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15V.

Neuenbürg, Montag den 24. September 1906.

64. Jahrgang

NLmHsctzau.

Berlin, 22. Sept. Wie die Morgenblätter melden, steht nunmehr fest, das; sich Geheimerat Dernburg nach den deutschen Kolonien begeben wird, um die dortigen Verhältnisse nach persönlicher Anschauung kennen zu lernen. Der Zeitpunkt und die Dauer der Reise stehen noch nicht fest. Es hängt dies davon ab, wie sich die Sachlage in der nächsten Reichstaassession gestalten wird. Sobald hier Klarheit geschaffen ist und die Lage einen Ueberblick gestattet, tritt Dernburg die Fahrt an.

Berlin, 22. Septbr. DemBert. Tagebl." zufolge beschloß der Landtag von Sachsen-Alten- burg in geheimer Sitzung, dem Herzog anläßlich seines 80. Geburtstages 100 000 Mk. für gemein­nützige Zwecke zur freien Verfügung zu stellen. Dasselbe Blatt meldet aus Breslau: Der Kaiser verlieh sämtlichen 12 Regimentern des 6. Armee­korps, die den Namen eines Fürsten oder Kriegs­helden führen, die Büsten derjenigen Persönlichkeiten, deren Namen sie tragen. Die Büsten sind über­lebensgroß in Bronze ausgesührt und ruhen aus einem hohen Eichensockel.

Karlsruhe, 21. September. Trotz der wenig günstigen Witterung und des Regenwetters, welches im Laufe des Nachmittags eintrat, unternahmen der Großherzog, die Großherzogin, das schwedische Kron­prinzenpaar und die Erbgroßherzogin mit ihrem Gefolge um 4 Uhr nachmittags eine Rundfahrt durch einen Teil der geschmückten Straßen der Stadt. Aus denr ganzen Wege wurden die Fürstlichkeiten von der Bevölkerung aus das herzlichste begrüßt.

München, 22. Septbr. Die Königin von Württemberg ist heute nachmittag um 4 Uhr hier eingetroffen und um 7 Uhr nach Böhmen weitergereist.

Danzig, 22. Sept. Heute mittag fand der Stapellauf des neuerbauten Kreuzers0" in Gegen­wart der Spitzen der Behörden und zahlreicher ge­ladener Gäste statt. Als Vertreter des Reichsma­rineamts war Vizeadmiral v. Ahlefeld erschienen. Oberbürgermeister v. Gauß-Stuttgart hielt folgende Taufrede:Im Namen und im Auftrag Seiner Majestät des Kaisers taufe ich dieses jüngste Kind der großen deutschen Flotte auf den Namen Stutt­gart. Planvoller Sinn liegt in dem kaiserlichen Gedanken, durch die Wahl der Namen deutscher Länder und Städte für deutsche Kriegsschiffe die Marine in den großen Gemeinwesen des Reichs und die großen Gemeinwesen des Reichs in der Marine heimisch zu machen, die beide der Ausdruck erstar­kender vaterländischer Kraft sind. Da stets das jüngste Schiff das technisch vollkommenste zu sein pflegt, darf die Stadt Stuttgart, die ich hier zu ver­treten die hohe Ehre habe, doppelt erfreut sein da­rüber, daß ihr Name mit diesem stattlichen neuen Kreuzer verbunden ist. Je ferner Stuttgart vom Meer abliegt, desto stolzer ist die schwäbische Haupt­stadt darauf, ihren Namen auf den Wogen zu wissen, und um so dankbarer. Ich danke Seiner Majestät dem Kaiser für diese hohe Ehrung, ich danke den Arbeitern, wie den Baumeistern und In­genieuren, deren vollendetes Werk den Meister lobt, und^ ich danke dem Offizierkorps und der Mann­schaft, die ihr Schicksal mit dem derStuttgart" zu verketten tapfer bereit sind. Du stolzes Schiff, sei allzeit ein starker Schild für das deutsche Reich, seinen Welthandel und seinen Unternehmungsgeist, laß deine Flagge wehen als Zeichen, daß Deutschland der Nachbar aller Völker geworden ist, pflüge das fruchtbare Meer, grüße die fernen Ufer, fahre wohl und kehre glücklich wieder in die Heimat, die eins ist in Nord und Süd, von Danzig bis Stuttgart. Wir aber geben auch bei diesem Akt den Gesinn­ungen Ausdruck, die uns gegenüber dem Oberhaupt des Reichs allzeit begleiten, indem wir rufen: Seine Majestät der Kaiser Hurrah!"

