gegenwärtig in Pforzheim allwöchentlich etwa 600000 Mark Lohn an die Arbeiter und Arbeiterinnen der Bijouteriefabriken und deren Hilfsgeschäfte ausbezahlt. Man kann an dieser Summe bemessen, welche traurigen Folgen es haben würde, wenn ein Streik in der Bijouteriebranche ausbräche, der von den Fabrikanten sofort mit der Aussperrung aller Ar­beiter und Arbeiterinnen beantwortet werden würde. Die riesige Lohnsumme von 600 000 -//L entginge allwöchentlich nicht nur den Arbeitern und ihren Angehörigen, auch die gesamte Geschäftswelt unserer Stadt würde den Ausfall sehr unangenehm empfin­den. Die Erschwerung der hiesigen Fabrikation durch Lohnkämpfe müßte ferner die ausländische Konkurrenz stärken. Jetzt schon werden im Ausland, z. B. in Italien, mit billigen Arbeitskräften Artikel hergestellt, die sonst allein in Pforzheim fabriziert wurden.

** Pforzheim, 23. August. Nachdem schon gestern die Arbeiter in vier stattlichen Versamm­lungen, an denen 5000 Personen teilgenommen haben, die am letzten Montag zwischen den Ver­tretern der Arbeiter und der Fabrikanten getroffenen Vereinbarungen gutgeheißen haben, ist dies heute abend auch seitens des Arbeitgeberverbands in einer gut besuchten Versammlung im Museum geschehen. Heute abend traf hier ein Staatsanwalt aus Tübingen ein, um wegen des Radfahrer-Unglücks bei Birkenfeld, wo der Mechaniker Gauthier von hier überfahren und tödlich verletzt wurde, Erheb­ungen vorzunehmen. Der unglückliche Radfahrer, ein Eisenbahngehilse, wurde festgenommen.

Pforzheim, 23. Aug. Mechaniker Gauthier, welcher am Montag abend von einem Radfahrer überfahren worden war, ist gestern abend im Kranken­hause gestorben.

Pforzheim. Mit der Uebernahme einer Bürg­schaft kann man nicht vorsichtig genug sein. Ein hiesiger Ausläufer gah einem Presser an, daß er ein Grundstück kaufen wolle und veranlaßte ihn zur Bürgschaftsleistung im Betrage von 140 ML Von diesem Betrage hat der Presser bereits 60 ML be­zahlt. Da der Ausläufer den Grundstückskauf vor­gespiegelt hat, wird jetzt gegen ihn wegen Betrugs vorgegangen werden.

Täuschend nachgemachte falsche Zweimark­stücke sind zur Zeit im Verkehr. Das Münzzeichen ist M die Jahreszahl 1876. Auf der einen Seite ist das Bild König Wilhelms II. von Württemberg, welcher bekanntlich aber erst im Jahre 1891 König wurde. Der Fälscher benutzte somit zwei verschiedene Prägungen der Vorder- und Rückseite. Das Stück ist aus Kupfer und stark versilbert.

vermischtes.

Kam da in den letzten Tagen in einen Laden in Ludwigs Hafen eine Bauersfrau und bat, ihr zwei auf dem Markt übrig gebliebene Hähne abzu­kaufen; das Geschäft wurde perfekt unter der Be- ^ dingung des Käufers, daß die Bauersfrau auch gleich das Rupfen besorge. Gesagt, getan. Die Frau verschwand mit den Hähnen dem Hofe zu. Nach

Kann ich die Police sehen?"

Das ist leider nicht möglich."

Warum nicht?"

Ich habe sie verpfändet!"

Wem?"

Einem Vetter."

er?"

lWolfrath, Hugo Wolfrath."

Was ist er?"

Buchhalter in Scherings chemischer Fabrik."

Für wie viel haben Sie ihm dieselbe verpfändet?"

Für vierzigtausend Mark?"

Hm! Dann war die Police wohl sehr hoch?"

Sie lautete auf sünfzigtausend Mark."

Seit wann bestand sie?"

Seit fünf Jahren ungefähr."

Und trotzdem gab Ihnen Herr Wolfrath so vrel Geld auf dieselbe?"

Er wußte ja, daß meine Frau nicht mehr lange leben konnte."

"So!" Hatte der Arzt das gesagt?"

Was machten Sie mit den vierzigtausend Mark?"

Ich verwendete sie in meinem Geschäft."

Wann war das?"

Vor etwa einem Vierteljahr. Aber, Herr Kommissar, ich sehe nicht ein, was das mit dem Morde zu tun hat!"

In seinem Blick war jetzt etwas Flackerndes, Unstätes.

