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D«r «nztäler.
Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
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Neuenbürg, Freitag den 24. August 1906.
64. Jahrgang.
Rundschau»
^ Wilhelmshöhe, 22. August. Zur Frühstückstafel beim Kaiserpaar war heute Professor von Behring geladen.
^Berlin, 23. August. Die „Hamb. Nachr." schreiben: Die Stellung des Erbprinzen Hohenlohe, des Leiters der Kolonialabteilung, gilt als ernstlich erschüttert, auch sind Gerüchte über andere bemerkenswerte Veränderungen innerhalb der höheren Bureau- kratie im Zusammenhang mit dem Besuch des Reichskanzlers in Wilhelmshöhe im Umlauf.
St. Louis, 22. August. Eine Vereinigung hervorragender Bürger beschloß, Kaiser Wilhelm einzuladen, Amerika zu besuchen.
Berlin, 22. Aug. Zur Fahrkartensteuer wird der Tägl. Rundschau aus Thüringen geschrieben, daß die Mindereinnahme aus dem Personenverkehr im Eisenbahndirektionsbezirk Erfurt in der ersten Halste des August gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres ungefähr das Dreifache der erzielten Fahrkartensteuer beträgt, was nur auf Benutzung der niederen Wagenklasse zurückzusühren ist.
Berlin, 22. Aug. Die „Nordd. Allg. Ztg." berichtigt die Zeitungsmeldung, daß die Prägung von Fünsmarkstücken auf allen Münzstätten wieder ausgenommen werden, dahin, daß in der letzten Zeit Fünfmarkstücke nur in Hamburg und Karlsruhe geprägt worden sind, auf elfterer Münzstätte im Betrag von 200 000 Mk. mit dem Hoheitszeichen der Hansestadt Bremen, auf letzterer im Betrag von 300 000 Mk. als Denkmünzen für die goldene Hochzett des großherzoglichen Paares. Im übrigen haben seit Januar 1904 Ausmünzen von Fünfmarkstücken nicht stattgefunden.
Eine neue Verfügung gegen den Alkoholismus hat das meiningische Staatsministerium erlassen. Es wird darin „aus Grund einer wiederholten Kundgebung des Herzogs" bestimmt, daß in den obersten Klassen der Schulen und des Seminars eine Stunde im Monat dem besonderen Unterricht über die Schädlichkeit des Alkoholgenusses mit eingehender Begründung ans der Phisiologie und Gesundheitslehre gewidmet werde. Ein entsprechender Lehrplan mit Verteilung des Unterrichtsstoffes aus zehn Monatspensen ist zugrunde zu legen. Nach Möglichkeit sind beim Unterricht gute Anschauungsmittel zu benutzen. Bei Lösung dieser „außerordentlich wichtigen und ernsten Erziehungsfrage" wird besonders auf die Mithilfe der staatlichen Schulärzte gerechnet, die auf besonderen „Elternabenden" über einzelne Fragen aus der Schulgesundheitslehre Vorträge halten sollen.
Berlin, 21. August. Wieder ist ein von den Solzialdemokraten inszenierter Streik kläglich gescheitert. In einer gestern abend gehaltenen Versammlung der Rollkutscher wurde mitgeteilt, daß die Zahl der Arbeitswilligen in den letzten Tagen so zugenommen habe, daß von 300 Streikenden mehr als die Hälfte in ihre frühere Stellung zurückgekehrt sei; es seien keine freien Stellen mehr vorhanden. Unter diesen Umständen gelte der Streik für verloren. Auch ein in Aussicht genommener General- streik im gesamten Speditionsgewerbe würde an dieser 4-atsache nichts ändern und es müsse vor einem solchen Schritt dringend gewarnt werden.
Das Vorgehen gegen die Sozialdemokratie in der Schweiz ist fortgesetzt sehr energisch. Die Züricher Regierung hat das Streikpostenstehen verboten. Daraus versuchten es die „Genossen" zuerst mit einem Generalstreik, allein damit fanden sie bei den Arbeitermassen keinen Anklang. Dann wollten sie durch Umzüge die Bürgerlichen und die Regierung erschrecken. Wenn der Massenschritt der Arbeiterbataillone erdröhnt, so dachten sie, fällt unseren Gegnern das Herz in die Hosen und sie gewähren dann, was wir fordern. Auch diese Rechnung zeigte sich als falsch. Die Regierung verbot
den Demonstrationsumzug, der aus einen Sonntag geplant war. Er fand auch nicht statt, und der Umzug, der dann am Dienstag in Szene gesetzt wurde, verlief ganz harmlos, der Erfolg blieb ganz aus. Und nun schritt der Regierungsrat fest ein und verbot alle Straßen- und Massenkundgebungen, die sich gegen die von den Behörden anläßlich der gegenwärtigen Arbeitseinstellungen und damit in Verbindung stehenden Maßnahmen richten.