Die Zeitungen stellen in letzter Zeit vielfach Be­rechnungen über die finanzielle Wirkung der Fahr- tartensteuer an. Diese Berechnungen können, da noch nicht alle Ergebnisse vorliegen, nicht voll­ständig sein. Man nimmt aber in fachmännischen Kreisen an, daß, da der Monat August durchschnitt­lich 10 Prozent der gesamten Eisenbahneinnahmen aus dem Personenverkehr einbringt, nach dem Er­gebnisse des ersten Monates das etatsmäßige Soll der Fahrkartensteuer nicht ergeben. Darüber, ob und inwieweit eine Abwanderung von einer Fahr­klasse in die andere stattgefunden hat, liegen abge­schlossene Ermittlungen noch nicht vor. Es scheint aber, daß die stark besteuerte 1. Klasse weniger als früher benutzt worden ist.

Mannheim, 22. Sept. Die hiesigeVolts­stimme" schreibt: Nachdem das Kaiserliche Postamt, sowie die Oberpostdirektion in Karlsruhe sich bereit erklärt hatten, im Tagungs lokal des sozialdemo­kratischen Parteitages über dessen Tagung eine besondere Poststelle zu errichten, ist dem Mann­heimer Parteitomite gestern vom hiesigen Postamt eröffnet worden, daß diese Zusage auf Weisung aus Berlin wieder rückgängig gemacht werden mußte. Dem sozialdemokratischen Parteitag voraus geht die Konferenz der sozialdemokratischen Frauen, die heute abend eröffnet wurde.

Minder festlich und friedlich, als es in der letzten Woche in der badischen Hauptstadt zuging, wird es in dieser Woche in der größten Stadt Badens, in Mannheim, hergehen. Denn dort tritt am heutigen Montag die deutsche Sozial­demokratie zu ihrer alljährlichen Generalabrech­nung zusammen, die auch diesmal in der üblichen lebhaften und angeregten Weise vor sich gehen dürste. Denn dieser sozialdemokratische Parteitag verspricht nicht minder angeregte und kräftige Auseinander­setzungen zu bringen wie die Dresdener und Jenenser Tagung, die Bebel als einen Jungbrunnen der Partei bezeichnet hatte, während doch dieser Jung­brunnen lediglich zum Waschen der zahlreichen schmutzigen Wäsche benutzt worden war. Auch dies­mal fehlt es nicht an mehrfachen Reibungspunkten und die scharfe Debatte, die auf dem Jenenser- Parteitag über die Frage des Massenstreiks ge­führt worden war, hat seitdem ohne Unterbrechung sortgedauert und eine immer schärfere Zuspitzung erfahren. Diese Frage wird auch den Hauptpunkt der diesmaligen Tagesordnung des sozialdemokrat. Parteitags bilden und das bürgt schon dafür, daß man sich auf eine heiße Schlacht gefaßt machen kann. Unterdessen ist in Bern von der internationalen diplomatischen Konferenz für Arbeiterschutz praktische Sozialpolitik getrieben worden. An diese Beratungen wird sich in der Zeit vom 26. bis 27. September in Genf die vierte Delegiertenversamm­lung der internationalen Vereinigung für ge­setzlichen Arbeiterschutz schließen, deren bisherige Arbeiten zur internationalen Förderung der Sozial­politik schon in so erfreulicher Weise beigetragen haben. Wir versprechen uns von diesen Kongressen, die ja auch eine Art internationaler Friedenskongresse sind, noch mehr als von den offiziellen Friedens­kongressen, auf denen bisher und es liegt dies in der Natur der Sache mehr in Reden als in Taten geleistet worden ist. Man wird deshalb gut tun, auch von dem Weltfriedenskongreß, der soeben in Mailand getagt hat, keine allzu großen Wirkungen zu erwarten. Es ist ja gewiß erfreulich, wenn die Bestrebungen, das gegenseitige Verständnis der Nationen für einander zu fördern und die schied- lich-friedliche Verständigung in die Wege zu leiten, kräftige Unterstützung finden. Aber die Erfahrung hat uns gelehrt, daß in dem Augenblick, wo die nationale Leidenschaft in Frage kommt, alle inter­nationalen Friedensideen sich als unwirksam erwiesen. Und deshalb sehen wir auch der kommenden zweiten Haager Friedenskonferenz, welcher der Mailänder

Kongreß etliche Wünsche ans Herz gelegt hat, ohne überschwängliche Hoffnungen entgegen.

