Bow Kaiser-Manöver.
Ein Offizier gibt in dem „Hann. Kurr." seine Eindrücke vom diesjährigen Kaisermanöver in längeren Ausführungen wieder, von denen folgende erwähnt seien:
„Die Anlage des Manövers ist das Werk des Generalstabschefs v. Moltke, gewissermaßen sein Erstlingswerk. Mag bei der Durchführung der zu lösenden Aufgabe es auch hier und da zu unkriegsmäßigen Maßnahmen und Bewegungen gekommen sein, die Anlage selbst ist entschieden kriegsmäßigen Verhältnissen entsprechend. Sie ist einfach und durchsichtig. Künsteleien in dem Entwürfe zur allgemeinen und den besonderen Kriegslagen sind unterblieben. Wohltuend setzt sich diese Klarheit dann auch bei den Ausführungen bis hinab zu den einzelnen Abteilungen durch. Die notwendige Geheimhaltung der vorbearbeiteten Dinge, deren Kenntnis auf beiden Seiten von Rot und Blau erst das Ergebnis der Aufklärung sein soll, ist anerkennenswert gilt gewahrt geblieben. Neben dieser Geheimhaltung zeigte sich die Kriegsmüßigkeit des Verlaufes in dem Umstande, daß sich die Leitung jedes Eingriffs in die Mittel der Durchführung enthielt. Hierzu setzte ein neues Ballonsignal „Ruf für Gehilfen der Manöverleitung" in den Stand, von der Lage an den verschiedenen Orten des Gefechtsfeldes sich zu unterrichten, die einheitlich bei der räumlichen Ausdehnung von Operationen dreier Armeekorps nicht zu übersehen sind, ohne den Weiterlauf der Dinge zu hemmen. Wo kriegswidrige Erscheinungen zu sehen waren, da fanden sie ihre Ursache im Verhalten der Truppe und der Führer, die mit der ihnen neuerdings gewährten und durch die neuen Vorschriften besiegelten größeren Freiheit des Handelns noch nicht recht wissen, was anfangen.
In Aeußerlichkeiten begründet, aber durchaus unkriegsgemäß, ist und bleibt die deutsche Kavallerie mit ihren Nessusgewnndern. Sehen wir im weißen Koller des Kürassiers mit dem Stahlhelm einen beau resko aus der Eisenharnischzeit und im roten Atilla des Husaren den Ausdruck slawischer Farbenfreude, die den polnischen Reitern entzückend zu Gesichte stand, so sehen wir doch auch heute in diesen Farbenzeichen die Merkmale auf dem Wege zum Kavalleriegrabe im Jnfanteriefeuer. Hier gibt es nur ein Rettungsmittel, um die Kavallerie ihrer Ausgabe, der suchenden, tastenden, unauffälligen Erkundung und Aufklärung zurückzugeben, das schlichte, unauffällige Einheitskleid, das in der Schutzfarbe einen Geleitsbrief auf schwerem Gange bildet. Lernen wir, wie in allem aus der Natur! Nach Art der Mimicry müssen wir eine Anpassung an die Naturnotwendigkeit suchen. So heilig und schön die Tradition ist, und von so erhebendem Antriebe gerade für den Soldaten, so verderblich ist es auch, wenn ihre Pflege auf einer Aeußerlichkeit beruht, die aller neuzeitlichen Praxis einen Backenstreich giht. Wer wie jetzt wieder mit unbewaffnetem Auge auf zwei und drei Kilometer die einzelnen Kürassiere, Husaren usw. abzählen konnte, während das Schutzgewand der Maschinengewehr-Abteilung auf 400 bis 500 Meter sich kaum von der Umgebungsfarbe abhob, dem kann es nicht zweifelhaft sein, wie das Einheitskleid der Kavallerie ausfallen muß, wenn sie — nach des Kaisers jüngst gesprochenen Worten — „wie der Waldstrom urplötzlich Hervorbrechen und alles, was sie im Wege findet, niederstürzen und zertrümmern soll." Unter des Kaisers Gästen waren amerikanische Offiziere, die eine erdbraune Mütze, erdbraune Litewka, erdbraune Hose und erdbraune Stiefeln trugen. So könnte man sich ja vielleicht das künftige Kavalleriekleid denken. Freilich, neben dem Gardehusar und Leibkürassier wollte es erscheinen, als Hütten sie kein „hochzeitlich Gewand" an, aber schließlich kennt man auf dem Schlachtfelde doch nur Bluthochzeiten. Hier muß, und das muß immer wieder betont werden, nicht erst ein Wandel eintreten, wenn ihn der nächste Todesritt diktiert, sondern sobald als möglich. Sentimentalitäten darf das rauhe Kriegshandwerk nicht kennen; mag der junge Gardehusar oder Panzerreiter dem Flitter nachweinen, der ein Integrum seiner Unwiderstehlichkeit war. Die Kavallerie wird im Aschenbrödelkleide besser ihre Herdarbeit verrichten können und ihr Freier wird nicht auf sich warten lassen ....
