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Journalisten nach Italien zwecks einer Demonstration für die Freundschaft beider Länder in Zusammenhang steht.
Paris, 20. März. Gestern abend beging eine Dame, welche einer Vorstellung von Weither im Sarah Bernhardt-Theater beiwohnte, unter dem Ruf: „Auch ich will für meinen Sohn sterben", Selbstmord, indem sie sich mit einem Revolver eine Kugel ins Herz schoß. Die Schwerverletzte wurde nach dem Hospital geschafft, wo festgestellt wurde, daß dieselbe bereits vorher Laudanum getrunken hatte. Es handelt sich um eine Schriftstellerin namens Martiny.
Paris, 20. März. In Bordeaux explodierte gestern Nachmittag der holländische Dampfer „Amicitia". Der Dampfer war am 27. Februar mit einer großen Ladung Mineral-Oel in Bordeaux eingetroffen. Die Mannschaft konnte sich retten. Nur drei Matrosen erlitten Brandwunden.
Paris, 20. März. In Chambery sind zwei Soldaten, welche dem Posten von Surd Proviant bringen wollten, von einer Lawine überrascht worden und in die Tiefe gestürzt. Ein Hauptmann und 50 Soldaten unternahmen Rettungsversuche, welche schließlich auch Erfolg hatten.
Washington, IS. März. Die Venezuela-Angelegenheit ist in ein neues Stadium durch das Bestreben des Präsidenten Castro getreten, die Schwierigkeiten zwischen Venezuela und den Mächten durch direkte Verhandlungen ohne Anrufung des Haager Schiedsgerichts zu erledigen. Präsident Castro bemüht sich um Aufnahme einer Anleihe, die Venezuela hinreichende Mittel liefern würde, die gesamten Entschädigungsforderungen der Mächte auf einmal in bar zu zahlen, anstatt in monatlichen Raten. Dr. Salomonsohn, der Vertreter der Berliner Diskonto-Bank und der New- Jorker Bangnier L. N. Seligman haben dem Vernehmen nach bereits Schritte getan, um in einer Unterredung mit dem Präsidenten Roosevelt dessen Ansicht über den Vorschlag Seligmans zu erfahren, der die erforderlichen Summen unter der Bedingung hergeben will, daß er als Bürgschaft für ihre Rückzahlung ein Pfandrecht auf die venezolanischen Zö lle erhält. _
Gemeinnütziges.
Warnung bei dem Verfüttern von Futterkalk! Das „Landw. Wochenbl." teilt in seiner Nr. 12 d. I. folgendes mit: In letzter Zeit wurde überall von Reisenden unter großen Anpreisungen und zu teuren Preisen Futterkalk verkauft. Vielfache, laut gewordene Klagen über Krankwerden und Sterben der Tiere nach dem Füttern damit gaben der Geschäftsstelle der Raiffeisenvereine zu Koburg Veranlassung, diesen Futterkalk bei der Universität Jena untersuchen zu lassen. Jetzt kommt von dort die Nachricht, daß der Futterkalk arsenhaltig, also giftig ist, eine weitere Untersuchung sich nötig macht und um Zusendung von
noch ca. 2 Kilo ersucht wird. Die mit der ersten Probe in Jena gefütterten Tiere sind gestorben, weitere einlaufende Ergebnisse der Untersuchung werden bekannt gegeben; zunächst wurde es aber für nötig erachtet, daß unsere Landwirte aufmerksam gemacht und gewarnt werden.
Vermischtes.
Falsche Götter. Vor einiger Zeit trafen in Philadelphia 6 Chinesen ein, die so reserviert und zurückgezogen lebten, daß die öffentliche Meinung beunruhigt wurde. Wer waren diese geheimnisvollen Personen, denen eine große Kunsttischlerei Holzmodelle lieferte, die sorgsam und geheimnisvoll verpackt waren? Die Wahrheit wurde bald offenbar. Es waren chinesische Priester, die nach den Ver. Staaten gekommen waren, um Götzenbilder abzunehmen, die eine Firma in Philadelphia für die Tempel des himmlischen Reichs angefertigt hatte. Amerika, das ganz China mit Bibeln versorgt, treibt also auch einen Handel mit Göttern, die die Chinesen für ihre Tempel brauchen, das hat in manchen Kreisen der Union große Entrüstung erregt.