Warschau, 23. August. General Skalon hat eine Verfügung erlassen, nach der Augenzeugen von Attentaten auf Personen oder das Eigentum anderer, die ihre Hilfe versagen, einer 3monatlichen Gefängnishaft unterliegen, falls nicht Lebensgefahr oder andere triftige Gründe ein Eingreifen verhindern. Der gleichen Strafe unterliegen Personen, die es unterlassen, alles was ihnen über Verbrechen bekannt wird zu melden.
Mannheim, 21. August. Die Abordnung der in Amerika lebenden Badener, die zu den Festlichkeiten im großherzoglichen Hause nach Europa kommen, wird am 31. August auch Mannheim besuchen. Die Stadtverwaltung wird die Gäste im „Rosengarten" bewirten und ihnen außerdem eine Wagenrundfahrt veranstalten. Der Verkehrsverein lädt sie zu einer Dampferfahrt im Hafen ein.
Essen, 19. Aug. Ein Pariser Schriftsteller, Jacques Landau, ist nach Essen gereist, um „Us. reiue cku ter", Frln. Berta Krupp, zu interviewen. Aus dem Bericht, der im „Bert. Tagebl." besprochen wird, ist einiges von Interesse. So schreibt der Pariser: „Manche amerikanische Erbin mag reicher sein, als die älteste Tochter Friedrich Krupps, des Kanonenkönigs, keine einzige auf der ganzen Welt aber verfügt wie sie über ein wirkliches Reich, über ein Heer von Untertanen. Es ist, wenn man in Essen anlangt, als befinde man sich in einem eigenen deutschen Bundesstaate. Frln. Berta Krupp herrscht darin als ungekrönte Fürstin, und Hr. v. Bohlen und Halbach ist ausersehen, ihr „Prinzgemahl" zu werden. Sie hat eine Leibgarde: die 3000 Mann, die mit der Aufrechterhaltung der Ordnung in ihren ungeheuren Besitzungen betraut sind, und sie hat ihr Ministerium: das Direktorium der Kruppschen Werke. In Essen fällt ihm das mächtige bronzene Denkmal Alfred Krupps auf, und die Inschrift des Sockels: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut," entzieht ihm den pathetischen Ausruf: „O, welche Ironie, der Kanonenkönig, der seine Reichtümer dem Kriege, dem Gemetzel, dem blutigen Wahnsinne verdankte — als Prediger der Menschenliebe und Güte." Frln. Berta Krupp ist übrigens schwerer zu interviewen als der Zar oder gar der deutsche Kaiser. Auf Station Hügel, zu der von dem bescheidentlich „Villa" genannten Schlosse direkt eine mächtige schmiedeeiserne Tür führt, durch die die Kruppsche Familie an ihren Sonderzug treten kann, wendet sich der Pariser zunächst an den Bahnhofsvorsteher und fragt ihn, wie er wohl am besten zu Fräulein Krupp kommen könne. Der ist aber über die Kühnheit solchen Unterfangens derart verblüfft, daß er ihm nur den Rat zu geben vermag, schleunigst nach Paris zurückzukehren. Trotzdem gelingt es ihm — und fünf Minuten später steht er im Garten der Villa Hügel vor der jungen Erbin und ihrer „Hofdame", Madame Brandt. Frln. Krupp hat ihm wohl eine „Audienz" bewilligt — doch ein Interview schlügt sie ihm zunächst ab. Schließlich erzählt sie ihm dennoch allerlei. Daß sie, wie ihr Vater es liebe, fern von der großen, lauten Welt zu leben, und daß amerikanische Blätter ihr ganz erdichtete Aeußerungen in den Mund gelegt hätten. Daß sie nur die Eigentümerin der Werke sei nach dem Willen ihres Vaters, der sie nicht nach seinem Tode zersplittert wissen wollte, daß die Leitung aber auch nach ihrer Heimat dem Direktorium verbleiben und sie selbst sich zusammen mit ihrem Manne nur den gemeinnützigen Einrichtungen, besonders in Friedrichs
hof, Alfredhof, Altenhof und dem Krankenheime „Kaiserin Augusta Viktoria" widmen werde. Das betrachte sie als die Aufgabe ihres Lebens. — Damit ist, so schließt der Franzose seinen Bericht, meine Audienz zu Ende.