Werfen wir noch einen Blick auf die Verpflegung. Diese wohl wichtigste Frage für die Kriegstüchtigkeil einer Armee wurde durch die aus Magazinen gespeisten Kolonnen gelöst. Für den ersten Manövertag führte jeder Mann die eiserne Portion, jedes Pferd etwas Hafer mit. Dann wurde der Bedarf zur Auffrischung durch Verpflegs- und
Biwakskolonnen nachgeführt. Es waren hierzu drei Verpflegungskolonnen und drei Biwakskolonnen aufgestellt, die abwechselnd in Tätigkeit traten. Wer dieses Gespinst von Verwaltungsarbeiten nicht aus eigener Tätigkeit oder wenigstens praktisch erprobter Anschauung kennt, macht sich keinen Begriff von der Größe des Apparates, von der Genauigkeit der Vorarbeiten, aber auch wohl nicht von der Wirkung dieses Apparates, wenn ihn nicht sein eigener Magen einmal ein etwaiges Versagen der Verpflegungsmaschine empfinden läßt. Der Sieg liegt in den Beinen, sagte der Marschall von Sachsen einst; die Beine aber, so kann man getrost hinzusetzen, stehen unter dem Befehl des Magens. Der beste Soldat versagt, wenn das Koppel zum Schmachtriemen wird."
Den Betrachtungen des Berichterstatters der „Frkf. Ztg." seien folgende Ausführungen entnommen:
„Der Abend des vorletzten Manövertages brachte dem VI. Korps durch das Eingreifen des Kaisers eine wenig angenehme Ueberraschung. Beim Abreiten der Vorpostenstellung hatte der Kaiser entdeckt, daß die schweren Batterien ohne genügende Bedeckung ziemlich nahe der Vorpostenlinie zurückgelassen worden waren, um das wertvolle Zugmaterial der Kaltblüter zu schonen, von denen viele sich durchgezogen hatten. Derartige friedensmüßige Rücksichten waren aber nach der Ansicht des Kaisers nicht am Platze. War wirklich der Zustand der Pferde so unbedingt schonungsbedürftig, daß man genötigt war, sie in der Nähe der Vorpostenlinie zu lassen, so mußten auch genügend Truppenteile zum Schutze dieses wertvollen Geschützmaterials in dessen unmittelbare Nähe gelegt werden. Der Kaiser alarmierte also eine Jnfanteriebrigade von Blau, zog Teile der Kavalleriedivision heran, setzte diese Truppen gegen die feindliche Vorpostenstellung in Marsch. Die wenigen Truppen, die sich ihnr entgegenwarfen, wurden überrannt, und das gesamte Geschützmaterial des Fußartillerie-Regiments von Dieskau genommen. Durch diesen schiverwiegenden Verlust wurde aber dem General v. Woyrsch ein wesentlicher Faktor für die Durchführung seiner Aufgabe entzogen . . .