Das kann man noch nicht wissen," sagte

einiger Zeit wurde man durch klägliches Geschrei der Tiere aus die Vorgänge im Hofe aufmerksam. Zu spät, denn die armen Tiere waren bereits vollständig gerupft, bei lebendigem Leibe gerupft; sie boten in ihrem zerschundenen Zustand einen jammervollen Anblick dar und waren dem Verenden nahe. Ihre Quälerin aber meinte kaltblütig,wenn man die Tiere ordentlich füttere, könne man sie noch einige Tage länger aufbewahren." Der Käufer zog selbstverständlich vor, das nicht zu tun, und tötete die Tiere schleunigst vollends. Man sieht: den Tier­schutzvereinen bleibt noch viel Arbeit zu tun.

Freiburg, 21. Aug. Der Pfarrer Hansjakob veröffentlicht imFreiburger Tageblatt" folgende Danksagung", die dafür zeugt, daß dem beliebten Volksschriftsteller der Humor noch nicht abhanden gekommen ist:Durch die überschwänglichen, ohne jedes Wissen meinerseits entstandenen und gedruckten gutgemeinten Reime eines mir unbekannten Mannes, bekam ich ein Jahr zu frühe viele Glückwünsche zu meinem 70. Geburtstag. Ich nehme dieselben, als zmn Voraus empfangen, dankend an und bitte dann im nächsten Jahr, so ich noch lebe, um stille Teil­nahme. Meines Erachtens dürfte der einzige Mensch, der Veranlassung hätte, bei einem so alten Geburts­tagskinde vorstellig zu werden, der städtische Be­gräbniskommissar Zinser sein. Hansjakob."

Salzburg, 17. August. Eine seltsame alpine Tat wird aus Sulden derFranks. Ztg." gemeldet. Die 30jährige blinde Gattin des Privatbeamten Wollet aus Wien bestieg dieser Tage in Begleitung ihres Mannes die dritthöchste Spitze der Ortlergruppe, den Monte Cevedale (3774 Meter). Die Frau ist, trotzdem sie die Schönheit der Bergwelt nicht sehen kann, eine leidenschaftliche Bergsteigerin.

Vom Säntis. Im Säntisgebiet gelang es dem Wildhüter Weishaupt von Schwendi bei Weisbad, einem der tüchtigsten Jäger, einen Stein­adler mit 1,95 Meter Flügelspannweite zu erlegen. Schon seit vielen Jahren hat man in diesem Ge­biet Adler nicht mehr beobachten können. Der Jäger suchte den Vogel östlich vom Fahlensee an den hoch emporstrebenden Kastenwünden auf, mußte aber er war für diesen Zweck gut verproviantiert 4 Tage hinter Felsen und Einschnitten sich ver­borgen halten. Der mächtige Vogel wird in St. Gallen ausgestopst und wird dann den Schulen im Orte Appenzell für den Anschauungsunterricht zuge­wiesen werden.

Wie geringen Wert Gutachten der Schreibsachverständigen oft haben, zeigt wieder folgender Fall. Der Gemeindevorstand Merkel aus Borsdorf wurde auf das Gutachten von drei Sachverständigen hin vom Schöffengericht zu 6 Wochen Gefängnis verurteilt, weil er den Kaufmann Montag durch einen anonymen Brief beleidigt haben sollte. Dem Gutachten eines vierten Sachverständigen, der die Täterschaft Merkels bestritt, war keine Bedeutung beigemessen worden. Nach der Verurteilung hatte nun der wirkliche Briefschreiber den Mut und die Ehrlichkeit besessen, sich zu melden und damit die Unschuld des Verurteilten zu beweisen. Das Berufungsverfahren ist bereits eingeleitet.

Weien ruhig.In einem solchen Falle, wie dieser, darf kein Umstand außer Acht gelassen werden."

Muß ich noch hier bleiben?" frug Merten.

Sie möchten es nicht?"

Ich muß doch Anordnungen für die Beerdig­ung treffen."

Das hat nicht solche Eile. Es ist von Wichtig­keit, daß Sie zur Hand sind, wenn ich vielleicht noch weitere Auskünfte von Ihnen zu erbitten habe."

Es entging dem Kriminalkommissar nicht, daß Merten immer unruhiger geworden war. Aber er wollte jetzt nicht weiter in ihn dringen, erst muß das Material noch vervollständigt werden.

Zu diesem Zweck begab er sich nach der Schering'schen Chemischen Fabrik und erbat sich eine Unterredung mit Herrn Wolfrath.

Sie sind im Besitz einer Lebensversicherungs­police auf Frau Merten?" frug er denselben, nach­dem er sich ihm vorgestellt hatte.

»Ja."

Bitte zeigen Sie mir dieselbe?"

Ich habe sie nicht hier."

Wo ist sie?"

In meiner Wohnung."