Pflichtvergessenen Stadtverordneten geht cs jetzt in Ahlen i. W. an den Kragen. Die „Glocke" berichtet von dort: Um das immer ärger werdende Schwänzen der Stadtverordneten einzuschränken, ist auf Veranlassung des Regierungspräsidenten eine Geschäftsordnung für Stadtverordnetenversammlungen erlassen worden. Wer von den Stadtverordneten ohne triftigen Grund, den er vorher anzugeben hat, eine Sitzung versäumt, muß im ersten Falle 50 A im Wiederholungsfälle bis zu 5 Strafe zahlen. Wer unnützes oder dummes Zeug redet, kann zur Wortentziehung verurteilt werden. Wer störend in die Versammlung eingreift und den Ordnungsruf des Vorsitzenden nicht beachtet, kann von der Sitzung ganz ausgeschlossen werden. Auf sechs Monate und noch länger kann ein Stadtverordneter ausgeschlossen werden, wenn er die in geheimer Sitzung ihm auferlegte Amtsverschwiegenheit bricht.
Standesamt Kalw.
Geborene.
17. März. Friedrich Wilhelm, Sohn des Karl Friedrich Heuale, Schreinermeisters hier.
17. „ Sofie Elise Gertrud, Tochter des Paul
Burkhardt, Bäckermeisters hier.
G etraute.
14. März. Karl Friedrich Brüderle, Wagenwärter in Tübingen mit Emma Walz von Buhlbach, Gemeinde BaierSbronn.
16. „ Peter Walldorf, Friseur in Frankfurt a. M.
mit Anna Marie Keller von hier.
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Kiel, 17. März. Eine heldenmütige Tat des Seekadetten Globig, des Sohnes des Generalarztes der Marine Dr. Globig hier, ist jetzt vom Kaiser ausgezeichnet worden. Das Schulschiff Stosch kreuzte Ende November in den venezolanischen Gewässern, also einem von Haifischen belebten Gebiet. Als die Stosch Curayao erreichte, erhielt der Schiffsjunge Grothe den Befehl, die Mündung eines der großen in der Batterie stehenden 15 Zentimetergeschütze zu reinigen. Er lehnte sich dabei weit hinaus, verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Meer. Da er nicht schwimmen konnte schrie er laut um Hilfe. Längsseits der Stosch lag eine besetzte Dampfpinasse. Sobald der Seekadett Globig die Angstrufe hörte und den Nichtschwimmer untergehen sah, sprang er ohne Besinnen in voller Kleidung über Bord und erreichte den Versinkenden.
Der Schiffsjunge umklammerte in der Todesangst seinen Retter und zog ihn mit in die Tiefe. Es gelang Globig, sich zu befreien; er ließ aber den Erschöpften nicht fahren, sondern hielt ihn über Wasser, bis der Feuerwerksmaat Claenpfort nachsprang und das Rettungswerk unterstützte. Mittels einer zugeworfenen Rettungsboje erreichten alle drei die Dampfpinasse. Der Kaiser verlieh dem Seekadetten die Rettungsmedaille und erteilte dem Feuerwerksmaat eine Belobung.
Wien, 20. März. Aus Salzburg wird gemeldet: Die Großherzogin von Toskana wurde von Schloß Bartenstein telegraphisch nach Lindau zurückberufen, da das Befinden der Prinzessin Louise sich infolge der Aufregung der letzten Tage, veranlaßt durch die Kundgebung des Königs von Sachsen, wesentlich verschlimmert hat.
Meldungen von Selbstmordgedanken der Prinzessin Louise werden von zuständiger Seite entschieden als unwahr bezeichnet; indessen wird auch hier versichert, daß die Prinzessin- in ihrer grenzenlosen Erregung über die Worte des Königs von Sachsen von der Tiefgesallenen zu jedem Schritte geneigt ist und von der Umgebunng nicht aus den Augen gelassen wird.
Die Prinzessin rief auS: „Wie ist es möglich, daß man für mein Stillschweigen in dieser Weise dankt?"
Sie will unbedingt mit Enthüllungen hervortreten und die Oeffcntlichkeit aufklären, warum sie sich zur Flucht entschlossen hat. Der toskanische Hof, sowie der juristische Beirat der Prinzessin werden aber unter keinen Umständen zugeben, daß die Prinzessin Erklärungen abgibt. Die Aufregung wird nach ärztlicher Meinung entschieden schädlich auf den Zustand der Prinzessin einwirken.