In der Kritik, die der Kaiser nach Schluß der Manöver abhielt, zollte er vor allem der Haltung der Truppen uneingeschränkten Beifall und wer gesehen hat, wie tadellos und frisch die Truppen nach drei kalten, regnerischen Biwaks den Rückmarsch ins Quartier oder zur Bahnstation antraten, kann ihm nur darin vollkommen recht geben. Die Artillerie hatte Gutes geleistet, war stets zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen, hatte auch vom Spaten ausgiebigen Gebrauch gemacht, was einen wesentlichen Fortschritt gegen früher, wo der Artillerist und jeder Kavallerist Spaten und Handfeuerwaffe als überflüssige Anhängsel betrachteten, bedeutet. Die Infanterie hat sich ebenfalls stets sehr gewandt und geschickt benommen, und das neue Exerzierreglement scheint tatsächlich fördernd auf die Gefechtsleitung eingewirkt zu haben, denn Schützenlinien wie nachschiebende Truppenteile benützten jede Art von Formation, um sich unter Ausnützung des Geländes an den Gegner heranzuschieben. Die Kavalleriedivisionen leisten Mäßiges. Es scheint, als ob die Kavallerietruppenteile sich noch immer nicht daran gewöhnen können, in großen Verbünden zu arbeiten. Radfahrerabteilungen wurden nur in geringem Maße verwendet, meist nur zur Flankendeckung als Posten oder zur Befehlsübermittlung herangezogen. Es ist sehr bedauerlich, daß man sich höheren Orts absolut nicht dazu entschließen kann. Versuche in dieser Hinsicht im größeren Maßstabe vorzunehmen. Motorräder wurden in diesem Jahre mehr verwendet als bisher und spielten im direkten Verkehr zwischen Manöverleitung und Schiedsrichter eine bedeutende Rolle.
Das Automobil wurde besonders durch die Generalstabsofsiziere stark benützt. Am besten erkannte jedenfalls der Kaiser den hohen Wert des Kraftwagens, denn er dankte in seiner Kritik am Schluß der Manöver den Herren des Freiwilligen Automobilkorps für ihre ausgezeichneten Leistungen und gab gleichzeitig der Ansicht Ausdruck, daß ohne die Unterstützung des Automobilkorps die Anlage und Durchführung der Manöver in so glatter Weise nicht möglich gewesen wäre. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf einen Versuch aufmerksam machen, oen das Mitglied des Freiwilligen Automobilkorps, Direktor Tischbein, den Leiter der Continental-Pneumatikwerke in Hannover, in diesem Manöver mit bestem Erfolge zur Durchführung gebracht hat. Da bekanntlich beim Automobilismus die Pneumatikfrage die brennendste ist und die Zeit des Abmontierens und Aufmontierens bei Pneumatikdefekten im militärischen Leben unter Umstünden, beispielsweise bei der Uebermittelung wich
tiger Befehle, von größtem Einfluß auf den Gang der Ereignisse sein kann, so hat Herr Tischbein einen Reifen konstruiert, der ohne Flügelschrauben nur durch den Luftdruck auf der Felge gehalten wird. Der Ersatz eines solchen Pneumatiks, bei dem das zeitraubende Entfernen und Anziehen der Flügelschrauben wegfällt, ist naturgemäß in der halben Zeit zu bewerkstelligen als bei der bisherigen Befestigungsart. Herr Tischbein hat damit eine Neuerung geschaffen, die von allergrößtein Einfluß auf die Entwicklung des militärischen Automobilismus und seine Verwendung im Dienste des Nachrichten- und Befehlsvermittlungswesens ist.
Die Fernsprecher-, Funken- und Tele- graphenabteilungen arbeiteten mit anerkennenswerter Schnelligkeit und vorzüglicher Schulung, so daß wir in dieser Hinsicht, sowohl was Material wie Ausbildung der Mannschaften anbetrifft, den Vergleich mit jeder anderen Macht aushalten können. Das Transport- und Verpflegungswesen nuckelte sich glatt ab; wo ich den Kolonnen auf dem Marsche begegnete, herrschte gute Ordnung, auch waren die Dispositionen stets so getroffen, daß die Biwacks- und anderen Heeresbedürfnisse stets schnell zur Stelle sein konnten.
