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Blatt.
.4L 147.
Neuenbürg, Mittwoch den 19. September 1906.
64. Jahrgang.
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Für hervorragende Tüchtigkeit in seinem Handwerke erhielt der Klempnergeselle Espenhahn in Sandersleben das Einjührigenzeugnis. Erhalte als Gesellenstück eine Urne gefertigt, die als eine hervorragende kunstgewerbliche Leistung erkannt wurde und ihm zu dem Einjährigenzeugnis verhalf. Espenhahn hat keine höhere Schule besucht.
(Militärische Pünktlichkeit.) Der Vize-Feldwebel Scheer vom Infanterieregiment Nr. 49 iir Gnesen feierte am Tage der Hochzeit des Kronprinzen- Paares, am 6. Juni, ebenfalls seine Hochzeit. Am 4. Juli ds. Js., als dem Kronprinzenpaare ein Sohn geboren wurde, wurde auch dem Feldwebel- Paar ein Sohn geboren. Der Kronprinz hat bei deni Kinde Patenstelle übernommen, und für den Täufling und Eltern ein Geldgeschenk senden lassen.
62,5 80 Mark Entschädigung nebst Kosten waren jüngst in einem Rechtsstreit zu zahlen, dem folgender Tatbestand zu Grunde liegt. Während der Architekt Kr. in Mühlheim am Rhein die Ausführung eines Neubaues überwachte, sollte ein langer Balken auf den Bau hinaufbefördert werden. Der Balken wurde zunächst eine bis zum ersten Stock reichende Leiter emporgetragen und dort auf die Mauer gelegt, während das andere Ende zwei auf der andern Seite der Straße stehenden Arbeitern auf der Schulter lag. Inzwischen kam ein, der Fuhrunternehmerin K. gehöriger leerer Totenwagen, die so gesperrte Straße entlang gefahren. Der Kutscher glaubte noch unter dem Balken durchkommen zu können, fuhr trotz warnender Zurufe darauf los und stieß mit dem auf dem Wagen angebrachten Kreuz gegen den Balken. Dieser verlor seinen Stützpunkt und fiel dem Architekten auf die Schulter, der infolge der dabei erlittenen körperlichen und seelischen Erschütterung am nächsten Morgen verschied. Die sehr zweifelhafte Rechtsfrage, ob die Fuhrunternehmerin haftpflichtig sei, ist nach langem Prozessieren jetzt rechtskräftig dahin entschieden, daß die Eingangs genannte Entschädigung an die Hinterbliebenen des Architekten zu zahlen war; doch hatte für die Fuhrunternehmerin oder vielmehr — da sie inzwischen verstorben ist — für ihre Erben auf Grund ihrer Haftpflichtversicherung der Stuttgarter Versicherungs-Verein einzutreten; ohne eine solche Versicherung hätte dieser Schadenfall den wirtschaftlichen Ruin der Versicherten herbeigeführt.
Eine hübsche Episode, die gerade jetzt zum 80- jährigen Geburtstage des Groß Herzogs von Baden viele interessieren wird, schildert dem „Frkf.
G.-A." folgende Zuschrift aus Leserkreisen: „Ich war Hauslehrer auf dem Schloß Helmsdorf am Bodensee, gelegen zwischen Friedrichshafen und Meersbarg. Es war ein schwüler Sommernachmittag, das ganze Dienstpersonal war auf dem Felde mit der Ernte beschäftigt. Ich war auf dem Schloßhofe die einzige zurückgebliebene männliche Persönlichkeit. Da sehe ich durch den Park am See entlang einen Herrn in Hemdsärmeln, den Rock auf dem Arm, auf den Hof zuschreiten. Er war durch die stets offene Hinterpforte eingetreten. Ich gehe ihm entgegen. „Grüß Gott." „Grüß Gott." „Ist Herr Majer (der Besitzer) zu Hause?" „Nein, aber Frau Majer." „Ich habe gehört, daß Herr Majer neties Vieh bekommen hat, Oldenburger und Schweizer- Rasse, ich möchte mir das gern mal ansehen; ist jemand da, der es mir zeigen kann?" „Herr Majer und das ganze Dienstpersonal ist in der Ernte; aber ich kann es Ihnen zeigen." Wir gingen in den Stall, der Herr lobte die schöne Einrichtung desselben, freute sich über die Oldenburger und Schweizer Kühe und dankte freundlichst, nachdem er alles gesehen, für die Führung. Grüßen Sie Herrn Majer von mir und er soll mich doch mal bald besuchen, ich bleibe noch einige Zeit auf dem Schlosse Hirschberg." "Ich stutzte. — Mit wem habe ich die Ehre?" „Ich bin der Großherzog." — Seine „Königliche Hoheit" kehrte auf demselben Wege, dem See entlang, den Rock immer noch auf dem linken Arm, nach dem mehr als eine Stunde entfernten Schloß Hirschberg zurück. Bis zur Hinterpforte des Parkes begleitete ich den Großherzog, dort verabschiedete er sich, aufs freundlichste dankend, von mir.
