Auskunft. Die Polizei glaubt jedoch, daß das Attentat nicht Präsident Fallieres galt, sondern gegen den König von Italien vorbereitet wurde.

Innsbruck, 20. August. Zum zweitenmal in diesem Sommer ist ein beinahe vollkommener Wetter­sturz zu verzeichnen. In den letzten Tagen sank die Temperatur im Tal bedeutend und betrug gestern 6 Grad Celsius. Aus den Bergen liegt in einer Höhe von etwa 2000 Meter dichter Schnee; im Tal fällt kalter Regen. In den Bergen sind viele Touristen in den Schutzhütten eingeschneit.

Chur, 2t. August. Infolge Scheuwerdentz der Pferde stürzte gestern der Postwagen der Strecke Arosa-Chur über die Straßenböschung und überschlug sich zweimal. Die vier Reisenden im Wagen wurden herausgeschleudert. Eine ältere Dame namens Weit­brecht aus Eßlingen a. N. wurde schwer verletzt, ihre Tochter erlitt einen Rippenbruch. Die beiden anderen Passagiere, Dr. Junker und Frau, erlitten leichtere Verletzungen. Kondukteur und Postillon sind ziemlich schwer verletzt.

Der nächste Krieg.

Ueber dennächsten Krieg" schreibt seit mehr denn Jahresfrist Hinz und Kunz, und die Welt ist dieser Phantasiegespinste nachgerade müde. Etwas anderes ist es, wenn einer der namhaftesten Generale einer ersten Militärmacht sich zu dem Thema äußert. ImEclär" tut das gegenwärtig der französische General Bonnal, der sich bekanntlich auch der be­sonderen Wertschätzung unseres Kaisers erfreut. Der erste, bisher nur vorliegende Artikel Bonnals enthält mehr politische als militärische Erörterungen. Bonnal untersucht den Wert des Bündnisses mit Eng­land und er schätzt es äußerst gering ein. Von der englischen Furcht vor dem deutschen Wett­bewerbe ausgehend, sagt er:

Da der Faschoda-Handel gegen aller Erwart­ung das Ende der politischen Spannung herbeigesührt hat, die zwischen den beiden Ufermächten des Aermel- meeres seit der Beschießung Alexandriens und der kinderleichten Eroberung Aegyptens andauerte, hat die englische Diplomatie seitdem an der Isolierung Deutschlands nach den gleichen Methoden arbeiten können, denen sie vor einem Jahrhundert folgte, um Napoleon schachmatt zu setzen. Von diesem Augen­blicke an hat sich die französische Diplomatie der englischen untergeordnet und eher sozusagen als Vor­hut gedient. (Folgt eine kurze Darstellung der Marokkokrise in der bekannten französischen Auffass­ung.) Dann führt Bonnal fort: Die Engländer legen sich vollkommen darüber Rechenschaft ab, daß die Deutschen nichts gegen sie ausrichten können. Warum entschließt sich nun die englische Diplomatie, die eine Kriegsgelegenheit mit Deutschland sucht, nicht dazu, eine solche, was leicht wäre, hervor- zurusen, aber die Franzosen, die nach Frieden be­gierig sind, neutral zu lassen? Man kann voraus­setzen, daß England uns absolut unsere Frei­heit des Handelns nicht lassen will, aus Furcht, daß Deutschland, wenn es sich im Kampfe mit ihm befindet, Ballast auswirft, um schlimmere Katastrophen zu vermeiden, mit anderen Worten, daß cs uns Elsaß-Lothringen zurückgibt, in welchem Falle die Latente eoräinls sofort ausgelebt haben und auf der Stelle durch eine für England überaus gefährliche deutsch-französische Allianz ersetzt würde. Das hält inan für den einzigen Beweggrund, weshalb die Engländer nur den Krieg mit dem Hintergedanken anfangen wollen, daß die Feindselig­keiten in der Nähe von Nancy ausbrechen, damit Frankreich der Soldat Englands werde. Im Falle eines europäischen Konflikts wird Italien nicht gegen eine mit England verbündete Macht zu Felde ziehen, und Rußland wird die österreichischen Armeen sest- halten; der wahrhaft aktive Krieg würde sich also auf dem Lande zwischen den deutschen Armeen einer­und den französisch-englischen Armeen andererseits lokalisieren."

