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13V.

Neuenbürg, Freitag den 3!. August 1906.

64. Jahrgang.

«LmSschau»

Mit allgemeiner Genugtuung ist die Kunde aus­genommen worden, daß der Kaiser in seiner Eigenschaft als König von Preußen die schon früher erwartete Amnestie nunmehr anläßlich der Taufe seines ersten Enkels doch erlassen habe. Der Kreis der Personen, welchen diese kaiserliche Gnaden­bezeugung zugute kommt, ist allerdings nur ein be­schränkter, denn die Amnestie bezieht sich nur aus rechtskräftige Verurteilungen wegen Majestäts­beleidigung oder wegen Beleidigung von Mitgliedern des preußischen Königshauses, immerhin kann der Gnadenakt des Kaisers und Königs nur freudige Zustimmung erregen. Me von preußischen Militär­gerichten wegen Majestätsbeleidigung oder Beleidig­ungen^ von Mitgliedern des preußischen Königshauses ausgesprochenen Strafen werden von der jetzigen Amnestie nicht berührt, ebensowenig natürlich jene Strafverfahren, welche bis zum 24. August, dem Datum des kaiserlichen Erlasses, noch nicht rechts­kräftig erledigt waren, denn in schwebende Prozesse darf der Monarch nicht eingreifcn.

Der englische Kriegsminister Haldane hat mit seinem Adjutanten Oberst Ellison dieser Tage in Berlin den Tauffestlichkeiten am Kaiserhof beigewohnt. In England ist der Kriegsminister nicht dem König, sondern dem Parlament verant­wortlich, dessen Mitglied er sein muß und ist. Im übrigen hat er unbeschränkte Vollmacht über die ganze Heereseinrichtung Englands und ist als Kriegsminister zugleich Chef des Großen General­stabs und Chef des Militärkabinetts in einer Person. In London hält man ihn für die Seele des liberalen Ministeriums. Bekannt ist von ihm, daß er schon längst ein warmer Freund des deutschen Reichs und ein Bewunderer der deutschen Heereseinricht­ungen ist.^ Den deutschen Kaisermanövern in Schlesien werden als Gäste des deutschen Kaisers hervorragende englische Offiziere bei­wohnen, an ihrer Spitze der jüngste Bruder des Königs, der Herzog von Conaught, ferner General­leutnant Hamilton. An den englischen Kriegs­minister Haldane ist, derNat.-Ztg." zufolge, eine Einladung zu den deutschen Kaisermanövern bereits im Monat Juni d. I. ergangen. Der Minister hat damals unverzüglich für die ihn: erwiesene Auf­merksamkeit seinen Dank abgestattet; er führte zu­gleich rein persönliche Gründe an, aus denen er dem Manöver fern bleiben wolle, und bat im Zusammenhang damit bereits im Juni, die militär­ischen Institute in Berlin um so eingehender be­sichtigen zu dürfen.

Berlin, 26. August. An den Herbstübungen, besonders am Kaisermanöver, wird das deutsche Freiwilligen-Automobilkorps in ausgedehntem Maße teilnehmen. Das Korps zählt 62 Mitglieder. Von diesen nehmen aus besonderen Befehl des Kaisers 50 Wagen an dem Kaisermanöver in Niederschlesien teil, während 6 Wagen Armeekorps in anderen Teilen Deutschlands zugewiesen werden. Die Uebungen der genannten 50 Wagen beginnen am 4. September unter Leitung des Stabschefs des Korps, Frhrn. v. Brandenstein, im Manöver­gelände bei Liegnitz. Am 7. September nimmt das Korps an der Paradeaufstellung vor dem Kaiser teil. Für die Manöver ist die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Kilometer festgesetzt worden. Das ist sehr wenig, wenn man bedenkt, daß die Durchschnitts­geschwindigkeit für einen Radfahrer in ebenem Ge­lände 20 Kilometer beträgt und daß ein gutes Automobil über 100 Kilometer fahren kann. Die Automobilbesitzer erhalten vom Kriegsministerium eme tägliche Vergütung von 35 wovon 20 NL für die Unterhaltung des Fahrzeugs bestimmt sind, während der Rest das Tagegeld für das Mitglied des Freiwilligen-Automobilkorps darstellt.

