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133.

Neuenbürg, Samstag den 25. August MO6.

64. Jahrgang

UunSschau»

Aus einer offiziösen Mitteilung ist der Wunsch der Regierung zu entnehmen, daß in den Zeitungs­berichten über die neuen deutschen Kriegsschiffe von deren Größe und Einrichtung doch nicht so viel Einzelheiten erörtert werden möchten, da im Grunde genommen mit solchen Berichten der deutschen Landes­verteidigung kein Dienst erwiesen, sondern nur dem Argwöhne des Auslandes Wasser aus die Mühle gegossen wird.

Wieder ist die Zeit der großen Versammlungen und Kongresse gekommen. Den Reigen hat in der ablaufenden Woche der Deutsche Katholiken­tag in Essen eröffnet, der einen befriedigenden Verlaus genommen hat. Der Kaiser hat für das - ihm übersandte Huldigungs-Telegramm der Versammlung auf telegraphischem Wege in warmen Worten seinen Dank ausgesprochen und namentlich seiner aufrichtigen Freude Ausdruck ge­geben über die Versicherung, daß der Katholikentag bestrebt sein werde, der Versöhnung der konfessionellen und sozialen Gegensätze zu dienen. Aus den ver­schiedenen in Essen gehaltenen Reden ist namentlich die des Vizepräsidenten des preußischen Abgeordneten­hauses, Justizrat Dr. Porsch, über die Schulsrage hervorzuheben, in der er dem preußischen Volks­schulwesen hohe Anerkennung zollte und zu dem Schlüsse kam, daß wenige Staaten, kein anderer großer europäischer Staat ein Gesetz habe, welches in gleicher Weise die konfessionelle Volks!chule festlege. Als sehr bedeutsam für die deutsche Katholikenver­sammlung muß auch erwähnt werden, daß zum ersten Male als Vertreter des Papstes ein römischer Kardinal, nämlich der Kardinal Vanutelli, zuiN-deutschen Katholikentage erschienen ist und der 'Versammlung die Anerkennung und den Segen des Papstes überbrachte.

Der deutsch-französische Zwischenfall am Camposluß in Afrika ist bis jetzt weder ge­löst, noch in irgend einer Weise aufgeklärt worden, und muß erst noch der Bericht des deutschen Haupt­mannes Förster abgewartet werden, ob deutsche Soldaten wirklich auf französische Grenzbeamte und Kolonisten geschossen haben.

Schloß Mainau, 24. Aug. Der Großherzog und die Großherzogin von Baden begaben sich mit dem schön geschmückten SonderbootKaiser Wil­helm" zum üblichen Besuch des württ. Königspaares nach Schloß Friedrichshafen, wo die Herrschaften um 2/tl Uhr im rcichbeflaggten Schloßhasen eintrafen.

Berlin, 24. August. König Eduard von England wird auf der Rückreise von Marieubad Wien nicht berühren, sondern diese durch Frankreich nehmen. Der König wird am 7. September von Marienbad abreisen und voraussichtlich zu einem kurzen Aufenthalt in Paris Station machen.

Wie jetzt nachträglich bekannt wird, hat es bei der erhebenden Feier des Geburtstages des Kaisers Franz Joses am 18. August im süd­lichen Tirol und auch in Ungarn doch auch einige recht häßliche Zwischenfälle gegeben. In Riva am Gardasee, welches noch österreichisch ist, hat das JrrdentistenblattEco del Baldo" einen höhnischen Artikel in Bezug aus die Geburtstagsfeier des Kaisers gebracht, und die italienische Bevölkerung hat dazu beifällig demonstriert. Auch verursachten im Oetztale eine Anzahl ungarische Touristen eine Demonstration gegen die Geburtstagsfeier des Kaisers, und von der ungarischen Demokratenpartei in Ungarn soll ähnliches in Szene gesetzt worden sein. In einem io buntscheckigeN-Lande wie Oesterreich-Ungarn braucht man sich über solche Zwischenfälle aber weder auf­zuregen noch zu verwundern.

Europa wird anscheinend in kurzem ein neues Königreich haben. Der König von Dänemark trägt sich mit der Absicht, in der nächsten Zeit seinem Titel den eines Königs von Island hinzuzufügen.