General Bonnal analisiert dann einen Artikel derNational-Review", und erklärt dessen Angaben über die englischen Heereskräste, besonders über die aus den Kolonialabteilungen gebildeten, für chimä­risch Tie ganze Auffassung lüge ein volles Jahr­hundert zurück ^ sie setze die Dauer des Krieges auf mehrere Jahre voraus, was doch einfach lächerlich sei. Bonnal behandelt ferner die Angaben der National-Review" über die deutschen, für die Hauptoperationen verfügbaren Heereskräste mit über­legenem Spotte, in erster Linie die englische Voraussetz­ung, daß Deutschland zum Schutze der Ostseeküsten gegen die bedeutenden Diversionen (die berühmte Landung von 100 000 Engländern in Schleswig-Holstein) er fügt ein großes Fragezeichen hinzu drei Armee­

korps uotwendig Hütte. Kurz, der ganze Artikel sei von einen: Optimismus eingegeben, der durch die Tatsachen schroff dementiert werde.

Württemberg.

Zur Einführung der 4. Wagenklasse teilt ein Korr.-Bureau mit: Um die Einführung der 4. Wagenklasse am 1. Oktober zu erleichtern, hat die Generaldirektion der Staatseisenbahnen ange­ordnet, daß die Zusammensetzung der Personenzüge schon einige Zeit vorher in entsprechender Weise vorgenommen werden soll. Aus diesem Grund ist auch der Zugbildungsplan für den Winterdienst 1906/07 den Dienststellen im Entwurf schon jetzt übermittelt worden. Von den Dienststellen ist dieser Entwurf in der Richtung zu prüfen, ob die Zahl der Wagen 3. Klaffe und die der Wagen 4. Klaffe dem voraussichtlichen Bedürfnis entsprechend an­genommen ist. Die Arbeiterwochenkarten und die Arbeiterrückfahrkarten sollen künftig in der Haupt­sache nur in der 4. Klasse und nur ausnahmsweise da, ivo Wagen 4. Klaffe nicht lausen, auch in der 3. Klaffe gelten. Im ganzen werden 660 Wagen 3. Kl. mit gegen 35 000 Sitzplätzen in Wagen 4. Klasse umgetaust. Der gesamte Personenwagen­bestand der württ. Eisenbahnverwaltung setzt sich sodann nach Sitzplätzen zusammen aus etwa 2000 Wagen 1. Klaffe, etwa 11000 2. Klaffe, je etwa 35 000 3. und 4. Klaffe. Beachtens- und dankens­wert ist es, daß in Württemberg auch in der 4. Kl. Raucher- und Nichtraucher - Abteilungen geführt werden sollen. Die einklassigen Triebwagen (Motor- und Dampfwagen) gelten vom 1. Oktober ab eben­falls als 4. Klasse, was man an Orten, die aus­schließlich durch Triebwagen bedient werden, sehr begrüßen wird. Bezüglich der Innenausstattung der Wagen 4. Kl. ist noch zu bemerken, daß diese sich von der 3. Klasse fast nur in den Sitzbänken unterscheiden: in der 3. Klaffe geschweifte Lattensitze, in der 4. Kl. gerade Bänke mit geraden Rücklehnen. Die Heizung und Beleuchtung der Wagen ist gleich­wertig ; auch sind etwa 130 Stück der umzutausenden Wagen mit einem Toilettenraum ausgerüstet.

