einer kompetenten Behörde visitiert, bezw. als solche amtlich anerkannt würden. Alan wird freilich ein­wenden, der Ortsvorstand dürste solch zweifelhaften Künstlern einfach die Erlaubnis versagen; allein ehe er sich mit diesen meist routinierten und auf­dringlichen Leuten herumstreitet, ist er ihnen zu Willen, um sie los zu werden. Der Ausschuß des Vereins der württ. Körperschaftsbeamten, meint ein Korrespondent der W. G., würde sich den Dank weiter Kreise, welche durch die Darbietungen solcher Bänkelsänger schon enttäuscht worden sind, erwerben, wenn er höheren Orts "dahin wirken würde, daß nur berufene Künstler zur Ausstellung von Kunst­scheinen zugelassen und letztere nur wirklichen Künstlern erteilt würden.

Eine große Jngenieurleistung. Wie aus San Franziska berichtet wird, soll für die Western Pacific-Eisenbahn eine der größten Jngenieurleistungen ausgeführt werden, die man bisher in Amerika ge­kannt hat. Die Ingenieure haben den Auftrag er­halten, bei der Konstruktion nur darauf zu achten, daß die geradeste Linie mit den geringsten Steig­ungen ausgesührt wird. Um zu diesem Ziel zu ge­langen, werden in Ost-Kalifornien 45 Tunnels durch die Sierra-Nevada-Kette gebaut werden, indem die Eisenbahn die Berge nicht umgehen, sondern durch­fahren soll. Der größte dieser Tunnels wird über 7000 Fuß lang sein.

Wie der Zar geschützt wird. Die New- yorkerWorld" erhielt von ihrem Petersburger Korrespondenten folgende Mitteilungen über die Sicherheitsmaßregeln, die für den Zaren getroffen worden sind:Die Furcht des Zaren vor der Er­mordung ist so groß, daß er ständig ein Panzerhemd trägt, wenn er eine Audienz abhält und wenn er einen Spaziergang im Freien macht, darf sich nie­mand ihm nähern. Nach dem Frühstück ergeht er sich auf einem großen Felde, das von den zuver­lässigsten Soldaten umstellt ist. Nach einem Befehl des General Trepow wird jeder, der hier eindringt, niedergeschossen. Zufolge dieses Befehles wurde in der vorigen Woche eine Kammerjungfer der Zarin getötet; sie hatte den Auftrag erhalten, dem Zaren eine eilige Botschaft zu überbringen, und kaum hatte sie einige Schritte auf dem Rasen gemacht, als sie er­schossen wurde."

Das Auto als Badekabine. Die Entwick­lung der Automobil-Industrie scheint immer mehr dahin zu streben, dasTösf-Tösf zu einer Art von fahrendem Wohnhauie zu gestalten, das Raum und Bequemlichkeit genug bietet, nicht nur unter den angenehmsten Bedingungen zu reisen, sondern auch zu schlafen und sich umzukleiden. Eine neue, höchst originelle Verwendung in letztgenannter Richt­ung hat das Auto kürzlich in einem bekannten eng­lischen Badeorte zum Gaudium des Publikums er­fahren. Das geschah in Morecambe, einem besuchten Seebade in der Nähe der Stadt Lancaster. Dort rollte an einen: der letzten Tage ein Automobil bis dicht an den Badestrand heran. Und nach einigen Minuten des Harrens entstiegen ihm in höchst ele­ganten Badekostümen die Insassen, ein junges Ehe­paar, um in das Wasser zu steigen und sich munter darin zu tummeln. Dann verschwanden sie wieder im Innern des Autos und ein Viertelstündchen später sah man sie im vorschriftsmäßigen Motor- Dreß, mit Staubmantel und Schutzbrille, durch das Stäbchen dorthin zurückfahren, von wo sie gekommen. Solches trug sich zu im prüden Albion, im Sommer des Jahres des Heils 1906.