In Wirklichkeit war er auch bisher schon König, aber er führte in dieser Eigenschaft keinen besonderen Titel. Die Insel wird von einem Gouverneur ver­waltet und hat in Kopenhagen eitlen eigenen Minister. Jetzt haben die Isländer den Wunsch geäußert, die Bande, die sie mit dem König von Dänemark ver­binden, enger zu knüpfen, und der König hat, ge­rührt von dieser Ergebenheit, sich damit einverstanden erklärt, sich die Krone von Island aufs Haupt zu setzen. Das neue Königreich wird übrigens die Merkwürdigkeit ausweisen, der einzige europäische Staat ohne Armee zu sein, da das Fürstentum Monaco und selbst die Republik San Marino sich eines Heeres rühmen können. Allein die Isländer werden zu Land und zu Wasser ohne jede Wehr sein.

Eine starke Gärung ist unter den Unter­offizieren der italienischen Flotte ausge­brochen, die höhere Löhnung verlangen; man be­fürchtet, daß die geplanten großen Flottenübungen wegen Gehorsamsverweigerungen nicht stattfinden können.

In Rußland geht die Regierung mit fester Entschiedenheit gegen die Revolutionäre vor; eine große Anzahl der Meuterer, Mordbrenner und Banditen hat in der verflossenen Woche die verdiente Strafe ereilt. Trotz alledem wollen die revolutio­nären Morde, Plünderungen und Räubereien kein Ende nehmen. Nach offizieller Bekanntmachung wurden in der letzten Woche in Rußland 72 politische Morde an Amtspersonen verübt; 42 Beamte wurden schwer verletzt. Ferner wurden 120 Bomben ge­funden und 12 Geheimdruckereien entdeckt, 13 Kron- fchnapsbuden und 13 Staatskassen beraubt, 22 An­gestellte solcher getötet und verwundet. Aus politischen Gründen wurden 276 Personen in Hast genommen. Fürwahr, eine grausige Statistik! Ja, man hat sich nicht gescheut, sogar in ein Krankenhaus Schrecken zu tragen: in das Krankenhaus zu Jekaterinoslaw haben Revolutionäre, weil ein in ihm befindlicher Revolutionär nicht herausgegeben wurde, eine Bombe geworfen, durch die Aerzte, Wärter und zahlreiche Kranke verletzt wurden. Inzwischen setzt die Re­gierung ihre Bestrebungen, das schwierige Agrar­problem zu lösen, fort.

Petersburg, 23. Aug. In der Peterhofer Burg wurde ein junger Mann und eine junge Dame erschossen aufgefunden. Bei den Leichen fand man dasTodesurteil" der Petersburger sozial-revolutionären Kampforganisation gegen den General Trepow. Es ist ein Gerücht im Umlauf, wonach man versucht hätte, den General Trepow, welcher, wie man weiß, krank ist, zu vergiften. Ein Koch und drei andere Diener sollen verhaftet worden sein.

Kiew, 24. August. Auf der Station Smjela überfielen 5 mit Revolvern bewaffnete Personen den Stationschef und raubten aus der Güterkasse 1700 Rubel. Der Stationsches und ein Reisender wurden verletzt. Desgleichen überfielen mehrere bewaffnete junge Leute die Kasse der Güterstation der Kasanbahn und raubten 14000 Rubel. Bei Verfolgung der Täter, denen es gelang zu ent­kommen, wurden 2 Personen aus dem Publikum verletzt.

In den Vereinigten Staaten von Nord­amerika werfen die nächsten Präsidentschaftswahlen schon jetzt ihre Schatten voraus, doch kann es als sicher gelten, daß der Präsident Roosevelt wieder als Präsidentschaftskandidat der Republikaner auf- treten und wahrscheinlich auch wiedergewählt werden wird, denn er hat sich sehr deutlich für die allen nordamerikanischen Republikanern angenehme Politik in einem Schreiben kürzlich ausgesprochen. Roose­velt hält danach an der Schutzzollpolitik und an der Monroe-Doktrin fest und verlangt eine möglichst große Kriegsflotte zur Erhaltung der Macht und Freiheit Nordamerikas. Auch will er den großen Trustgesellschaften, welche die Geldmonopole im

Lande ausgerichtet haben, nur sehr vorsichtig zu Leibe gehen. Theodor Roosevelt ist also vor allen Dingen auch ein echter Uankee.

