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s/ 113

Neuenbürg, Samstag den 21 Juli 1906.

64. Juhrqang.

«unSschau.

Die Nordlandsreise Kaiser Wilhelms nähert sich ihrem Abschlüsse. Am Mittwoch nachmittag traf der Kaiser an Bord derHamburg" auf der Rückfahrt vom Nordkap abermals in Drontheim ein, wo ein zweitägiger Aufenthalt genommen wurde.

Der Kronprinz hatte kürzlich, wie aus Berlin gemeldet wird, bei einer Automobilfahrt seine mit goldenem Griff und Widmung versehene Reitpeitsche, ein Verlobungsgeschenk der Kronprinzessin, verloren. Nachforschungen ergaben, daß ein Gardedukorps sie ausgenommen hatte, und eine darauf veranlaßte Re­vision der Mannschaftsspinden in der Kaserne för­derte bei einem Gefreiten die Reitpeitsche ans Tages­licht. Er erklärte, er habe gewußt?, daß sie dem Kronprinzen gehöre und habe sie als teures Andenken mit in die Heimat nehmen wollen. Gegen den Mann ist ein Strafverfahren wegen Fundunter­schlagung eingeleitet.

Karlsruhe, 19. Juli. Die Erste Kammer beschäftigte sich heute mit dem Heidelberger Schloß und nahm mit allen gegen 2 Stimmen den Antrag der Kommission an, die Forderungen des kommenden Budgets abzuwarten und die Regierung zu ersuchen, alles zu tun, um den Otto Heinrich-Bau in seiner jetzigen Gestalt zu erhalten. Finanzminister Becker erklärte, die Regierung füge sich den Be­schlüssen des Landtages, halte aber an ihrem grund­sätzlichen Standpunkt fest. Er könne nur wiederholen, daß zur Erhaltung des Otto Heinrich-Baues die Abtragung und der Wiederaufbau das beste Ver­fahren sei.

Wie aus Berlin gemeldet wird, soll auch in diesem Jahr eine sozialistische Frauenkonferenz abgehalten werden, und zwar am 23. September im Anschluß an den sozialdem. Parteitag in Mannheim.

Wie aus Rom gemeldet wird, hatten die Anar­chisten ein Bombenaltentat auf den König von Italien bei seinem bevorstehenden Besuche in Rac- conigi in der Provinz Piemont geplant. Die Be­hörden haben alle Einzelheiten des Komplotts entdeckt und fahnden jetzt nach den Verschwörern, deren Namen ihnen bekannt sind.

Der Pap st verletzte sich ziemlich heftig mit einer Stahlfeder am rechten Daumen. Der Leibarzt Professor Lapponi erklärte die Gefahr einer Blut­vergiftung für ausgeschlossen.

Die innere Lage in Rußland ist noch immer sehr ernst. In der Moskauer Garnison ist offener Aufruhr. Die Kosaken hielten eine Versammlung ab, in der sie für die Forderungen des Volkes ein­traten und unverzügliche Dekretierung sämtlicher bürgerlichen Freiheiten, Einberufung einer konsti­tuierenden Versammlung u. s. w. verlangten. Auch unter den Mannschaften der Moskauer Artillerie herrscht Gärung. Der Minister des Innern Skolypin habe erklärt, die Regierung habe, da auf die Armee kein Verlaß mehr sei, keinen anderen Ausweg, als sich zur Berufung eines Ministeriums aus den Reihen der Partei der Volksfreiheit zu ent­schließen. Vielfach werde der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß angesichts des wankelmütigen Charakters des Zaren der Untergang der Dynastie bevor­stehe. In Petersburg sind in verschiedenen Stadt­teilen die Schutzleute in den Ausstand getreten. Sie zogen gruppenweise umher und nötigten ihre Kameraden, ihre Posten zu verlassen. Auch die sonstigen Nachrichten aus Rußland klingen sehr ernst. Fast kein Tag vergeht ohne ein Attentat. So ist am Mittwoch in Petersburg auf den Grafen Tot­leben, Generaladjutanten des Kaisers, von einem jungen Mann ein Revolverattentat verübt worden. Es scheint, wie gemeldet wird, ein Racheakt dafür zu sein, daß der Graf einen Agitator, der ins Lager der Sappeure in Jjora, zwischen Petersburg und Schlüsselburg gekommen war, verhaften ließ. Der Täter bestieg sofort ein Boot, das ihn aus der Newa