(Küssen verboten!) Es scheint, als ob das freie Amerika für die Liebenden kein Paradies wäre; denn die leisesten Beweise inniger Zärtlichkeit sind in manchen Städten durch strenge Gesetze verboten, und Gott Amor entflieht vor den rauhen Worten bärtiger Polizisten. In Denver ist jüngst ein großer Fortschritt in der humanen Verwaltung der Stadt gemacht worden. Auch hier war jede Zärtlichkeit in dem mitten in der Stadt belegenen Stadtpark ver­boten. Aber der Bürgermeister war von modernem Geiste beseelt, und als er eines Tages bemerkte, wie ein dicker Polizist eine Anzahl zärtlich hinge­schmiegter Pärchen aufstörte und verhaften wollte, ließ er seinen Wagen halten und befahl dem Schutzmann, von seinem rohen Beginnen abzustehen.

^"Eunft wird das unschuldige Vergnügen des Küssens im Stadtpark von Denver gestattet sein. Die jungen Herrn haben es gern", so begründete der Stadtvater die Gesetzesänderung,und ich nehme an, die jungen Damen auch. Mögen sie also sich nach Herzenslust gut sein so lange die Sonne scheint." In anderen Städten der Vereinigten Staaten freilich bestehen noch die harten und rauhen Gesetze einer puritanischen Vergangenheit. Besonders in

amerikanischen Badeorten ist man in dieser Bezieh­ung sehr streng. So ist z. B. in Atlantic City weder bei Sonnenschein noch bei Mondlicht irgend ein Zärtlichkeitsbeweis zwischen den beiden Ge­schlechtern gestattet. Küssen während der Badezeiten wird mit einer Geldstrafe von 60 ^ für jeden der beiden Delinquenten geahndet. Als einer der auf frischer Tat Ertappten entrüstet beteuerte, daß er nur seine Frau geküßt habe und sie sich in den Flitterwochen befänden, entgegnete ihm der Beamte rauh, daß der Strand kein Ort zum Küssen wäre. Ebenso streng werden die Gesetze in einem anderen Badeort in New Jersey, Asbury Park, gehandhabt. Hier ist es Liebespaaren überhaupt verboten, von einer bestimmten Tageszeit ab am Strande zu pro­menieren. Die Polizisten üben eine strenge Aussicht und alle Liebenden, die beim Uebertreten dieser Vor­schrift ergriffen werden, werden streng bestraft und geraten in eine sehr unangenehme Situation. In Toledo im Staat Ohio war der dichte Walbridge Park der hohen Polizei lange ein schlimmer Stein des Anstoßes, da hier die Liebenden des Städtchens sich in traulichem Beieinander zusammenfanden. Eines Abends nun im schönen Monat Mai, als alle Bänke des Parkes mit Liebenden dicht besetzt waren, flammten auf einmal mit großem Zischen elf ge­waltige elektrische Bogenlampen auf und warfen ihren Hellen Schein bis in die tiefsten Büsche des Waldes. Wie ein nächtiger Spuk stoben die ge­störten Paare auseinander, aber seitdem fällt es dank der elektrischen Beleuchtung und der sorgfältigen Beobachtung durch die Polizei den Liebespaaren von Toledo schwer, in ihrem Stadtpark noch ein heim­liches Plätzchen zu finden. Ein Teil dieser rohen dem Zeitgeiste wenig entsprechenden Sittenvorschristen stammt noch aus der Zeit der ersten amerikanischen Ansiedelungen durch die Puritaner. So existiert noch im Staat Connecticut ein Gesetz, nach dem jeder Kuß im Freien mit Auspeitschen bestraft wird, und zwar wird die Strafe nicht nur an dem Mann sondern auch an der Frau vollzogen. Ein anderes altes Gesetz im Staate New Jersey, das aber hoffentlich nicht mehr in Anwendung gebracht wird, besagt, daßFrauen eines jeglichen Alters, Be­rufes oder Standes, seien es Mädchen oder Witwen, die einen Bewohner des Landes vermittels von Parfüms, kosmetischen Mitteln, Tinkturen, Schminken, künstlichen, falschen Haaren oder Schuhen mit hohen Absätzen betrügen und eine falsche Vorstellung in ihm erwecken, mit den Strafen belegt werden sollen, die gegen Hexenwesen und Zauberei in Kraft sind."