Stuttgart, 18. Aug. Von vertrauenswürdiger Seite erführt derSchw. Bote":Die Wieder­aufhebung der Fahrkartensteuer ist nur eine Frage der Zeit. Daß sie im Bundesrat erst nach Beschwichtigung ernster Bedenken zur Annahme ge­langte, ist bekannt. Hauptsächlich befürchteten die Bundesregierungen eine Schmälerung ihrer Eisen­bahneinnahmen infolge des llebergangs vieler Reisender zu einer niederen Wagenklaffe, eine Be­sorgnis, die sich schon in den ersten Wochen nach Einführung der Steuer als begründet erweist. Was die Regierungen trotzdem bewog, den Beschlüssen des Reichstags ihre Zustimmung zu erteilen, war fol­gende Erwägung: Behufs gründlicher Besserung der Reichsfinanzlage und Bestreitung der für die nächsten Jahre zu erwartenden Mehrausgaben wird eine stärkere steuerliche Heranziehung des Tabaks nicht zu umgehen sein; diese ist aber im Reichstag nur durchzusetzen, wenn man dafür eine Kompensation gewährt, die den Abgeordneten die Rechtfertigung einer Höherbesteuerung des Tabaks vor ihren Wählern erleichtert. Eine solche Kompensation soll nun die Aufhebung der Fahrkartensteuer sein. Im Reichsschatzamt dürste man es daher gar nicht un­gern sehen, wenn die Fahrkartensteuer recht vielem Widerstand begegnet." Die Meldung klingt höchst hochsommerlich. Eine solche sinnverwirrende Steuer­politik darf mau einem so ernsten Manne wie dem Reichsschatzsekretär Frhr. v. Stengel doch nicht zutrauen.

Am 1. September wird die Bahnsteigsperre auf den württ. Strecken Mühlacker-Stuttgart 'und Stuttgart-Cannstatt eingeführt.

Stuttgart, 20. August. Am 18. August ist zu Stuttgart Fabrikant Eugen Busch le, Teilhaber der Firma Eugen Bnschle, Möbelfabrik, Vorstands­vorsitzender der Sektion Württemberg und Hohen- zollern der südwestdeutschen Holzberufsgenossenschast, Mitbegründer und Vorstand des Verbands Süd­deutscher Holzindustriellen, 57 Jahre alt, gestorben.

Stuttgart, 20. August. Die Leiche des nach dem Brand der Zuckerfabrik vermißten 37 Jahre alten Fritz Fais ist am Samstag nachmittag völlig verkohlt unter dem Brandschutt ausgefunden worden. Es sind also bei dem Brand zwei Menschen ums Leben gekommen. Die zwei Verletzten befinden sich auf dem Weg der Besserung. Einzelne den Ein­sturz drohende Gebäude der Fabrik werden durch eine Pionierabteilung niedergelegt.

Tübingen, 20. August. Privatdozent Dr. Rob. Gau pp in München hat einen Ruf an die hiesige Universität als Nachfolger von Professor

Wollenberg in der Leitung der Psychiatrischen Klinik erhalten und angenommen. Rob. Gaupp ist am 3. Oktober 1870 in Neuenbürg geboren. Sein Vater, der vom Mai 1870 bis März 1877 Ober­amtmann in Neuenbürg war, ist der langjährige frühere Vorstand der Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart, Staatsrat a. D. Dr. v. Gaupp.

Bietighe im, 19. August. Der A u s st a n d in den Linoleumwerken ist am Freitag nach mehr­stündigen Verhandlungen, denen auch der Gewerbe­inspektor, Baurat Berner, anwohnte, beigelegt worden. Die Arbeit wurde gestern wieder ausgenommen.

Obertürkheim, 17. Aug. Ueber den jetzigen Stand der Trauben in unserer Gegend lautet das Urteil von Sachverständigen gerade nicht schlecht. Nachdem die vielen Nebel und Niederschläge merk­lich nachgelassen und auch das Wachstum der Reben allmählich aufhört, dürfte der Blattfallkrankheit die Spitze gebrochen sein. Bei dem heurigen starken Wachstum der Reben wurde durch Bekämpfung der Rebenkrankheit bei 45 maligem Bespritzen eine ungeheure Menge Spritzenmaterial verbraucht. Doch je gründlicher und ausgiebiger der Weingürtner dieses Geschäft besorgte, desto besser steht es jetzt in seinem Weinberg. Leider ist in den oberen An­lagen der Weinberge, in fetten und nassen Böden, trotz eifriger Arbeit keine Aussicht auf einen nennens­werten Ertrag zu rechnen, dagegen steht es in den unteren und mittleren Lagen noch gut und läßt auf einen netten Ertrag hoffen; vorausgesetzt, daß die Lederbeerkrankheit, sowie der Traubenschimmel nicht so stark auftreten. Gegen erstere ist nichts mehr zu machen, dagegen kann man durch öfteres leichtes Schwefeln bei mindestens 20 Grad Wärme den Schimmel mit Erfolg bekämpfen. Nach den Berichten aus verschiedenen Weinbaugebieten hat die Blattfallkrankheit großen Schaden angerichtet; nur aus ganz vereinzelten Gebieten lauten die Berichte günstiger. Doch darf man Stuttgart und Umgebung noch zu dem hoffnungsreichsten Gebiet zählen.