Mannheim, 21. Sept. Der sozialdemo­kratische Parteitag für 1906 nahm heute mit ge­schlossenen Sitzungen des Parteivorstandes und der Kontrollkommission seinen Anfang.

Wie derVorwärts" mitteilt, ist Rosa Luxem­burg vor einigen Tagen aus Rußland nach Demsch- land zurückgekehrt. Vom Landgericht zu Weimar ist sie wegen Aufreizung zu Gewalttätigkeiten angeklagt.

Der englische Kriegsminister Haldane ist von Berlin, wo er die Einrichtungen des deutschen Generalstabs eingehend studierte, nach England zu­rückgekehrt und hat dort zunächst einen englischen Generalstab nach deutschem Muster ins Leben ge­rufen. Sein ernstes Streben geht dahin, die eng­lische Landarmee, die niemals über 50000 Mann stark war, ans 780 000 Mann zu erhöhen. Wie sich das mit dem Ersparnisprogramm des jetzigen Kabinetts zusammen reimt, ist nicht klar. Dieses Armeeverstärtungsprogramm wird wahrscheinlich in einem Aktenschrank begraben werden und niemals zur Ausführung gelangen; denn die Engländer wollen von einem Militärzwang der Heranwachsenden Jugend nichts wissen. Und gleich eine so große Mannschaftsziffer auf dem Werbungs- und Lohnweg zusammenzubringen, erscheint vorerst als völlig unmöglich.

Vom Kriegsgericht in Düsseldorf wurde ein Ulan Fink zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er in der Arrestzelle geschrieen hatte:Hoch lebe die Anarchie und die Sozialdemokratie!" Eine nette Probe des sozialdemokratischen Jnng- brunnen-Stils liefert derKorrespondent", das Organ der Buchdrucker und Schriftgießer. In einer Polemik gegen die sozialdemokratischeLeipz. Volks­zeitung" nennt er dieses Blattdas Organ für ge­werbsmäßige Stänkeret in der Partei, das an notorischer Verlogenheit leidet". Aus der übrigen brüderlichen" Belehrung, die derKorrespondent" derLeipziger Volkszeitung" angedeihen läßt, seien nur folgende Worte herausgegriffen: Niedrigste Hetze, ultraradikales Maulheldentum, Rüpelei, In­famie, Ueberblödsinn, vollbrachter Schwindel, Rabulistik, unsinniges Gekläff, stupide Hetzerei, Ehr­abschneiderei, Fälschung, ohnmächtiges Geschimpfe, Verleumdung, lächerliche und schwindelhaste An­schuldigungen. Eine liebliche Blütenlese!

Hanau, 20. Septbr. Das Stadtverordneten­kollegium lehnte heute den von den 8 sozialdemo­kratischen Stadtverordneten gestellten Antrag ab, die Gemeindesteuer von Bier- und Obstwein auf­zuheben. Die Steuer bringt der Stadt jährlich 33 000 Mk. ein.

Aus der Pfalz, 21. Septbr. Noch nie seit Menschengedenken, schreibt man oemLand. Anz.", hat es einen derart kläglichen Herbst gegeben wie in diesem Jahre. Die von auswärts der Weinlese halber zugereisten Leute machen Heuer alle den Weg umsonst, da nicht einmal die einheimischen Arbeits­kräfte Verwendung finden. Es ist durchaus nicht übertrieben, wenn man auf der Grundlage der bis­herigen Ernteziffern schätzt: Nur ganz wenige Winzer werden mehr als den fünfundzwanzigsten Teil der Ernte eines mittelguten Jahres ernten. Es ist daher leicht verständlich, wenn Hunderte von Winzern sich mit der Absicht tragen, ihre Wingerte in Ackerfeld zu verwandeln, andere aber ihr Heil in der Flucht nach Posen suchen, wie dies in diesem Jahre schon mehrere getan haben.

München, 22. Sept. In Schwabing hat in der vergangenen Nacht ein lediger Zimmermann namens Kainz seine Geliebte, eine geschiedene Schuh­machersfrau namens Enzinger, bei der er gewohnt hatte, auf offener Straße ermordet; heute morgen ließ sich der Mörder von einem Vorortzug über­fahren und war sofort tot.