(Die versteckte Erbschaft.) Im Dorfe Barenburg (Hanover) starb vor kurzem ein alter Hagestolz, der allgemein für sehr reich gehalten wurde. Bei der gerichtlichen Testamentseröffnung mußten die er­wartungsvollen Erben indes die sonderbare Mitteil­ung entgegennehmen, daß das Testament zwar von beträchtlichen Summen rede, die ihnen vermacht seien, daß aber von dem Gelde selbst nichts zu entdecken sei. Nochmals durchstöberten Gerichtsbeamte die Wohnung des Erblassers bis in die kleinsten Winkel hinein, aber vergeblich. Am folgenden Tage ver­suchte ein Gendarm noch einmal sein Heil und fand schließlich in einem kleinen Gelaß unter altem Ge­rümpel ein kleines Bündel Wäsche, bei dessen Oesf- nung der sehnlichst erwartete Schatz zum Vorschein kam. Es waren Wertpapiere, die insgesamt einen Betrag von 197 500 ^ ausmachen. Jetzt herrscht wieder Freude in Trojas Hallen.

Zwetschgen m u s. Um ausgezeichnetes, sich lange haltendes Zwetschgenmus herzustellen, werden tadel­lose Zwetschgen entstielt, einzeln abgerieben und ent­steint. Auf 2 Kilo Frucht rechnet man dann Vs Kilo weißen Zucker, eine Tasse Weinessig, einige Gewürz­nelken, vielleicht 68 auf diese Portion, und eine halbe Stange in Stückchen gebrochenen Zimt. Alles wird gleichzeitig in den Einmachtopf getan und muß, unter beständigem Rühren, weil Zwetschgenmus sehr leicht ansetzt, eine halbe Stunde kochen. Der Topf oder das weite Glas, das zur Aufnahme des Ein­gemachten dienen soll, wird mit Salicylsäure umge- spült, auch das zur Bedeckung dienende Papier gut damit getränkt. Dieses einfach zu bereitende Zwet- schenmus ist von großer Haltbarkeit und hat einen sehr angenehmen Geschmack. 1

Weintrauben - G elee. Weintrauben ergeben ein wundervoll rosiges Gelee, wenn man auf je ' 2 Liter Saft eine Quitte mit Schale verkocht und 1 Pfund Zucker rechnet. Man kocht nach gepreßtem und gemessenem Saft so viel Quitten (in Schnittchen mit Wasser, daß es deckt), als halbe Liter Trauben- sast sind. Lange kochen! Traubensaft nur flüchtig einkochen.

(Weiter Blick-j Junge Frau (zum Gatten, der ihr die Tränen von den Wangen küssen will): Nicht doch, Alfons, Tränen sind salzig, und dann hast du nachher wieder Durst und gehst in den Klub!"

(Nicht verlegen.! Junge Dame:Nein, mein Herr, ich kann mich nicht für Sie erwärmen. Herr:Dann bitte, erkälten Sie sich wenigstens für mich, ich bin nämlich Arzt!"

(Von der Schmiere.! Theaterbesucher (zu einem neben ihm stehenden Schauspieler):Hat denn das Stück so viele Zwischenakte, daß der Vorhang so oft heruntergelassen und dann gleich wieder in die Höhe gezogen wird?" Schauspieler:Nein, das nicht! Aber wenn der Herr Direktor schlecht spielt, dann läßt die Frau Direktor den Vorhang fallen und gibt ihm eine Ohrfeige!"