Ein angeblicher Rubens ist von dem Pfarrer des vlümilchen Dorfes Austruweel gefunden worden. Er entdeckte im Dachgeschoß der Dorfkirche ein verstaubtes Oelgemälde, welches die Himmelfahrt Mariä darstellt, und legte es einer Anzahl hervorragender Kunstkenner in Antwerpen und Brüssel vor. Diese erklärten das Gemälde einstimmig für ein Werk des Peter Paul Rubens. Das guterhaltene Bild, eine ausgezeichnete Arbeit, wird jetzt einer Prüfung durch die berühmtesten Rubens-Kenner ganz Europas unterzogen werden.
Ueber Zeitungen und Journalisten veröffentlicht Otto Weiß, der wohlbekannte geistreiche Aphorist, in der „Frankfurter Zeitung" allerlei Gedanken. Wir geben die folgenden wieder: Da die Presse eine Großmacht ist, hat sie auch Gegner: offene, — noch mehr versteckte. Wenn sie für Recht und Wahrheit kämpft, verletzt sie eben viele persönliche Interessen und Eitelkeiten. Es gibt hoch
Heinrich Martins dtnkMW Nacht.
Von Alfred Meißner.
5) - (Nachdruck verboten).
„Herr Martin," fragte Blanca nach einer Pause, „was denken Sie von mir?"
„Daß Sie sehr schön sind," war die Antwort, „und sehr unglücklich sein müssen."
„Und Sie wollen mich nicht heiraten?"
„Nein, denn ich könnte es nie verwinden, daß Mitleid, nicht Liebe Sie zu diesem Schritt bewogen. Sie würden unglücklich sein."
„Wissen Sie das so gewiß?"
„Ich muß es annehmen."
„Warum?"
„Weil ich mir nicht denken kann, daß ein Mädchen wie Sie den Sprung von einer Verbindung zur andern tun könnte — vollends-, wie die Sache hier liegt, unter dem Drucke eines unerhörten Zwanges."
„Gut," sagte das Mädchen und biß in die Lippen. „Werde ich aber nicht auch unglücklich sein, wenn Sie durch Mörderhand umgekommen sein werden und ich mir sagen muß, daß ich durch meinen Leichtsinn Ihren Tod verschuldet habe?"
Martin hörte Sie nicht. Ihm wirbelte der Kopf. Er war seit einigen Minuten in eine neue Gedankenreihe hineingerissen worden und sie brach sich stürmisch Bahn.
„Vielleicht," sagte er plötzlich wie neu belebt, „gibt es doch ein Mittel für Sie und mich alle
Gefahr zu beseitigen! Nicht wahr? In einer > Lage, wie die, in der wir uns befinden, ist doch ^ alles erlaubt, was Rettung schafft? Meinen Sie ^ nicht? Ich glaube es unbedingt. Nun, vor allem . so viel: Sie dürfen mir trauen! Ich werde Ihren Gefühlen keine Gewalt antun. Ehe ich Sie verletze, ! wollte ich mich lieber selbst verletzen. Wenn wir uns wirklich — wie der Alte es verlangt — trauen ließen, aber mit dem heimlichen Vorbehalt, diese Zwangsehe, die keine eigentliche Gültigkeit haben kann — möglichst bald wieder aufzulösen? Fürchten Sie nichts. Ich gebe Ihnen mein heiliges Ehrenwort, daß ich eifrigst Mittel und Wege ergreifen werde. Sie aus diesem verhaßten Bunde zu befreien und dem Gegenstände Ihrer Liebe zuzuführen."
In diesem Augenblick erschien der Alte wieder an der Tür. Unheimlich leuchteten seine Augen, wie ein Raubtier schlich er heran.
„Die Stunde Bedenkzeit ist um," sagte er mit heiserer Stimme. „Haben Sie Ihre Wahl getroffen?"
„Er hat Sie getroffen?" sagte das Mädchen an seiner Stelle.
„Ich habe sie getroffen," wiederholte Martin, indem er die Hand des Mädchens ergriff.
„Sehr gut, sehr gut," kicherte der Alte. „Ich wußte ja, daß Sie mir schließlich den Willen tun würden."