Esse n (Ruhr), 21. August. Die Firina Krupp hat, wie die „Franks. Ztg." schreibt, zur Befriedigung des Bedarfs ihrer Konsumanstalten an Backwaren eine Bäckerei errichten lassen, die eine der größten, vielleicht die größte auf dem Kontinent ist. Die Bäckerei beschäftigt rund 100 Mann, davon 77 Bäcker. Das übrige ist Hilfspersonal. Es sind 43 Oesen vorhanden. Gebacken wird mit einer Temperatur von 200 Grad. Der Tagesverbrauch stellt sich unter anderem aus 2 Waggon Mehl zu je 10 000 Kilogramm. Die Tagesproduktion beträgt 80 bis 90 000 Stück kleines Gebäck (davon 30 bis 35 000 Brötchen) und 10 bis 12 000 Schwarz- und Weißbrote.
Halle a. S., 23. August. Im Walkenrieder Tunnel sprang, wie die „Voss. Ztg." meldet, der Gefangene Ahlbom aus Tettenborn, der seine Fesseln gelockert hatte, aus dem Zuge bei 60 Kilometer Geschwindigkeit. Der nachspringende Transporteur wurde schwer verletzt.
Vom Schwarzwald, 23. Aug. Die Uhrenindustrie ist sehr gut beschäftigt; es werden überall gelernte Arbeiter gesucht. Durch die Vereinbarung der Fabrikanten ist auch im Sinken der Verkaufspreise ein Stillstand eingetreten. Die Betriebe der Hilssindustrie haben gleichfalls einen guten Geschäftsgang zu verzeichnen.
Innsbruck, 20. August. Die österr. Eisenbahndirektion hat einen Plan ausarbeiten lassen zur Ausnützung der Wasserkräfte der Oetztaler Ache. Die daraus zu gewinnende elektromotorische Kraft soll zum elektrischen Betrieb der Arlbergbahn verwendet werden. Die Erfahrungen der neuesten Zeit haben gezeigt, daß der Dampfbetrieb bei Tunnelbahnen wegen der stickigen Luft sowie der sprühenden Funken, insbesondere bei Unfällen von wesentlichem Nachteile sein kann. Es herrscht deshalb das Bestreben vor, bei Tunnelbahnen den elektrischen Betrieb zur größeren Sicherheit des reisenden Publikums einzusühren.
Santiago, 22. August. Nach Nieldungen aus Valparaiso beläuft sich die Zahl der bei der Katastrophe Umgekommenen auf mehrere Tausend. Die Schätzungen schwanken zwischen 2- und 12 000. Der größte Teil von Valparaiso ist völlig zerstört. Der übrige Teil ist als Wohnplatz ganz unbrauchbar. Die Erdstöße dauern in Zwischenräumen fort.
Württemberg.
Die Einnahmen der württ. Staatseisenbahnen im Monat Juli ds. Js. betrugen aus dem Personen- und Gepäckverkehr 2 743 000 ans dem Güterverkehr 3 426 000 aus sonstigen Quellen 430 000 -/t/, insgesamt demnach 6 599 000 r/L, 334000 -/rl mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Mehreinnahmen entfallen mit 185 000 aus den Personenverkehr und mit 149 000 aus den Güterverkehr.
Stuttgart, 23. Aug. Für Sonntag, 2. Sept. (Sedantag) haben alle Kirchen des Stadtdirektionsbezirks Stuttgart ihr Kirchenopser für die Veteranensammlung verwilligt. Die militärischen Vereine veranstalten aus diesem Anlaß Kirchgang.
Nach der großen Hitze ist Ende der vorigen Woche auch in Württemberg eine Art Wettersturz erfolgt, der zwar keinen Schneefall wie in der Schweiz und in Tirol, wohl aber heftige Regengüsse und empfindliche Abkühlung brachte. In den meisten Landesteilen ist die Getreideernte vorüber; im Schwarzwald und in den hochgelegenen Gegenden aber liegt noch ziemlich Gerste und Haber, die aber jetzt nach der Wiederkehr besseren Wetters wohl noch gut in die Scheunen gebracht werden können. Unsere