erwartete und rettete sich auf diese Weise. Die Revolverkugel traf den Grafen an die linke Seite des Kopfes und verletzte ihn leicht. Der Ausstand in den Petersburger Tabakfabriken ist allgemein ge­worden; die Zahl der Streikenden beträgt über 20 000. In Sebastopol wurde während der Ge­richtssitzung über die im November v. I. stattgehabte Meuterei auf den Kommandeur des Brestschen Regi­ments, als dieser den Saal verließ und aus den Hof trat, aus der Kaserne der Flottenequipage eine Bombe geworfen, die ihn jedoch nicht verletzte. In Baku verbreiteten die Anarchisten Proklamationen, welche die Arbeiter auffordern, die Sprache der Kugeln und Bomben zu reden. Die Proklamationen tragen die UnterschriftenRotes Hundert". Die ? Stadt ist völlig terrorisiert, die Polizei versagt den ? Dienst und verlangt die Beihilfe von Militär­patrouillen, alles Anzeichen, daß dem schwergeprüften Lande voraussichtlich noch lange keine Ruhe be- schieden sein wird.

Der Kommandierende des Moskauer Militär­bezirks Generalleutnant Hoerschelmann ist unter Belassung in seiner bisherigen Stellung zum Generalgouverneur von Moskau ernannt worden. Der Kommandeur des 7. Armeekorps Generalleutnant Baron von Möller-Sakomelski ist dem Kriegsminister zur Verfügung gestellt und durch den Kommandeur der turkestanischen Kosaken- Division Generalmajor Spitzberg ersetzt worden.

DieNowoje Wremia" meldet, daß die Unter­suchung wegen der Kapitulation von Port Arthur beendet wurde. Der Bericht soll dem Zaren in etwa drei Wochen vorgelegt werden. Die Unter­suchungskommission stellt fest, daß die Kapitulation der Festung ein schweres Verbrechen war. Das Gesetz fordert für Stöffel Ordens- und Rang-Ent­kleidung, sowie Tod durch Erschießen; für General Fock Rang-Entkleidung und 20 Jahre Zwangsarbeit; für General Reiß Rang-Entkleidung und Deportation; für den Statthalter Alerejew und General Smirnow, sowie für einige andere Offiziere einen allerhöchsten Verweis.

Im englischen Unterhause beantwortete Unterstaatssekretär Runciman in Vertretung Sir ' Edward Greys eine Frage, betreffend den Besuch der britischen Flotte in russischen Häfen, mit fol­genden Ausführungen: Es ist uns von seiten der russischen Regierung nahegelegt worden, daß mit Rücksicht aus die politische Lage in Rußland das Erscheinen von Kriegsschiffen fremder Mächte in rusch chen Häfen zu Agitationen und Zwischenfällen im Zusammenhang mit der inneren Lage Rußlands den Anstoß geben könnte. Deshalb ist der Beschluß gefaßt worden, daß die Kreuzfahrt nicht in der be­absichtigten Weise durchgesührt werden soll. Die Regierung bedauert sehr, daß der Besuch verschoben werden muß, um so mehr als sich Schwierigkeiten ergeben würden hinsichtlich der Umgestaltung des Planes für den übrig bleibenden Teil der Kreuz­fahrt; aus letzterem Grunde ist beschlossen worden, die geplante Kreuzfahrt nach der Ostsee ganz auf­zugeben, auch die Besuche in den anderen Häfen.

Die Dreyfusaffäre in Frankreich ist an sich mit dem bekannten Spruche des Pariser Kassationshofes zwar beendigt, sie wird aber trotz­dem noch mancherlei Nachklünge finden. So soll im August in Rennes, dem Orte des letzten Kriegs­gerichts gegen Dreyfus, eine politische Demonstration für Dreyfus seitens der Radikalen stattfinden; zu derselben erwartet man auch den bekannten Sozialistenführer Janres. Die Obersten der zur Pariser i 0. Division gehörigen Regimenter sprachen Journalisten gegenüber ihre Freude darüber aus, daß General Picquart zum Kommandeur ihrer Division ernannt worden sei.

Die Gährung in Egypten veranlaßt die eng­lische Regierung zu militärischen Vorsichtsmaßregeln. Es sollen noch weitere Truppenverstürkungen nach

Egypten entsendet werden, und zwar in solcher Zahl, daß ein Aufstand der Bevölkerung wie des einge­borenen Militärs sofort niedergeschlagen werden würde.

