann!"

Er errötete vor Vergnügen.Oh, Mademoiselle, Sie sprechen ein herr­liches Französisch, oh, wenn ich das so könnte!"

Da lachte sie hell und vergnügt.

Das ist kein großes Verdienst von mir, Monsieur Schumann, es ist ja meine Muttersprache."

Wenn ich das öfters hören könnte, ich glaube, ich lernte sie auch, mein Französisch würde wenigstens bester."

rische Nation ist so wenig zahlreich und rings von Feinden umgeben, der Dreibund ist deshalb für Ungarns politische Verhältnisse eine absolute Not­wendigkeit. Das magyarische Volk würde in einem Völkerkrieg geradezu zerrieben, wenn es den Drei­bund nicht hätte. Daß von Deutschland das Gleiche gesagt werden könnte, wird kein Mensch behaupten. Es handelt sich in der vorliegenden Frage keines­wegs bloß um die Siebenbürger Sachsen, die haben ihre deutsche Art gewahrt und sind in verhältnismäßig kompakten Massen angesiedelt. Es handelt sich noch viel mehr um die Hunderttausende deutscher Ansiedler, die namentlich aus Süddeutsch­land nach Ungarn gekommen sind, weshalb die Deutschen dort überhauptSchwaben" heißen. Bei uns in Süddeutschland wird man die natio- nale Zugehörigkeit dieser Deutschen stets Hochhalten. Diese Deutschen in Ungarn sind der Mehrzahl nach unseres Glaubens, sie sind evange- lisch und stehen uns somit doppelt nahe/ Sie haben alte historische Beziehungen zu uns, deshalb würde ich eS bedauern darum habe ich über­haupt das Wort ergriffen wenn im magyarischen wie im deutschen Volk nach den seitherigen Reden die Meinung aufkommen sollte: Der Deutsche Reichs­tag hat für russische Anarchisten und rumänische Juden mehr Gefühl, als für die Deutschen in Ungarn! (Bravo rechts.)

Tagesneuigkeiten.

Stuttgart, 25. März. Der Verein für Fremdenverkehr hielt heute abend im Hotel Bertrand seine diesjährige Mitgliederversammlung. Dos von P. Schnorr für den Verein entworfene neue Plakat von Stuttgart ist in der Ausführung begriffen und soll zu Anfang des nächsten Jahrs zur Verbreitung gelangen. Die Auskunftsstelle des Vereins im großen Bazar erfreut sich einer stetig steigenden Inanspruchnahme: im Jahr 1901 hat dieselbe 4000, im Jahr 1902 4500 Auskünfte er­teilt. DaS Droschkenwescn ist durch die Bemühungen des Vereins wesentlich besser geworden, die Zahl der zweisitzigen Toxameterwagen hat sich beträchtlich vermehrt. Mitglieder zählt der Verein heute 424 Einzelmitglieder und 8 Bürgervereine. Der Fremden­verkehr hat sich in den letzten 10-Jahren sehr ge­hoben: 1893 sind hier neu angezogen 2082 Familien, 1902: 3092; die Zahl der Passanten in den Gast­höfen betrug 1893: 160 528 Personen, 1902: 237 301 Personen. Die Ausschußwahlen ergaben die Wiederwahl des Ausschusses in seiner bisherigen Zusammensetzung (Vorsitzender Emil Föhr); an Stelle des ff Kommerzienrats Reiniger wurde Kauf­mann Hermann Anselm gcwählt.

Stuttgart, 26. März. Gestern Nachmittag ist im Hasenbergwald an der Leonbergerstraße ein Brand ausgebrochen und durch Passanten gelöscht worden, ehe er größere Ausdehnung angenommen hatte. Die Entstehungsursache hat nicht ermittelt werden können.

Das glaube ich auch, Monsieur Schumann, denn bei Ihnen scheint es eben nur daran zu liegen, daß Sie roch nicht viel ordentliches Französisch gehört haben."

Ja, wüßte ich nur, es möglich zu machen, Ihr Französisch öfters zu hören."

Ja, das ist keine schwierige Sache," lachte sie,besuchen Sie denn nicht zuweilen die Militärkonzerte?"

O, gewiß, sogar regelmäßig, und könnte ich da nicht das Vergnügen haben in diesem Augenblick wurden auf der Treppe und dann gleich darauf auf dem Flur Schlitte laut. Ein Schlüssel wurde in das Schlüsselloch der Korridortüre gesteckt und Louise, dem Unteroffizier freundlich zunickend, verschwand in einer der Zimmertüren. Schumann war hingerissen, er blickte ihr verklärt nach, und es war gut, daß erst die Gemahlin des Hauptmanns cintrat und dann dieser selbst. Denn dadurch gewann der Unteroffizier Zeit, sich zu sammeln und seine Meldung vorschriftsmäßig zu erstatten. Der Wischer, den er diesmal erhielt, war etwas heftigerer Natur als die früheren und von den widersprechendsten Empfindungen bewegt, trat er dm Rückweg nach der Kaserne an. Er ärgerte sich fürchterlich über die Nase, die er bekommen und dann wieder erfüllte ihn das liebenswürdige Lächeln der niedlichen Kammerjungfer mit wohliger Wärme.

Schon am nächsten Tage gab es wieder Aerger. Vormittags war Schießen. Die Kompagnie schoß auf drei verschiedenen Ständen, zwei Abteilungen nach Figur­scheiben, die andere nach Ringscheibe. Der Schießunteroffizier, Sergeant Meinke, verteilte die Patronen, genau abgezählt, in drei verschiedenen Kästchen und jeder Stand erhielt einen Kasten. Das Schießbuch wurde sehr genau geführt, da es in der Armee ja öfters rorkam, daß sich ein Mann mit seinem Dienstgewehr erschoß und man nachher nicht wußte, wo er die Patronen dazu herbekommen hatte. Jeder Schuß wurde deshalb sorgfältig notiert, auch ein jeder Probeschuß, den ein Offizier oder Unteroffizier tat, um zu erproben, ob ein Gewehr unzuverlässig