Letzte Nachrichten u. Telegramme

Potsdam, 10. Sept. Der Kronprinz und Prinz August Wilhelm, die gestern vormittag aus Breslau hier eingetrossen sind, begaben sich nachmittags im Automobil über Nauen nach dem Gelände der Gardekorpsmanöver.

Niederstetten, 9. Sept. In Bartenstein wurde heute abend die Fürstin Anna zu Hohen­lohe-Bartenstein von einem Prinzen glücklich entbunden.

Berlin, 9. Sept. Ein Telegramm aus Wind­huk meldet: Am 30. August ds. Js. wurde im Ge­fecht am Aubrevier verwundet: Leutnant Martin Elschner, früher Fuß - Artillerie - Regiment Nr. 1 (leichter Fleischschuß am linken Oberarm); der Reiter Wilhelm Vössner, geboren am 20. Dezember 1884 zu Münsingen, früher Infanterieregiment 111, ist am 29. August ds. Js. im Lazarett Warmbad an Typhus und Lungentuberkulose gestorben.

Berlin, 10. Sept. DasBerl. Tagbl." meldet aus Aachen: Ein 18jähriger, der Fürsorgeerziehung entflohener Bursche erschoß einen Schutzmann, der ihn festnehmen wollte. Der Täter ist verhaftet.

Metz, 9. Sept. Bei den Manövern des XVI. Armeekorps explodierte im Gelände in der Protze eines Geschützes vom Feldartillerieregiment Nr. 33 eine Manöverkartusche. Mehrere Artilleristen und Pferde wurden verwundet, darunter einer schwer.

Riga, 9. Sept. Heute mittag ließ ein Unbe­kannter im Bureau der lettisch-konservativen Zeitung Riga" eine Bombe mit brennender Zündschnur zurück, die rechtzeitig bemerkt und gelöscht wurde. Heute nachmittag wurde gegen einen Tramwagen eine Bombe geworfen, welche auf dem Pflaster platzte. 3 Schutzleute wurden verwundet, davon einer schwer. Die Wache schoß und verwundete 3 und verhaftete 16 Personen.

Warschau, 10. Sept. Aus Siedlec wird gemeldet, daß dort die Ruhestörungen den ganzen Sonntag über angehalten haben. Das Militär hat bis Mitternacht die Häuser beschossen; über 40 Personen seien getötet, viele verwundet. Einige Häuser seien in Brand geraten. Von auswärts sei Militär nach der Stadt, deren Zugänge abgesperrt seien, abgegangen. Unbestimmte Gerüchte sprechen von einem Pogrom und von Plünderungen.

Warschau, 9. Sept. Heute wurde ein Post­beamter von einem Unbekannten in der Chmielna- straße erschossen.

London, 9. September.Reuter" wird aus Schanghai gemeldet: Nach einem Brief eines Mffsionars aus Sopingfu in der Schansi vom 18. v. hat eine starke Boxerbande die Ortschaft Tsoyunhsien überfallen. Die Missionare und die christlichen Eingeborenen flohen in das Amtsgebäude um Schutz zu suchen. Sie wurden aber von Boxern verfolgt, welche die Behörden durch Drohungen ein- schüchterten und die Herrschaft über die Stadt an sich rissen. Ein deutscher Leutnant, welcher die Gegend bereiste, traf zufällig in der Stadt ein und sammelte eine kleine Zahl chinesischer Soldaten um sich, mit denen er die Boxer überwältigte. Die Anführer der Boxer und 11 Mitglieder der Bande fielen, 42 wurden gefangen genommen, der Rest zersprengt? Nachher traf ein chinesischer General mit einer größeren Truppenmacht ein. Die Missio­nare sind in Sicherheit.

Reklametcil.

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C. Büxenstein Nachf., RrnenSLrg und Carl Bechtle, KerreualS.