Wien, 20. März. Wie das „Fremdcn- blatt" erfährt, bewahrheitet es sich nicht, daß Deutschland die Absicht hat, für die Geflügel- Einfuhr aus Oesterreich-Ungarn vom 1. April ab verschärfte Kontroll-Maßregeln einzuführen.
Rom, 20. März. Aufsehen erregt die plötzliche Abreise des französischen Botschafters nach Paris. Man glaubt, daß die Abreise mit der beabsichtigten Reise französischer
Ich werde jetzt mein Leben einrichten, wie ich will und nichts nach Ihrem Willen fragen. Wir beide existieren nicht mehr für einander. Und sollten wir uns, was ich nicht wünsche und hoffe, noch einmal irgendwo begegnen, so ersuche ich Sie dringend, mich nicht zu grüßen, denn ich wäre dann gezwungen, Ihnen nicht zu danken. Haben Sie mich verstanden?"
Er hatte sie beim Anfang ihrer Rede starr und sprachlos angesehen. Dann aber hatte er die Arme übergeschlagen und ihr mit düsterer gerunzelter Stirne bewegungslos bis zu Ende zugehört. Die Unterlippe hatte er zwischen die Zähne geklemmt und den unheimlich flackernden Blick ins Leere gerichtet. Er schien über etwas nachzugrübeln. Als sie geendet, wandte er ihr sein Gesicht wieder zu, und sie erschrak über den Ausdruck des so seltsam veränderten Gesichts. Wie aus Bronze gegossen sah es aus, hart und kalt, keine Muskel zuckte in ihm.
„Sehr wohl, Mademoiselle," erwiderte er, „ich habe Ihnen doch einen Vorschlag zu machen, keine Vorschrift oder keinen Befehl," fügte er sehr rasch hinzu, da sie eine abwehrende Bewegung machte, „es steht ganz bei Ihnen, ob Sie sich danach richten wollen oder nicht, aber es liegt in Ihrem Interesse, ihn zu accep- tieren. Ich denke nämlich, wir beobachten über den Auftritt, den wir eben mit einander gehabt haben, strengstes Stillschweigen."
„Und warum?"
„Weil es Ihrem Rufe schaden könnte. Ja, ja," fuhr er ruhig fort, als sie hell auflachte. „Sie kennen die Welt nicht, sie ist so boshaft! Würde es bekannt, daß ich der Sache aus Eifersucht gegen meinen Hauptmann ein Ende gemacht hätte, und daß ich deshalb nach China gehen. Sie könnten tausend Eide schwören. Sie feien unschuldig, kein Mensch würde es Ihnen glauben, dazu ist die Freude am Skandal viel zu groß. Nun denke ich, wir machen eS so: Sie
verbreiten, wir hätten uns gezankt, weil ich nicht auf die Telegraphenschule wollte, trotzdem Sie sich in so uneigennütziger Weise für mich verwendet haben. Sie können ja auch noch hinzufügen, Sie hätten es der Frau Hauptmann gesagt und diese erst hätte Ihren Wunsch dem Herrn Hauptmann vorgetragen. Ich sei nun so ganz verrückt nach kriegerischen Abenteuern und bestände auf meinem Kopfe, nach Ostasien zu wollen. Darauf wollten Sie aber nicht warten, wollten während der Dauer des Krieges nicht in Angst und Sorge sein, Ihren Bräutigam missen und so lange Zeit auf die Heirat verzichten. Sehen Sie, dann fällt doch alle Schuld auf mich — Sie stehen frisch weiß gewaschen da und ich. Du lieber Gott, was man von mir glaubt, ist mir furchtbar egal, ich gehr ja fort! Was sagen Sie dazu?"
„Es ist mir recht, und ich werde es auch der gnädigen Frau so sagen", erwiderte sie gleichgiltig, „indessen danke ich Ihnen für den Vorschlag nicht, da sie ihn nach allem wohl kaum aus reinem Wohlwollen für mich machten. Sie werden wohl Ihre eigenen Interessen und Hintergedanken dabei haben. Denn ich im Gefühle meiner völligen Schuldlosigkeit hätte die üble Nachrede nicht gescheut. Adieu!"
Und ohne sich noch einmal umzusehen, schritt sie rasch von dannen. Er blickte ihr sprachlos nach.
„So verläßt sie mich", murmelte er mit bebenden Lippen. „Aus! alles aus! Sie hat mich nie geliebt!"
Schwer ließ er sich auf die Bank niederfallen und weinte lange und bitterlich.
(Fortsetzung folgt.)