Dornstetten, 19. August. Das Exerzieren der 54. (4. kgl. württ.) Infanterie-Brigade war in Mm Gelände zwischen Schopfloch und Oberislingen in der Zeit vom 23.29. August geplant. Das­selbe ist nun durch eine Kommission ans Ulm, die das noch allenthalben mit Dinkel und Haber be­pflanzte Terrain gestern besichtigte, abbestellt worden.

Friedrichshasen, 19. August. Trotz einer Temperatur von nur 10 Grad Wärme mußte der Stuttgarter Feriensonderzug ab Ulm in zwei Abteilungen geführt werden. Um 4 Uhr früh traf der erste Teil mit 21 Wagen dicht gefüllt von Passagieren ein. Nach einer Pause von 20 Min. traf der Nachzug mit 10 Wagen ein. In 3 Ab­teilungen wurden die ca. 1600 Personen vom Stadtbahnhof an den Hafen befördert.

Michelbach a. Lücke, OA. Gerabronn, 19. August. Der Gemeindepsleger und Gemeinderat Deeg und seine Ehefrau begehen heute das Fest der goldenen Hochzeit. Aus dem Privatkabinett Seiner Majestät des Königs traf ein pracht­voller goldener Becher ein, welcher von einem huldvollen Glückwunschschreiben begleitet war.

Stuttgart. kLandeSproduktenbörse-l Bericht vom 20. 'Aug. von dem Vorsitzenden Fritz Kreglinger. Am Weizenmarkt ist seit letzter Woche wenig Veränderung eingetreten, Preise blieben behauptet. In Nordamerikaner und Rumänier sind einige Schlüsse getätigt worden. Das Geschäft hier bewegt sich in ruhigen Bahnen, es wird nur für den lausenden Bedarf gekauft. Die Preise haben sich gegen die letzte Woche nicht geändert. Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 30 Mk.

Pfg. bis 31 Mk. Pfg., Nr. 1: 28 Mk. 50 Pfg. bis 29 Mk. 50 Pfg., Nr. 2: 27 Mk. - Pfg. bis 28 Mk. Pfg. Nr. 3: 25 Mk. 50 Pfg. bis 26 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 23 Mk.

Psg. bis 24 Mk. Pfg. Suppengries 30 Mk. Pfg. bis 31 Mk. Pfg. Kleie 10 Mk. Pfg. 10 Mk.

25 Psg.

Kus StaSt. Bezirk unv Umgebung,

? Neuenbürg. Aus einer bei dem K. Ober­landesgericht kürzlich anhängig gewesenen Strafsache ist zu entnehmen: Ein Wirst hatte anläßlich seines Geburtstages eine Anzahl seiner Stammgäste zu unentgeltlicher Bewirtung eingeladen. Nach Eintritt der Polizeistunde wurden die Gäste zum Verlassen der Wirtschaft aufgesordert, blieben aber ungeachtet dieser Aufforderung in dem Wirtschasts- zimmer. Gegen das gegen sie ergangene Strafurteil wegen Uebertretung der Polizeistunde ergriffen die Angeklagten das Rechtsmittel der Revision, wobei sie geltend machten, sie seien lediglich Privatgäste des Wirts gewesen und als solche berechtigt, beliebig lang in der Wirtschaft zu verweilen. Die Revision wurde jedoch verworfen mit der Begründung, daß die unentgeltliche Bewirtung, wenn auch aus Anlaß des Geburtstages des Wirts, so doch wegen * der Beziehung des Wirts zu den Angeklagten als