Die diesjährige Ernte wird die beste sein, die Rumänien seit 40 Jahren aufzuweisen hat. Die Produktion betrügt durchschnittlich 24 Hektoliter pro Hektar. Die Gesamtproduktion wird aus 46 Mill. Hektoliter geschätzt.

DemDaily Telegraph" zufolge sind in den mittleren Gebieten von Japan große Ueber- schwemmungen eingetreten. Der Eisenbahn­verkehr ist unterbrochen. Die Gegend von Kofu ist in einen ungeheuren See verwandt. Eine große Anzahl von Menschen ist ums Leben gekommen. Man glaubt, daß der Sachschaden sich aus mehrere Millionen Den beläuft. Die Bevölkerung hat sich zu Tausenden in die Tempel und Theater geflüchtet. Viele sind auf die Dächer der Häuser geflüchtet und rufen um Hilfe. In Matsumoto sind etwa 40 000 Gebäude überschwemmt. Die Kupferberg­werke stehen unter Wasser.

Berlin, 17. Juli. Die Weinpantscherei auf dem Rückzug nach Norden. Wie frech der Pantsch in Preußen sich breit macht, beweist die folgende Anzeige, die kürzlich in einem Berliner Blatte stand:Eine mit 2 Millionen zu gründende Gesellschaft mit beschränkter Haftung beabsichtigt die Errichtung einer ausschließlich mit dem Weingroß- haudel und Warenhäuser arbeitenden Weinkellerei zur Herstellung billiger Weine in großer Stadt Norddeutschlands. Ein praktischer Fachmann und ein Chemiker, welche über 50 000 .4L Kapital ver­fügen und in der Bereitung analysenfester Weine durchaus erfahren sind, werden als Geschäftsführer gesucht. Offerten u. s. w." Da den Fälschern in den Weinbaugegenden von den Winzern zu scharf auf die Finger gepaßt wird, ziehen sie sich immer mehr nach dem Norden.

Berlin, 20. Juli. Gestern abend richteten hier schwere Gewitter mannigfachen Schaden an.

Die Untersuchung gegen die des Silberdiebstahls beschuldigte Fürstin Wrede erstreckt sich, wie dem B. T." aus Malchin i. M. , dem Ort des zu­ständigen Landgerichts, mitgeteilt wird, auch auf die Gesellschafterin der Fürstin, Fräulein Weidig.

Als ein echter deutscher Mann hat sich der Mühlenbesitzer Krüger in Schlowitz bei Gnesen erwiesen. Er verkaufte sein Mühlengrundstück, trotz­dem ihm von polnischer Seite 125 000 Mk. geboten wurden, für 110000 Alk. an einen deutschen Besitzer, und hat sich in seinem Vertrage gleichzeitig aus­bedungen, daß das Gut auch in Zukunft nie an einen Polen verkauft werden darf. Nur zu oft ist es vorgekommen, daß deutsche Besitzer in der Ost­mark ihre Güter an Polen verkauft haben. Da ist es doppelt erfreulich und verdient besonders hervor­gehoben zu werden, wenn ein Deutscher trotz peku­niären Nachteils dem Polentunt entgegentritt. Hof­fentlich nehmen sich andere deutsche Besitzer dieses rühmliche Beispiel zum Muster.

Bretten, 19. Juli Gestern, abend entstand in der Kirchgasse in unmittelbarer Nähe des bedeu­tenden Sägewerks von Geb. Amann ein Brand. Das Feuer war in der Scheune von Wolf und Reutlinger ausgebrochen. Gegen 11 Uhr stand auch das Doppelwohnhaus in Hellen Flammen. Eine außerordentliche Tätigkeit entfaltete die Feuerwehr bei dem angrenzenden Wohnhaus von Geb. Amann, welches gerettet wurde; Hütte hier das Feuer über- gegrisfen (der Dachgiebel brannte bereits), dann hätte es unabsehbare Folgen gehabt, da in nächster Nähe riesige Holzvorräte lagern. Etwa um halb 3 Uhr ertönte plötzlich aufs neue Alarm, es brannte der Rest des Adolf Konanz'schen Anwesens. Im ganzen brannten vier Wohnhäuser und zwei Scheunen ab. Fünf Ziegen und ein Schwein, welches nicht mehr bereitet werden konnte und furchtbare Schmerzens­schrei«: ausstieß, sowie Geflügel, zahlreiche Vorräte