Vergeblich hatten die französischen Politiker darauf gehofft, daß König Eduard von England auf der Rückreise von Marienbad sich einige Tage in Paris aushalten werde und sie sind nun einigermaßen darüber ärgerlich, daß König Eduard nun ohne Aufenthalt von Marienbad heimkehren wird.

Das spanische Königspaar weilt zur Zeit auf Schloß Miramar im Norden von Spanien. Unweit davon, nämlich in der großen Jndustrie- und Bergwerksstadt Bilbao, herrscht z. Zt. noch ein Streik, dessen Teilnehmer zahlreiche recht bös­artige Ausschreitungen begangen haben. Nun ist aber beste Aussicht dafür vorhanden, daß der Streik in allernächster Zeit beigelegt sein wird.

Petersburg, 29. Aug. Wie demStandard" gemeldet wird, wächst die Nervosität des Zaren stündlich. Er hat sein Vertrauen in die Gesundung der politischen Verhältnisse vollständig verloren. Nur den energischen Bitten seiner Berater ist es zu danken, daß er seine Absicht, die Krone nieder­zulegen, noch nicht verwirklicht hat. Auf Veranlass­ung der Hofpartei plant der Zar jetzt die Erlassung eines Manifestes, das an die Gouverneure der einzelnen Provinzen und an die Zivilbehörden ge­richtet ist. Dieser Erlaß fordert alle Beamte auf, sich in der Treue zur Regierung durch die revo­lutionären Attentate nicht entmutigen zu lassen. Die Beamten möchten trotz der Todesgefahr kühn auf den gefährlichsten Posten ausharren.

Der Präsident Riesco, welcher nach Santiago aus Valparaiso zurückgekehrt ist, ist der Ansicht, daß der in Valparaiso angerichtete Gesami­sch ad en sich auf 200 Millionen Dollar beläuft. Die Gesamtzahl der Toten schätzt er auf 2300.

Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten in Karls­ruhe wird der familiäre Charakter streng gewahrt werden. Es treffen deshalb nur Fürstlichkeiten ein, die mit dem Großh. Hos in verwandtschaftlichen Beziehungen stehen. Es treffen ein das Kaiserpaar, Prinz Heinrich von Preußen, Prinzregent Albrecht von Braunschweig, Erbprinz von Meiningen und Gemahlin, sowie Prinz Friedrich Karl von Hessen; die Souveräne von Bayern und Württemberg werden durch Vertreter ihre Glückwünsche überbringen lassen. Das Großherzogspaar trifft am 15. September von Schloß Mainau in Karlsruhe ein. Aus Anlaß des Jubiläums sind Silbermünzen zu 5 - und 2 -DL geprägt worden, die auf den 9. September, den 80. Geburtstag des Großherzogs, zur Ausgabe gelangen. Im ganzen sind für 300 000 - Fünf­markstücke und für 700 000 - Zweimarkstücke ge­prägt worden.

Berlin, 29. Aug. DieNat.-Ztg." schreibt: In welchem Umfang die Nachrichten zutreffen, daß noch andere Offiziere der Schutztruppe sich bei Hrn. von Tippelskirch Geld geborgt haben, ist noch nicht zu übersehen. Einige Fälle scheinen tatsächlich vorgekommen zu sein. Diese Offiziere haben aber mit Lieferungsverträgen nicht das ge­ringste zu tun gehabt. Vielmehr sind sie privatim eng befreundet gewesen mit Hrn. v. Tippelskirch, zum Teil haben jsie gemeinsam mit ihm in Afrika schwere Zeiten durchgemacht. Es ist also kaum zu befürchten, daß sich dem Fall Fischer neue Fälle anreihen könnten.

DieKieler Zeitung" schreibt: Wie wir nach Erkundigung von zuständiger Stelle erfahren, ent­behrt das auf dieNeue Militärpolitische Korre­spondenz znrückzuführende Gerücht, daß Deutsch­land auf der Internationalen Flottenfchau in Jamestown im Frühjahr 1907 nicht vertreten sein werde, jeder Begründung; es steht vielmehr fest, daß das deutsche Reich der Einladung der Vereinigten Staaten Folge leisten und die deutsche Flagge in Jamestown vertreten sein wird, wenn auch über die Zahl und Art der dorthin zu ent­sendenden Kriegsschiffe noch keine näheren Bestimm­ungen getroffen sind.