Wie kommen Sie in den Besitz derselben?"

Ich habe sie beliehen."

Mit wieviel?"

Der noch junge Mann zögerte etwas mit der Antwort.Mit vierzigtausend Mark!" sagte er dann.

Können Sie das beweisen?"

"Ja!"

Ein belgischer Arzt, namens Bordet, behauptet, es sei ihm geglückt, den Keuchhustenbazillus zu entdecken und Reinkulturen von ihm zu erhalten. Im Auswurf der kleinen Kranken hat Bordet wäh­rend des Anfangs der Krankheit den Bazillus in großer Zahl entdeckt. Später findet er sich nur spärlich und vermischt mit anderen Parasiten im Munde und Rachen. Das Serum kleiner Keuchhusten­kranker wirkt auf den Bazillus heilend ein. Bordet ist Direktor des Seruminstituts von Brabant.

Gegen Raupenschaden jeder Art an Obst­bäumen rc. hilft nach einer Mitteilung des prak­tischen Ratgebers am besten das regelmäßige Spritzen der Bäume mit Kupferkalkbrühe, der Arseniklösung beigefügt ist. Dies Jahr, schreibt ein erfahrener Obstzüchter im genannten Blatte, war am Rhein eine Raupenplage wie noch nie; im Taunus waren alle Eichenwälder und Obstbäume einfach kahl ge­fressen. Bei manchem Nachbar, der eine ebenso große Anlage bewirtschaftet als ich, war kaum ein Blatt oder Frucht heil, bei mir war nach dreimaligem Spritzen keine Raupe und kaum eine angestochene Frucht zu finden. Nie habe ich so kraß den Nutzen, vielmehr die unbedingte Notwendigkeil des Arsenik- spritzens gesehen! Ich glaube, daß der praktische Ratgeber bei energischem Eintreten und Propaganda für Giftspritzen dem Obstbau sehr nützt. Garten­freunde können die Nummer, welche die Beschreibung enthält, vom Geschäftsamt des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau in Frankfurt a. O. kosten­los beziehen.

Letzt« Nachrichten u. Telegramme

Berlin, 23. August. DieNordd. Mg. Ztg." schreibt: In den amtlichen Meldungen aus Val­paraiso wird weiter bestätigt, daß die Stadt durch die Erdbeben fast vollständig zerstört ist. Auch das deutsche Generalkonsulat und sein Archiv ist zerstört; vom Personal ist niemand verletzt. Uebrigens sind die Deutschen in Valparaiso durch plündernde Banden sehr gefährdet. Auf Wunsch der Deutschen, welchen der Generalkonsul an den Geschäftsträger in Santiago gelangen ließ, ist im Einvernehmen mit den chilenischen Behörden dem Kreuzer Falke der Befehl gegeben worden, sich durch Entsendung von Mannschaften an dem Schutz von Leben und Eigentum der Reichsangehörigen in Val­paraiso zu beteiligen.

Tokio, 23. August. Japan hat den auswärtigen Regierungen heute mitgeteilt, daß Dalny vom 1. September ab Freihafen sein werde.

Teplitz, 23. Aug. In der nahen Sommer­frische Kostenplatz ereignete sich bei einer Vorstell­ung in einem elektrischen Theater ein schwer er Un­glücks fall. Bei der Vorführung des Kinemato- graphen fingen die Kleider eines 12 jährigen Mädchens, welches denselben bediente, Feuer. Es entstand eine Panik und das Publikum stürzte in wilder Flucht dem Ausgange zu. In dem Gedränge erlitten fast sämtliche Besucher, ungefähr 150 Personen, leichtere oder schwerere Ver­letzungen.

Wodurch?"

Durch die Quittung meines Vetters Merten."

Hm! Er verzinst Ihnen das Geld?"

Ja!"

Wie hoch?"

Mit fünf Prozent."

Erschien Ihnen denn die erst seit fünf Jahren bestehende Police denn sicher genug für eine so be­deutende Summe?"

Frau Merten ist ja so kränklich!"

Sie hätte noch lange leben können!"Sie ist tot!"

Plötzlich gestorben?"

Sie ist ermordet worden!"

O mein Gott!

Sein Schrecken war augenscheinlich ein unge­künstelter.

- (Schluß folgt.) -

Gegen das Krippensetzen der Pferde em­pfiehlt sich, den Krippenrand und alle Gegenstände, auf welche das Tier mit den Schneidezähnen auf­setzen könnte, mit Aloetinktur, einer abscheulich bitteren Flüssigkeit, welche mit dem beim Krippen­setzen reichlich abgesonderten Speichel verschluckt wird und dadurch einen ekelerregenden Geschmack hervorruft, zu bestreichen. Die Pferde sollen da­durch diese Untugend rasch verlernen.