Der LotterieschwindlerFischer, über dessen Verhaftung in Hamburg wir bereits berichteten, war nur vorgeschoben. Der eigentliche Urheber war der Lotteriekollekteur Langes in Lübeck, der nach Kopen­hagen entflohen ist. Für diesen sind in den letzten Tagen Postanweisungen im Betrage von 19 000 Mk. von der Post an eine Hamburger Bank überwiesen und jetzt polizeilich beschlagnahmt worden.

Nürnberg, 24. August. Gestern abend kam es hier in ;der Regensburgerstraße vor der Auto- mobilsabrikUnion", deren Arbeiter sich im Aus­stand befinden, zu großen Menschenansammlungen und groben Ausschreitungen, so daß die Polizei schließlich mit der blanken Waffe vergehen mußte.

In Frankfurt a. M. wurden in der Markt­halle zwei elegant gekleidete Damen verhaftet, welche gemeinschaftlich Obst, Geflügel, Gemüse und Butter stahlen. Während die eine der Frauen mit den Verkäuferinnen über die Preise handelte, ließ die andere die Sachen verschwinden. Sie wurden auf die Polizeiwache gebracht, wo sich herausstellte, daß die Ehemänner der Damen in guten Verhältnissen leben.

In Baden-Baden haben gestern Freitag die großen Rennen begonnen. Bereits Mittwoch früh 6 Uhr kam ein Ertrazug aus Hoppegarten-Berlin an und brachte 30 Rennpferde. Bis jetzt sind unge­fähr 100 Rennpferde eingetroffen; es sind noch mehr angemeldet. Insgesamt wird auf dem grünen Rasen von Iffezheim um Preise im Gesamtbeträge von 600000 -x/L gestritten. Die Besucherzahl Baden- Badens hat 53 000 erreicht.

Aus Rheinhessen, 23. Aug. Die Schweine­züchter der Provinz Rheinhessen haben einen Ring gebildet, um die Schweinefleischpreise auf ihrer jetzigen Höhe zu erhalten. Jedes Mitglied ver­pflichtet sich bei einer Konventionalstrafe von 1000 Mark für jeden Fall, Schweine nicht unter 56 ff Lebendgewicht oder 80 Schlachtgewicht abzugeben.

Straß bürg, 23. August. (Schon wieder!) In dem benachbarten Schiltigheim goß die Schwägerin des Kellermeisters Wach Petroleum ans Feuer. Dabei explodierte die Kanne und die Frau stand sofort in Hellen Flammen. Sie erlitt schwere Brandwunden, denen sie unter schreck­lichen Schmerzen nach einer Stunde erlag.

Bad. Schwarz wald. Eine nette Einnahme bringt vielen Bewohnern des Schwarzwaldes das Sammeln von Beeren, namentlich der Heidelbeeren. Familien, welche mit mehreren Kindern das Geschäft besorgen, haben die schöne Einnahme von nahezu 80 pro Woche. Die Sträucher sind dermaßen behängen, daß es ein leichtes ist, in kurzer Zeit einen schweren Korb voll zu holen. Die Beeren kommen meist nach Frankreich, wo der Zentner mit über 40 Franks bezahlt wird.

Santos Dumont hat in Paris einen neuen .Versuch mit einem 50pferdigen Motor gemacht, wo­bei es ihm gelang, sich ohne Hilfe selbständig mit seinem lenkbaren Luftschiff durch Sprünge von je einem Meter in die Luft zu erheben. Mit seinem Motor wird er imstande sein, 35 Kilometer in der Stunde in der Lust zurück zu legen.

Toulon, 24. Aug. Bei einer heftigen Feuers­brunst, die in den hiesigen Fichtenwaldungen aus- gebrochen war, kamen drei Soldaten in den Flammen um, zwei andere Soldaten werden vermißt, mehrere Soldaten erlitten Verletzungen.

Einzelne kleinere Städte in der Nähe von Valparaiso sollen vollständig vom Erdbeben verschlungen worden sein, lieber die Verluste an Menschenleben liegen die widersprechendsten Nachrichten vor und müssen darüber erst genaue Mitteilungen abgewartet werden.