Das Gesamturteil lautet dahin, daß sowohl was Material, an Menschen und Ausrüstung, als auch Führung und Schulung angeht, die Manöver das Ergebnis geliefert haben, daß das deutsche Heerwesen durchaus den Anforderungen entspricht, die man unter den gegenwärtigen Kampfverhältnissen an eine moderne Armee stellen muß, und daß in unserem Heere energisch an der Durchführung des Sprichwortes gearbeitet wird: 8i vis paeem, pare bellum. (Wenn du Frieden haben willst, mußt du zum Kriege rüsten.)
Der Berichterstatter der „Tägl. Rundschau" schreibt endlich am Schluß seiner vortrefflichen Berichte: „Der angenehmste Gesamteindruck ist der, daß die Truppen, die bei der Uebung beteiligt waren, sich als in ganz hervorragendem Maße gut ausgebildet und leistungsfähig erwiesen haben. Auf diese drei Korps und die mit ihnen verbilligten Truppen wird man sich unter allen Umständen verlassen können, und daß sie das unter den Augen der zuschauenden fremden Militärs in so glänzender Weise bezeugt haben, ist sicher die allerbeste Gewähr für den Frieden. So lange wir ein solches Heer haben, wird man nicht so leicht mit llns anbinden. Hoffentlich wird unsere Politik nicht verfehlen, sich das zunutze zu machen. Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt!"
Vermischtes.
Ein Arzt im Westen Irlands hatte unter seinen Patienten einen hünenhaften Bauern, dessen Krankheit zu diagnosieren ihm nicht gelingen wollte. Schließlich brachte er ihm ein Dutzend kleiner, aber kräftiger Pillen mit und sagte ihm, er werde in ein paar Tagen wiederkommen, bis dahin werde er mit der Schachtel fertig sein. Als der Arzt wieder vorsprach, lag der Kranke im Bett, und sah sehr elend aus und klagte, daß die Pillen nichts genützt hätten. „Hast Du denn auch sicher die ganze Schachtel genommen, Pat?" fragte der Medizinmann. — „Pse- gorrah, Doktor! Das Hab' ich getan und 'ne ver- deubelt lange Zeit hat's gedauert, bis ich sie 'runterkriegte, aber, Doktor, wir wollen ihr noch 'ne Chance geben, vielleicht ist der Deckel noch nicht heruntergegangen.
(Auch etwas.j A.: „Waren Sie dieses Jahr nicht im Seebad?" — B.: „Nein, aber wir hatten uns vom Nachbar acht Tage die Wellenbadschaukel gepumpt!"
(Mildernd.) „He, Meier, Sie schlafen schon wieder, statt zu arbeiten!" — „Entschuldigen, Sie, Herr Prinzipal . . . ich. . . ich Hab, wohl geschlafen, aber ich Hab' vom Geschäft geträumt!"
Zahlen-Riitsel.
9 12 6
3 4 11 —
12 5 1 12 — 7 10 8 8 12 —
1 6
4 -
— 11
4 13 4. . . Sprichwort.
l
11
12
5
13 11
männlicher Vorname.
2
5
6
9
1
Land in Asien.
3
10
2
12
10 11
Gelehrtentitel.
4
6
2
6
4
bekannter Baum.
6
4
6
9
11 6
2 6 männlicher Vorname.
7
10
11
9
Getreide.
8
10
11
3
Verbrechen.
9
1
8
4
Bezeichnung.
10
5
6
10
Fluß in Amerika.
11
5
10
9
4
Fluß in Frankreich.
12
10
9
9
4
Gefäß.
13
9
3
1
9 7
schlechter Charakterzug.
Redaktion, vr«S und Verlag «sn L. M»rh tn Rrsen-Ürg