Er winkte mit dem Taschentuchs gegen eines der Bilder und gleichzeitig hörte man, wie wenn es in der Wand selber wäre, etwas in die Tiefe steigen.
gestellte Zeitungsfeinde — unversöhnliche —, die übrigens bei besonderen Gelegenheiten die Presse besonders hochschützen. — Bei Enthüllungen gewisser Mißbräuche übertreiben viele Zeitungen, und zwar so sehr, daß sie alles Tatsächliche darüber mitteilen. Artikel solcher Art haben schon manchen Minister so empört, daß er — manches daraus lernte. — Eine Frage: Wer ist tadelnswerter: der Herausgeber eines Skandalblattes — oder die Leser eines Skandalblattes? — Auch die gewissenhafteste Redaktion kann nicht immer die Richtigkeit (politischer Nachrichten verbürgen; bisweilen sind die verläßlichsten Quellen unverläßlich; ja, eine politische Nachricht kann selbst dann falsch fein, wenn sie — osfiziöferseits dementiert wird. — Oft ist der Journalist, gleich dem Arzt und dem Advokaten ein Beichtvater; darum hat er auch Gelegenheit, manche Größe in ihrer ganzen Kleinheit kennen zu lernen! — Manches Blatt ist bedeutend durch seine Mitarbeiter; mancher Mitarbeiter ist bedeutend durch sein Blatt. — Gar oft, wenn ein berühmter Mann von einem Journalisten interviewt wurde, staunt man über den Geist, den der Journalist dabei an den Tag legt. — Herr .P. gehört zu jenen Lesern, die erstens von Zeitungen überhaupt nichts halten, und zweitens — ihr bißchen Bildung nur ihnen verdanken. — Gelehrte sehen oft geringschätzig auf den Journalismus herab; wenigstens tun sie so. Weshalb? Aus folgenden einleuchtenden Gründen: Dem Journalisten scheint das Leben noch wichtiger, als die Erkenntnis; er sucht Wesentliches und Unwesentliches scharf zu sondern; er entweiht oft einen Gegenstand dadurch, daß er ihn interessant, ja unterhaltend macht; er schreibt so, daß auch Laien ihn verstehen — nicht etwa so, daß auch Fachmänner ihn mißverstehen; auch kann's ihm passieren, daß er zu Ungunsten einer angesehenen Doktrin, dem gesunden Menschenverstand den Vorzug gibt, und abgesehen von alledem: Jeder, auch der hervorragendste Journalist, schreibt nur für den Tag, während jeder, auch der unbedeutendste Akademiker, schreibt . . . wirkt . . . Vorträge hält . . . u. s. w. Sind sie also nicht ganz und gar im Recht, die Herren, die so vieles studiert und vergessen haben?
Die Pflege der Waldesschönheit an den forstlichen Hochschulen in akademischen Vorträgen zu behandeln, erklärt der „deutsche Forstverein" mit Recht für angezeigt. Ein noch weitergehender Antrag, die zuständigen Ministerien der Einzelstaaten zu ersuchen, daß sie die Abhaltung besonderer Vorlesungen über Waldschönheitslehre an Hochschulen in die Wege leiten möchten, war dagegen schon im
! Mit weltmännischer Eleganz öffnete nun der Alte eine Tür. Am Ende eines kurzen Korridors ^ zeigte sich eine beleuchtete Kapelle. Der Herr > Abbate ging in ihr herum, sein Brevier lesend, im Hintergründe des Gelasses schienen sich mehrere ! Hausgenossen zusammengefunden zu haben, sei's aus Neugier, sei's um als Zeugen zu fungieren.
Der Geistliche hatte beim Erscheinen des Brautpaares sein Brevier zusammengeklappt. Nun nahm er auf einen Wink des Alten die Stola um, ergriff ein Buch und erschien unmittelbar darauf vor Martin, ein Blatt Papier in der Hand.
„Ich bitte," sagte er aufs höflichste, „um volle Angabe Ihres Tauf- und Zunamens, sowie Ihres Titels. Hauptmann — Marquis de —"
„Sie irren sich sehr," erwiderte Martin. „Ich bin weder Hauptmann, noch Marquis, ich heiße Heinrich Martin und bin Maler."
Der Abbate machte ein verblüfftes Gesicht und wandte sich wie fragend an den Alten.
Dieser aber rief:
„Vorwärts, vorwärts! Der Morgen tagt, die Sache muß endlich ins Reine kommen!"
Die beiden jungen Leute knieten auf dem Schemel vor dem Altar nieder und mit ein paar Fragen und der Ablesung eines kurzen Gebetes waren die kirchlichen Bräuche abgetan.
Als alles vorüber war, wandte sich der Alte, auf dessen Gesicht ein Lächeln des Triumphes stand, an seine Nichte, die vor Gemütsbewegung so er-