Die ländliche Jugend pflegt ihre Gesinnung gegenüber dem Automobil mit Steinwürfen und Schimpsworten kundzugeben. Auch Prinz Hein­rich von Preußen lernte dieser Tage diese liebenswürdigen Umgangsformen kennen. Bauern­jungen schleuderten ihm, als er von Kiel nach seinem Gute Hemelmark fuhr, Steine nach. Prinz Heinrich, der selbst steuerte, hielt sofort, und fein Begleiter verfolgte die Täter, junge Burschen. Einer wurde ergriffen und dem Prinzen zugeführt, der ihm eine gehörige Standrede hielt.

Baden-Baden, 30. Aug. Der angekündigte Blumenkorso hat gestern bei dem herrlichsten Wetter durch die Lichtentaler Allee, vom Theater bis zum Alleehaus, stattgefnnden. Der Zudrang des Publi­kums von nah und fern war so groß, wie er, seit Festlichkeiten hier veranstaltet werden, nicht zu ver­zeichnen war. Der Korso selbst war der Hauptsache nach ein Automobilkorso mit reicher und zum Teil recht origineller Dekoration. Das Blumenbombarde­ment und Konfettiwerfen war ein sehr lebhaftes. Gegenwärtig sind über 100 ausländische Automobile hier, die teils zu den Rennen, teils zu Ausflügen nach den Schwarzwaldorten benützt werden. Der Großherzog Friedrich, sowie Fürst Mar Egon zu Fürstenberg werden am kommenden Samstag hier eintreffen, um den: Rennen um den Großen Preis und Goldpokal anzuwohnen.

Die badische Anilin- und Sodafabrik plant eine große Fabriksanlage; sie will die Wasserkräfte der Alz sammeln, arbeitsfähig machen und ihre Benutzung pachten. In der neuen Fabrik soll der Stickstoff der Luft in eine Art Chilesalpeter um­gearbeitet werden. Es handelt sich um ein Objekt von 30 bis 35 Millionen Mark.

In der vorletzten Nacht zerstörte ein Feuer die umfangreiche Bauschreinerei von Els u. Cie. in Straß bürg samt den anstoßenden Wohnhäusern. Da auch das Kammergebäude des Fußartillerie- Regiments Nr. 14 bedroht war, wurden die Mann­schaften dieses Regiments zum Teil alarmiert. Der Gouverneur von Straßburg, General der Kavallerie v. Moßner, war persönlich zur Stelle und leitete die Rettungsarbeiten der Soldaten. Es gelang erst am Morgen, des Feuers Herr zu werden. Seit langen Jahren hat kein derartiges Feuer in Straß­burg gewütet. In dem Städtchen Kleinenberg im westfälischen Kreis Büren hat eine verheerende Feuersbrnnst gewütet, durch die 6 Gehöfte mit allen Wohnhäusern, Oekonomiegebäuden und Vorräten eingeäschert wurden.

Weisenbachfabrik im Murgtal, 28. August. Einer der Begründer der großen Holzstoff- und PapierfabrikWeisenbach-Fabrik" von Holtzmann u. Cie., der kgl. sächsische Kommerzienrat Joh. Aug. Fischer in Dresden, ist am 25. August im 72. Lebensjahr gestorben. Der Verstorbene hat sich um die Erschließung des Murgtals und die Ausbeutung der Wafferkräfte der Murg große Verdienste erworben.

Württemberg.

Stuttgart, 28. Aug. Die Königin begibt sich morgen auf einige Wochen nach St. Moritz.

Stuttgart, 28. August. Im Ministerium des Kirchen- und Schulwesen wird gegenwärtig ein neuer Normallehrplan für die würtl. Volks­schulen ausgearbeitet.

Stuttgart, 29. Aug. Die deutsche Partei beabsichtigt, wie dieSchw. Korr." hört, für die Proporzwahlen in Stuttgart u. a. den Oberlandcs- gerichtsrat Dr. E. Rupp als Kandidaten aufzu­stellen. Außerdem sind schon die Namen Kübel, Häußermann, Prof. Gießler genannt worden. Auch Professor Weitbrecht soll (vielleicht für Cannstatt- Amt) ins Auge gefaßt sein.

Stuttgart, 29. Aug. Wie amtlich mitgeteilt wird, sind am 21. und 22. ds. Mts. bei der Durch­streifung der Weinberge Reblausherde auf der